Mit Citadel startet auf Amazon Prime Video eine neue Eigenproduktion, die nach Ringe der Macht als bislang zweitteuerstes Serienprojekt des Anbieters gilt. Großer Aufwand, bekannte Namen, mitreißende Agenten-Action?
Titel | Citadel |
Jahr | 2023 |
Land | United States of America |
Genres | Drama, Krimi, Action & Adventure |
Darsteller | Richard Madden, प्रियंका चोपड़ा जोनस, Ashleigh Cummings, Roland Møller, Osy Ikhile, Caoilinn Springall, Lesley Manville, Stanley Tucci |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Amazon Prime Video, Amazon Prime Video with Ads |
Citadel – die offizielle Handlung
Vor acht Jahren fiel Citadel. Die unabhängige globale Spionageagentur, die für die Sicherheit aller Menschen sorgen sollte, wurde von Agenten von Manticore zerstört, einem mächtigen Syndikat, das die Welt aus dem Verborgenen heraus manipuliert. Mit dem Fall von Citadel wurden die Erinnerungen der Eliteagenten Mason Kane (Richard Madden) und Nadia Sinh (Priyanka Chopra Jonas) ausgelöscht, nachdem sie nur knapp mit dem Leben davonkamen.
Seitdem leben sie im Verborgenen und bauen sich unter neuen Identitäten ein neues Leben auf, ohne sich ihrer Vergangenheit bewusst zu sein. Bis Mason eines Nachts von seinem ehemaligen Citadel-Kollegen Bernard Orlick (Stanley Tucci) aufgespürt wird, der dringend seine Hilfe benötigt, um Manticore an der Errichtung einer neuen Weltordnung zu hindern. Mason sucht seine frühere Partnerin Nadia auf und die beiden Spione begeben sich auf eine Mission rund um die Welt, um Manticore zu stoppen. Dabei müssen sie sich auch mit ihrer Beziehung auseinandersetzen, die auf Geheimnissen, Lügen und einer gefährlichen, aber unsterblichen Liebe beruht.
Erster Eindruck zu Citadel
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den ersten beiden Folgen der Serie. Auf Spoiler wird weitestgehend verzichtet, damit keinem die Wendungen und Überraschungsmomente vorweggenommen werden. Lediglich auf ein paar für die Beurteilung relevante Details aus der Pilotfolge muss etwas konkreter eingegangen werden.
Groß gedacht und dank Russos hoch budgetiert
Bereits Mitte 2018 wurde von Amazon angekündigt, dass dieses Projekt zu einem globalen Franchise mit Spin-Offs in diversen Ländern und Sprachen werden soll. Die Dreharbeiten für die italienische Serie begannen im Oktober 2022 mit Matilda De Angelis und Lorenzo Cervasio in den Hauptrollen. Im Januar 2023 wurde die Produktion der indischen Version mit Varun Dhawan und Samantha Ruth Prabhu angekündigt. Eine mexikanische Version ist auch schon im Gespräch. Das alles passt perfekt in die High-Budget-Vita der Russo-Brüder, die schon für viel Geld Avengers: Infinity War und Endgame zu Kino-Events machten und unlängst bei Netflix den Ausgabenrekord mit The Gray Man brechen durften. Die Produzenten und Teilzeit-Regisseure denken bei Citadel also erwartungsgemäß wieder in ihren typischen Dimensionen.
Doch wie es so oft ist, steigen mit Ambitionen auch die Erwartungen. Und dementsprechend muss ein derartiges Projekt sich mit den besten Genre-Vertretern messen lassen. Leider wird, wie im Folgenden zu lesen ist, die Actionthriller-Serie von Amazon auch nur ansatzweise in einem der Vergleiche als Sieger hervorgehen, denn – so muss man es leider nach dem Auftakt sagen – dieses Großprojekt ist vor allem in einer Sache bemerkenswert und zwar darin, wie sehr man ein solches Budget sinnlos verpulvern kann.
Unstimmigkeiten während der Produktion stechen ad hoc ins Auge
Während sich Citadel in der Entstehung befand, gab es mehrmals Berichte über Knatsch hinter den Kulissen. Showrunner Appelbaum wurde durch David Weil ersetzt, die Russos nahmen eine unmittelbarere Rolle ein und Nachdrehs im Bereich, in dem sonst ganze Blockbuster entstehen, mussten durchgeführt werden. Das klingt nach Stückwerk und genau das kam am Ende bei raus: Sämtliche Szenen der ersten Folgen wirken so, als könne man sie eigentlich auch anders anordnen, ein großes Ganzes ergibt sich nicht wirklich. Das wäre vielleicht sogar zu verschmerzen, wenn die anderen Komponenten überzeugend wären, aber bei dieser Agentenserie stimmt nahezu gar nichts.
Ja, Originalität ist in diesem übersättigten Genre ohnehin schwer geworden, aber bei anderen Vertretern gibt es immerhin regelmäßig noch die ein oder andere frische Idee, sei es durch Kniffe bei der Charakterzeichnung, Varianz von Genre-Tropen oder pfiffige audiovisuelle Gestaltungseinfälle. Die Uninspiriertheit von Citadel beginnt direkt mit der Eröffnungsszene, einer Actionsequenz in einem Zug, der tricktechnisch so mies aussieht, wie das Schienengefährt in der Snowpiercer-Serienversion. Dazu kommen dann schlecht geschnittene Kampfszenen, denen zum Verhängnis wird, dass im vergangenen Jahr erst Bullet Train bewiesen hatte, wie man dieses Setting perfekt ausschöpfen kann.
