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The Circle by ©Universum Film

Ein Film, Zwei Meinungen – The Circle

Hier seht ihr in unserer beliebten Kategorie “1 Film, 2 Meinungen” die beiden verschiedenen Ansichten von Florian (Seite 1) und dem Rocket Man (Seite 2) zu The Circle mit Tom Hanks und Emma Watson.

TitelThe Circle
Jahr2017
ProduktionslandUSA
RegieJames Ponsoldt
DrehbuchJames Ponsoldt
GenreThriller, Science Fiction
DarstellerEmma Watson, Tom Hanks, Karen Gillan, Bill PaxtonJohn Boyega, Patton Oswald, Glenne Headly
Länge110 Minuten
FSKab 12 Jahren freigegeben
VerleihUniversum Film

Geheimnisse sind Lügen, Überwachung der Heilsbringer, Privatsphäre ist verdächtig und dieser Film ist: Gefährlich!

Cover von The Circle by ©Universum Film

Infos zum Film:

Die Handlung:

Karriere – Küken Mae (Emma Watson) bekommt durch ihre Freundin Annie (Karen Gillan) die Chance bei dem größten Technologieunternehmen das „The Circle“ genannt wird anzuheuern. Beeindruckt und geblendet von diesem Sprungbrett und vom Unternehmen selbst, lässt sie sich auf den Testlauf einer 24/7 Beobachtung, die durch neue Mini Kamera`s möglich ist, ein. Mit fatalen Folgen…

Hintergrund:

Der Film The Circle ist die Adaption eines Romanes von Dave Eggers (2013). Der Regisseur James Ponsoldt ist auch für das Drehbuch verantwortlich. Das Unternehmen das The Circle genannt wird vereint die realen Firmen Facebook, Google, Apple…ect in einem.

The Circle by ©Universum Film
The Circle by ©Universum Film

Kritik:

Naivität 8.0

Die Hauptfigur der naiven Mae, die durch Vitamin B ins gelobte Land des Circles geführt wird, unterliegt anfangs noch einer ganz realen und nachvollziehbaren Euphorie. Der unerwartete Sprung von der Kleinstadt – Nudel zu einem wertvollen Mitglied im erlesenen Kreis (Circle) derjenigen die die Zukunft gestalten. Hier zeichnet der Film anfangs noch ein recht normales Bild eines Arbeitsplatzes im Kundendienst, der den Kunden als wichtigen aber auch leicht zu manipulierenden Esel darstellt. Eine skurril und sehr zynisch überspitzte Zurechtweisung der Firma, was ihre Social Media Präsenz und das fehlende Interesse an den Wochenendaktivitäten des Unternehmens angeht, macht die Kleine schon mal ansatzweise gefügig. Als dann, in einer Art wöchentlichen Zusammenkunft, einer der Gründer Eamon Bailey (Tom Hanks) eindrucksvoll eine neue Generation von Mini – Kameras vorstellt, als seien sie im Grunde das, worauf die Menschheit gewartet hat, scheint sich, zumindest mimisch, etwas zu regen. Ihr Applaus ist anfangs eher verhalten. Ihre Handlungen allerdings sprechen eine andere Sprache. Nachdem sie nur knapp Opfer eines Kanuunfalls war, das durch eben diese Kameras verhindert wurde, schaltet sie schlichtweg den Teil ihres Gehirnes ab, der für soziale Kompetenz, Mitgefühl, Weitsicht und Vernunft zuständig ist und wird voller Inbrunst und Überzeugung zum Werkzeug des Circles. Sie lässt sich nonstop filmen. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Selbst als das Ganze auf ihre Eltern übergreift, geködert durch die Hilfe bei der Erkrankung ihres Vaters, ist ihr Blick auf diese Entwicklung „ROSA ROT“.

Zufällig lernt sie auf einer Party Ty Kalden (John Boyega) kennen, der sie hinter die Kulissen schauen lässt. Datenspeicherung in kolossalem Ausmaß. Sie scheint geschockt. Doch schon wieder zeugen ihre Handlungen von völliger Ignoranz der Tragweite gegenüber. Soweit, so gut. Dies ist ja im Grunde ein normaler Handlungsverlauf um den Zuschauer erst einmal unkritisch einzulullen. Man wartet auf den „AHA EFFEKT“. Das Umdenken, die Reflexion des Ganzen. Mae hingegen geht sogar noch einen Schritt weiter. Durch ihre Bereitschaft, sich so radikal überwachen zu lassen, genießt sie inzwischen ein ungeahntes Ansehen im Circle und eröffnet ihr die Möglichkeit, weitere abstruse Ideen abzusondern.

Tom Hanks in "The Circle" by ©Universum Film
Tom Hanks in „The Circle“ by ©Universum Film

Demokratie adé, es lebe die Freiheit!?

Hier beweißt sich, die mit einer seltenen Dummheit versehenen, Mae als eine herrlich leicht zu spielende Marionette dessen Fäden fest in der Hand der beiden Gründer ist. Sie überschreitet die Grenze zwischen Wollen und Müssen. Aus der Idee der Chef`s, dass man sich mit dem Circle Account als Wähler registrieren lassen kann und irgendwann auch wählen kann, macht sie eine Verpflichtung. Mit Begründungen, bei denen ich beim Zuschauen fast Gänsehaut bekommen habe. Hatte man anfangs noch Verständnis und das Gefühl, sie verzapft solch gefährlichen Blödsinn aus reiner Euphorie und naivem Karrieredrang, so bekommt man hier eine Mae geboten, die scheinbar wirklich hinter dem steht, was sie da von sich gibt.

