Landman ist eine weitere Taylor-Sheridan-Produktion für Paramount+. Während das Vehikel Yellowstone dem Finale entgegensteuert, soll mit der neuen Serie quasi ein Nachfolger ohne Cowboys ins Rennen gehen. Lässt sich die Erfolgsformel aber im Ölgeschäft so leicht wiederholen?
Titel | Landman |
Jahr | 2024 |
Land | United States of America |
Genres | Drama |
Darsteller | Billy Bob Thornton, Ali Larter, Jacob Lofland, Michelle Randolph, Paulina Chávez, Kayla Wallace, Mark Collie, James Jordan, Demi Moore, Jon Hamm |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Paramount Plus, Paramount+ Amazon Channel, Paramount Plus Apple TV Channel |
Landman – Die offizielle Handlungsangabe
In der Serie Landman steht der Krisenmanager eines Mineralölkonzerns,Tommy Norris, der von Billy Bob Thornton, gespielt wird, im Mittelpunkt. Basierend auf dem Podcast „Boomtown“ spielt die Serie in den sprichwörtlichen Boomtowns von West-Texas und ist eine moderne Geschichte über die Suche nach dem Glück in der Welt der Ölplattformen. Die Serie ist eine Geschichte über Raufbolde und wilde Milliardäre, die einen Boom anheizen, der so groß ist, dass er unser Klima, unsere Wirtschaft und unsere Geopolitik umgestaltet.
Sehr nah dran …
Was hat Yellowstone zu einem Welthit und speziell in den USA zu einer der erfolgreichsten Serien der letzten Jahrzehnte gemacht? Gut, auch darüber ließen sich nun wieder ganze Aufsätze verfassen oder gar Bücher schreiben: Wie hat es Taylor Sheridan geschafft mit einer Geschichte über das Cowboy-Sein in der Jetztzeit in den Vereinigten Staaten, die genau als die Serie an den Start geht, ein zutiefst gespaltenes Land sind? Ist es das nostalgische Sehnen nach der Entschleunigung in der weiten Natur? Ist es schier eine Allegorie auf den Amerikanischen Traum, wie aus dem Bilderbuch? Sind es vielleicht sogar in erster Linie die Beteiligten, denn Kevin Costner ist fraglos in den USA ein Mega-Star? Ist es der Thriller des Kampfes des “kleinen Mannes” gegen den Kapitalismus? Wahrscheinlich ist es die Mischung aus allem und noch viel mehr.
Fest steht, dass Sheridan, der zuvor schon starke Skripte verantwortete und auch als Darsteller aktiv war, sich mit diesem Hit eine Carte Blanche bei Paramount verdient hat, die er seither genüsslich ausspielt. Tulsa King, Lioness, Mayor of Kingstown – das Sheridan-Verse wächst und wächst und mit den Spin-Offs zu Yellowstone wird auch die Zukunft der Hauptserie keine entscheidende Rolle spielen für den Fortbestand des Franchise.
Während sich einige der anderen Formate abseits des Dutton-Zirkus doch merklich von der Cowboy-Welt distanzierten, wenngleich die Handschrift des Machers immer omnipräsent ist, ist Landman nun doch auffällig nah dran an den Zutaten der Costner-Show: Allein der Vorspann ist fast eine Kopie mit anderer Melodie, aber ähnlichen Bildern. Statt Costner ist nun Billy Bob Thornton der Verteidiger des “rechtschaffenen Arbeiters”, ebenfalls ein Charakter, der trotz Vermögens hemdsärmelig wirkt, anpackt, Prinzipien vertritt und als “Relikt vergangener Zeiten” verkauft wird.
… und doch weit weg
Doch es gibt einen gewaltigen Unterschied. Und der betrifft das Setting. Denn war es nahezu eine “Low Hanging Fruit” in Zeiten, in denen sich viele in den ländlichen Gegenden der USA von den Entwicklungen an den High-Tech-Standorten in Küstennähe im Osten und Westen, überfordert fühlen und sich auf rudimentäre Werte zurück beziehen, das Cowboytum als Sehnsuchtsanker hochzustilisieren, ist dieser Kniff mit dem Öl-Business eine deutlich härtere Nuss.
Wie will man in Zeiten von Klimawandel und omnipräsenter Kritik an Ölkonzernen Männer dieses Geschäfts irgendwie zu sympathischen Figuren aufbauen oder gar deren Dasein verromantisieren? Oder aber: Soll Landman dies überhaupt oder ist Sheridan unter der Oberfläche hier diesmal sogar wesentlich kritischer in Sachen Umgang mit Kern-amerikanischen Erfolgsgeschichten? Ich konnte nun inzwischen von der ersten Staffel der neuen Serie etwa die Hälfte sehen und kann noch immer kein abschließendes Bild von der Intention hierzu von Sheridan zeichnen.
