The Penguin ist das Spin-Off zum bekannten Batman-Bösewicht in der Colin-Farrell-Version des Matt-Reeves-Films mit Robert Pattinson. Reicht der Kultschurke auch ohne dunklen Ritter als Gegenspieler für eine mitreißende Serienerzählung?
Titel | The Penguin |
Jahr | 2024 |
Land | Ireland |
Genres | Drama, Krimi |
Darsteller | Colin Farrell, Cristin Milioti, Rhenzy Feliz, Deirdre O'Connell, Clancy Brown, Carmen Ejogo, Michael Zegen, Berto Colon, Scott Cohen, Shohreh Aghdashloo, Theo Rossi, Michael Kelly, Mark Strong |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: WOW, Sky Go |
The Penguin – Die Story
Carmine Falcone ist tot. Gotham City versinkt im Chaos. Wer wird nach dem gefürchteten Mafiaboss zum heimlichen Herrscher der Stadt? Übernimmt sein arroganter Sohn Alberto (Michael Zegen) den Thron? Gelingt es seiner frisch aus der Psychiatrie entlassene Tochter Sofia (Cristin Milioti) sich gegen die Machos durchzusetzen? Oder kann sich gar Salvatore Maroni (Clancy Brown), Anführer des konkurrierenden Clans, dafür rächen, dass ihn Carmine einst ins Gefängnis befördern ließ?
Mit einem rechnet niemand: dem entstellten Oswald „Oz“ Cobblepot (Colin Farrell), genannt „der Pinguin“, der sich unter Carmine als loyaler, aber unbedeutender Kleingangster bewiesen hat. Doch Oz ist es gewohnt, unterschätzt zu werden, und weiß das für sich zu nutzen. Er kennt keine Skrupel, um seiner Mutter (Deirdre O’Connell) und sich selbst das Leben zu ermöglichen, das sie in seinen Augen verdient haben. Raffiniert spielt er alle gegeneinander aus und beginnt seinen blutigen Aufstieg.
Tiefer eintauchen in die Welt von The Batman
Zugegeben: Ich war von The Batman vor nunmehr auch schon wieder fast vier Jahren schwer begeistert. Für mich war die Neuinterpretation mit dem Emo-Batman, gespielt von einem überragenden Robert Pattinson, ad hoc ein Meisterwerk und seither habe ich den Comic-Noir-Thriller noch weitere Male gesehen und jedes Mal ein Stück mehr zu lieben gelernt. Einen nicht unerheblichen Anteil daran, dass diese Neuauflage schnell sämtliche Vergleiche mit der Nolan-Version abstreifen konnte und sich emanzipierte, war auch der eigentlich erstmal untergeordnete und doch extrem präsente Pinguin. Denn weder erkannte man den Darsteller unter der aufwendigen Maske noch musste man auch hier unterbewusst immer Vergleiche mit etwaigen Vorgängern anstellen. Es war einfach ein vollkommen neuer Antagonist unter bekanntem Namen. Und da er in The Batman eine, wie gesagt, randständige Rolle spielte, war es eigentlich nur logisch, dass man nun an der Seite dieses Strippenziehers der Unterwelt von Gotham in ebenjene tiefer eintauchen darf.
Während es in der Serie um den Aufstieg des Pinguin gehen soll, setzt der Anfang jedoch erstmal direkt nach den Geschehnissen des Reeves-Films an und thematisiert auch die Auswirkungen der Taten des Riddlers am Rande. Wichtiger ist aber, dass wir Oz von Beginn an beobachten, wie er die mächtigen Mafiafamilien in Gotham City manipuliert, versucht gegeneinander auszuspielen und sich selbst für die Mächtigen als wichtige Schachfigur zu inszenieren. Dabei wird ihm direkt noch ein Begleiter an die Seite gestellt, mit dem sich eine Dynamik ergibt, die nicht das einzige Merkmal ist, das Erinnerungen an Die Sopranos wecken könnte. Denn das Duo Oz und Victor (Rhenzy Feliz) hat schon etwas von Tony und Christopher aus der legendären Mafia-Serie von HBO.
Ein ganz anderer Schurken-Typus
Natürlich gibt es immer wieder kleine Anspielungen auf die Batman-Comics und auch der Look knüpft nahtlos an The Batman an (wenngleich hier deutlich mehr tagsüber geschehen darf). Trotzdem ist es mit The Penguin fast so wie mit Joker, wo man ebenso wenig die tatsächliche Verortung innerhalb eines Comic-Universums zu jeder Zeit auf die Nase gebunden bekam. Auch zum Todd-Philipps-Film gibt es hier die ein oder andere inhaltliche Nahtstelle: so hat auch Oz Cobb ein – sagen wir mal – interessantes Verhältnis zu seiner Mutter, die von Deirdre O’Connell nachhaltig beeindruckend verkörpert wird.
