Die dreiteilige BBC-Netflix-Koproduktion Das Leben in Farbe mit David Attenborough gewährt uns im Heimkino ganz neue Einblicke in die unglaubliche Farbenpracht der Natur. Wie gut uns die bunten Impressionen von Flora und Fauna gefallen haben, das lest ihr in unserer Kritik.
Titel | Das Leben in Farbe mit David Attenborough |
Jahr | 2021 |
Land | Australia |
Regie | Adam Geiger |
Genres | Dokumentarfilm |
Darsteller | David Attenborough |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, RTL+, Netflix basic with Ads |
Worum geht’s in Das Leben in Farbe mit David Attenborough?
„Grün, Grün, Grün sind alle meine Kleider.“ Was im bekannten Kinderlied gesungen wird, trifft glücklicherweise nicht ganz so auf die Natur zu. In drei Folgen mit etwa 50 Minuten Laufzeit führt uns der bekannte Naturforscher David Attenborough mit seiner prägnanten Stimme durch wunderbar farbenfrohe Ökosysteme und erklärt dabei vor allem, inwiefern sich Tiere Farben evolutionsbedingt zu Nutze machen. Darunter fallen beispielsweise die Paarung, die Meidung von Fressfeinden oder auch Tarnung bei der Jagd.
Im Vordergrund steht dabei immer die Nützlichkeit von Farbe für die Tierwelt, nicht die Schönheit dieser für das Publikum. Analog dazu trägt das Folgen-Trio auch die Titel „In Farbe sehen“, „In Farbe verstecken“ sowie „In Farbe einfangen“, wobei insbesondere letztere als ein kleines Making-Of fungiert und überdies die Unterschiede in der Farbwahrnehmung von Mensch und Tier betont. Vieles, was für den Menschen verborgen scheint, wird in Das Leben in Farbe mit David Attenborough erstmals durch die Verwendung spezieller UV-Filter in Verbindung mit normalen Farbkameras visualisiert. Nicht nur ultravioletter Lichteinfall, sondern auch polarisiertes Licht wird durch eine spezielle Technik wie eine Art Sepia in verschiedenen Helligkeitsstufen für das menschliche Auge aufbereitet.
In Farbe sehen
Apropos aufbereitet: Durch die einzelnen Segmente führt die wohl bekannteste englischsprachige Naturdoku-Stimme David Attenborough. Nach Unser Planet und Mein Leben auf unserem Planeten Attenboroughs dritter Streich auf Netflix. Leider wirken die einzelnen Moderationselemente der mittlerweile 95-jährigen Ikone oft ein bisschen hölzern und deplatziert, ebenso wie die langen, über zweiminütigen In- und Outros, die sich glücklicherweise überspringen lassen. Oft hätte man sich ein wenig mehr Zeit für die einzelnen Tierbetrachtungen gewünscht, bevor man in den nächsten Abschnitt geworfen wird. Das soll es aber an Kritik schon gewesen sein, denn was man hier zu sehen bekommt, ist – BBC-Naturdokumentations-typisch – von allerhöchster Güte.
Attenborough erzählt von Mandrills in Gabun, derer sich mit Geschlechtsreife ausprägende Rotfärbung an Nase und Po als Statussymbol fungiert. Von Paradiesvögeln, die vor der Paarung alles Grüne aus ihrer Umgebung entfernen, damit ihre blaue Farbe durch den Kontrast zur braunen, nackten Erde noch schillernder für das Weibchen wirkt. Von Blumen, die durch eine ultraviolette Färbung besonders lockend auf zahlreiche Insekten wirken. Vom Harlekin-Lippfisch, der auf tiefen Tauchgängen seine rote Farbe verliert, da durch die Wellenlänge der Farbe Rot diese im Wasser als erstes absorbiert wird. Und vom Fangschreckenkrebs, der durch seine zwölf Farbrezeptoren (Menschen haben zum Vergleich lediglich drei) verschiedene Lichttypen unterscheiden kann. All das ist nur ein kleiner Teil der Dinge, die schon in der Pilot-Folge höchstprofessionell mit tollen Aufnahmen und großer Spannung aufbereitet werden.
In Farbe verstecken
Zusammenfassend mag man hier vielleicht schon einhaken und sagen, dass man das ja alles so schon gesehen hätte und aus zahlreichen anderen Produktionen bereits kenne. Obwohl das sicherlich für einen Großteil des Inhalts der Doku-Serie Das Leben in Farbe mit David Attenborough so gelten mag, verleihen die eingangs erwähnten Techniken der kurzen Lauflänge den nötigen Pfiff.