Fest steht aber sehr schnell, dass hier der Funke nicht so schnell überspringt, was wiederum auf eine Vielzahl von Gründen zurückzuführen ist. So ist schon mal ein Billy Bob Thornton kein Kevin Costner. Ja, auch er hat schon Sympathieträger spielen können, aber seine Glanzrollen hat er dann gehabt, wenn er zwielichtige Typen, wie beispielsweise in der ersten Staffel von Fargo, spielen durfte. Jetzt ist er hier ein Zyniker auf der einen Seite und ein verkappter Held auf der anderen. Das will sich nicht ganz zusammenfügen. Dann kommt hinzu, dass der Konflikt der hier in der ersten Folge zentral eingeführt ist, sehr umständlich etabliert wird, während es eigentlich recht deutlich auf einen Kampf “David gegen Goliath” vor Gericht zusteuert. Und hierbei den Zuschauenden zu vermitteln, dass der Öl-Multi der David ist, ist, wie gesagt, schwierig.
Große Namen, wenig Sympathie
Neben Thornton hat Sheridan auch hierfür wieder einiges mit Rang und Namen in der Waagschale: So tritt Ali Larter als Tommys Ex in Erscheinung, Jacob Lofland spielt dessen irgendwie entfremdeten Sohn, wobei man nicht genau weiß, warum es eigentlich zu einem Bruch innerhalb der Norris-Familie kam. Michelle Randolph spielt Tommys Klischee-Teenie-Tochter, die augenscheinlich durch ihre dümmliche Art als Comic-Relief angelegt ist, was wiederum den Kritikern Sheridans in die Karten spielt, in Sachen weiblicher Rollenbilder eher rückschrittig unterwegs zu sein.
Und die größten Stars im Cast neben Thornton, Jon Hamm als dessen Boss und Demi Moore als Frau des Bosses, treten nur selten lang genug in Erscheinung um Profil zu entwickeln. Leider ist jedoch der Eindruck von Hamms Performance auch nach mehreren Folgen eher negativ, da irgendwie sein Image und Auftreten mit der Art von skrupellosem Typen, den er mimt, komplett konträr geht.
Lichtblicke gibt es dann vielmehr im Nebenhandlungsstrang über die Arbeiter auf den Ölfeldern: James Jordan, der ohnehin zur Stammbesetzung in Sheridan-Projekten gehört, hat auch hier wieder ein paar charmant-dusselige Szenen auf den Leib geschrieben bekommen, Mustafa Speaks wird seinem Spitznamen “Boss” qua körperlicher Präsenz gerecht und Paulina Chavez bringt als junge Witwe Menschlichkeit rein, wo selbige ansonsten ziemlich fehlt. Scene-Stealer jedoch ist Kayla Wallace, die als junge, klischee-toughe Anwältin nicht nur den Männern glaubhaft Paroli bietet, sondern auch mit authentisch vorgetragenen Tiraden einem beim Zuschauen schon in den ersten Folgen einige Male die Kinnlade runterklappen lässt.
Nach und nach bricht das Eis
Es ist wirklich gut, dass ich nicht direkt nach den ersten beiden Folgen, die zusammen veröffentlicht wurden, meinen Text aufgesetzt habe, denn dann wäre mein Fazit zu Landman wahrlich vernichtend ausgefallen. Doch ich muss zugeben: Von Folge zu Folge gewöhne ich mich mehr an das Setting, an die zynisch-miesen Typen, an die knallharte Realität, an die Botschaften, die hier vermittelt werden.
Es geht eben nicht um eine Romantisierung der Ölindustrie, sondern vielmehr um eine Abbildung einer Lebensrealität in einem bestimmten, aber sehr großen Landesteil der USA. Abhängigkeit vom schwarzen Gold, das Aufrechterhalten des Aufstiegsversprechens, die Omnipräsenz von Feindseligkeit in diesem Land, die ein Stückweit erklärt, warum dort beispielsweise so gewählt wird, wie vor kurzem gewählt wurde. Man muss diese Serie noch kritischer sichten, als die anderen Sheridan-Geschichten. Aber vielleicht steckt hier sogar die meiste Substanz unter der Oberfläche, die man mit den metaphorischen Bohrtürmen aus den Tiefen des Sediments erst noch ans Tageslicht fördern muss.
Ein Hauch von Friday Night Lights schwingt auch noch mit im introspektiven Bild des modernen Amerikas, und allein, dass Sheridan es wie kein anderer versteht, überhaupt Landstrichen wie denen, die hier, in Tulsa King oder auch Mayor of Kingstown eine Bühne zu bereiten, muss nochmal herausgestellt werden. Ob er selbst dabei jedoch noch immer objektiv genug ist, um am Ende nicht in Zerrbilder abzugleiten. Es bleibt spannend und das ist auch ein Erfolg, der in der Masse an Neustarts nicht jedem vergönnt ist.
Unser Fazit zu Landman – Staffel 1
Landman ist eine holprige Produktion, der qua aller Zutaten eine große Aufmerksamkeit zuteil wird. “Interessant” ist hier ein passenderes Adjektiv als “spannend” oder “unterhaltsam”. Die Figuren brauchen ebenso wie das Milieu, um beim Publikum Gefühlsregungen in Gang zu setzen, Sympathieträger sind eher Mangelware. Vielleicht aber wird das im Verlauf noch besser und irgendwann sprudelt die Ölquelle auch im übertragenen Sinn. Trotz dieser kritischen Worte kann man sich nicht erwehren, wissen zu wollen, wie es mit Familie Norris in der Abgeschiedenheit Texas weitergeht.
Landman läuft seit dem 18. November 2024 bei Paramount+ im wöchentlichen Rhythmus.
Unsere Wertung:
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