Mit The Stand wurde der umfangreichste Roman von Horror-Meister Stephen King in einer neunteiligen Miniserie zum zweiten Mal verfilmt. Ob es den Serienschöpfern gelungen ist, die erfolgreiche Vorlage adäquat umzusetzen? Das erfahrt Ihr hier!
https://www.youtube.com/watch?v=bpf5QGOkSt4
Titel | The Stand |
Jahr | 2020 |
Land | United States of America |
Genres | Sci-Fi & Fantasy, Drama |
Darsteller | James Marsden, Odessa Young, Alexander Skarsgård, Whoopi Goldberg |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: MGM Plus Amazon Channel Kaufen: Apple TV, Amazon Video |
Die Handlung von The Stand
In einem Forschungslabor der US-Regierung zur biologischen Kriegsführung kommt es zur Katastrophe: Ein Virus entweicht. Was zunächst wie eine harmlose Erkältung beginnt, führt in kürzester Zeit zum Tod. Captain Trips, wie das Virus bald genannt wird, eliminiert fast die gesamte Weltbevölkerung. Nur wenige Immune überleben. Und müssen sich in The Stand alsbald entscheiden, wo sie stehen: Auf der Seite des Guten? Oder auf der Seite des Bösen?
Stu Redman (James Marsden) kommt als einer der ersten mit dem Virus in Berührung. Als sich seine Immunität bestätigt, wird er in einer Geheimeinrichtung interniert. Doch auch dort sterben alle. Mit Hilfe des Leiters der Einrichtung, General William Starkey (J.K. Simmons), kann Stu entkommen. Er träumt von Mutter Abigail (Whoopi Goldberg), die ihn zu sich ruft. Auch andere träumen von der uralten Frau: Frannie Goldsmith (Odessa Young), die sich mit dem Loser Harold Lauder (Owen Teague) auf den Weg macht. Der angehende Rockstar Larry Underwood (Jovan Adepo), dem sich die Lehrerin Nadine Cross (Amber Heard) mit dem schwerst traumatisierten Jungen Joe (Gordon Cormier) anschließt. Und der taubstumme Nick Andros (Henry Zaga), der sich mit dem geistig behinderten Tom Cullen (Brad William Henke) zusammentut.
Doch in den Träumen taucht nicht nur Mutter Abigail auf, sondern auch Randall Flagg (Alexander Skarsgård), eine Art Teufel auf Erden. Und der schart seine Anhänger im nun New Vegas genannten ehemaligen Spielerparadies um sich, allen voran den Kleinkriminellen Lloyd Henreid (Nat Wolff) und einen geisteskranken Pyromanen, den alle den Mülleimermann (Ezra Miller) nennen. Die Weichen in The Stand sind gestellt für das letzte Gefecht…
Die Schwierigkeit, einen King zu verfilmen
Stephen-King-Verfilmungen sind nie ganz unproblematisch. Entweder folgen sie sklavisch der vorgegebenen Romanhandlung und enttäuschen dabei die Leserinnen und Leser. Denn des Meisters Beschreibungen erzeugen in der Regel so intensive Bilder im Kopf, dass alle filmischen Umsetzungen dem kaum entsprechen können. Oder sie entfernen sich derart stark von der Vorlage, dass von ihr nur wenig übrigbleibt. Gab es in den frühen Jahren nur einige wenige Regisseure, die es schafften, einen seiner Roman adäquat filmisch auf eine neue Ebene zu transformieren – und sich dabei auch mal wie Stanley Kubrick mit Shining den Zorn des Autors zuzogen – sind gerade in den vergangenen Jahren recht gelungene Adaptionen herausgekommen. Und dies nicht zuletzt auch im Serienformat wie etwa mit Mr. Mercedes oder Castle Rock.
Die neunteilige Mini-Serie The Stand versucht sich nun an einer weitgehend werkgetreuen Umsetzung. Was in diesem Fall aber noch weitere Probleme mit sich bringt. Denn der Roman zählt nicht zur zu Stephen Kings besten Werken, sondern ist auch sein umfangreichstes. Zumindest in der Jahre später nachgelieferten Langfassung, einer Art Authors-Cut. Darin nimmt er sich ausgiebig Zeit, seine Figuren mit all ihren Eigenschaften ausführlich auszuloten. Dabei erreicht die Charakterisierung eine Tiefe, die bei diesem umfangreichen Personentableau in einer achteinhalbstündigen Mini-Serie auch nicht ansatzweise reproduzierbar ist.
The Stand erzählt in Zeitsprüngen
Und während sich ein Stephen King ein paar hundert Seiten mit den Vorgeschichten seiner Helden und Antihelden aufhalten kann, würde das in einem Film schnell langweilig. Serienschöpfer Josh Boone versucht, diesem Dilemma mit einem Kunstgriff zu entkommen: Er verzichtet in den ersten Episoden, die jeweils der Vorstellung einer der Gruppen gewidmet sind, auf eine lineare Erzählform. Doch das Springen durch die verschiedenen Zeiten könnte Zuschauer, die mit der Romanhandlung nicht vertraut sind, verwirren.
