Am 26. April ist es soweit! Disney+ veröffentlicht mit Sam – Ein Sachse seine erste deutsche Original-Serie. Die Adaption wahrer Begebenheiten setzt sich mit schweren Themen wie Rassismus und Identitätssuche auseinander. Ist der erste Gehversuch von Disney+ in Deutschland direkt ein Treffer oder ein Stotterstart?
Titel | Sam - Ein Sachse |
Jahr | 2023 |
Land | Germany |
Genres | Drama |
Darsteller | Malick Bauer, Tyron Ricketts, Svenja Jung, Luise von Finckh, Carina Wiese, Paula Essam, Ivy Quainoo, Thorsten Merten, Martin Brambach, Nyamandi Adrian, Aristo Luis, Daniel Klare, Jonas Leonhardi, Merlin Rose, Max Schimmelpfennig, Amanda Mincewicz, Agnes Mann |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Disney Plus, MagentaTV |
Sam – Ein Sachse – die offizielle Handlung
Basierend auf der wahren Geschichte von Sam Meffires Aufstieg und Fall folgt diese Miniserie Sams verzweifelter Suche nach Heimat, seinem Kampf für Anerkennung und Gerechtigkeit. Sam wird in den wilden Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung vom ersten Schwarzen Polizisten in der DDR zum Medienstar und schließlich zum Verbrecher.
Erster Eindruck zu Sam – Ein Sachse
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den ersten drei Folgen der Serie. Auf Spoiler wird weitestgehend verzichtet, damit keinem die Wendungen und Überraschungsmomente vorweggenommen werden. Lediglich auf ein paar für die Beurteilung relevante Details aus der Pilotfolge muss etwas konkreter eingegangen werden.
Deutschland ’89 – aus einer anderen Perspektive
Gleich vorweg sei gesagt: Sam – Ein Sachse schreckt vor nichts zurück. Wir lernen einen jungen, dynamischen und wissbegierigen Sam kennen, der äußerlich nicht erkennen lässt, wie prekär seine Lebensrealität in Ostdeutschland wirklich ist. Als Person of Color wird er mit Alltagsrassismus konfrontiert, sei es subtiler Rassismus, wie wenn ein Busfahrer die Tür vor ihm schließt, oder offener und direkter Rassismus, wenn Fußballfans seiner eigenen Mannschaft ihn körperlich angreifen und vertreiben wollen. Sam zeigt einen unbeugsamen Willen und wehrt sich sowohl verbal als auch physisch dagegen, doch am Ende macht sich die Unterzahl bemerkbar.
Die rohe Brutalität in seinem Alltag ist nur einer von vielen Aspekten, die in den ersten Episoden präsentiert werden. Als Sam beschließt, der Polizei beizutreten, begegnet er der nächsten diskriminierenden Instanz: systematischem Rassismus. Trotz der Bedenken seines Bekanntenkreises betrachtet Sam es als seine Pflicht, das System von innen heraus zu ändern und bleibt dieser übermächtigen Gewalt treu. Allen voran Major Schreier (Thorsten Merten), seinem Entdecker, möchte er sich beweisen. Dabei erlebt er sowohl äußere als auch interne Polizeibrutalität. Schonungslos porträtiert Regisseurin Soleen Yusef die strukturellen Probleme des Polizeiapparats.
Die erste Disney+ Original-Serie zeigt thematisch direkt, was sie in sich hat: Wir erleben innerhalb weniger Folgen den Zusammenbruch der DDR und zeigen dies aus einer Perspektive, die in diesem Kontext bisher medial kaum aufgegriffen wurde. Wie haben Menschen mit Migrationshintergrund und insbesondere People of Color den Fall der Berliner Mauer erlebt? Was empfanden sie bei der Wiedervereinigung? War es die optimistische Perspektive auf eine neue, bessere Welt oder nur der normale Alltag in einem anderen Land? Das Autorenteam setzt alle Hebel in Bewegung, um tiefgründiger an diese Fragen heranzugehen, als es zuvor im Fernsehen und Kino diskutiert wurde.
Auf Heimatsuche
Sam betrachtet sich selbst als „Bastard“, da er sich in seinem Geburtsland Deutschland aufgrund seiner kamerunischen Wurzeln fremd fühlt. Er hat kein wirkliches Zuhause, da er sich nirgendwo richtig willkommen fühlt. Diese Identitätskrise ist eines der zentralen Themen in den ersten drei Folgen, da Sam sich nicht nur mit Ausländerfeindlichkeit auseinandersetzen muss, sondern sich auch häufig die Frage stellt, wohin er wirklich gehört. Seine Freundin Antje und sein Kind kommen dem am nächsten, was man ein Zuhause nennen kann. Sam wird dabei nie als Opfer dargestellt, sondern zeigt Selbstbewusstsein und eine klare Vorstellung, wohin er gehen will, auch wenn seine Sturheit ihm in zukünftigen Episoden zum Verhängnis werden könnte.
Es bleibt spannend, wie es in der zweiten Hälfte der Serie weitergehen wird, insbesondere angesichts des düsteren Pfades, der Sams Weg zeichnen wird, basierend auf den realen Umständen von Samuel Meffire. Es wird interessant sein zu sehen, wie die aufgebauten Themen weiterentwickelt werden. Endet Sams Weg mit seinem Engagement bei der Polizei und seiner Kampagne gegen Ausländerfeindlichkeit oder zeichnet sich ein tiefer Fall ab?
Eine raue und unbeschönigte Inszenierung
Ein weiterer Pluspunkt von Sam – Ein Sachse ist die bisherige Inszenierung. Sie ist mitunter sehr düster gehalten, mit grauen Betonwänden, die den Dreck und Staub vergangener Institutionen zeigen. Die Gewalt auf den Straßen wird schonungslos und ruchlos dargestellt, und ungeschönte Bilder aus der DDR fangen das Chaos der letzten Monate und Jahre ein. Filmemacherin Yusef gelingt es, ähnlich wie in Deutschland ’89, eine hochwertige Inszenierung mit toller Ausstattung, Kameraführung und einem feinen Gespür für dramatische Sequenzen darzustellen, die das Publikum regelrecht in den Bann zieht.
Mit einem solchen Auftakt als Startschuss für deutsche Produktionen könnte Disney+ zu einer weiteren Anlaufstelle für Qualitätsinhalte aus Deutschland werden und die internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Zum Glück sind bereits weitere Originals in der Mache, die sich in den kommenden beiden Jahren dann mit dieser guten Serie messen lassen müssen.
Unser vorläufiges Fazit zu Sam – Ein Sachse
Mit Sam – Ein Sachse landet Disney+ möglicherweise einen Volltreffer, denn bereits in den ersten drei Episoden überschlagen sich die Ereignisse und präsentieren eine Geschichte, die vor Aktualität nur so strotzt. Die nahegehende Geschichte Protagonisten und die gelungene Inszenierung müssen sich vor internationalen Produktionen aus Europa und den USA nicht verstecken. Die kommenden vier Folgen versprechen weiterhin Spannung und erhöhen den Optimismus, dass auch deutsche Formate, die sich fernab zeitgeschichtlicher Erzählungen bewegen, ein breites Publikum finden können.
Unsere Wertung:
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