Und ähnlich wie beim Joker bleibt auch hier die Titelfigur trotz herausragenden Performances des Cast der Grund, weshalb es sich zum Einschalten lohnt. Das Watscheln von Colin Farrell in der Rolle hat jederzeit etwas hilfloses an sich und auch die Art und Weise wie er spricht, strahlt eher eine leicht infantile Dümmlichkeit und weniger die Bedrohlichkeit eines Unterweltbosses aus. Das ändert sich aber immer dann, wenn er seine Skrupellosigkeit offenbart. Denn dieser Bösewicht ist ein Paradebeispiel dafür, dass man sich von Äußerlichkeiten schnell blenden lässt. Der Clou ist, dass sich Oz seines Auftritts mehr als bewusst ist und damit zu spielen weiß. Und Farrell genießt es diesen Spagat zwischen Unterschätzung und Kalkül unter der aufwendigen Maske auf die Spitze zu treiben.
Brillanter Cast, Anarchie und Machtspiele
Colin Farrell ist zum Glück aber nicht allein auf weiter Flur. Besonders hervorzuheben ist neben ihm Cristin Milioti, die als Sofia Falcone ebenfalls immer wieder dem Wahnsinn freien Lauf lassen darf. Allein wie sie isst, lässt es einem jedem Zuschauer eiskalt den Rücken runterlaufen. Hier merkt man Gott sei Dank dann doch, dass man sich in einer Comic-Verfilmung befindet. Ob Michael Kelly, Theo Rossi, Clancy Brown oder Shohreh Aghdashloo – die Nebenrollen sind allesamt mit Charakterdarstellern besetzt, deren Gesichter aus zig Produktionen bekannt sind, die man aber trotzdem nicht als Superstars bezeichnen würde. Jede und jeder trägt aber einen Teil dazu bei, dass diese Gangster-Welt lebendig wird. Auch in diesem Punkt merkt man, dass man sich am Erfolgsrezept der Sopranos orientiert hat.
Auch wenn den meisten Zuschauenden im heimischen Wohnzimmer die Soundanlage fehlen wird, um auch nur annähernd das audiovisuelle Erweckungserlebnis von The Batman nochmals zu verspüren, so muss man The Penguin auf jeden Fall attestieren, dass auch hier in Sachen Look and Feel absolute Experten am Werk waren. Der Score spielt sich immer wieder in den Vordergrund und betont die Spannungsspitzen, kommt aber selbstredend nicht an das Wow-Erlebnis des Giacchino-Soundgewitters mit Grunge-Einflüssen heran. Nichtsdestotrotz wird speziell das Pinguin-Theme im Kopf bleiben. Auch in Sachen Action muss man natürlich Abstriche machen und darf nicht die Wucht des Kinofilms erwarten. Für Gangster-Thrillerserien-Verhältnisse ist das, was HBO hier in Sachen Produktionswert auffährt trotzdem aller Ehren wert. Action gibt es nur punktuell, aber wenn, dann darf hier auch Blut fließen. Im Gegensatz zur Gotham-Serie mit Ben McKenzie ist dieses Werk erwachsener, aber eben auch geerdeter.
Wer sollte sich The Penguin ansehen?
Nun, eigentlich ist diese Frage ganz einfach zu beantworten: alle, die nach The Batman sehnsüchtig auf die Fortsetzung warten, bekommen hier einen Snack, um währenddessen nicht zu verhungern. The Penguin fügt sich exzellent in das World Building von Matt Reeves Iteration ein und widmet sich einer spannenden Figur in aller Ausführlichkeit ohne tatsächlich etwas bahnbrechend Neues zu erzählen. Die Miniserie lebt von der Stimmung und den starken Darstellerleistungen. Die HBO-Show ist quasi zu The Batman, was The Continental im vergangenen Jahr in der John-Wick-Reihe war: Eine Antwort auf Fragen, die eigentlich keiner stellt, aber die man doch ganz gern schaut. Tonal erinnert vieles an das Gangsterkino früherer Jahrzehnte, insbesondere auch an die HBO-Serienlegende Die Sopranos. Auch ein Hauch von Gangs of London lässt sich nicht wegdiskutieren, wenngleich The Penguin die Action-Virtuosität fehlt – die Brutalität ist jedoch in Ansätzen auch hier drin.
Unser Fazit zu The Penguin
Keine Frage, The Penguin macht Laune und wird die Wartezeit auf ein Wiedersehen mit Batman ein Stück weit erträglicher machen. Im Kern ist der Achtteiler ein klassischer Mob-Thriller mit sanftem Comic-Branding. Die Rohheit der neuen Batman-Version kommt auch hier voll zum Tragen, der Soundtrack hat vergleichbare Wucht und inhaltlich legt die Serie ein hohes Tempo an den Tag ohne sich durch falsche Komplexität selbst im Weg zu stehen. Geradlinig, blutig und auch immer wieder süffisant dank der Performances, allen voran von Colin Farrell und Cristin Milioti.
The Penguin startet am 20. September 2024 bei Sky/Wow und geht danach im Wochenrhythmus weiter!
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