Die Serie Dead Boy Detectives hat eine nicht ganz einfache Produktionsgeschichte hinter sich, ehe sie nun bei Netflix das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Hat das dem Sandman-Spin-off geschadet oder ist was lange währt, letztendlich gut?
Titel | Dead Boy Detectives |
Jahr | 2024 |
Land | United States of America |
Genres | Drama, Mystery, Sci-Fi & Fantasy |
Darsteller | George Rexstrew, Jayden Revri, Kassius Nelson, Yuyu Kitamura, Briana Cuoco, Ruth Connell, Jenn Lyon |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads |
Darum geht’s in Dead Boy Detectives
Wirst du auch von nervigen Geistern verfolgt? Haben dir Dämonen deine wichtigsten Erinnerungen gestohlen? Dann können dir vielleicht die Dead Boy Detectives helfen.
Die Jugendlichen Edwin Payne (George Rexstrew) und Charles Rowland (Jayden Revri) stecken hinter der Agentur Dead Boy Detectives. Sie wurden in verschiedenen Jahrzehnten geboren und begegneten sich erst im Tod. Denn Edwin und Charles sind nicht nur beste Freunde, sondern auch Geister, die Geheimnissen auf die Spur kommen. Sie geben alles, um füreinander einzustehen … wenn es sein muss sogar auf der Flucht vor bösen Hexen, der Hölle und dem Tod selbst. Mithilfe der Hellseherin Crystal (Kassius Nelson) und ihrer Freundin Niko (Yuyu Kitamura) gelingt es ihnen, einige der mysteriösesten übersinnlichen Fälle der Welt der Sterblichen zu knacken.
Spoilerfreie Kritik zu Dead Boy Detectives – Staffel 1
Dieser Beitrag beschäftigt sich ausschließlich mit der ersten Staffel der Serie, die Netflix en bloc am Starttag veröffentlicht. Ob sich auf Basis des Gesamteindrucks ein Blick lohnt, erfahrt ihr bei uns ohne Spoiler zu Handlungsdetails.
Aus Max-Original und Doom Patrol Spin-off wird ein Sandman-Ableger
Über die Entstehung dieser Netflix-Show könnte man – mal wieder – fast eine Bachelor-Arbeit schreiben. Eine Kurzfassung:
2021 als bei Warner noch andere Leute in puncto DC-Projekte das Sagen hatten, wurden die Dead Boy Detectives, die dem Verstand von Neil Gaiman entstammen, in der 3. Staffel von Doom Patrol per Backdoor-Pilot eingeführt, und sollten in der Folge dann als Spin-Off-Serie hierzu eine eigene MAX-Original-Show bekommen. Doch dann wurden mehrfach die Pläne über den Haufen geworfen, Serien gecancelt, beendet oder überhaupt nicht mehr entwickelt. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch die Entwicklung von Dead Boy Detectives in einem fortgeschrittenen Stadium, weshalb man trotz unsicherer Zukunftsplanung erstmal seitens Warner weitermachte.
Dann aber kam der große Rotstift und ihm fiel dieses Projekt zum Opfer. Zum Glück hatte aber Netflix schon in einem vergleichbaren Fall einmal eine DC-Comic-Produktion mit Gaiman-Wurzeln, namentlich Sandman, übernommen und griff ein weiteres Mal – nicht uneigennützig selbstredend – dem Streaming-Konkurrenten unter die Arme. Da es in den Comicvorlagen bekanntlich nichts nicht gibt und vor allem in Sachen Cross Over nahezu alles schon durchgespielt wurde, hat man dann aus der Geschichte, die ursprünglich in der selben Serienwelt wie Titans und Doom Patrol spielen sollte, einfach eine Story im Sandman-Kanon von Netflix gemacht und dementsprechend einige Änderungen durch Nachdrehs vorgenommen. Wie nah die beiden Netflix-Shows nun tatsächlich zusammengehören, wird sich spätestens mit Staffel 2 von Sandman zeigen, aber etwaige Überschneidungen und Cameos sind keineswegs unwahrscheinlich.
Young-Adult-Comic-Action mit Déjà-vu
Die jahrelange Zeit in der Produktionshölle hat der Serie leider nicht gutgehen und damit ist nicht mal direkt die Qualität der Produktion gemeint, sondern dass in den vergangenen Jahren bei nahezu allen Konkurrenten und auch im eigenen Haus ähnlich geartete Projekte liefen und sich hier von Beginn an immer wieder Momente ergeben, die Vielschauern bekannt vorkommen werden. Deadly Class, Lockwood and Co., The Nevers, Sandman selbst, und so weiter und so fort – Gruppen von Helden im Teenager-Alter, die es mit dem Übersinnlichen aufnehmen müssen, gab es nicht nur zuhauf, sie haben leider auch sehr oft ähnliche Tropes bedient, vergleichbare Figurenkonstellation und im nicht selten auch einen zu uneigenständigen Look.
Und dann kommt noch erschwerend hinzu, dass ja auch schon die genannten Beispiele Reminiszenzen an die vorangegangene Generation von Dämonenjägern etc. á la Supernatural, Buffy und Co. weckten. Wie in vielen Genres fällt es natürlich schwer immer wieder das Rad neu zu erfinden, aber selten war es so augenscheinlich, dass man bis auf die Besetzung so wenig Neues zu erzählen hat wie hier. Ach ja eine sprechende Katze gab es schon in Sabrina und der Neuauflage Chilling Adventures of Sabrina.
