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Tár

Nachdem Cate Blanchett bereits einen Golden Globe für ihre Hauptrolle im Musikdrama Tár erhalten hat, gilt sie nun als eine der Favoritinnen für ihren dritten Oscar. Worum geht es jedoch in dem Film, der erneut zur Bühne des Hollywoodstars wurde?

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TitelTár
Jahr2022
LandUSA
RegieTodd Field
DrehbuchTodd Field
GenreDrama, Musikfilm
DarstellerCate Blanchett, Nina Hoss, Noémie Merlant
Länge157 Minuten
FSKab 12 Jahren freigegeben
VerleihUniversal Pictures Germany
Das Poster zeigt die Protagonistin Lydia Tár aus einer besonderen Perspektive.
Das Poster von Tor © Universal Pictures Germany 2023

Die Handlung von Tár

Lydia Tár (Cate Blanchett) hat in ihrer Karriere so ziemlich alles erreicht: Als talentierter Maestro dirigiert sie die Berliner Philharmoniker und zählt sich zu den sogenannten EGOT, konnte also je mindestens einen Emmy, Grammy, Oscar und Tony gewinnen. Aktuell arbeitet sie auf das nächste Karriere-Highlight hin, denn sie steht kurz davor, als erste Gustav Mahlers gesamten Zyklus aufgeführt und aufgenommen zu haben. Es fehlt lediglich die fünfte Sinfonie, deren Aufführung aufgrund der Pandemie nach verschoben werden musste. Sie ist zuversichtlich, dem bekannten Werk ihren eigenen Stempel aufzudrücken und den nächsten Meilenstein zu erreichen. Ihre Assistentin Francesca immer an ihrer Seite.

Doch privat läuft es nicht so rund. Für die Ehe mit Sharon (Nina Hoss), ausgerechnet mit der ersten Geige ihres Orchesters, ist kaum Zeit und ihre gemeinsame Tochter Petra wird in der Schule von Mitschülern drangsaliert. Dass sich dann auch noch eine hübsche und talentierte Cellistin für die Philharmoniker bewirbt, mit der Lydia gern enger zusammenarbeiten würde, macht die Sache nicht einfacher. Dann bringt sich auch noch eine ihrer ehemaligen Schützlinge um und Lydia sieht sich nicht nur mit Vorwürfen und ihrem Gewissen konfrontiert, denn die Schatten der Vergangenheit holen sie ein.

Cellistin Olga bei der Probe
Neuzugang Olga am Cello © Universal Pictures Germany 2023

Cate Blanchett IST Lydia Tár

Der Film steigt mit einem Interview ein und klärt drängende Fragen gleich zu Anfang: Ist ein Dirigent nicht nur eine Art lebendes Metronom? Wie ist es so als erfolgreiche Dirigentin? Cate Blanchett als Lydia Tár antwortet souverän, erklärt die Kunst des Dirigierens und zeigt mit einer Aufzählung erfolgreicher weiblicher Kolleginnen nicht nur ihre (Repertoire-)Kenntnisse in der Klassik, sondern auch die Selbstverständlichkeit, mit der sie diese Rolle ausübt. Ambitioniert, diszipliniert und authentisch spielt sie die Dirigentin. Das Publikum sieht sofort: Blanchett IST Tár. Die zweifache Oscar-Preisträgerin überzeugte schon häufig in starken Rollen und der Film lohnt sich auch mit Originalton sehr, was für Deutsch sprechende Hollywood-A-Lister nicht immer zutrifft.

Regisseur Thodd Field gilt als wählerisch, realisierte viele seiner Projekte dann gar nicht erst und wollte selbst dieses nicht umsetzen, hätte Cate Blanchett die Rolle abgelehnt. So ist aber Tár nun sein dritter Film überhaupt. Die beiden Vorgänger wurden ebenfalls als bestes Drehbuch für den Oscar nominiert, auch wenn er jedes Mal leer ausging. Auch die anderen Rollen sind hervorragend besetzt. Nina Hoss als spielt überzeugend wie immer und auch das Zusammenspiel von Blanchett und der jungen Cellistin Sophie Kauer, bei der Tár absolut nicht landen kann, zieht das Publikum in den Bann.

Eine außergewöhnliche Geschichte

Der Blick hinter die Kulissen des klassischen Musikbetriebs mit einer Star-Dirigentin in der Hauptrolle fällt äußerst detailreich aus. Leidenschaft zur Musik und zum Beruf, Machtmissbrauch und verleugnete Homosexualität sind nur einige der Themen, die angeschnitten werden. Während Lydia Tár nach der Aufdeckung durch den Spiegel sehr offen mit der Ehe mit ihrer Konzertmeisterin umgeht, führen einige ältere Kollegen noch immer eine Scheinehe.

Gekonnt wird im Film mit Sexismen gespielt, die konsequent von unerwarteter Seite kommen. Wenn Tár mit lädiertem Gesicht am Boden zerstört vor Ihrer kleinen Tochter sitzt und diese darauf hinweist, dass sie viel schöner sei, wenn sie lächelte, aber auch wenn sich Tár gegen das Gendern ausspricht und die Argumentation eines Studenten auseinandernimmt, der keine Werke von umstrittenen weißen cis-Männern spielen möchte (was im Kino von einigen beklatscht wurde), ist man so etwas weniger von Frauen gewohnt. Genauso das  Ausnutzen des Machtgefälles, um junge Musikerinnen gegen Gefälligkeiten zu fördern oder fallen zu lassen.

All diese Strukturen scheinen nur allzu realistisch, nicht bloß durch Társ musikalische Vorbilder im Film. Vieles erinnert an aktuellere Vorfälle dieser Art, wie die Missbrauchsskandale an der Musikhochschule München. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass die Täter dort Männer waren. Auf diese Weise werden das System und die Strukturen geschickt in der klassischen Musikszene kritisiert  – und das ganz ohne die typischen Täter-Opfer-Bilder zu bemühen. Auch das aktuelle Thema Cancel Culture wird mehrfach aufgegriffen. Nicht nur, wenn während einer von Lydia Társ Uni-Vorlesungen Studierende bestimmte Komponisten aufgrund ihres Verhaltens ablehnen, auch Tár selbst muss mit den Folgen ihres Handelns leben, sogar wenn diese lediglich halb oder verfälscht an die Öffentlichkeit gelangen.

Lydia Tár dirigiert leidenschaftlich, im Hintergrund ihre Partnerin und Konzertmeisterin Sharon
Orchesterprobe © Universal Pictures Germany 2023

Das Publikum wird oft im Dunkeln gelassen

Manche Zuschauer könnte frustrieren, dass der Film vieles nur andeutet, spät auflöst oder sogar fallen lässt und einige Szenen für die Handlung letztendlich keine große Rolle spielen. Man möchte mehr wissen, bekommt Andeutungen und muss sich vieles selbst zusammenreimen. Genau das lässt das Drama neben dem großartigen Schauspiel, dem Setting und der Geschichte an sich, aber an vielen Stellen so echt wirken. Nicht ohne Grund wirkt der Film über die fiktive Star-Dirigentin streckenweise wie ein Biopic. Die Platzierung in Deutschland macht den Tár für einige Zuschauer hierzulande nahbarer – auch wenn die Berliner Philharmoniker im Film durch die Dresdner Philharmonie verkörpert werden.

Handwerklich ist der Film geschickt inszeniert. Bilder in warmen Farben bilden einen herrlichen Kontrast zu der abgebrühten und durchorganisierten Tár. Vor allem ihre Geräuschempfindlichkeit wird eindrucksvoll dargestellt. Gerade mit Surround-Sound im Kino nimmt auch das Publikum einige Geräusche so überdeutlich wahr wie ihre Protagonistin. Der Effekt hält sogar noch eine Weile an, wenn man den Saal schon verlassen hat. In einigen Szenen ist nicht ganz klar, ob sich Geräusche oder Situationen lediglich in Társ Kopf oder der Realität abspielen. Eine weitere Unsicherheit für das Publikum, dem die Antwort verwehrt bleibt. Bei über zwei Stunden Laufzeit, die teils ruhig erzählt sind, ist der Film somit trotzdem nie langweilig.

Es braucht keine Musik-Expertise, um dem Film zu folgen

Wer fürchtet, nur Klassik-Fans könnten dem Film etwas abgewinnen, irrt. Auch wenn in einigen Szenen viel Namedropping betrieben wird, sind die Dialoge so stark, dass man sie auch ohne viel musikalische Vorbildung jederzeit versteht. Neben Gustav Mahlers bekannter fünfter Symphonie bekommt auch ein Cello-Konzert von Elgar besondere Aufmerksamkeit und was wäre ein Film über eine EGOT, wenn nicht auch eine Komponistin mit Auszeichnung ihren Beitrag dazu geleistet hätte: Hildur Guðnadóttir, die ihren Oscar für die Filmmusik von Joker gewann, wird ebenfalls im Film genannt und ist mit 20 Titeln auf dem Soundtrack vertreten. Dirigiert wurden die Aufnahmen von Natalie Murray Beale.

Unser Fazit zu Tár

Schon für die starken schauspielerischen Leistungen und das Sounddesign lohnt sich der Weg ins Kino. Starke Charaktere, nicht unbedingt sympathisch, aber spannend in ihrer Entwicklung, viele aktuelle Themen und ein Einblick in die Welt der Klassik machen den Film sehenswert. Wer allerdings ungern lange Dramen guckt oder wen zu viele offene Fragen am Ende stören, könnte hier enttäuscht werden. Ein großartiger Cast, verschiedene Handlungsstränge und einige Thriller-Elemente halten trotz vieler Dialoge und ruhiger Szenen konsequent eine gewisse Spannung aufrecht. Für Fans etwas künstlerischer Filme ein klares Must-See – und zu recht im Oscar-Rennen!

Unsere Wertung:

 

 

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