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10 Reasons Why (Not): Watchmen – Serie

Die Vorlage ist unumstritten einer der wichtigsten Comics aller Zeiten. Auch wenn das schwierige Verhältnis des Schöpfers zu seinem Werk seit jeher auch bei den Verfilmungen immer für verschärfte Bedingungen sorgte, hat sich Damon Lindeloff, der Macher von Lost und Leftovers, jetzt des Stoffes angenommen. Damit trifft er nicht nur auf die wohl anspruchsvollste Fanbase im Comicbereich, sondern muss sich auch entscheiden, wie er zur Filmadaption von Zack Snyder steht. Um dieses Projekt in angemessener Weise zu würdigen, hat man dem Showrunner nun vorerst abgeschlossene 9 Folgen mit je circa einer Stunde Laufzeit gegeben. Die Kritik, die sich nun auf die gesamte Serie Watchmen bezieht, wird nun klären, ob sich HBO mit dieser Miniserie verhoben hat oder ob auf das Comicmeisterwerk auch ein Serienmeilenstein folgen konnte.

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TitelWatchmen
Jahr2019
LandUSA
RegieNicole Kassell, Stephen Williams, Steph Green, Andrij Parekh, David Semel, Frederick E. O. Toyl
DrehbuchDamon Lindelof, Alan Moore, Dave Gibbons
GenreSerien, Drama, Action, Thriller
DarstellerRegina King, Yahya Abdul-Mateen II, Tom Mison, Tim Blake Nelson, Frances Fisher, Sara Vickers, Jeremy Irons,  Don Johnson
Länge9 Folgen mit jeweils ca. 60 Minuten
FSKab 16 Jahren freigegeben
VerleihSky Deutschland
Watchmen - Serie
Das Titelmotiv der Watchmen-Serie© Sky

Kurze Einführung in die Geschichte

Wir schreiben das Jahr 1921 und befinden uns in der amerikanischen Stadt Tulsa in Oklahoma. Während ein kleiner afroamerikanischer Junge in einem Kino einen Film über einen schwarzen Verbrechensbekämpfer sieht, bricht in der Stadt das Chaos aus. Es kommt zu einem Massaker, bei dem nicht nur die Eltern des Jungen sterben, sondern auch viele weitere Menschen. Der Rassismus in der amerikanischen Gesellschaft befindet sich auf einem Höhepunkt.

Sprung in die Gegenwart: Wieder in Tulsa, aber in einer alternativen Realität zu unserer Wirklichkeit, müssen sich Polizisten im Dienst verhüllen und brauchen eine spezielle Erlaubnis, um ihre Waffen benutzen zu dürfen. Eine Antwort auf überbordende Polizeigewalt zum Schutz der Zivilisten? In dieser Welt nicht. Hier müssen die Polizisten selbst beschützt werden.

Die ehemalige Polizistin Angela Abar ist inzwischen unter die getarnten Verbrechensbekämpfer gegangen. Als die längst vergessene „Siebte Kavallerie“ wieder rassistische Verbrechen begeht, beginnt für die Ermittlerin ein Fall, der alte Helden wiederaufleben lässt, ihre eigene Vergangenheit beleuchtet und über das Schicksal der ganzen Menschheit entscheiden wird.

Existiert Dr. Manhattan nur noch als Popkulturfigur? © Sky

10 Reasons Why (not)

(In unserem neuen Kritikformat werden wir die Argumente, die für oder gegen einen Serienmarathon sprechen, ohne große Spoiler, auf 10 Punkte kompakt bündeln. Abschließend gibt es eine Pro-Kontra-Gegenüberstellung und ein kurzes Fazit. Dabei geht es uns nicht um eine folgenweise Analyse, sondern darum, auf gute Serien Appetit zu machen und vor schlechten Serien zu warnen. Natürlich ist das immer subjektiv abhängig vom Autor des Artikels, und auch vermeintlich schlechte Serien haben es verdient, eine Chance zu bekommen. Uns ist es wichtig, möglichst objektiv die Besonderheiten herauszustellen, um für etwas Überblick im Seriendschungel zu sorgen.)

