Auch Diplomaten können mal überfordert sein. Davon erzählt die neue Netflix-Serie Diplomatische Beziehungen, für die die ehemalige West-Wing-Autorin Debora Cahn verantwortlich zeichnet. Wie packend ist der Politthriller?
Titel | Diplomatische Beziehungen |
Jahr | 2023 |
Land | United States of America |
Genres | Drama, War & Politics |
Darsteller | Keri Russell, Rufus Sewell, David Gyasi |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads |
Diplomatische Beziehungen – Die offizielle Handlungsangabe
Kate Wyler (Keri Russell) wurde zur neuen US-Botschafterin im Vereinigten Königreich bestellt. Eigentlich sollte sie nach Afghanistan entsandt werden. Sie fühlt sich nämlich in Krisengebieten wie zu Hause, in einem historischen Haus jedoch eher weniger. Auf einem Kontinent braut sich ein Krieg zusammen und auf einem anderen eskaliert er. Kate hat alle Hände voll damit zu tun, internationale Krisen abzuwenden, strategische Bündnisse in London zu schließen und sich mit ihrer neuen Position im Rampenlicht vertraut zu machen. Überdies ist sie mit dem Diplomaten und Politstar Hal Wyler (Rufus Sewell) verheiratet.
Erster Eindruck zu Diplomatische Beziehungen
Dieser Beitrag beschäftigt sich ausschließlich mit den ersten drei Folgen die Netflix vorab zur Verfügung gestellt hat. Dementsprechend ist die Kritik auch nur auf den Auftakt bezogen und soll dazu dienen, den Leser:innen eine Hilfestellung bei der Entscheidung zu geben, ob sich auf Basis der ersten Eindrücke ein Eintauchen in die diplomatischen Gefilde lohnt.
Ruhig, süffisant, tiefgründig
Diplomatische Beziehungen ist der Gegenentwurf zu all den Agenten-Serien, die in den letzten Monaten wie Pilze aus dem Boden der Streaminganbieter geschossen sind. Action ist hier lediglich die Auftaktszene, die den Stein der Ereignisse ins Rollen bringt. Danach entwickelt sich die Serie zu einem Feinschmecker-Menü für Fans Dialog-lastiger Formate, bei der ein halbes Dutzend wortgewandter Figuren aufeinander losgelassen werden. Das Setting ist hier äußerst spannend gewählt. Denn als normaler Bürger bekommt man in der Regel nie einen Einblick in die Privatsphäre von politischen Playern dieser Ebene. Diskretion ist nun mal in der Diplomatie mit die wichtigste Tugend. Schon sehr schnell in der Auftaktfolge wird klar, wie ein solcher Beruf jedoch die Trennung von Privatleben faktisch unmöglich macht – und damit für eine Ehe enorme Herausforderungen bedeutet.
Hal: „Ich bin die Frau des Botschafters.“
Interessant ist in dieser Serie vor allem, die doch noch recht ungewohnte, aber zeitgemäße Rollenverteilung: Die wichtige Person in den meisten Szenen, in denen Kate und Hal Wyler zusammen auftauchen, ist die neue Botschafterin, er ist nur die zweite Geige, was ihm mal mehr, mal weniger in den Kram zu passen scheint. Zwischen den Eheleuten sind die Spannungen nicht wegzudiskutieren, aber diese Spannung ist es auch, die den Reiz der ansonsten eher trocken anmutenden Serie mitbegründet. Die Dialoge fordern Aufmerksamkeit, die politischen Dimensionen sind wahrscheinlich komplexer als bei House of Cards und die ein oder andere Parallele zur Realität erfordert auch, dass das Publikum sich für Politik generell interessiert.
Wer sollte sich Diplomatische Beziehungen nicht entgehen lassen?
Keri Russell ist stark, Rufus Sewell, der zuletzt eine eher unglückliche Figur in Kaleidoscope abgegeben hat, rehabilitiert sich mit einer bemerkenswerten Schauspielleistung, die weiteren Rollen fügen sich in eine überzeugende Ensembleleistung. Fans politischer, aktueller Dramen dürften hier am ehesten Anklang finden. Weniger Intrigen als in House of Cards, weniger Action als in Jack Ryan, aber starke Beobachtungen, interessante Gedankenspiele und intelligente, weil nachvollziehbare Entscheidungen der Handlungsträger machen die Serie doch zu einer frischen Brise im trockenen Metier. Das Drama, das sich in der Ehe der Wylers abspielt weckt mitunter auch Erinnerungen an nicht-politische Ehekrise-Stories, wie beispielsweise dem Klassiker Szenen einer Ehe.
Was darüber hinaus sehr gut transportiert wird, da es die Hauptdarstellerin mit vollster Inbrunst zu verkörpern weiß, ist die Aussage der Serie im Bezug darauf, wie sich öffentlicher Druck auf Entscheidungsträger auswirkt – insbesondere, wenn diese sich in einer labilen, psychischen Phase befinden. Als Psychogram der politischen/diplomatischen Elite funktioniert die Geschichte exzellent, nur leider dürfte dieser Aspekt für wenige im Publikum attraktiv oder unterhaltsam sein.
Unser vorläufiges Fazit zu Diplomatische Beziehungen
Mehr Beziehungsdrama mit immer wieder sarkastischem Unterton als Politthriller – so zumindest der Eindruck nach den ersten drei Folgen. Auf die ausschweifenden fast prätentiösen Wortgefechte muss man Lust haben. Doch wenn man sich darauf einlässt, wird man durch die starken Darstellerleistungen entschädigt. Irgendwie will der Funke nach den ersten Episoden noch nicht ganz überspringen, aber die Chance ist da, dass Diplomatische Beziehungen im Verlauf noch Fahrt aufnimmt und die Geduld sich auszahlt.
Diplomatische Beziehungen ist ab dem 20. April 2023 bei Netflix abrufbar!
Unsere Wertung:
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