Erst gehyped wie kaum etwas zuvor, dann zum Synonym für eine Bruchlandung auf der Zielgeraden geworden: Game of Thrones ist – egal was man nun vom Finale halten mag – auf alle Fälle eine der wichtigsten Serien der 2010er-Jahr gewesen. Nun kommt das erste Spin-Off House of the Dragon auf die heimischen Fernsehgeräte. Die Rettung von Westeros oder der Epilog des Abgesangs?
https://www.youtube.com/watch?v=WNKNadYlF0E
Titel | House of the Dragon |
Jahr | 2022 |
Land | United States of America |
Genres | Sci-Fi & Fantasy, Drama, Action & Adventure |
Darsteller | Emma D'Arcy, Matt Smith, Olivia Cooke, Patrick Sass |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: WOW, Sky Go Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload, Freenet meinVOD |
House of the Dragon – Die offizielle Handlungsangabe
Westeros, rund 200 Jahre vor dem Tod von König Robert Baratheon: Der gütige König Viserys Targaryen (Paddy Considine) herrscht über die sieben Königreiche. Er erklärt seine Tochter Rhaenyra (Emma D’Arcy, jung: Milly Alcock) zur Thronfolgerin – obwohl noch nie eine Frau auf dem Eisernen Thron saß und er mit seiner zweiten Frau Alicent Hightower (Olivia Cooke, jung: Emily Carey) auch noch Vater mehrere Söhne geworden ist. Nicht nur Alicents Vater Otto (Rhys Ifans), als „Hand des Königs“ Viserys‘ engster Berater, hält seinen Enkel Aegon für den würdigeren künftigen König. Obwohl Rhaenyra und Alicent sich einst nahestanden, werden sie nach Viserys Tod zu erbitterten Gegnerinnen.
Viserys undurchsichtiger jüngerer Bruder Daemon (Matt Smith) scheint eine ganz eigene Agenda zu verfolgen – und es heißt nicht umsonst, dass die Götter bei der Geburt eines Targaryen eine Münze werfen, ob dieser wahnsinnig wird. Der Konflikt mündet in einem Bürgerkrieg, dem berüchtigten „Tanz der Drachen“, der den Niedergang des Hauses Targaryen und seiner Drachen einläuten wird.
Erster Eindruck zu House of the Dragon
Dieser Beitrag beschäftigt sich ausschließlich mit den ersten beiden Folgen der Serie. Dementsprechend ist die Kritik auch nur auf den Auftakt bezogen und soll dazu dienen, den Lesern eine Hilfestellung bei der Entscheidung zu geben, ob sich auf Basis der ersten Eindrücke ein Blick rentiert.
!!! Kleine Spoilerwarnung!!!
Es wird in diesem Artikel allerdings auf Handlungen der ersten beiden Folgen eingegangen. Wer diesen Beitrag also liest bevor er die Episoden selbst gesehen hat, der sei an dieser Stelle vor Spoilern hierzu gewarnt!!!
Eine Vorgeschichte mit dem selben Grundkonflikt
It is now the ninth year of King Viserys I Targaryen’s reign. 172 years before the death of the Mad King, Aerys, and the birth of his daughter, princess Daenerys Targaryen.
Mit dieser Texteinblendung beginnt das Prequel zum Welterfolg Game of Thrones. Die Geschichte setzt zu dem Zeitpunkt ein als sich Viserys mitten im Entscheidungsprozess darüber befindet, wer in der Thronfolge nach ihm über die Sieben Königslande herrschen soll, da er selbst noch keinen leiblichen Sohn mit seiner Gemahlin Aemma, die jedoch gerade hochschwanger ist, hat. Die Targaryen-Dynastie herrscht seit Generationen von Königsmund (King’s Landing) aus über das gewaltige Reich. Eigentlich sind die Mechanismen und Hierarchien etabliert, aber schnell wird dem Zuschauer klar gemacht, dass es innerhalb des Herrscherhauses brodelt. Während es in der Mutterserie stets um die Frage ging, wer auf dem Eisernen Thron sitzen darf und die Häuser gegeneinander intrigierten und kämpften, finden die „Schlachten“ in House of the Dragon – so zumindest der Eindruck nach den ersten Folgen – einzig innerhalb der mächtigen Familie statt.
Mehr von den entscheidenden Elementen
Das Objekt der Begierde ist jedoch in der Prequelserie nun nochmal um einiges imposanter in Szene gesetzt. Und das ist nicht das einzige, was in der neuen Show auf die Spitze getrieben wird. GoT ist zu seiner Zeit auch deswegen zum popkulturellen Phänomen geworden, weil Sex und Gewalt für viele einen Stellenwert eingenommen hatten, wie man es sonst in einer so mainstreamigen Serie kaum kannte. Ob das jedoch wirklich die entscheidende Zutat im Erfolgsrezept war, ist umstritten.
