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Oscar Isaac sitzt an einem Tisch und führt Tagebuch. Neben ihm steht eine Flasche Whiskey. In The Card Counter

The Card Counter

Nachdem er mit seinem letzten Film, First Reformed, zahlreiche Preise abräumen und sowohl Kritiker als auch Publikum überzeugen konnte, legt Paul Schrader mit The Card Counter sein nächstes schwer verdauliches Drama nach. Ob der Film auf einem ähnlich hohen Level überzeugen kann, lest ihr in unserer Rezension.

THE CARD COUNTER Trailer German Deutsch (2022)

TitelThe Card Counter
Jahr2021
LandGroßbritannien, China, USA
RegiePaul Schrader
DrehbuchPaul Schrader
GenreDrama, Thriller
DarstellerWillem Dafoe, Oscar Isaac, Tye Sheridan, Tiffany Haddish, Ekaterina Baker, Marlon Hayes, Billy Slaughter, Joel Michaely, Amye Gousset, Alexander Babara, Dylan Flashner, Britton Webb
Länge111 Minuten
FSKab 12 Jahren freigegeben
VerleihWeltkino Filmverleih
Oscar Isaac steht vor einer übergroßen Spielkarte in The Card Counter
Das Kinoplakat zu The Card Counter © Weltkino Filmverleih

Worum geht’s in The Card Counter?

The Card Counter erzählt die Geschichte von William Tell (Oscar Isaac). Dieser tourt von Casino zu Casino und nutzt die in seinen Jahren hinter Gittern erworbene Fähigkeit des Kartenzählens, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dabei spielt er stets mit kleinen Einsätzen, damit die von den Casinobetreibern nicht gern gesehene Masche möglichst spät auffliegt. Eines Tages lernt William Cirk (Tye Sheridan) kennen, und nimmt den offenbar etwas ziellos durchs Leben schreitenden jungen Mann unter seine Fittiche. Mit der Zeit offenbart sich, dass beide Männer in der Vergangenheit mit einem gewissen Major John Gordo (Willem Dafoe) in Verbindung standen und mit ebenjenem noch Rechnungen offen haben. Parallel dazu tritt die mysteriös wirkenden Agentin La Linda (Tiffany Haddish) in Williams Leben und will ihn für ihr Team aus professionellen Glücksspielern verpflichten.

Oscar Isaac sitzt an einem Tisch und führt Tagebuch. Neben ihm steht eine Flasche Whiskey. In The Card Counter
Oscar Isaac als William Tell © 2021 Lucky Numbers, Inc.

Schraders nächster Streich?

Sowohl für das Drehbuch als auch für die Regie von The Card Counter zeichnet Paul Schrader verantwortlich. Damit geht durchaus eine gewisse Erwartungshaltung einher, so hat Schrader für seinen letzten Film First Reformed, in dem Ethan Hawke und Amanda Seyfried die Hauptrollen spielten, sogar eine Oscarnominierung für das Beste Drehbuch einheimsen können. Und auch schon Jahre zuvor konnte er sich mit den Drehbüchern zu Bringing Out the Dead – Nächte der Erinnerung und Taxi Driver, beide inszeniert von Martin Scorsese, einen klangvollen Namen in Hollywood erarbeiten.

Ob The Card Counter das Zeug dazu hat eine ähnliche Reputation wie die genannten Filme zu erlangen, das ergründen die nächsten Kapitel.

Tiffany Haddish als La Linda trägt eine Sonnenbrille und sitzt bei einem Drink im Casino in The Card Counter
Tiffany Haddish als La Linda © 2021 Focus Features, LLC

Falsche Fährten

Bei dem Kinoplakat zu The Card Counter besteht die Möglichkeit, dass das Publikum auf die falsche Fährte geführt wird. Jedenfalls sollte man keinen Film in der Tradition von Oceans 11 oder ähnlich leichtfüßigen Heist-Filmen erwarten. Denn zu lachen hat man in den 111 Minuten Laufzeit so gut wie nichts. Während die ersten Minuten noch schwungvoll daherkommen und ein paar interessante Hintergrundinformationen zu der Kunst des Kartenzählens vermitteln, so machen die dann folgenden Ereignisse und Entwicklungen in der Story unmissverständlich klar, dass man es im Kern mit einem sehr existenzialistischen und nihilistischen Drama zu tun hat. Denn als sich offenbart, dass sowohl William als auch Cirk von Rache und Vergeltung an ein und demselben Mann getrieben werden, wird klar, dass sie sich in einer unaufhaltsamen Abwärtsspirale befinden, die, aller Voraussicht nach, für keinen der Beteiligten gut ausgehen wird.

