Netflix setzt auch 2020 darauf, seine Kernkompetenz auszuspielen. Unter den großen Kritiker-, wie auch Publikumslieblingen unter den Originals sind zweifelsohne die Formate für das junge Publikum. In Locke & Key wird eine Comicreihe vom Sohn des unbestrittenen Meister des Horrors Stephen King im dritten Anlauf endlich angemessen verfilmt. Ob die Serie aber auch so hohe Wellen, wie die Kultserie Stranger Things schlagen kann, klärt diese Ausgabe von 10 Reasons Why (Not).
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Titel | Locke & Key |
Jahr | 2020 |
Land | United States of America |
Genres | Sci-Fi & Fantasy, Drama, Mystery |
Darsteller | Darby Stanchfield, Emilia Jones, Jackson Robert Scott, Connor Jessup, Petrice Jones, Hallea Jones, Brendan Hines |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads |
Eine kurze Einführung in die fantastische Welt von Locke & Key
Bereits in unserer Serienvorschau auf die Highlights von Januar bis Juni 2020 hat die Adaption des Joe Hill Comics Erwähnung gefunden. Doch um was geht es im neusten Streich der Teenagerserien-Offensive von Netflix Locke & Key?
Die Geschichte dreht sich um die titelgebenden magischen Schlüssel und die Suche danach. Dabei ist es jedoch auch eine Erzählung von Freundschaften und Familie.
Die Familie, die im Zentrum steht, sind die Lockes, die gerade den wohl schmerzhaftesten Verlust den man als Familie erleiden kann, verarbeitet. Denn Rendell Locke, Vater der Protagonisten Kinsey, Tyler und Bode, wurde von einem seiner Schüler erschossen. Traumatisiert von diesem Schicksalsschlag ziehen die drei Kinder mit ihrer Mutter Nina in das Key-Haus, in dem einst schon ihr Vater seine Kindheit verbracht hat. Schon kurz nach der Ankunft stellt sich heraus, dass dieses Haus einige Geheimnisse birgt und diese wohl mit Schlüsseln im Zusammenhang stehen, die die Kinder nach und nach entdecken.
Schlüssel, die große Macht verleihen
Doch je weiter sich die Zusammenhänge zwischen dem Haus, den Schlüsseln und der Vergangenheit ihres Vaters offenbart, desto näher kommen sie auch einer bedrohlichen Macht, die ebenfalls Jagd auf die Schlüssel macht, um deren Möglichkeiten für ihre Zwecke zu missbrauchen.
Die Geschwister müssen ihre unterschiedlichen Talente bündeln und mithilfe von Freunden versuchen, die Macht der Schlüssel zu verstehen und dafür zu sorgen, dass diese nicht in den falschen Händen landen. Die Verlockung durch die unglaublichen Möglichkeiten selbst den falschen Wege einzuschlagen, ist dabei die zweite große Herausforderung.
10 Reasons Why (not)
(In unserem neuen Kritikformat werden wir die Argumente, die für oder gegen einen Serienmarathon sprechen ohne große Spoiler auf 10 Punkte kompakt bündeln. Abschließend gibt es eine Pro-Kontra-Gegenüberstellung mit einem kurzen Fazit. Dabei geht es uns nicht um eine folgenweise Analyse, sondern darum, auf gute Serien Appetit zu machen und vor schlechten Serien zu warnen. Natürlich ist das immer subjektiv abhängig vom Autor des Artikels und auch vermeintlich schlechte Serien haben es verdient eine Chance zu bekommen. Uns ist es wichtig möglichst, objektiv die Besonderheiten herauszustellen, um für etwas Überblick im Seriendschungel zu sorgen.)