Zumindest einige Szenen in den ersten beiden Folgen von House of the Dragon suggerieren, dass die Macher selbst in diesem Glauben sind. Denn die Serie ist brutal, nahezu blutrünstig und scheint sich in diesem Stilmittel fast etwas zu sehr zu suhlen. Exemplarisch sieht man dies während des aufwendigen Ritterturniers, dass direkt zu Beginn auch den Produktionswert untermauern soll. Das mag mitunter mehr an Spartacus erinnern und etwas übertünchen, dass Miguel Sapochnik doch eigentlich auch die tatsächlich entscheidende Zutat für die Qualität der Originalserie hier wieder mehr in den Cocktail gemixt hat, als es gen Ende von GoT der Fall war. Denn zum Glück spielen in House of the Dragon die politischen Intrigen von Beginn an eine signifikante Rolle!
Wieder mehr Ränkespiele – mit einigen Fragezeichen
Die Szenen am Ratstisch, in denen über die Geschicke des Reiches debattiert wird, sind spannend inszeniert. Als Zuschauer will man unbedingt wissen, wer mit offenen Karten spielt und wer in dieser Serie in die Fußspuren der berüchtigten Charaktere Varys, Littlefinger und Tyrion treten wird. Manches zeichnet sich schnell ab, aber vieles ist nach zwei Folgen auch noch im vagen belassen. Die Schachfiguren müssen erstmal alle auf dem Brett platziert werden und dafür nimmt sich die Serie genau so viel Zeit wie sie dafür braucht. Aus den Erfahrungen der GoT-Produktion haben alle Beteiligten offenbar die richtigen Schlüsse gezogen.
Interessante Familientraditionen…
Die Serie wendet sich eindeutig an diejenigen, die GoT bis zum Ende hin verfolgt haben. Das merkt man in erster Linie daran, dass sich wenig damit aufgehalten wird, dem Publikum das Reich als solches vorzustellen. Dieses Wissen wird einfach vorausgesetzt, was den Einstieg für Nichtkenner der Ur-Serie praktisch unmöglich macht. Was hingegen mehr Zeit und Raum bekommt sind die Traditionen und Konventionen der Targaryen-Dynastie. Und diese Besonderheiten birgen reichlich Sprengstoff für besagte Familienfehden, wie von Minute eins an klar wird. Eine „Tradition“ auf die die Drachenbändigerfamilie wohl nicht sonderlich stolz ist, ist die Tatsache, dass recht häufig ein Mitglied recht nah am Wahnsinn gebaut ist. Der offensichtliche Antagonist in den ersten Folgen ist Daemon, der Bruder des Königs, der als machtgierig und vor allem aber unglaublich unberechenbar eingeführt wird. Die Darstellung von Matt Smith in dieser Rolle ist schon jetzt als eines der Highlights von House of the Dragon einzustufen.
… im Hause Targaryen
Das zweite Element der Familientradition, das hier direkt in den Fokus gestellt wird, ist die spezielle Form der Erbmonarchie bei den Targaryens. Denn bereits nach wenigen Minuten verstirbt die Gattin von Viserys bei der Geburt seines potentiellen Thronfolgers. Und in Folge zwei muss der Herrscher dann eine neue Ehefrau erwählen, um die Blutlinie nicht zu gefährden. Dabei ist es faszinierend zu beobachten, wie hier die ersten Weichen für spätere Konflikte gestellt werden: Zwei seiner engen Berater von mächtigen Häusern buhlen darum, wessen Tochter die neue Königin werden soll.
Das skurrile daran: beide sind noch wahnsinnig jung, sehr weit von der Volljährigkeit entfernt, und selbst Viserys selbst scheint mit dieser Tradition nicht sonderlich glücklich zu sein. Nichtsdestotrotz entscheidet er sich am Ende der zweiten Episode für eine der beiden Kandidatinnen – und stößt damit eine Kettenreaktion an, die vermutlich im Laufe der ersten Staffel äußerst blutige Folgen haben wird. Denn die Auserwählte ist zugleich zu diesem Zeitpunkt noch die beste Freundin seiner Tochter Rhaenyra. Und so viel sei verraten: nicht nur seine Tochter und sein abtrünniger Bruder sind mit dieser Wahl alles andere als zufrieden.