1.  Die Watchmen – Serie emanzipiert sich vom Comic, ohne dessen Erbe zu beschmutzen

Bei einer Serie, die sich einem so bekannten Stoff annimmt, ist die Fallhöhe immens. Versucht man eine 1-zu-1 – Adaption, wird einem mangelnde Kreativität vorgeworfen. Mit jeder Form der Abänderung an der Geschichte läuft man Gefahr, der Vorlage nicht gerecht zu werden oder die Erwartungen der Fans zu enttäuschen. Der Weg, den sich die Macher für diese Serie ausgesucht haben, ist der perfekte Kompromiss: Man hat sich entschieden, das veränderte Ende des Films, der ansonsten sehr vorlagetreu war, wieder in die ursprüngliche Bahn zu lenken und mit einem Zeitsprung diese Geschichte weiterzuspinnen.

Dabei hat man bewusst wenige der Comic-Charaktere in den Pool der Protagonisten aufgenommen und eine ganz neue Geschichte ermöglicht. Jedoch gibt es im späteren Verlauf der Serie dann doch immer weitere Verbindungen mit dem Comic. Dieses Netz spinnt sich langsam und erweist sich als gut durchdacht. Die neuen Figuren werden eigenständig etabliert und erst dann ins große Ganze integriert. Eigenständigkeit und Eingliederung stehen sich hier in der optimalen Balance gegenüber.

2. Die Anspielungen auf die Comicreferenzen sind eine dezent Liebesbekundung an die Welt von Allan Moore

Wer die Comics kennt, weiß, wie einst von Ozymandias das Ende der Menschheit im atomaren Krieg durch eine äußerst streitbare Entscheidung verhindert wurde. Auch wenn dieses Comic-Ende anfangs nicht wörtlich erwähnt wird, so sind die Folgen doch auch in der Serie omnipräsent. Außerdem werden viele Motive aus der Watchmen-Welt, manchmal prominent, manchmal weniger, wie die Easter Eggs in den Marvelfilmen platziert und lassen die Fans in nahezu jeder Folge kleine Referenzen erkennen. Stichworte: Smileys, Blut und Uhren.

Angela Abar (Regina King) sucht ihre Vergangenheit © Sky

3. Wichtige Figuren in neuen Rollen

Eine Geschichte in einem Universum zu platzieren, in dem speziellen Regeln als unerschütterlich gelten, und dabei nicht zu sehr von den bewährten Faktoren abhängig zu sein, ist ebenso eine große Herausforderung. Die Rorschach-Masken sind neben dem blauen Gott Dr. Manhattan und der gelben Schrift wohl weit über die Fankreise hinweg bekannt. Lässt man also die Ikonen außen vor, oder setzt man sie gezielt ein?

Auch wenn der Charakter, der einst selbst die Maske trug, in dieser Zeit nicht mehr lebt, so hat sein Vermächtnis den Weg in die neue Serienwelt geschafft. Während er einst noch als einer der Vigilanten mit gestörtem Moralkompass gegen das Verbrechen ins Feld zog, hat man nun seine Maske als Identifikationsmerkmal einer neuen, jedoch bösartigen Organisation am Leben erhalten. Rohrschach besteht damit als Teil im Watchmen-Kosmos weiter. Genauso ist auch Dr. Manhattan anfangs nur als Mythos im Hintergrund präsent. Allerdings wird er von Folge zu Folge immer weiter zurück in den Mittelpunkt der Watchmen-Saga kehren.

4. Das Leitmotiv wird klug weitergedacht

Die dominante Prämisse, die Watchmen einst so wichtig hat werden lassen, ist die „Was wäre, wenn…?“-Idee. Was wäre, wenn ein anderer Präsident zu Zeitpunkt xy die Wahlen gewonnen hätte? Wenn dieser oder jener Krieg einen anderen Verlauf genommen hätte? Und wenn nicht diese, sondern jene Person die Strippen gezogen hätte? Diesen Ansätzen bleibt man auch in der Serienadaption treu. Gut so, denn genau diese alternative Geschichtsschreibung bildet das faszinierende Element der Watchmen – Serie. Vietnam ist hier Staat der USA, Robert Redford Präsident und technologische Fortschritte, wie Handys und Internet, sind nicht entwickelt worden. Allerdings gibt es nur noch Elektroautos. Man sieht also, es entspinnt sich eine spannende Alternativwelt, in die man sich sehr gut reindenken kann.

