Paramount+ bietet auch abseits der Taylor-Sheridan-Yellowstone-Welt was für Western-Fans. Mit Joe Pickett gibt es jetzt eine Serie, die in den USA schon mehr als nur ein Geheimtipp ist, aber hierzulande wohl keiner auf dem Schirm hat. Muss sich das nun ändern?
Titel | Joe Pickett |
Jahr | 2021 |
Land | United States of America |
Genres | Drama, Western |
Darsteller | Michael Dorman, Julianna Guill, Skywalker Hughes, Vivienne Guynn, Mustafa Speaks, Chad Rook |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Paramount Plus, Paramount+ Amazon Channel, Paramount Plus Apple TV Channel Kaufen: Apple TV, Amazon Video |
Joe Pickett – Die Handlung der ersten Staffel
Joe Pickett (Michael Dorman), der namensgebenden Titelheld, ist Jagdaufseher in der Kleinstadt Saddlestring in Wyoming und erst kürzlich für den neuen Job mit seiner Frau und seinen Töchtern zurückgekehrt. Er tritt die Nachfolge von Verne Dunningham an und ist äußerst engagiert. Zu engagiert, wie sich schnell herausstellt, denn Pickett nimmt einem Wilderer in Ausführung seiner Pflichten den Jagdschein ab und löst damit eine Kettenreaktion an Ereignissen aus, die nicht nur den Frieden in der neuen Heimat gefährden sondern auch zur Gefahr für seine Familie werden. Denn auch wenn das beschauliche Nest etwas verschlafen daherkommt, im wandelnden soziopolitischen Klima steht die ländliche Kleinstadt am Rande des wirtschaftlichen Zusammenbruchs – und ist dadurch längst zum Spiel krimineller Machenschaften geworden.
Staffelkritik zu Joe Pickett
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der ersten Staffel der Serie. Dennoch wird auf Spoiler verzichtet.
Kleiner Krimi im Hinterwäldler-Yellowstone
Im Gegensatz zum extrem epischen Anspruch und dem Familiensaga-Habitus von Yellowstone kommt Joe Pickett nicht nur auf den ersten Blick hemdsärmelig, kompakt und bodenständiger daher. Auch wenn die Geschichte hier auch im großen Natur-Reservat spielt und Wyoming der Nachbarstaat von Montana ist, fühlen sich die beiden Serien an, als würden sie in unterschiedlichen Ländern spielen. Oder zumindest in Parallelwelten. Denn wohnt dem Sheridan-Western etwas spätromatisches und herrschaftliches bei all den sozialpolitischen Misstönen inne, ist das gesamt Milieu, in dem diese Serie hier angesiedelt ist eine, wenn nicht mehrere Stufen tiefer angesiedelt. In Yellowstone ist die Bedrohung von Außen manchmal nur eine Isolation, haben die Duttons doch eigentlich alles voll im Griff. Erst bei näherer Betrachtung offenbaren sich die Risse, beginnt die Fassade zu bröckeln.
In diesem Kleinstadt-Drama hingegen ist das Abgehängtsein der Landbevölkerung in den USA omnipräsent. Es ist sogar in weiten Teilen Element der Motivation und als solche auch nachvollziehbar erzählt. Doch das ist alles hier nur Background einer klassischen Kriminalgeschichte, wie man sie schon unzählige Male gesehen hat. Aber der man trotzdem nie überdrüßig wird, ist sie so gut und dicht konstruiert wie hier. Der Auftakt ist perfekt, legt die ein oder andere Fährte, der man im Folgenden als Zuschauer nach und auf den Leim geht. Dabei bleibt die Familie der Titelfigur im Zentrum, wird langsam aufgebaut zu interessanten Charakteren und auch die traumatische Vergangenheit von Joe wird hier zwar eingewoben, aber nicht zu platt auf die Nase gedrückt.
Noch viel Potenzial in den Weiten der Wildnis
Es ist wahrlich keine Neuerfindung, weder des Neo-Western noch des klassischen seriellen Krimis, aber die Menschen fühlen wie echte Menschen an, die Aktionen sind plausibel und die Twists überraschend und trotzdem fast ausnahmslos logisch. Schnell wird hier klar gestellt, dass hinter der Kulisse des Idylls Machenschaft brodeln und auch im Hinterwäldler-Amerika das organisierte Verbrechen schaltet und waltet. Geld, Macht, Einfluss. Wiesel, Geier, Emu. Joe Pickett hat nicht ganz die traumhafte Landschaftspanorama-Optik Sheridans, doch auch hier wird man als Natur-Romantiker immer wieder ins Schwärmen verfallen. Nur die CGI-Tiere holen aus einer perfekten Illusion unfreiwillig ein bis zweimal heraus, aber dieser Makel sei der kleinen Produktion verziehen.
Die Spannungskurve in der ersten Staffel ist dagegen makellos, die Auflösung konsequent und befriedigend. Und doch gibt es auch am Ende genug noch zu erzählen und weitere Tiefen und Hintergründe der Figuren zu ergründen. Neue Konflikte ziehen als dunkle Wolken am Horizont bereits auf und werfen ihren Schatten auf die Viehweiden und Bergkämme. Abschließend sei auch darauf verwiesen, dass speziell Michael Dorman, obwohl er bislang wohl hauptsächlich in For all Mankind punkten konnte, hier als Titelfigur einen tollen Job macht. Auch die recht unbekannten Nebendarsteller bleiben allesamt positiv im Gedächtnis.
Wer sollte sich Joe Pickett nicht entgehen lassen?
Wer mit der anderen laufenden Show von C. J. Box, Big Sky bei Disney+, etwas anzufangen wusste, bekommt hier perfekten Nachschub. Und wie gesagt: Wer die Sheridan Welt mag, wird auch diesen Neo-Western zu schätzen lernen. Darüber hinaus spricht die Serie diejenigen an, die neuere Krimi-Serien, die nicht mit gesellschaftskritischen Nebenschauplätzen geizen, mögen. Mare of Easttown hatte beispielsweise sicherlich größere Namen, etwas härtere Punches und hallte länger nach. Allerdings war die Kate-Winslet-Geschichte auch eine Miniserie, also hat Joe Pickett durchaus noch eine realistische Chance, in der Zukunft an dieses Kleinod heranzukommen.
Unser Fazit zu Joe Pickett – Staffel 1
Joe Pickett beginnt vielversprechend und schafft es die Spannung über die ganzen 10 Folgen zu halten und schwelen zu lassen. Die Charaktere werden gut eingeführt und ausstaffiert, der Krimi überzeugt genauso wie die Landschaftsaufnahmen. Kurzum: Die Serie ist in Deutschland ein absoluter Geheimtipp, doch das sollte sich ändern.
Joe Pickett: Die erste Staffel ist seit 16. Juli komplett bei Paramount+ gestartet. Staffel 2 kommt bereits am 20. August
Unsere Wertung:
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