Black Doves ist die neue Serie von einem Serienschöpfer, der bislang nur Kritikerlieblinge vorzuweisen hat. Hält nun die weiße Weste mit dieser Thriller-Produktion oder gibt es erste Flecken, hässlich wie Taubendreck?
Titel | Black Doves |
Jahr | 2024 |
Land | United Kingdom |
Genres | Mystery, Krimi, Action & Adventure |
Darsteller | Keira Knightley, Ben Whishaw, Sarah Lancashire |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads |
Black Doves – Die Story
Helen Webb (Keira Knightley), eine schlagfertige, bodenständige Ehefrau und Mutter – und von Beruf Spionin, hat in den letzten zehn Jahren die Geheimnisse ihres Ehemannes – ein Politiker – an die dubiose Organisation, für die sie arbeitet, weitergetragen: die Black Doves. Als ihr heimlicher Liebhaber Jason (Andrew Koji) ermordet wird, bittet ihre Chefin, die geheimnisvolle Reed (Sarah Lancashire), Helens alten Freund Sam (Ben Whishaw) um Hilfe. Dieser soll sie schützen. Gemeinsam versuchen Helen und Sam herauszufinden, wer Jason aus welchem Grund getötet hat. Dabei decken sie ein riesiges Netz der Verschwörung auf, das die zwielichtige Londoner Unterwelt mit einer drohenden geopolitischen Krise verbindet.
Neues Projekt von einem der Serienmacher der Stunde
Aufgrund der sprachlichen Voraussetzungen ist wohl England nach den USA der zweitgrößte Serienproduzent in Sachen globaler Reichweite. Umso schwieriger ist es für Serienmacher aus dem Vereinigten Königreich, sich qualitativ hervorzutun und sich nachhaltig einen Namen zu machen. Charlie Brooker hat es durch Black Mirror geschafft, Steven Knight durch Peaky Blinders, zur Marke zu werden, analog beispielsweise zu Taylor Sheridan, der inzwischen allein reicht, um ein Projekt zu pushen. (Na gut, die A-Stars in seinen Produktionen sind auch nicht zu verachten…)
Nun aber schickt sich mit Joe Barton ein weiterer Brite an, allein qua seiner Beteiligung, Stoffe auf die Watchlists geneigter Serienjunkies zu bringen. Denn mit Pflicht/Schande und The Lazarus Project hat er mehr als nur Achtungserfolge kreiert. Beide Serien würden mit Kritiklob überhäuft, versammelten schnell eine treue Fangemeinde, waren aber auch beide mangels großer Zugpferde vor der Kamera keine Reichweiten-Hits und dementsprechend wurde The Lazarus Project nach zwei, Pflicht/Schande sogar nach einer Staffel abgesetzt.
Jetzt aber kommt sein neues Projekt Black Doves mit merklich mehr Starpower daher. Und Netflix war anscheinend so von der Qualität und dem Publikumsanklang überzeugt, dass die Serie bereits vor dem Start verlängert wurde. Bei mir persönlich befand sich der namhaft besetzte Thriller ebenfalls auf der Liste der meist erwarteten Serien des Jahres. Kommt nun also kurz vor dem Cut für die Jahresbestenliste noch ein Kandidat ums Eck, der das Ranking ordentlich durcheinander wirbelt?
Keira macht sich selten, …
Dann werfen wir doch direkt als erstes einmal einen Blick auf besagte Starriege: Keira Knightley ist durch die Fluch der Karibik-Reihe zu Weltruhm gekommen, macht sich aber seit dem Ende ihrer Rolle dort eher rar. Mit Colette, Silent Night oder Boston Strangler suchte sie sich zuletzt Projekte in der Nische aus, drückte aber allen mit ihrer Ausstrahlung und ihrem Standing den Stempel auf und sorgt auch heute noch für Aufmerksamkeit. Spielte sie wegen ihres jungen Alters in der Piraten-Reihe noch immer ein bisschen naiv auf, so strahlt sie inzwischen wesentlich mehr Souveränität aus. Das merkt man von Beginn an in Black Doves. Man nimmt ihr den Spagat zwischen Mutter-Alltag und Geheimdienst-Zweitleben in jedem Moment ab, kann ihre Gefühlswelt gut nachvollziehen, ohne dass sie in ihrem Spiel dick auftragen muss. Das Highlight ist aber zweifelsohne ihre Chemie mit Ben Whishaw, die sich aus der wirklich smart geschriebenen Konstellation der beiden ergibt.
