Bei der Berlinale konnte diese Serie als erste überhaupt den Preis in der neuen Kategorie einheimsen. Nun kommt die etwas andere Mafia-Serie The Good Mothers auch für das breite Publikum raus. Hier erfahrt ihr, ob die Vorschusslorbeeren gerechtfertigt sind.
Titel | The Good Mothers |
Jahr | 2023 |
Land | Italy |
Regie | Elisa Amoruso |
Genres | Drama, Krimi |
Darsteller | Gaia Girace, Micaela Ramazzotti, Valentina Bellè, Barbara Chichiarelli, Simona Distefano, Francesco Colella, Marco Zingaro, Nicole Sorace |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Disney Plus |
The Good Mothers – Die offizielle Handlungsangabe
Basierend auf einer wahren Geschichte erzählt The Good Mothers die Geschichte von Denise, der Tochter eines wichtigen Mafiosi und von Maria Concetta Cacciola und Giuseppina Pesce. Die drei Frauen, die in den tödlichsten aller italienischen Mafia-Clans hineingeboren wurden, wagen es, der ‘Ndrangheta zu trotzen und versuchen, diese von innen heraus zu stürzen. Unterstützung dafür finden sie bei der neuen Staatsanwältin in Kalabrien Anna Colace. Sie ist überzeugt, dass man sich auf die Frauen konzentrieren muss, um den ‘Ndrangheta-Clan zu besiegen. Diese Strategie ist mit großen Risiken verbunden: Die ‘Ndrangheta ist berühmt und gefürchtet für ihre eiserne Faust und ihre tückische Macht. Das italienische Drama begleitet Denise, Giuseppina und Maria Concetta bei ihrem Versuch, sich von der kriminellen Macht zu lösen, mit den Behörden zusammenzuarbeiten und eine neue Zukunft für ihre Kinder aufzubauen.
Erster Eindruck zu The Good Mothers
Dieser Beitrag beschäftigt sich nun ausschließlich mit den ersten beiden Folgen der Serie, die uns Disney vorab zur Verfügung gestellt hat. Dementsprechend ist die Kritik auch nur auf den Auftakt bezogen und soll dazu dienen, den Lesern eine Hilfestellung bei der Entscheidung zu geben, ob sich auf Basis der ersten Eindrücke ein Blick rentiert.
Spannender Wechsel der Perspektive mit langsamer Exposition
Um die Tragweite der Entscheidung sich gegen die Familien zu wenden zu verstehen, nimmt sich The Good Mothers zu Beginn doch recht viel Zeit. Dabei werden nicht nur die Hauptfiguren direkt über Situationen mit ihren Männern charakterisiert, sondern auch generelle Hierarchien etabliert. Dem Zuschauer wird außerdem in der Pilotfolge die Anwältin vorgestellt, die hinter dem Plan steckt, das System von Innen zu Fall zu bringen – sie selbst nennt die Frauen, die sie für das Vorhaben rekrutieren möchte Trojanische Pferde. Viel Action oder Gewalt, die man sonst so oft im Mafiafilm als signifikantes Stilmittel vorfindet, bieten die ersten beiden Folgen dieser Serie nicht. Doch es ist im Kern nunmal auch kein weiterer Genre-Stoff, sondern neben einem Perspektivwechsel auch eine Form der Abrechnung mit der Verherrlichung bzw. der romantischen Verklärung, die Jahrzehnte dieses Subgenre des Gangsterfilms prägte.
Mehr als ein Mafia-Thriller ist diese Geschichte ein Familiendrama, das gespickt wird mit Elementen, die auch aus einem der aktuellen True-Crime-Formate stammen könnten, da es sich, wie eingangs beschrieben ja auch um wahre Begebenheiten handelt. Nichtsdestotrotz schwelt von Beginn an Spannung und von dokumentarischer Inszenierung kann keine Rede sein. Nur eben ans Tempo sollte man sich von Beginn an gewöhnen, um nicht mit falschen Erwartungen hier einzusteigen.