Zeitsprünge zwischen den Folgen logisch, aber gewöhnungsbedürftig
House of the Dragon setzt bei der Struktur auf ein interessantes Instrument: zwischen den einzelnen Folgen wird es jeweils mehrmonatige Zeitsprünge geben, sodass vor allem die jüngeren Darsteller nach einigen Folgen erst von ihren älteren Kolleg:innen ersetzt werden. Das ist mitunter gut geeignet, um die Folgen von Entscheidungen spürbarer abbilden zu können. Da sich manche Momente zu Beginn jedoch etwas gestreckt, fast langatmig anfühlen, weil man den extrem großen Cast erst mal vorstellen muss, fühlen sich die Sprünge zwischen den Folgen, aber auch zwischen einzelnen Szenen, dann sehr abrupt und überhastet an. Das Pacing von House of the Dragon ist bisweilen das größte Manko. Hier wird sich erst im Laufe der ersten Staffel zeigen, ob man sich da noch auf ein angemessenes Tempo einpendelt oder ob der unausgewogene Eindruck verfestigt wird.
Viele blonde Charaktere, die noch wachsen müssen
Der Umfang der Besetzung lässt erahnen, dass es einige Zeit brauchen wird, um die Figuren in all ihren Dimensionen zu etablieren. Der Beginn der Serie konzentriert sich schon auf einen kleineren Kreis und gibt diesen Charakteren schon genug Facetten, damit man als Zuschauer:in ein Gefühl für die Motivationen und die Eigenarten bekommt. Doch der Vergleich mit GoT ist auch hier natürlich wieder omnipräsent. Eigentlich unfair, aber man tut sich mit einigen inszenatorischen Mitteln auch keinen Gefallen, da man immer wieder an die Originalserie anspielt und somit den Vergleich nahezu provoziert.
Noch wage ich kein Urteil darüber, ob es in House of the Dragon Figuren gibt, die wie die Protagonisten des Vorgängers, weit über die Serie hinaus bekannt werden können. Die Darsteller sind jedoch schon in den wenigen Szenen extrem stark. Man darf optimistisch sein, dass man aus den Fehlern der letzten Staffel gelernt hat und nicht nochmal sein Publikum „unterschätzt“ und glaubt es schaue die Serie „nur“ für das große, audiovisuelle Spektakel. Die Figurenentwicklungen, die hier jeweils angedeutet werden, vereinen die spannendsten Ansätze von GoT-Personal und neuen Ideen.
Und was ist jetzt mit den Drachen?
Ja ja, natürlich gibt es in House of the Dragon auch Drachen. In den ersten beiden Folgen werden die beiden, die man bislang eingeführt hat, jedoch genau in dem Maße eingesetzt, dass sie noch ein Mysterium bleiben. Und trotzdem wird schon das Spektakel angedeutet, das mit Sicherheit auf die Zuschauer:innen zukommen wird. Die optische Umsetzung ist dabei mehr als gelungen. Selten sahen Drachen so furchteinflößend, beeindruckend und „echt“ aus, wie hier. Es wird spannend zu sehen, in welchen Dosen man sie schon in dieser ersten Staffel von der Leine lässt, um immer noch Steigerungspotential in der Hinterhand zu haben. Alles was man von den riesigen, fliegenden Ungetümen in den ersten beiden Folgen jedoch zeigt, deutet darauf hin, dass die Macher ein exzellentes Gespür dafür haben, diesen Trumpf der Fantasyserie wirkungsvoll auszuspielen.
Unser Fazit zum Auftakt von House of the Dragon
House of the Dragon beginnt genauso ambitioniert, wie man es von einer Serie, die an den Erfolg einer der größten Serien aller Zeiten anknüpfen soll, erwartet. Ohne Wissen über die Welt von Game of Thrones ist man aufgeschmissen und selbst wenn man sich mit der Materie auskennt, muss man der Serie einige Zeit zugestehen, um den erneut sehr umfangreichen Cast in Gänze vorzustellen. Die erste Episode deutet zwar an, dass man diesmal noch mehr auf Brutalität und Sex setzt. Das würde der Serie nur bedingt gut zu Gesicht stehen. Denn die politischen Dimensionen, die im Familienzwist der Targaryens rumort, ist definitiv nervenaufreibend genug, um auch ohne inszenatorisch über die Stränge zu schlagen, eine fesselnde Geschichte zu erzählen. Nach dem guten Auftakt darf man guter Dinge sein, dass hier nicht Fehler wiederholt sondern alte Stärke revitalisiert werden.
House of the Dragon startet am 22. August bei Sky/WOW. Danach geht es jeweils am Montag mit einer neuen Folge weiter!
Unsere Wertung:
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