Im Jahr 2019 müssen sich Verbrechensbekämpfer immer noch verhüllen © Sky

5. Politik ist Dreh- und Angelpunkt, aber Trump-Kritik kein Selbstzweck

Wer in den letzten Jahren auch nur ansatzweise politische Themen in Serien und Filmen verpackt hat, hat oftmals diese Plattform genutzt, um gegen die unpopulären Machthaber unserer Zeit auszuteilen. Und da Watchmen seit jeher auch ein politischer Stoff ist, wäre die Möglichkeit auch hier gegeben, aktuelle Kritik an der US-Politik zu üben. Natürlich kann man in den ein oder anderen Anspielungen auch einen Hinweis auf Trump und Co. finden, aber generell ist die Serie eher abstrakt gesellschaftskritisch einzuordnen. Man spricht die Rassenproblematik, Waffenmissbrauch und die Schwächen im Sozialsystem der USA an, aber macht nicht die aktuelle Regierung für die Missstände verantwortlich, sondern die generellen Fehlentwicklungen über mehrere Generationen hinweg. Trotzdem gestaltet sich die Serie nicht extrem politisch und stellt im Verlauf der Staffel auch die persönlichen Geschichten der Protagonisten in den Mittelpunkt.

watchmen - serie
Angela (Regina King) ist skeptisch, ob ihr Gegenüber die Wahrheit spricht © Sky

6. Die Schauspieler sind exzellent gecastet

HBO lässt sich ja ohnehin nicht lumpen, wenn es um die Besetzung seiner Prestigeprojekte geht. Man denke an Anthony Hopkins in Westworld oder die prominenten Cop-Duos in True Detective. Auch hier hat man wieder Charakterdarsteller für die schwierigen Rollen gecastet. Denn im Watchmen-Universum gibt es eben kein einfaches Schwarz-Weiß, alles spielt sich in den Graustufen dazwischen ab. Die Helden sind keine Superman-Schablonen mit eindeutigen moralischen Einstellungen, sie haben alle auch innere Konflikte und sind nicht selten selbst immer mit einem Bein im Bereich des Illegalen. Mit Regina King, Don Johnson oder Tim Blake-Nelson hat man für jeden Charakter die Idealbesetzung gefunden. Diese Schauspieler verkörpern die Ambivalenz ihrer Figuren mehr als überzeugend. Das absolute Highlight darunter ist zweifelsohne die Darstellung Jeremy Irons‘, aber davon muss sich jeder selbst ein Bild machen!

7. Eine Watchmen – Serie mit Mitratepotenzial

Wenn es ein großes Manko an der Binge-Ausstrahlungsstrategie von Netflix und Co. gibt, dann, dass es wegfällt, der neuen Folge in der nächsten Woche entgegenzufiebern und über die Weiterführung der Geschichte zu spekulieren. Dieser Austausch von Fantheorien hat in den letzten Jahren bei Game of Thrones, interessanterweise auch eine Serie von HBO, seinen letzten Höhepunkt erreicht. Seither gibt es kaum noch längere Wartezeiten zwischen dem Cliffhanger am Ende einer Episode und seiner Auflösung zur Beginn der neuen. Doch dieser gewisse Reiz ist für mich, wie für viele andere Serienfans ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal. Bei Watchmen hatte man endlich wieder Fragen über mehrere Tage offen gelassen und damit die Spannung permanent oben gehalten. Zumal die anfangs losen Einzelstränge der Handlung sehr langsam zusammengeführt werden und so den Zuschauern erst nach mehreren Wochen die ersten Lichter aufgehen. Je länger der Spannungsbogen gespannt wird, desto heftiger die Wirkung, wenn sich die Spannung entlädt!

8. Die Geschichte springt durch die Zeiten mit Sinn und Verstand

Der Beginn Geschichte erweist sich als sehr fordernd, sogar für Kenner des Comics. Was will die rassistische siebte Kavallerie? Wer ist dieser alte Mann im  Rollstuhl? Wer ist dieser seltsame Adlige auf seinem Landsitz, was hat er mit den Handlungen in der amerikanischen Kleinstadt zu tun? Warum regnet es Tintenfische? Und vor allem: Wo steckt eigentlich Dr. Manhattan?