1. Eine ausgeklügelte Fantasywelt
Das grundlegende Konzept der Schlüssel, das die Rahmenhandlung für die Geschichte der Familie Locke in Locke & Key bildet, ist eine hervorragende Basis auch für künftige Geschichten. Die Serie führt nach und nach die verschiedensten magischen Schlüssel ein und gibt den einzelnen dabei immer genügend Exposition, um die komplexe Anwendung jeweils einzuführen. Es gibt beispielsweise einen Schlüssel, mit dem man in die eigenen Gedankenwelten eintauchen und seine Erinnerungen nochmals visualisieren kann. Andere wiederum machen es möglich, Dinge zu reparieren oder andere Personen fernzusteuern. Glücklicherweise sind die einzelnen Fähigkeiten nicht reine Gimmicks, sondern ergeben im Kollektiv auch im Verlauf der ersten Staffel noch mehrmals Sinn. Das Übernatürliche hat man schon oft in ähnlichen Stoffen verarbeitet, aber hier geben die meisten dieser Dinge wirklich auch der Handlung einen Mehrwert.
2. Die Effekte überzeugen in Locke & Key
Wenn es um die Darstellung von überzeugenden Zaubereien geht, hat die Filmreihe um die Phantastischen Tierwesen die Messlatte sehr hochgesetzt. Aber Netflix gelingt es, sich auf wenige dieser Elemente zu konzentrieren und diese dafür sehr hochwertig darzustellen. Verwandlungen von Personen oder auch Geistererscheinungen sind visuell gelungen und halten mit aktuellen Kinofilmen in meinen Augen weitgehend mit.
3. Die Visualisierung von Gedankenwelten
Das Highlight ist bei den Computereffekten jedoch zweifellos, wie man sich überlegt hat, die unterschiedlichen Gedankenwelten zu verbildlichen. So tauchen die Kinder mithilfe eines Schlüssels gegenseitig in ihre Köpfe ein und befinden sich dann in einem bunten Abenteuerspielplatz oder in einem Shoppingcenter, bei der oben oder unten keine Rollen spielen. Wer es spannend findet, die Prozesse im Schädelinnern von jugendlichen Figuren, ähnlich wie beim Animationshit Alles steht Kopf, bildhaft miterleben zu können, wird hier definitiv viel Spaß haben!
4. Sympathische Kids und Teenager
Wie bei Es oder Stranger Things schaffen es auch hier die gut geschriebenen Figuren, dass man mit den Kindern bei ihrem Abenteuer komplett mitfiebert. Die Jungschauspieler bewerkstelligen es jedoch nicht nur in den positiven Momenten zu überzeugen, sondern stellen vor allem die inneren Konflikte und die Trauerbewältigung überaus gut dar. Da die Serie in erster Linie für das selbe Publikum wie Stranger Things und Co. kreiert wurde, ist es wichtig, ebenfalls charismatische Charaktere zu etablieren, mit denen sich Teenager identifizieren können. Dies erweist sich inzwischen als Stärke der Netflix-Serien, und auch hier ist es wieder gelungen!
5. Liebevolle Sideplots in Locke & Key
Natürliche gibt es eine Reihe von Inhalten, die in keiner Teenagerserie fehlen dürfen. So muss man auch in Locke & Key auf Liebesdreiecke und Familienstreitigkeiten nicht verzichten. Aber an dieser Stelle kann ich direkt Entwarnung geben, denn in der Fantasyserie sind diese Nebenschauplätze einerseits sinnvoll im Hauptplot eingewoben und andererseits werden die entsprechenden Szenen durch die guten Schauspielleistungen auch unterhaltsam umgesetzt.
Außerdem ist besonders schön, wie man den Filmclub, dem sich Kinsey Locke an der neuen Highschool anschließt, trotz Comicrelief-Momente sinnvoll einsetzt. Eine Gruppe Horrorfilmfans kommentiert dabei viele Klischees von Gruselfilmen und das in einer Horrorserie für Genreeinsteiger. Sehr gut!
6. Stephen King Vibes ohne Stephen King
Klar, man könnte sagen, dass sich der Sohn des Horror-Masterminds sicherlich einiges bei seinem Vater abschaut hat. Aber weder an der Comicvorlage von Joe Hill noch an der Netflix-Adaption war King in irgendeiner Form beteiligt. Trotzdem werden Fans seiner Jugendgeschichten in Locke & Key eine Serie wiederfinden, die eine Atmosphäre wie in den besten King-Verfilmungen aufbauen kann.