Die Dekonstruktion eines Mythos
Das Ziel der Serienmacher ist es, den echten Menschen hinter den Serienfiguren für ihren Mut Tribut zu zollen. Dafür muss eben die Fallhöhe klar und deutlich herausgestellt werden. Das gelingt The Good Mothers in den ersten beiden Episoden schon sehr gut, denn auch wenn die Männerfiguren hier allesamt schlecht wegkommen, Bedrohlichkeit geht von den Verbrechern allemal noch in hohem Maße aus. Die Serie zeichnet ein weitestgehend differenziertes Bild aus der Innenperspektive der ‘Ndrangheta, aber eines ist klar: hier herrschen auch im 21. Jahrhundert patriarchalische Strukturen. Die Frauen werden systematisch unterdrückt, gepeinigt und wie Eigentum behandelt. Es gelingt vor allem der Gaia Girace exzellent in ihrer Rolle die psychischen Auswirkungen der jahrelangen Oppressionen Ausdruck zu verleihen. Auch die Darstellung ihres Vaters ist wirklich gelungen, da man hier leicht hätte in Richtung Dämonisierung abgleiten können. Doch der vermeintliche Antagonist bleibt Mensch – und doch verachtungswürdig.
Was in den ersten Folgen ebenfalls schon gut zum Tragen kommt, ist die visuelle Unterstreichung der Auswirkungen des korrumpierten Italiens. Denn über Luftaufnahmen und Panorama-Fahrten bekommt der dem Mediterranem geneigte Zuschauer immer wieder gezeigt, weshalb die Gegend doch so ein Sehnsuchtsort sein könnte… Wäre da eben nicht das grassierende Virus der Mafia, dass die Städte bis zur Verwahrlosung hat herunterkommen lassen. Denn die Innenstädte, die man sieht, sind allesamt marode, versprühen maximal noch morbiden Charme. Der Lack ist ab. Hier wird keinem im Publikum noch ein Leben im Verbrechen schmackhaft werden.
Wer sollte sich The Good Mothers nicht entgehen lassen?
The Good Mothers ist genau das richtige Format für diejenigen, die nach fünf Staffeln Gomorrha eine neue italienische Serie brauchen, die das Gangstertum entromantisiert und die antiquierten Machtstrukturen offenbart. Darüber hinaus – so zumindest der Eindruck nach den ersten Folgen – wird sich hier im Verlauf auch eine äußerst spannende Undercover-Story entspannen. Ein klassisches Versteckspiel der rekrutierten Mafia-Frauen zeichnet sich ab. Wie es am Ende ausgehen wird, lässt sich noch nicht absehen (außer man hat natürlich die wahren Ereignisse verfolgt). Wer also auch Geschichte mag, bei denen ein kriminelles Netzwerk von innen heraus zerstört werden soll, wie zum Beispiel in der niederländischen Serie Undercover oder im Scorsese-Film The Departed, der wird mit diesem Thrillerdrama auch warm werden, denn Spannung bis zum Schluss scheint garantiert.
Unser vorläufiges Fazit zu The Good Mothers
Die italienische Serie The Good Mothers hat nicht nur die Berlinale-Serien-Jury überzeugt, sondern mit ihrem Auftakt auch den Rezensenten. Die Figuren sind interessant, sodass man nach dem Auftakt gern mehr über sie erfahren möchte. Außerdem hinterlassen alle Darsteller:innen einen starken Ersteindruck. Darüber hinaus ist trotz der wahren Umstände hier nach ein bisschen Anlauf Spannung da, sodass man unbedingt wissen möchte, ob und wie es gelingen wird, das System von Innen zu vernichten. Fans von Stoffen, die auf Tatsachen beruhen, kommt an diesem Format 2023 nicht vorbei.
The Good Mothers startet am 5. April bei Disney Plus!
Unsere Wertung:
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