Ein Beispiel: Das Fell der meisten Tiger ist bekannterweise recht orange gefärbt. Für das menschliche Auge sticht ein Tiger bei der Jagd deshalb sehr aus einer grün-braunen Naturumgebung heraus. Jedoch besitzen die meisten Säugetiere, einschließlich Hirsche, wenige bis keine Rotrezeptoren, reagieren also nur auf blaues und grünes Licht. Also sind Hirsche wie fünf Prozent der Menschheit rot-grün-blind und nehmen die Farben Orange und Grün nahezu identisch wahr.
Mittels einiger Forscher der Universität in Bristol laden die Produzenten der Dokumentation nun einen auf Tiger spezialisierten Fotografen ein und simulieren ihm einige gefilmte Szenen aus der Sicht der Hirsche. Zuvor noch mit altbekannter Wahrnehmung betrachtet, erscheint nun ein Grünschleier auf der sich anpirschenden Raubkatze und ist nun auch für die Zuschauer*innen im Heimkino deutlich schwerer auszumachen.
In Farbe einfangen
Ebenso werden Aufnahmen ähnlich visualisiert, wenn zwei normale Farbkameras synchron geschaltet, jedoch mit einem speziellen UV-Filter voneinander abgetrennt werden. Während auf der einen Kamera das Weißlicht reflektiert und so eine für uns normale Farbaufnahme ermöglicht wird, wird auf der anderen Kamera jedoch nur ultraviolettes Licht hindurch gelassen. Daraus resultiert ein flüssiger Wechsel zwischen unserer Wahrnehmung und der Wahrnehmung von Insekten, die auf Knopfdruck gewechselt werden kann. Zudem ermöglicht die Perspektive mit UV-Licht dem Publikum die Erkenntnis, das auch wir die Welt nicht so sehen, wie sie ist. Insbesondere wenn sich auf schnöden Fischschuppen einzigartige Muster verbergen oder plötzlich Blumen aus einer bunten Wiese regelrecht strahlend heraus blenden.
Strahlend blendet so vieles an Das Leben in Farbe mit David Attenborough und die vorhergegangene Aufzählung beschränkt sich wirklich nur grob auf die erste Folge des Dreiteilers. Trotz der vergleichsweise kurzen Lauflänge und der schieren Quantität an Beispielen bleiben die kurzen Erklärungen zu den verschiedenen Typen des Lichts, Mimikry und Mimese, dem Motion Dazzle-Effekt und Symbiosen immer schlüssig und nachvollziehbar. Obendrein ist bei dem richtigen Setup jeder einzelne Moment ein wahrer Augenschmaus. Wenn man direkt in den ersten Momenten der Dokumentation von der Farbpracht eines riesigen Pfau begrüßt wird, dann ahnt man schnell, auf welche Art von Seherlebnis man sich jetzt freuen darf.
Unser Fazit zu Das Leben in Farbe mit David Attenborough
Die technischen Elemente könnten gewiss als kleine Spielereien abgestempelt werden, aber ähnlich wie interaktive Elemente in Museen bieten sie doch ein großes Alleinstellungsmerkmal. Man fühlt sich ein bisschen mehr involviert, näher dran an etwas Exotischen. Speziell in der aktuellen Situation fühlt es sich besonders gut an, sich auf eine Reise einzulassen und aus dem bewährten Umfeld auszubrechen. Nicht nur durch tolle Tieraufnahmen und angenehme Erzählungen, sondern auch durch den Ausbruch aus der eigenen Wahrnehmungsrealität dank der produktionstechnischen Kniffe.
Auch wenn man sich dabei hier und da ein etwas gemächlicheres Tempo gewünscht hätte, denn der Ausflug ist leider nach nicht einmal drei Stunden wieder vorbei. Dadurch, zusammen mit der etwas wirren Erzählstruktur, reicht Das Leben in Farbe mit David Attenborough insgesamt nicht an etwaige Branchen-Primi wie Unser blauer Planet oder Planet Erde heran. Aufgrund der Vielzahl an tollen Impressionen und dem interessanten Blick hinter die Kulissen der Technik und Tierwelt ist der Dreiteiler trotzdem eine volle Empfehlung wert!
Das Leben in Farbe mit David Attenborough ist seit dem 22. April 2021 auf Netflix verfügbar.
Unsere Wertung: