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True Detective – Staffel 2

Wenn wir die Welt kriegen, die wir verdienen, welcher unserer Entscheidungen könnte uns das Leben kosten? Erfahrt es in der 2. Staffel der Ausnahmeserie True Detective.

TitelTrue Detective Staffel 2
Jahr2015
ProduktionslandVereinigte Staaten/ Kalifornien
RegieCary Fukunaga, Justin Lin, Jeremy Saulnier
DrehbuchNic Pizzolatto
GenreSerie, Krimi, Thriller
DarstellerColin Farrell, Rachel McAdams, Taylor Kitsch, Vince Vaughn
Längeca. 60 Minuten
FSKAb 16 Jahren freigegeben
VerleihHBO/ Warner Bros.

Der Folgende Text ist ein Review und wimmelt im zweiten Teil nur so vor Spoilern..Ihr wurdet gewarnt 😉

Den Vergleich zur ersten Staffel möchte ich nur sehr ungern ziehen, aber nach so einem Monument, ist es der zweiten Staffel der Ausnahmeserie nicht abzusprechen, dass die Qualitäten woanders liegen und der Regisseur auch beim zweiten Anlauf einen neuen und frischen Versuch startet, die Serie aufrecht zu erhalten und um einige Nuancen zu erweitern. Ob das nun gut oder schlecht ist, mag wohl jeder selbst beurteilen, aber klar dürfte sein, dass Innovation und Veränderung keine Gegenargumente von True Detective Staffel 2 sind.

Worum geht’s in True Detective Staffel 2?

Detective Ray Velcoro (Colin Farrell), Streifenpolizist Paul Woodrugh (Taylor Kitsch) und Detective Ani Bezzerides (Rachel McAdams) ziehen ihre unüberwindbaren Fäden in Staffel 2 von True Detective. Auch dieses Mal geht es um Morde, aber auch Korruption und Machtverhältnisse, die die Stadt erschüttern. Die drei Hauptprotagonisten sollen die Unfälle und ihre Parallelen zu anderen möglichen Hintergründen untersuchen und stoßen dabei immer wieder auf Hindernisse, die sie zunächst selbst betreffen, ihre Vergangenheit und ihre individuellen Probleme, aber auch die Personen in Los Angeles, die ohne jegliche Moral und fern jeden Anstands auftreten und Los Angeles zu einem einzigen Sumpf verkommen lassen…

Das Setting in True Detective Staffel 2

Was Staffel 1 zunächst so besonders machte und vor allem auszeichnete, ist das hervorragende und herausstechende Setting. In Staffel 1 war es noch die Sumpflandschaft und die trübe Ödnis von Louisiana und jetzt, in Staffel 2, viel mehr L.A. Noir, dass im gleichen Maße gefallen kann, weil es durch kein moralisches System besticht, sondern viel mehr dadurch, dass sich weder Gut noch Böse in Los Angeles die Wiege halten. Die Helikopteraufnahmen aus der Luft grenzen das Geschehen klar ein und geben den einzelnen Charakteren durch die Tiefe und demographische Reichweite der Bilder wenig Raum zur Entfaltung. Sie vermitteln oft den Eindruck selber Straßen, Ecken, Laster und Autobahnen, nur aus anderen Blickwinkeln, mal Tag, mal Nacht. Hier ließe sich sogar vermuten, dass die kreisenden Ein- und Ausfahrten der Straßenlinien ankündigen, dass sich auch die Story, sowie die Entwicklung der Charaktere, im Kreise bewegen werden.

Bekannte Muster aus Staffel 1 und Individualität

Was verband in Staffel 1 Rust und Martin? Richtig, es waren Narrative, die sie verfolgt haben, die sie sich nie eingestehen wollten und die sie an der kompletten Ermittlung im Trüben fischen ließen. Ein verschwommenes Bild war das, dass sie 17 Jahre lang an der Aufklärung ihres Falles hinderte. Es waren die Probleme und das Verhalten anderer Menschen, nicht das eigene, so dachten sie, dass ihr Entscheidungsvermögen beeinflusste.

In Staffel 2 haben wir ein ganz ähnliches Problem. Zwar haben wir keinen Rust Cohl, der uns sein Verhalten genau erklärt, aber Ray Velcoro, der mit sich mit dem Jahre zurückliegenden Missbrauch seiner Frau auseinandersetzen muss, Paul Woodrugh, der im Krieg war und homosexuell ist und Ani Bezzerides, die ein Trauma ihrer Kindheit und den Verlust ihrer Mutter nie richtig aufgearbeitet hat.

Sie lassen sich alle von den Sümpfen ihrer eigenen Vergangenheit verleiten und trüben. In den ersten vier Folgen ist dies besonders auffällig, indem Pizzolatto, wie bereits in Staffel 1, dem Alkohol eine besondere Bedeutung zukommen lässt. Bis auf Paul Woodrugh trinken nämlich alle und zwar so viel mehr, als man Gläser mit Wasser sehen kann, selbst wenn eine ganze Bar voller Kästen Gerolsteiner zu sehen wären. Sie verdrängen, was sie nicht verstehen wollen, ertränken, was sie nicht fühlen wollen und spülen runter, was sie am Leben hindern und zu jeglicher Erkenntnis von Schuld führen könnte. Das klingt, als gäbe es in True Detective Staffel 2 keine guten Menschen…?