Dabei bewahrt sich der Film über weite Teile seiner Laufzeit eine gewisse Rätselhaftigkeit. Warum schlägt William die gesamte Einrichtung seiner Hotelzimmer in Laken ein? Warum hält er sich fast schon stoisch an seine gewohnten Tagesabläufe und was hat seine Vergangenheit im Krieg und daraufhin im Gefängnis damit zu tun?

William und Cirk treffen sich auf einer Veranstaltung zum ersten Mal in The Card Counter
William und Cirk treffen sich zum ersten Mal © 2021 Lucky Numbers, Inc.

Ein intensives Erlebnis

Diese Tonalität der Geschichte wird durch die Audiovisualität des Films deutlich unterstrichen. Der im Hintergrund bedrohlich wabernde Score, die teilweise seltsam entrückt anmutende Soundkulisse und die durch die Kameraarbeit von Alexander Dynan (der auch schon bei First Reformed für die Bilder verantwortlich war) bewusst aufgebaute Distanz zu den Figuren tun da ihr übriges. Vor allem in später im Film vorkommenden Rückblenden, in denen wir mehr über Williams und Gordos gemeinsame Vergangenheit im Gefangenenlager Abu-Ghuraib erfahren, sorgt die Melange aus hektischen Kamerafahrten, Fischaugenoptik und verzerrter Musik für ein Gefühl der Überforderung und der Desorientierung. Damit verstärkt Schrader die Wirkung der in diesen Szenen gezeigten erschütternden Taten fast bis ins Unzumutbare.

Aus dem Ensemble von The Card Counter ist Oscar Isaac als undurchsichtige Hauptfigur William Tell definitiv hervorzuheben. Er verleiht der sowieso schon interessant angelegten Figur eine enorme Gravitas. Durch sein zurückgenommenes Spiel und die häufigen inneren Monologe erinnert er in vielen Szenen an die Darstellung des Elliot Anderson von Rami Malek in Mr. Robot.

Lediglich die Besetzung von Tiffany Haddish, die man eher als beschlagene Darstellerin aus dem Comedy-Genre kennt, wirkt ob der Ernsthaftigkeit des Films etwas unpassend.

William und Cirk sitzen auf Liegen an einem Pool und unterhalten sich. Cirk hat ein Bier in der Hand. The Card Counter
Hat William in Cirk einen Zögling gefunden? © 2021 Focus Features, LLC

Nicht für alle etwas

Bei all den positiven Worten ist Paul Schraders The Card Counter aber mitnichten ein Film für jedermann. Die erdrückend düstere Atmosphäre lässt so gut wie keinen Raum zum Verschnaufen und man sollte weder sympathische noch liebenswerte Figuren erwarten, mit denen man mitfiebern kann.

Die Entwicklungen in den zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen William, Cirk und La Linda sind vielleicht sogar einer der markantesten Schwachpunkte des Films. Denn hier verpasst es das Drehbuch leider, einige relevante Momente dieser Entwicklungen zu zeigen, sodass man sie schlicht und einfach hinnehmen muss. An dieser Stelle hätte das altbekannte Prinzip von „Show, don’t tell“ gerne intensiver zur Anwendung kommen können. An der Glaubwürdigkeit der dramatischen Zuspitzung im letzten Viertel des Films rüttelt dieser Makel allerdings keinesfalls.

Willem Dafoe als Major John Gordo steht in voller Montur in einem Gefangenenlager in The Card Counter
Welche Rolle spielt Major John Gordo? © 2021 Focus Features, LLC

Unser Fazit zu The Card Counter

Paul Schrader ist nicht dafür bekannt, leicht verdauliche Filmkost zu servieren. Und diesem Ruf wird er mit The Card Counter erneut gerecht. Doch wer sich auf den nihilistischen Roadtrip einlässt, der wird mit einem überzeugenden Charakterdrama und einer spannend geschriebenen Geschichte belohnt.

The Card Counter ist seit dem 3. März 2022 im Kino zu sehen.

Unsere Wertung:

 

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