Apple hat in 2022 mit einer Reihe von Buchverfilmungen mehrfach ins Schwarze getroffen. Auch Der Morgen davor und das Leben danach basiert auf einem literarischen Werk. Setzt sich mit der Adaption die Erfolgssträhne in diesem Jahr fort oder bremst sich der Streamingdienst mit diesem Drama selbst aus?
Titel | Der Morgen davor und das Leben danach |
Jahr | 2023 |
Land | United States of America |
Genres | Drama |
Darsteller | Colin O'Brien, Taylor Schilling, Anna Uzele, Idris Debrand, Carter Hudson, Amy Forsyth, Maxwell Jenkins, Connie Britton |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Apple TV Plus |
Der Morgen davor und das Leben danach – Die offizielle Handlungsangabe
Die Dramaserie Der Morgen davor und das Leben danach adaptiert den gleichnamigen Roman von Ann Napolitano, der im Original den Titel „Dear Edward“ trägt. Es geht um den zwölfjährigen Edward Adler (Colin O’Brien), der als einzige Person einen Flugzeugabsturz mit 187 Menschen an Bord überlebt. Im Anschluss an das Unglück kommt Edward bei seiner Tante Lacey (Taylor Schilling) unter. Er und andere von der Tragödie betroffene Menschen, versuchen das Leben danach anzupacken. Unerwartete Freundschaften, Beziehungen und Gemeinschaften entstehen. Doch was geschah unmittelbar vor dem Absturz und wie kam es dazu? Versprochen wird eine herzzerreißende, aber lebensbejahende Geschichte über das Überleben und menschliche Verbindungen.
Erster Eindruck zu Der Morgen davor und das Leben danach
Dieser Beitrag beschäftigt sich ausschließlich mit den ersten drei Folgen der Serie, die am deutschen Starttag zu sehen sein werden. Dementsprechend ist die Kritik auch nur auf den Auftakt bezogen und soll dazu dienen, den Lesern eine Hilfestellung bei der Entscheidung zu geben, ob sich auf Basis der ersten Eindrücke ein Blick rentiert.
Einmal mehr schlägt Apple ernste Töne an
Mittlerweile zeichnet sich in den Produktionen und Einkäufen von Apple TV+ schon ein gewisses Muster ab. Denn viele der Stoffe, die beim Streamingdienst an den Start gehen, bewegen sich in weitaus sensibleren Themenfeldern als das Gros der Konkurrenzproduktionen. Causeway mit Jennifer Lawrence war ein Kriegstrauma-Drama, Die Letzten Tage des Ptolemy Grey mit Samuel L. Jackson beschäftigte sich mit dem nahenden Lebensende und in Verschwiegen musste sich Chris Evans als Anwalt mit Verbrechen innerhalb der eigenen vier Wände auseinandersetzen – nur um ein paar Beispiele zu nennen. Anspruchsvolle, emotional aufwühlende und herausfordernde Geschichte sind das Steckenpferd des noch recht jungen Anbieters im Wettbewerb. Dabei geht es Apple natürlich nicht nur um die Bedienung einer Nische, sondern auch darum, dass mit diesen Formaten potentiell eher Film- und Serienpreise abzuräumen sind.
Dem iPhone-Konzern geht es um Prestige, aber der Qualität der Projekte wird deswegen mehr als bei allen anderen Mitbewerbern Priorität zugeschrieben. Der Morgen davor und das Leben danach fügt sich auf dem Papier demnach perfekt ins Portfolio ein. Und auch die ersten Eindrücke des fertigen Produkts stimmen schon mal optimistisch, dass auch hier der Apple’sche Qualitätsanspruch erneut Früchte trägt. Die Serie ist von an voller Dialoge, die sich fast ausschließlich um Probleme drehen. Harter Tobak. Stark gespielt, exzellent geschrieben. Man hatte noch kaum Zeit die Figuren kennenzulernen und doch hat man direkt einen Kloß im Hals, wenn eine von ihnen weint.