Dafür bekommen wir als Entschädigung einen vierten wichtigen Hauptprotagonisten. Der aalglatte und scheinbar einzige moralische Ankerpunkt der zweiten Staffel, Frank Semyon (Vince Vaughn). Er hat seine Vergangenheit schon lange hinter sich gelassen, nachdem er etliche Drogengeschäfte und das kriminelle Verbrechen in Südkalifornien angeführt hat. Er ist allen anderen Figuren eine gehörige Portion voraus und möchte sich als Geschäftsmann niederlassen und eine Familie gründen. Dazu hat er noch ein ausgeprägtes Verständnis für Moral und Gerechtigkeit bekommen. Er setzt sich in Los Angeles unter anderem auch dafür ein, dass es mehr Gerechtigkeit geben kann. Aber, da L.A. keinen Platz für Gut und Böse hat, bleibt ihm der Traum, mit Frau und Kind irgendwann glücklich werden zu können, wahrscheinlich ewig verwehrt.

Die Charaktere sind also nicht minder besonders, als in Staffel 1, nur macht die Handlung im Vergleich nicht ansatzweise so viel Spaß. Vieles erscheint unklar, vieles wird man einfach hinnehmen müssen oder man muss erkennen, dass Pizzolatto uns genauso hinter’s Licht und in die Irre führen möchte, wie er es mit seinen Charakteren tut. Das wahre True Detective Gefühl fing bei mir in Folge 4 an, in der die Dialoge erst wieder richtig an Fahrt aufgenommen hatten und vor allem die Szene, in der Ray seinen guten Freund Frank unter dem Tisch mit einer Waffe bedroht, war schlicht stark. Colin Farrell und Vince Vaughn haben schon mehrfach bewiesen, dass sie es auch ernst können. Und hier haben sie es ganz klar bewiesen.

Aber auch Rachel McAdams und Taylor Kitsch überzeugen in ihren Rollen ohne jegliche Zweifel. Die Vergangenheiten der Figuren berühren, die Wut und die Rache zündeln uns an, aber auch in dieser Staffel geht es Pizzolatto um die Narrative, wie Alkohol, Vergangenheit, Einsicht, Moral und Fehler, die die Charaktere erst überwinden müssen, um klar sehen zu können und den Fall annährend zu lösen.


Die Auswirkungen und die Analyse der Charaktere

Wir kriegen die Welt, die wir verdienen. Ani Bezzerides und Paul Woodrugh haben Ray Velcoro und Frank Semyon etwas voraus. Sie sind moralisch auf dem richtigen Weg, auch wenn die Vergangenheit ebenfalls etwas in ihnen zerstört hat. Ray Velcoro jedoch hat sich durch Rache für den falschen Weg entschieden, die falschen Entscheidungen getroffen und sich selbst zum Täter und Sündenbock gemacht. Frank Semyon war und ist noch immer ein Gangster, wenn auch mit mehr Moral, als andere Figuren, hat aber zu viel Leid zugefügt und seinen moralischen Kompass ebenfalls längst zerstört. Frank redet immer nur davon, aussteigen zu wollen, besser zu werden und alles hinter sich zu lassen, verfällt aber alten Mustern und fällt ihnen zugleich auch zum Opfer. Bei ihm scheinen nur die Probleme kleiner, aus sich einen besseren Menschen zu machen. Ani Bezzerides hat ein Trauma aus Jugendjahren nicht verarbeitet und den Verlust ihrer Mutter nie richtig einkehren lassen. Sie hat nie Frieden gefunden und hält dadurch alle Menschen in ihrer Umgebung auf Distanz. Aber im Gegensatz zu den anderen hat sie weit weniger schlimmes getan, womit wir auch zum Ende von Staffel 2 kommen.

Ja, wir bekommen die Welt, die wir verdienen. Wer sie verdient, wird den Nachthimmel und seine leuchtenden Sterne noch zu sehen bekommen und wer es nicht tut, wird am Ende von True Detective Staffel 2 bekommen, was er verdient hat. Ani ist aus dem neuen Gespann die einzige, die nichts Unrechtes getan hat, außer sich zu verteidigen und die Chance auf ein neues Leben verdient. Alle anderen müssen für ihre Taten bezahlen und dabei ist Pizzolatto so rigoros, wie im echten Leben da draußen auch.


Ein kleines Fazit von True Detective Staffel 2

 

Insgesamt besticht auch Staffel zwei von True Detective durch brillante Aufnahmen, gute Figuren, aber weniger durch brillante und ausgefeilte Dialoge und langsames, aber stimmiges Erzähltempo. Trotzdem ist die Veränderung von Southern Gothic Motiven der ersten Staffel in Louisiana hin zu L.A. Noir Elementen klar eine Gute und die Charaktere machen eine sehr starke Entwicklung durch, aber die Größe der ersten Staffel konnte man nicht ganz halten. Aber das ist vollkommen in Ordnung, denn eine so perfekte Staffel, wie die erste, wird man wohl auch nur einmal wahrhaftig hinbekommen. An einer starken, innovativen und tiefgreifenden zweiten Staffel ändert aber auch das alles nichts…

Unsere Wertung:

 

 

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