Dabei beginnt The Stand vielversprechend: Die Kamera fliegt über ein symbolträchtiges Maisfeld. Aus dem Off hört man die düstere Prophezeiung Mutter Abigails: „Vor uns liegen bittere Tage. Tod und Entsetzen, Verrat und Tränen. Und nicht alle von Euch werden am Leben bleiben … Der dunkle Mann festigt seine Macht.“ Das schafft Erwartungen, das schafft Spannung. Nach diesem Vorspann Szenenwechsel: Wir befinden uns fünf Monate früher in der Kleinstadt Ogunquit in Maine und begegnen unseren ersten Handlungsträgern, Harold Lauder und seiner Angebeteten Frannie.
Der Horror-Meister grüßt vom Werbeplakat
Und während im Radio der Wetterbericht läuft, der Moderator allen wünscht: „Bleibt heil und gesund“, fängt Frannies Daddy an zu husten. Das ist nicht ohne Witz. Wenig später, nach einem Zeitsprung, hören wir wieder eine Stimme im Radio. Ein Regierungsvertreter bestreitet jede Beteiligung an der Seuche. Und seine Rede wird zwischen „niemals“ und einem zweiten „niemals“ von einem Hustenreiz unterbrochen. Währenddessen begräbt Frannie ihren Vater. Amüsant für King-Fans sind auch zahlreiche Verweise auf den Horror-Meister, wie etwa eine Biersorte namens „Shining“. Auch King selbst erscheint auf einem Werbeplakat an einer Bushaltestelle – Easter-Eggs für Nerds.
Doch anders als King gelingt es der Miniserie The Stand nicht, Gefühle für die Figuren zu erzeugen. Das liegt nur zum Teil an den Darstellern, vor allem aber an der Umsetzung. Die Serie spult den Stoff des Romans relativ lieblos herunter, ohne emotionale Tiefe zu erreichen. Warm wird man mit den Figuren dabei nicht. Manche Rollen sind auch fehlbesetzt, was den inneren Bildern des Lesers zuwider läuft. Owen Teague als Harold etwa sieht eigentlich viel zu gut aus. Nur sein bewegliches Mienenspiel macht den ambivalenten Charakter deutlich. Dies gelingt Teague mitunter recht gut, viel zu oft aber überdreht er dabei.
Ezra Miller nervt hyperaktiv als Mülleimermann
Regelrecht nervtötend ist Ezra Miller als Mülleimermann, dessen Hyperaktivität schon als Flash in Justice League wohl nicht nur seiner Rolle geschuldet war. Hier verkommt der eigentlich von King schillernd und interessant geschilderte Charakter zu einer bloßen Kaspernummer. Dem, obwohl äußerst handlungsrelevant, ohnehin nur wenig Screentime vergönnt ist. Der Kurzauftritt des eigentlich großartigen J.K. Simmons als General Starkey ist in seinem Pathos kaum erträglich. Auch die Rolle des Nick, im Roman einer der interessantesten Charaktere, verkommt hier fast zur Bedeutungslosigkeit.
Auch wirkt der aus Westworld serienerprobte James Marsden in The Stand seltsam farblos. Greg Kinnear als philosophierender Soziologe Glen Bateman kann dagegen voll überzeugen. Und Alexander Skarsgård kann sein diabolisches Talent voll ausspielen. Den Wechsel vom sympathisch erscheinenden, coolen Cowboy zum bößartigen Sadisten schafft er spielend. Auch Whoopi Goldberg als 108 Jahre alte Mutter Abigail ist ein Gewinn.
Doch die Handlung zieht sich. Natürlich wird dabei auch einiges weggelassen oder unwesentlich variiert. Ärgerlich ist, dass sich einer der gruseligsten Momente des Romans, die Flucht Larrys aus New York durch einen dunklen Straßentunnel, hier zu einem Ausflug in die Kanalisation reduziert wird. Erst im letzten Drittel der Serie verdichtet sich die Spannung, da mit Vincenzo Natali in zwei Folgen ein horrorgeschulter Spannungsexperte (Cube, Splice) auf dem Regiestuhl Platz nahm. Das Finale kommt bereits in Folge 8 daher, was daran liegen mag, dass Sendezeit für Folge 9 gebraucht wurde. Die stammt von Stephen King selbst, der damit eine Art Coda zu seinem Roman geschrieben hat. Die wohl beste Folge der Serie.
Unser Fazit zu The Stand
Die neunteilige Miniserie kann nur teilweise überzeugen. Die nichtlineare Erzählweise der ersten Folgen kann verwirren, wenn man das Buch nicht kennt. Die Handlung wird weitgehend werkgetreu heruntergespult, wobei die emotionale Dichte der 1500 Seiten dicken Vorlage verloren geht. Den Figuren fehlt es hier einfach an Tiefe. Die Darstellerleistungen sind durchwachsen, einiges ist gelungen, anderes weniger. Die Serie hat ihre Momente, gehört aber sicher nicht zu den Highlights der Stephen-King-Verfilmungen.
The Stand ist seit dem 28. Oktober 2021 auf DVD, Blu-ray und als Special Edition ebenfalls auf Blu-ray erschienen. Die Speccial Edition enthält als Bonus-Disc die vierteilige Miniserie von 1994 „Stephen King’s The Stand – Das letzte Gefecht“!
Unsere Wertung:
© Paramount Home Entertainment