Ein Klischee-Cocktail, bei dem einem die Lust vergeht
Nach der Zugszene kommt es zum Zeitsprung, acht Jahre in die Zukunft, in die Jetzt-Zeit: Die Organisation Citadel ist zerschlagen, die Hauptfiguren haben keine Erinnerungen an ihr Agentendasein. Viel zu schnell und ohne jede logisch nachvollziehbare Begründung wird Mason Kane vom einen auf den anderen Moment an seine Vergangenheit erinnert und in eine Verschwörungsszenario hineingezogen, das vieles zusammenwirft, was Agenten-Geschichten inzwischen zu Tode auserzählt haben. Die Erklärungsdialoge sind so abgedroschen, dass es unfreiwillig komisch und an Plumpheit nicht zu überbieten ist. Es schmerzt nahezu Stanley Tucci hier in dieser Rolle, die ein müder Q-Abklatsch ist, zu sehen. Die Krönung, die unterstreicht, wie dreist abgekupfert und uneigenständig dieses Machwerk tatsächlich ist, ist, dass der MacGuffin wirklich ein Koffer mit Atombomben-Codes ist. Die Schurkenorganisation Manticore ist darüber hinaus auch nur ein weiteres Puzzleteil, das man sich von den bekannten Genre-Stoffen ausgeborgt hat.
Vielleicht wären diese Kritikpunkte allesamt abzumildern, wenn man Figuren hätte, mit denen man direkt connected und mitfiebert. Hier ist jedoch wahrscheinlich sogar der größte Schwachpunkt von Citadel auszumachen. Denn durch das bruchstückartige Skript gelingt es nicht die Hauptfiguren, die Richard Madden und Priyanka Chopra Jonas spielen, irgendwie zu interessanten Charakteren werden zu lassen. Madden spielt emotional flach wie in Bodyguard, was hier jedoch genauso wenig passt, wie Stanley Tuccis aufgezwungener Humor. Und Chopra Jonas, so leid es einem tut, beweist, dass sie in diesen Rollen schauspielerisch überfordert ist, aus der flachen Persona noch irgendwie was heraus zu kitzeln. Hat man beispielsweise an den ebenfalls hochfinanzierten Netflix-Filmen wie The Gray Man zumindest noch mit den charismatischen Protagonisten mitgehen können, so sind dem Publikum hier die Handlungsträger komplett egal.
Über 200 Millionen. Wofür?!
Die Actionszenen sind ebenfalls für die Größenordnung der Produktion eine herbe Enttäuschung. Die Locations sind genauso ausgelutscht wie der Verschwörungs-Plot, der Schnitt ist eine Katastrophe. Auch in den Avengers-Filmen hatte die Action schon gewisse Probleme. Doch dort konnten die Russos das geschickt kaschieren, in dem sie die bekannten Heldenfiguren zumindest in Szene zu setzen wussten. Hier gibt es keinen Captain-America-Schild hinter dem man sich verstecken könnte. Den Kämpfen fehlt es an Wucht, die Choreografien werden von Schnitten bis zur totalen räumlichen Desorientierung vergewaltigt und Verfolgungsjagden schauen inzwischen in Serien, die ein Zehntel des hiesigen Budgets zur Verfügung haben, besser aus. Nach den ersten beiden Folgen gibt es eigentlich keinen Anreiz, um überhaupt noch weiter zu schauen.
Erschreckend ist im Hinterkopf zu haben, dass ja nicht nur die internationalen Ableger hier in den Startlöchern stehen, sondern auch weitere Staffeln schon geordert wurden. Es müsste schon ein mittelgroßes Wunder geschehen, damit dieser Auftakt vom weiteren Verlauf noch ausgebügelt werden kann. Citadel ist der Gipfel der Entwicklung in diesem Metier: Die Streamingdienste versuchen mit Biegen und Brechen global angelegte Action-Spektakel mit großen Stars zu pushen. Dachte man Ghosted bei Apple wäre die Talsohle, dann wird man von diesem Projekt eines besseren belehrt. Bei den Filmen, wie eben auch Red Notice, ist man nach zwei, maximal zweieinhalb Stunden durch und hat höchstens einen Abend damit vergeudet. Bei dieser Serie jedoch fragt man sich schon, wer, der auch noch irgendeinen Agenten-Stoff der letzten Jahrzehnte gesehen hat, hier nach den beiden Auftaktfolgen überhaupt motiviert sein soll, sich die nächsten Wochen weiter mit beschäftigen zu wollen.
Unser Fazit zu den ersten Folgen von Citadel
Keine Chemie zwischen den Hauptfiguren, Dialoge zum Davonlaufen, Action, die dem Anspruch nie und nimmer genügen darf – Citadel ist gemessen am Buhei, das Produzent Amazon hier macht, eine Vollkatastrophe. Im Agenten-Action-Bereich lässt die Produktion kein Klischee aus, nimmt sich aber gleichzeitig viel zu ernst, als dass man sie als augenzwinkernde Genre-Hommage verstehen könnte. Empfehlen kann man dieses kreative Armutszeugnis wahrlich niemandem.
Citadel startet mit den ersten beiden Folgen am 28. April 2023 bei Amazon Prime Video und danach geht es im Wochenrhythmus weiter!
Unsere Wertung:
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