Geschichten von einer Zufallsbegegnungen, die zu weitreichenden Verwicklungen führen, gibt es viele. Was macht Expats nun anders – und wird die Serie damit zu einem sehenswerten Drama oder ist sie trotz Nicole Kidman im Cast keine Empfehlung wert?
Titel | Expats |
Jahr | 2024 |
Land | United States of America |
Genres | Drama |
Darsteller | Nicole Kidman, Sarayu Blue, Ji-young Yoo, Brian Tee, Tiana Gowen, Bodhi del Rosario, Ruby Ruiz, Amelyn Pardenilla, Jack Huston |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Amazon Prime Video, Amazon Prime Video with Ads |
Expats– Die offizielle Handlungsangabe
Expats spielt im pulsierenden und turbulenten Hongkong des Jahres 2014 und handelt von drei Amerikanerinnen – Margaret (Nicole Kidman), Hilary (Sarayu Blue) und Mercy (Ji-Young Yoo) -, deren Leben sich nach einer plötzlichen Familientragödie kreuzen. Die Serie hinterfragt Privilegien und erforscht, was passiert, wenn die Grenze zwischen Opfer und Täter verschwimmt.
Staffelkritik zu Expats
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der kompletten Staffel der Serie. Auf Spoiler wird jedoch verzichtet werden.
Beiläufiger Einblick, der schnell an Intensität gewinnt
Die Idee Schicksale scheinbar zufällig zusammenzuführen und dann die Auswirkungen auf die betroffenen Leben zu begleiten, ist alles andere als neu. Doch wie eben diese Fügungen den berüchtigten „Butterfly Effect“ verursachen können, also das marginale Änderungen große Wirkungen entfalten können, so ist es auch in dieser Erzählform: Die Anfänge, also das Zusammenfallen der Lebenswege, mag beiläufig passieren, aber wie man es dann peu á peu zu einer interessanten Geschichte gedeihen lässt, das ist dann die große Kunst der Autoren. Die erfolgreichen und erinnerungswürdigen Genre-Vertreter haben es immer geschafft, den Spagat zwischen Langeweile und Überkonstruierung zu meistern.
Um nicht komplett zum Produkt der Willkür zu werden, müssen die Protagonisten, deren Schicksale verwoben werden, rudimentär etwas teilen. In Expats ist dies das gemeinsame Schicksal dreier Amerikaner, die als titelgebende „Fremdkörper“ in der asiatischen Metropole Hongkong leben und deswegen ähnliche Alltagsprobleme kennen. Anfangs lernen wir die Einzelfiguren noch losgelöst voneinander kennen, sehen wie sie mit ihrem Leben jeweils schon hadern. Doch dann werden aus den Fremden Schicksalsgenossen und schon in der Pilotfolge hat einen die dramatische Geschichte voll im Griff.
Pulsierendes Hongkong, emotionale Geschichten
Die Entwicklungen profitieren im weiteren Verlauf von einem sehr gut orchestrierten Ensemble, von starken Einzelmomenten, die die Schwere, die permanent in der Luft liegt, nach oben wie unten zu unterbrechen schaffen und von der doch neuartigen Perspektive mit der Expats sein Publikum durch die Großstadt in Südasien navigiert. Die Story an sich ist aus dem Leben gegriffen und dadurch nicht extrem originell. Durch die Plausibilität der Ereignisse wächst jedoch die Möglichkeit, sich in die Charaktere hineinzuversetzen. Ja, die Protagonisten gehören zum Großteil einer Schicht an, die im Sozialspektrum ganz weit oben angesiedelt ist. Dadurch, dass man es schafft diese Upper Class zu erden, kann man sich ganz gut mit ihnen identifizieren.