Die Serie nimmt sich viel Zeit zur Einführung der einzelnen Handlungsbögen und schafft es sehr ausgewogen Interesse für alle dieser Teile aufzubauen. Durch die verschiedenen Zeitebenen bekommen die Charaktere Hintergrund und Motive für ihre Taten. Ohnehin bestätigt sich der Faktor Zeit, der für eben eine der Figuren nicht dieselbe Rolle spielt wie für normale Menschen, bei der Watchmen – Serie als das alles verbindende Glied. Wie bei allen Zeitreisegeschichten, kann man sich auch hier exzellent an den Paradoxa abarbeiten. Da die Geschichte aber von vorne bis hinten durchdacht ist, verkommt auch die Komplexität nicht zu prätentiösen Selbstzweck, sondern erklärt sich in der finalen Auflösung.

 

watchmen - serie
Schon früher haben sich die Vigilanten maskiert © Sky

9. Damon Lindelof reichen neun Episoden, um seine persönliche Version einer Geschichte im Watchmen-Universum auszuerzählen

Viele Serien von solcher Strahlkraft sind auf etliche Staffeln ausgelegt, und nicht selten findet man den passenden Schlusspunkt nicht. Viel Skepsis gegenüber dem Projekt hatte auch mit der Beteiligung von Damon Lindelof zu tun. Denn seine Arbeit an Lost, die eine der wegbereitenden Serien des nun schon jahrelang anhaltenden Booms in diesem Bereich war, hat durch ein umstrittenes Ende große Risse bekommen. Diesmal aber hat Lindelof schon vor dem Ausstrahlungsbeginn klargestellt: Von Watchmen wird es, wenn es nach ihm geht, nur diese eine Staffel geben. Er hatte also eine abgeschlossene Story und damit einen exakten Plan von Minute Eins bis zur letzten Einstellung. Auch wenn sich irgendwann ein anderer Showrunner für eine weitere Geschichte in diesem Universum finden sollte, so ist diese Staffel eine runde Sache für sich.

10. In der Watchmen – Serie sind auch Bild und Ton in Perfektion

HBO-Serien sind Qualitätsserien und das in jeder Beziehung. Die Namen vor und hinter der Kamera unterstreichen den Anspruch zu 100 Prozent. Aber auch die technischen Aspekte in Watchmen heben diesen Maßstab auf ein neues Level. Die Bilder haben absolute Kinoqualität, die Ausstattung ist top, selbst die Computereffekte halten dieses hochklassige Niveau. Dazu erscheinen noch zwei Namen in den Credits, die schon mehrfach ihre virtuosen Qualitäten unter Beweis gestellt haben. Die Musik in der Serie stammt nämlich von Atticus Ross und Trent Reznor, ihres Zeichens Oscarpreisträger für den Score bei The Social Network. Was die beiden hier in der musikalischen Gestaltung abliefern, wäre auch ohne Zweifel Oscar-reif. Wem es gelingt in den Soundtrack einer Comic-Serie Mozart, Frank Sinatra und David Bowie zu packen und so die Watchmen – Serie nochmals einen großen Sprung immersiver zu gestalten, ist wahrscheinlich nur noch Zentimeter vom zweiten Oscar entfernt.

Pro: 10 Kontra: 0

Ozymandias war einst der schlauste Mensch auf Erden. Was ist er nun? © Sky

Unser Fazit zur Watchmen Serie

Mit der Watchmen – Serie ist Damon Lindelof ein Meisterstück gelungen, dass keine wirklichen Schwächen zeigt, so man sich auf die langsame Entfaltung der Geschichte einlässt. Die Serie von HBO gestaltet sich ähnlich ikonisch wie die Vorlage und setzt mit einzelnen Episoden durch visuelle Einfälle und den Wendungen in der Geschichte Maßstäbe. Auf der einen Seite würde ich sofort eine zweite Staffel sehen wollen, aber andererseits ist diese eine Staffel für sich genommen ein Gesamtkunstwerk, das man auch einfach mal für sich stehen lassen kann!

Watchmen kann man inzwischen komplett über SkyTicket abrufen und über verschiedene Anbieter kaufen!

Unsere Wertung:

 

 

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