Trauer und Optimismus aus der Perspektive eines Zwölfjährigen
Ja, der Verlust der Familie ist ein heikles Thema, um daraus eine Geschichte rund um Hoffnung zu spinnen. Aber die Apple-Serie schafft es dadurch, dass man die Welt hier mit unschuldigen Augen eines Kindes sieht, eine Perspektive zu eröffnen, die aufgrund der Naivität im Umgang mit Verlusten und der fehlenden Lebenserfahrung einen Grundoptimismus ausstrahlt. Hier fühlt sich das Skript, vergleicht man es mit der Netflix-Produktion Schlummerland, die im selben Teich fischen sollte, deutlich ambivalenter, reifer und überlegter an.
Doch auch wenn man von Beginn an weiß, was passieren wird, so trifft einen die Tragödie, die hier in Folge 1 gezeigt wird im ersten Moment mitten ins Herz. Den Absturz als Parallelmontage der verschiedenen Angehörigen vorzubereiten, sorgt direkt dafür, dass man sehr nah an den Charakteren dran ist. Der Moment beispielsweise, in dem Connie Britton von der Katastrophe erfährt und man nur ihre Reaktion im Gesicht zeigt, wird bei jedem im Publikum für Gänsehaut sorgt.
Tranceartig und voller nachvollziehbarem Schmerz spielen sich die Nachwehen des Absturzes innerhalb der frühen Episoden ab. Wie die Medien den überlebenden Eddie in Manier eines hochhaushohen Tsunamis überrollen und der Junge gar nicht weiß, wie ihm geschieht, geschweige denn, wie er sich fühlen und reagieren soll, spielt Colin O’Brien wahnsinnig überzeugend. Der Nachwuchsdarsteller, der hier sein Schauspieldebüt gibt, schafft authentisch sämtliche Facetten der Trauer auf subtile Art und Weise zu spielen. Das zeugt von sehr viel Potenzial. An seiner Seite schaffen es vor allem aber auch die Schauspielerinnen im Cast sich in den Vordergrund zu spielen. Britton, Schilling und Hall beherrschen die ganze emotionale Klaviatur ohne zu sehr ins melodramatische abzudriften. In seiner Gesamtheit ist der Cast in Der Morgen davor und das Leben danach äußerst gut zusammengestellt und macht bereits in den ersten Folgen sehr viel Lust den (Leidens)weg der Protagonisten weiterverfolgen zu wollen.
Wer sollte sich Der Morgen davor und das Leben danach nicht entgehen lassen?
Wie Dear Edward basiert auch Der Distelfink auf einem Roman, der sich dem Thema Trauer aus kindlicher Perspektive verschrieben hat. Die seriöse Coming-of-Age-Geschichte erinnert in weiten Teilen auch tonal an diese Serie und hat immer wieder Szenen, denen eine gewisse, schwer zu greifenden Magie innewohnt. Auch an die Dramen Sieben Leben oder Streben nach Glück mit Will Smith werden mitunter Erinnerungen wach. Im Allgemeinen kann man aber nur nochmals unterstreichen, dass diejenigen, die mit dem Angebot von Apple TV+ bislang schon zufrieden waren, hier erneut eine Miniserie bekommen, die ähnliche Knöpfe zu drücken weiß.
Unser vorläufiges Fazit zu Der Morgen davor und das Leben danach
Der Morgen davor und das Leben danach braucht keine ganze Folge eher die ersten Tränen kullern. Starke Charakterdarstellerinnen treffen auf einen fähigen Nachwuchsstar in einer Romanverfilmung, die den Drahtseilakt zwischen Optimismus und Trauerbewältigung mit viel Feingefühl meistert. Ein weiteres Mosaikteilchen, das den qualitativen Anspruch des Streamingdienstes von Apple unterfüttert. Offen ist nach drei Folgen jedoch, ob die Geschichte über zehn lange Folgen ihre emotionale Botschaft aufrechthalten kann oder ob es im Verlauf doch an Wirkkraft einbüßt. Der Optimismus überwiegt nach dem starken Start.
Der Morgen davor und das Leben danach startet am 3. Februar bei Apple TV+ mit drei Folgen und geht danach im Wochenrhythmus weiter!
Unsere Wertung:
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