Ohne zu viel vorweg zu nehmen, steht außer Frage, dass die Themen, die in der Miniserie angeschnitten werden, unter die Haut gehen. Verpackt wird das Drama aber auch mit nicht zu aufdringlicher Kritik an sozialer Ungleichheit und am Verhalten der Privilegierten gegenüber vermeintlich weniger Privilegierten. Dadurch funktioniert sowohl die universelle Ebene mit allerlei Ambivalenzen, die auf jedes Individuum in einer fremden Kultur übertragbar sind, als auch die spezifische Story der hier porträtierten Personen im Hongkong-Setting. Mitunter spielt man etwas wenig mit der Sonderstellung Hongkongs, aber streckenweise kommt auch dies zur Geltung.
Kalte Kidman, warmer Cast
Wer in den letzten Jahren mit der sich dem Altern verweigernden Nicole Kidman schon fremdelte, der wird hier erneut mit ihrer Rolle die größten Probleme innerhalb des Cast haben. Dass sie durch ihre Erscheinung schon komplett aus der Reihe tanzt, ist dabei noch als gewohntes Stilmittel zu verstehen. Dass Kidman aber auch emotional immer wieder wie ein Fremdkörper agiert, damit muss man sich beim Zuschauen schon bewusst arrangieren. In den Szenen, in denen sie die Passivität und Abwesenheit auch spielen soll, passt ihre emotionale Kälte natürlich perfekt, aber leider gibt es auch Momenten, in denen sie Nahbarkeit aufzubauen versucht und dabei ein weniger überzeugendes Bild abgibt. Das war in Nine Perfect Strangers schon gewöhnungsbedürftig und hat mitunter bei The Undoing eine tiefere Sympathie mit ihrer Rolle verhindert, aber in Expats ist es nochmals eine Spur augenfälliger: Nicole Kidman schafft es nicht mehr als glaubhaft trauernde oder angreifbare Frau aufzutreten.
Dementgegen steht dann aber ein durch die Bank stark aufspielendes Ensemble, bei dem vor allem die beiden weiteren Protagonistinnen Hilary (Sarayu Blue) und Mercy (Ji-Young Yoo) das Defizit in Sachen Anknüpfungspunkte der Oscarpreisträgerin Kidman aufwiegen. Die Wärme und Herzlichkeit aber, die andere Serien ähnlicher Gangart in den letzten Jahren ad hoc zu Fanlieblingen gemacht haben, entfacht die Miniserie von Prime Video zu selten.
Wer sollte sich Expats nicht entgehen lassen?
Wer nach wie vor sehnsüchtig auf die Fortsetzung von Apple TV+ Pachinko wartet, der kann bei Expats auf jeden Fall mal einen Blick riskieren. Nicht nur das asiatische Setting ähnelt sich, auch die Themen Fremdheit in einem asiatischen Land und tragische Familienschicksale spielen hier wie dort eine Rolle. Darüber hinaus kommen dank Kidman Big Little Lies Fans auf ihre Kosten. Und wer die Episodendramen von Alejandro González Iñárritu zu schätzen weiß, wir auch mit der Erzählweise, die hier kaleidoskopisch ihre Spannung aufzieht zurecht kommen.
Unser Fazit zu Expats
Expats ist eine intensive Tragödie im Großstadtsetting, die inhaltlich wie atmosphärisch über die ganze Länge zu bannen vermag. Hongkong ist dabei eine spannende Wahl, da der Ort auch symbolisch für die Themen einsteht, die innerhalb der Geschichte tangiert werden. Leider ist Nicole Kidman zwar der große Name und auch definitiv die Hauptfigur, doch ausgerechnet mit ihrer Performance fällt es schwer, emotional mitzugehen. Das mag mitunter gewollt sein, sorgt aber doch dafür, dass die Tiefschläge nicht ganz so hart einschlagen, wie es möglich gewesen wäre. Denn die Story per se ist intelligent aufgebaut, wartet mit einigen Wendungen auf und lässt das Publikum immer wieder mitleiden.
Expats startet am 26. Januar 2024 mit den ersten beiden Folge bei Amazon Prime Video. Danach geht es jeweils am Freitag mit einer neuen Folge weiter!
Unsere Wertung:
© Amazon Studios