Der französische Skandalregisseur Gaspar Noé ist bei seinen Filmen besonders für Tabulosigkeit in der Darstellung von Sex, Gewalt und Drogenkonsum bekannt. Mit seinem neusten Werk Vortex schlägt er allerdings andere Wege ein und zeigt ein Drama über das Altwerden und Demenz, also den geistigen sowie körperlichen Verfall, und hat dabei einige inszenatorische Kniffe in der Hinterhand. Ob das Drama überzeugen kann, erfahrt ihr in unserer Review!
Titel | Vortex |
Jahr | 2021 |
Land | Frankreich |
Regie | Gaspar Noé |
Drehbuch | Gaspar Noé |
Genre | Drama |
Darsteller | Françoise Lebrun, Dario Argento, Alex Lutz |
Länge | 135 Minuten |
FSK | Freigegeben ab 12 Jahren |
Verleih | Rapid Eye Movies |
Vortex – Die Handlung
Vortex zeigt die letzten gemeinsamen Tage eines Rentnerehepaares. Die Frau (Françoise Lebrun) und der Mann (Dario Argento) sind bereits vom Alter gezeichnet und verbringen ihren Lebensabend in einer kleinen Wohnung in Paris. Das Kammerspiel veranschaulicht dabei den Alltag der beiden, ungeschönt und lebensnah. Wie die beiden mit den Problemen des Alters umgehen. Und wie sie und ihr Sohn (Alex Lutz) mit der aufkeimenden Demenz der Frau zurechtkommen…
Realismus statt Showeffekt
Im Gegensatz zu z.B. The Father, welches ein sehr stark durchgetaktetes Demenzdrama ist, stellt Vortex die Krankheit selbst ohne inszenatorische Spielereien dar. Die langen Einstellungen sind größtenteils improvisiert. Regisseur und Drehbuchautor Gaspar Noé wollte den Film so echt wie möglich in Szene setzen, um die Krankheit fast schon dokumentarisch einzufangen. Deshalb hat er auf ein Drehbuch, abgesehen von einer etwa 15 Seiten langen Rahmenhandlung, verzichtet. Die DarstellerInnen haben lediglich auf die Anweisungen des Regisseurs gehört und ihrer Rolle entsprechend gehandelt. Das führt unweigerlich zu Leerlauf in manchen Szenen, aber auch unvorhergesehenen Reaktionen, und benötigte teils sehr viele Takes.
Doch all das führt dazu, dass das Schauerlebnis sich echt und unangenehm anfühlt. Die kleinen Pausen des Nachdenkens oder das Zögern vor der Antwort. Besonders die sehr überzeugende Leistung von Françoise Lebrun zeigt ihre Wirkung. Die Darstellerin hat zur Vorbereitung auf ihre Rolle viele Dokumentarfilme zum Thema gesehen und las sich in die Krankheit ein. Ein voller Erfolg! Ihre Darstellung der Krankheit ist detailverliebt und erschreckend realistisch. Als Partner wurde ihr niemand geringeres als der „Maestro des Giallo“ Dario Argento (Suspiria, Inferno) gegenübergesetzt, welcher normalerweise auf dem Regiestuhl Platz nimmt und in Vortex seine erste, und nach seiner Aussage auch letzte, Hauptrolle spielt. Der italienische Regisseur liefert ebenfalls eine überzeugende Performance ab und hat ein paar herzzerreißende Momente im Film.
Geteiltes Leben – Geteilter Bildschirm
Ähnlich wie in seinem letzten Film Lux Æterna arbeitet Noé in Vortex mit einem Splitscreen, der die beiden ProtagonistInnen unterbrechungsfrei zeigt. Glücklicherweise ist die visuelle Erfahrung aufgrund der sehr entschleunigten Handlung von Vortex nicht ganz so anstrengend, wie im zuerst genannten Film. Noé hat sich für diese Bildästhetik entschieden, um die Aussage des Films zu unterstützen. Die beiden Figuren sind allein. Selbst, wenn sie sich in derselben Szenerie befinden, teilen sie sich keinen Bildausschnitt. Die Figuren leben noch zusammen, sind aber durch die Krankheit der Frau voneinander getrennt. Ursprünglich wollte er nur einige ausgewählte Szenen als Splitscreen drehen, um zu zeigen, was mit den Figuren passiert, wenn sie die Szene verlassen. Allerdings hat er sich schon bei den ersten Abenden im Schnittraum dazu entschieden einen Großteil des Films so zu drehen.
Das hat die Crew und die SchauspielerInnen vor einige Herausforderungen gestellt, da es keine Storyboards gab. Die Einstellungen wurden am Set von Noé und seinem Stamm-Kinematografen Benoît Debie erstellt, der auch schon für die Kameraarbeit bei den meisten anderen Langfilmen des Regisseurs zuständig war. Dadurch, dass das Schauspiel ebenfalls improvisiert wurde und jede Szene sehr häufig geschossen werden musste, hatten die DarstellerInnen eine gleichermaßen anstrengende Zeit am Set.
Unser Fazit zu Vortex
Vortex ist anders als das, was man sonst von Gaspar Noé gewohnt ist. Wer Gewalt, Sex und Drogenexzesse erwartet, wird wohl leider enttäuscht aus dem Film kommen. Stattdessen bekommt man ein sehr gesetztes, entschleunigtes und intimes Demenzdrama zu sehen. Ein „slice of life“ über das Älterwerden, welches durch die fast schon dokumentarische Inszenierung nahbar und ergreifend ist. Der geteilte Bildschirm wirkt erst etwas befremdlich und kann gerade zu Beginn (besonders, wenn man den Film mit Untertiteln guckt) etwas überfordern. Die schauspielerischen Leistungen von Françoise Lebrun und Dario Argento (!), welcher hier mit 80 Jahren seine erste Hauptrolle spielt, sind ebenfalls beeindruckend. Gerade, wenn man bedenkt, dass der Großteil des Gesehenen improvisiert ist. Vortex fühlt sich echt an, wie das Leben selbst oder eben auch der Ausblick auf das Ende dessen, und das macht den Film äußerst sehenswert.
Vortex läuft ab dem 28.04.2022 in den deutschen Kinos!
Unsere Wertung:
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© Rapid Eye Movies
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