… Ben steht für Anspruch
War Whishaw in den Craig-Bond-Filmen noch der nerdige Quartiermeister, so rückt er nun quasi in den aktiven Dienst. Er hat sich wohl so einiges von der Agenten-Ikone abschauen können, denn er gibt als Spion eine erstaunlich überzeugende Figur ab. Auch die Faszination für seine Figur speist sich zu einem großen Teil aus den offenen Fragen über die Hintergründe, über seine Vergangenheit und über seine Doppelbödigkeit. In den Paddington-Filmen darf Whishaw die Liebenswürdigkeit, die er naturgegeben ausstrahlt, voll ausspielen, doch beispielsweise in Passages hat er erst kürzlich seine sagenhaft weite Range offenbaren können. In Black Doves ist es nun genau diese extreme Bandbreite, die seiner Figur Ambivalenz und Erhabenheit verleiht.
Es sind neben den beiden Protagonisten aber auch die Nebenrollen, die hier von einer außerordentlichen Qualität zeugen. Andrew Koji, Sara Lancashire, Andrew Buchan – die Gesichter sind bekannt, aber eher aus der zweiten Reihe. Erneut spielen sie hier zwar im Schatten der beiden Hauptfiguren, aber sie sind das Fundament, das aus diesem Zweipersonen-Stück eben doch mehr machen.
Fantastisch geschriebene Dialoge mit Witz und Verve
Das Spionagedrama, das hier erzählt wird, ist verglichen mit der ebenfalls in London spielenden, ebenfalls sechs Folgen pro Staffel starken und ebenfalls qualitativ hervorragenden Apple TV+-Serie Slow Horses, tonal ein ziemlicher Kontrast. Denn auch wenn hier immer wieder humorvolle Momente eingestreut werden und den Dialogen eine gewisse Süffisanz nicht weg zu reden ist, nimmt man das Spionage-Thema wesentlich ernster. Gleichzeitig spielt aber Black Doves ebenso wie die Gary-Oldman-Show mit bekannten Genre-Klischees und Agenten-Tropes. Dabei glänzt aber das Skript mit Augenmaß in Sachen Komplexität und Anspruch, womit man dem Publikum einiges an Aufmerksamkeit abverlangt, aber eben auch zutraut, gewisse Zusammenhänge zu erschließen – ohne sie explizit auf die Nase zu binden.
Daran merkt man wohl am deutlichsten die Handschrift Bartons. Auch in Pflicht/Schande und Lazarus Project nahm er die jeweiligen Genres und deren Eigenarten mehr als ernst. Der Serienmacher beweist ein gutes Gespür für funktionierende Komposition: Color Grading, Kameraführung, Szenenaufbau – alles fügt sich zu einem stimmigen Eindruck. Dann kommt noch dazu, dass die Serie zwar nicht allzu oft auf die Kacke haut, aber wenn es mal ins Action-Terrain geht, dann hat das Wucht und Fallhöhe bei gleichzeitig angemessenem Gewaltgrad für die doch eindeutig erwachsene Zielgruppe.
Unser Fazit zu Black Doves
Black Doves ist ein voller Erfolg für Spionage-Thriller-Fans: sechs Folgen sind die optimale Länge für die erzählte Story, die beiden Hauptfiguren sind ein echtes Dreamteam. Dazu sieht die Serie spitze aus, geizt nicht mit Härte und Konsequenz und lässt am Ende noch viel Fragen im Raum, die es in weiteren Staffeln zu beantworten gilt.
Black Doves startet am 5. Dezember 2024 bei Netflix.
Unsere Wertung:
© Netflix