7. Düstere Themen und drastische Szenen
Auch wenn man in einigen Momenten schon fast an Narnia erinnert wird, ist die Story doch wesentlich erwachsener. Und das sowohl von den Thematiken, die hinter der Fantasyfassade zu finden sind, als auch in der durchaus brutalen Darstellung in einigen Sequenzen. An dieser Stelle werden selbstverständlich keine expliziten Szenen verraten, aber der Tod, und vor allem der Umgang mit Trauer und Schuldgefühlen, sind die zentralen Themen, die in der Comicverfilmung behandelt werden. Das sorgt natürlich dafür, dass man ein gewisses Alter haben sollte, um davon nicht überfordert zu werden. Gleichzeitig machen diese Elemente die Serie auch für Zuschauer jenseits der 20 Jahre sehr sehenswert.
8. Locke & Key hat totales Binge-Potenzial
Für Netflix ist es immens wichtig, dass die Zuschauer möglichst schnell die Serienstaffeln durchschauen. Dafür muss man natürlich die richtigen Knöpfe bei ihnen drücken. Dies schafft man in Locke & Key wieder einmal in Perfektion. Die Episodenübergänge sind optimal platziert, die Musik hält einen in der richtigen Stimmung, um dranbleiben zu wollen, und die Geschichte wird scheibchenweise ent-(ACHTUNG WORTSPIEL!!!)schlüsselt. Zudem überzeugen die Twists und Enthüllungen über die Figuren. Jeder Charakter bekommt im Laufe der ersten Staffel immer mehr Backstory und dadurch werden viele Personen, die anfangs noch teilweise nervig eingeführt werden, spätestens zum Staffelende auch zu Sympathieträgern.
9. Deutliche Inspirationsquellen nicht übersehbar
Mich hat es nicht groß aus der Welt, die die Serie aufbaut, herausgerissen, aber an vielen Stellen merkt man schon sehr klare Parallelen zu anderen Teenagerserien und -filmen. Man kann bei manchen Figuren sogar ohne großes Überlegen sehen, welche Person dafür wohl Pate gestanden hat. Welche das sind, wird hier natürlich nicht verraten. Trotzdem muss man festhalten, dass man bei der Darstellung des Hauses sofort an den anderen Netflix-Hit in diesem Genre von 2018 erinnert wird (Spuk in Hill House) und die Charaktere wie ein Potpourri aus den Lieblingen von Stranger Things, Harry Potter etc. wirken. Mehr eigenständige Ideen wären gut gewesen, um auch diesen Vergleichen stückweit zu entgehen.
10. Teilweise doch typische Klischeefiguren
Wenn man sich auch von den Vorbildern klarer distanziert hätte, hätte man wahrscheinlich auch nicht deren Fehler wiederholt. So sind zwar die meisten Figuren sympathisch und man freut sich als Zuschauer deren Abenteuer Seite an Seite mitzuerleben. Aber es gibt auch wieder die Elemente, die etwas das Sehvergnügen schmälern. Beispielsweise ist das die Alkoholsucht der Mutter, die Naivität bestimmter Stereotypen in erwartbaren Situationen und die Rollenverteilung in den verschiedenen Teenieromanzen.
Pro: 8 Kontra: 2
Unser Fazit zu Locke & Key:
Ob Netflix mit dieser Serie der nächste Kulthit nach Stranger Things gelungen ist, bleibt abzuwarten. Die Ansätze für folgende Staffeln gruseliger Fantasyunterhaltung sind schon klar erkennbar. Das World Building rund um die geheimnisvollen Schlüssel und auch die dynamische Familiengeschichte lassen den Zuschauern von Locke & Key die 10 Folgen wie im Flug vergehen. Danach will man definitiv wissen, wie es weitergeht. Denn, soviel sei verraten, das Ende der ersten Staffel endet mit mehr als einer offenen Frage.
Locke & Key kann man seit dem 7. Februar bei Netflix streamen.