„Das leben der anderen“ oder schlimmer als „Minority Report“

Hiermit meine ich nicht die Filme an sich, sondern das Thema und die Ideologie. Denn das bisherige Ignorieren von Menschenrechten war noch nicht genug. Nun geht es, bei einem der Zusammenkünfte auf Verbrecherjagt. Unter dem Deckmantel der Sicherheit wird hier eindrucksvoll propagiert, dass man einfach nur alle immer im Blick haben muss um dann auf ihre Verhaltensweisen schließen zu können. Was in Minority Report, trotz Spielberg, als völliger Humbug abgetan wurde, wird hier nicht mal mit der Spur eines zynischen Untertons präsentiert.

Tod, nicht weiter schlimm…

Bei genau dieser sogenannten Verbrecherjagd, bei der es schlicht darum geht, bestimmte Personen innerhalb einer bestimmten Zeitspanne ausfindig zu machen, gerät der beste Freund von Mae aufgrund von Gruppenzwang ins Visier der Community (Meute, Pöbel, Mob) und verunglückt im Zuge der Penetration einer Drohne und diverser User. Spätestens jetzt habe ich eine Wende des Filmes erwartet. Aber sie kam nicht.

The Circle by ©Universum Film
The Circle by ©Universum Film

Ideologie und Moral

Stell dir vor, du willst wählen gehen. Das geht aber nur mit einem Facebook Account. Stell dir vor du willst irgendwo arbeiten. Du wirst aber von deinen Arbeitskollegen solange ignoriert oder gemobbt, bis du dich völlig dem Netzwerk aus Voyorismus, Exhibitionismus und sozialer Perversion ergibst. Datenschutz, Privatsphäre und Geheimnisse sind nur noch Echos einer alten Welt. Du kratzt dich am Kopf? Du hast Läuse und bist zu meiden. Du schaust Tag für Tag der selben Frau hinterher, du bist ein perverser. Kein andere Film, der sich bisher um diese Art von Thema drehte, ging so sorglos und leichtfertig mit der moralischen und ideologischen Auswertung um. Vollständige Überwachung, wird hier, sowohl als soziale magische EIntrittskarte, als auch als innenpolitischer Heilsbringer deklariert. Durch die Argumentation hinsichtlich der Einfachheit, der Wahlbeteiligung (Demokratie) und der Transparenz, wird hier eine Ideologie entworfen, die eine sozial – digitale Diktatur propagiert, die näher liegt als wir uns es alle wünschen. Die unspektakuläre Forderung nach Offenlegung aller persönlichen und geschäftlichen Geheimnisse der Circle – Bosse, mag für viele vielleicht der erhoffte Zynische Zug oder die erhoffte Kritik an dem Ganzen sein. Für mich allerdings war es lediglich der zaghafte Versuch, dem gesehenen ein wenig Naivität zu entreißen.

Fazit:

Man könnte über diesen Film wirklich deutlich mehr schreiben. Aber der Konsum ist, genau wie die soziale Aufmerksamkeitsspanne, so flüchtig, dass wir uns alle fragen sollten: Wollen wir das? Sicher, es ist keine Doku. Es ist reine Fiktion. Und ich bin ein Verfechter der These, dass man Filme nicht zu ernst nehmen sollte. Nur dieser Film ist dermaßen plakativ und polemisch, ohne die Bombe, die er anzündet, auf angemessene Art und Weise zu entschärfen, dass mein Blick auf das Zielpublikum geht. Jeglicher Anflug von Kritik zu dieser Perversion wird hier locker weg argumentiert. Mit Zugpferden wie Tom Hanks und Emma Watson wird hier gezeigt was nicht sein darf. Nichts in diesem Film darf sein.

Lest auf der nächsten Seite wie unser Rocket Man den Film wahrgenommen hat.

1 Kommentar

  • Immernoch ein wahnsinnig ärgerlicher, dummer Streifen, der gar nicht merkt, wie er sich in seinem unsäglichen Finale selbst sabotiert. Statt die oberflächliche Medienkritik zu vertiefen und an den richtigen Stellen zu hinterfragen, setzt man dem scheinaufgeklärten Publikum am Ende ein simples Feindbild vor die Nase und die Moral von der Geschicht lautet: Totale Überwachung, Vernetzung, Auflösen der Privatsphäre in eine digitale Sozialdiktatur – das ist alles gut und „heilig“, wie das Teilen. Nur die Leute an der Spitze, die schwarzen Schafe, die sich die Taschen vollstopfen „da oben“, die Eliten, die sind das Problem. Nicht etwa die Ideologie hinter ihnen, die Mae zum Schluss erhobenen Hauptes in die Welt hinausträgt mit einer Begeisterung und Selbstüberzeugung, von der Robert Langdon und Spence Olchin vermutlich bloß träumen konnten.