Zum Glück ist die Besetzung klasse
Wer jedoch von all den genannten Titeln nichts oder wenig gesehen hat, der darf gern zu diesem zeitgemäßen und vor allem in Sachen Optik am ehesten den aktuellen Sehgewohnheiten entsprechenden Projekt greifen, denn für sich betrachtet macht Dead Boy Detectives wirklich Laune, und da man sich auf die funktionierenden, zusammengesuchten Versatzstücke verlassen kann, auch nichts verkehrt. Das größte Argument für die Serie ist aber zweifelsohne die Besetzung, die richtig einschlägt! Die jungen Darsteller sind kaum bekannt, aber zeigen allesamt reichlich Potenzial und verschmelzen mühelos mit ihren Alter Egos auf dem Bildschirm. Die dramatischen, teilweise traumatischen Backstories kauft man ihnen gut ab, die emotionalen Aspekte wirken und funktionieren. Sollte man tatsächlich eng mit der Sandman-Hauptserie zusammenwachsen, darf man sich über die Zusammentreffen mit den dortigen Figuren freuen.
Das Titelduo ist mit George Rexstrew und Jayden Revri wirklich optimal besetzt, ob es die beiden Vorgänger in den Kurzauftritten bei Doom Patrol besser gemacht hätten, darf angezweifelt werden. Vor allem für die primäre Zielgruppe gibt es einmal mehr Netflix-Darsteller, die schnell zu Fan-Favoriten avancieren könnten. Sie spielen als Duo gut zusammen, aber insbesondere eine sich weiterentwickelnde Dynamik untereinander und mit der dritten im Bunde, der Hellseherin Crystal, kreiert einen Sog mehr Fälle mit ihnen lösen zu wollen. Und durch Niko, gespielt von Yuyu Kitamura, kommt recht schnell noch eine weitere Perspektive auf die Welt zwischen Leben und Tod rein, die zudem durch ihre naive Art auch etwas direkter in die Stellvertreterrolle für das Publikum wächst.
Meme-Kultur und CGI-Action
Das Ensemble wird jedoch auch durch viele Nebenfiguren mit coolen Einzelmomenten aufgewertet und hat einige Szenen, die das Potenzial haben, Einzug in die Meme-Kultur zu finden. Damit schlägt die Serie dann sogar noch in die Kerbe, die bei Netflix insbesondere Umbrella Academy jetzt jahrelang für sich reklamieren konnte. Und ähnlich wie die „Brellies“ haben auch die Dead Boy Detectives auch einen einigermaßen liebenswerten aber doch gewöhnungsbedürftigen humoristischen Anstrich, der mit Sicherheit die Geister scheiden wird (Ja: pun intended.)
Die Optik ist insgesamt ordentlich und reiht sich bei Titans und Sandman nahtlos ein. Kinoqualität haben die Computereffekte nicht und vor allem in den Zeitlupen-Action-Sequenzen werden wiederum Vorbilder überdeutlich, denen man aber nicht annähernd qualitativ das Wasser reichen kann. Kurzum: Besser als das für seine CGI immer wieder belächelte Arrow-Verse von The CW, aber als Stärke und Pro-Argument kann man den Look nicht bezeichnen. Ist man aber etwas nachsichtig, so ist die Atmosphäre als solche insgesamt aber schon dem makabren Inhalt entsprechend auch düster genug, um bei jüngeren Zuschauern etwas Grusel zu erzeugen.
Procedural-Format als kluger Schachzug
Ein Punkt in dem sich Dead Boy Detective dann doch von einigen seiner Genre-Konkurrenten abhebt, ist die eher klassische Fall-der-Woche-Episodenstruktur. Das bedingt zwar einerseits, dass man unweigerlich die Einzelfolgen nach Güte unterscheidet und es mehr und weniger gelungene unter ihnen gibt. Andererseits aber schaffen es dadurch erst interessante Episodengäste in die Produktion und größere Sprünge zwischen den Folgen werden ermöglicht.
Die umspannende Handlung ist auch nicht uninteressant, aber die stärkeren Momenten und vor allem das Gros der kreativen Einfälle begründet sich aus den Episodengeschichten bzw. den Einzelfällen nach denen die Folgen auch betitelt sind. In einigen der Fälle gibt es auch Raum, um visuell etwas mehr zu experimentieren, was nochmal kreativen Schwung in die Produktion bringt, die doch trotz des verrückten Themas in weiten Teilen zu altbacken bebildert wirkt – eben, wie gesagt, zu nah an Altbewährtem der inszenatorischen „Paten“.
Unser Fazit zu Dead Boy Detectives – Staffel 1
Dead Boy Detectives macht wenig falsch und ist insbesondere für die wohl primäre Zielgruppe junger Erwachsener ein kurzweiliger Spaß mit interessanten Fällen und einer funktionierenden Gesamtgeschichte. Leider macht aber die Serie fast gar nichts neu, weder inhaltlich noch audiovisuell oder figurendynamisch. Eine Empfehlung ist die Serie aber für die Sandman-Fans, die noch immer auf Staffel 2 warten müssen und auch für alle, die im Genre der Young-Adult-Comic-Action-Shows mit leichtem Horror-Anstrich etwas zeitgemäßes sehen wollen und nicht die älteren, womöglich antiquierten, Vorgänger im Geiste nachzuholen. Eine Serie also vor allem für junge Zuschauer ohne viel Seherfahrungen aber Offenheit für morbiden schwarzen Humor.
Dead Boy Detectives: die erste Staffel ist ab dem 25. April 2024 bei Netflix abrufbar.
Unsere Wertung:
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