Mit White Snake – Die Legende der weißen Schlange präsentiert sich ein populäres chinesisches Märchen im frischen Gewand eines Animationsfilms. Ob dieser technisch wie erzählerisch zu überzeugen weiß, erfahrt ihr in unserer Review!
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No data available.Worum geht’s in White Snake – Die Legende der weißen Schlange?
Der “Dunkle General” lässt im ganzen Kaiserreich Schlangen töten, um die Bevölkerung vor Dämonen zu schützen, wie es heißt. Doch die im Verborgenen lebenden Schlangendämonen, die einst vom Menschen vertrieben wurden, wollen zurückschlagen. Xiao Bai soll, als schöne, junge Frau getarnt, ein Attentat auf diesen größten Feind ihres Volkes ausführen. Allerdings misslingt der Angriff, die Schlangendämonin verliert ihr Gedächtnis und landet in einem abgelegenen Dorf von Schlangenjägern. Dort trifft sie auf den jungen Schlangenjäger Ah Xuan, der sich anbietet, ihr bei der Suche nach sich selbst zu helfen. Im Reich der Schlangendämonen keimt allmählich der Verdacht, dass die Attentäterin die Seiten gewechselt haben könnte, und so schickt die Schlangenkönigin Xiao Qing aus, nach der Vermissten zu suchen und sie im Fall des Falles zu töten.
Eine auffällige Hutnadel, die Xiao Bai bei sich trägt, führt die beiden zur magischen Jadewerkstatt der Dämonin Fox. Hier erfahren sie, dass es sich dabei um eine Waffe handelt und wofür sie gedacht war. Inzwischen entspinnt sich ein zartes Band der Liebe zwischen dem gebildeten, gutmütigen Ah Xuan und der Dämonin. Als sie auf Xiao Qing treffen, kehrt die Erinnerung zu Xiao Bai zurück. Schweren Herzens lässt sie Ah Xuan zurück, um mit ihrer Schwester der Schlangenkönigin Bericht zu erstatten. Doch ein Handlanger des Heeres, der “Kleine General”, hat inzwischen das Dorf der Jäger erreicht. Er hegt hinter dem Rücken seines Meisters eigene Pläne und stellt den Schwestern eine Falle. Das Dorf läuft nun Gefahr, zum Schauplatz der Auseinandersetzung der Parteien zu werden und Ah Xuan trifft eine folgenschwere Entscheidung…
Von der Horror-Sage zur Liebesgeschichte
Die hier erzählte Geschichte kennt in China wohl jedes Kind. Als “Madame White Snake” hatte es seinen Ursprung als ein düsteres Märchen um den Kampf zwischen Gut und Böse, in dem die Schlangendämonin einen jungen Fischer betört, dessen Seele von einem Mönch gerettet wird. Über die Jahrhunderte wandelte sich dies zu einer tragischen Liebesgeschichte zwischen Vertretern zweier Welten. Beide Variationen bildeten schon unzählige Male die Vorlage für Romane, chinesische Opern und natürlich auch Filme. Die letzte international bekannte Verfilmung des Stoffes war Die Legende der weißen Schlange mit Jet Li von 2011. Das von Shing Tsiu-Tung inszenierte Fantasy-Spektakel orientierte sich allerdings an der Original-Geschichte, und Superstar Li trat als Mönch den Kampf gegen das Böse an.
Der vorliegende White Snake – Die Legende der weißen Schlange nahm sich dagegen der tragischen Romanze an. Dabei versteht der Animationsfilm sich überraschenderweise nicht als kindgerechte Unterhaltung oder seichtes Family-Entertainment, sondern gibt sich teils recht düster, Action-orientiert und ansatzweise ambivalent. Die Geschichte ist dabei eher dünn: Der “Dunkle General” fungiert vordergründig als der Bösewicht der Geschichte, ein machtbesessener, grausamer Mann. Der “kleine General”, der seinen Streitwagen übrigens von einem dreiköpfigen Ungeheuer ziehen lässt, verfolgt hinter dem Rücken seines Meisters ungefähr das selbe Ziel. Beide treiben das einfache Volk zu einem Vernichtungskrieg gegen alle Schlangen, weswegen die Schlangendämonen die Menschen, irgendwie schon verständlicherweise, hassen. Unser Liebespaar steht nun mitten im Konflikt und symbolisiert die einzige Hoffnung auf Frieden.
Von Liebe & Krieg, einer rauchenden Füchsin und einem sprechenden Hund
Auch wenn die Romanze von Xiao Bai und Ah Xuan im Mittelpunkt der Geschichte steht, konzentriert sich White Snake – Die Legende der weißen Schlange vorrangig auf die Gefahrensituationen und verschiedenen Scharmützel, in die sie auf ihrem Weg geraten. So ist es vor allem an Ah Xuan der Dämonin in Menschengestalt seine Zuneigung zu beweisen, in dem er ihr immer wieder beisteht und sie tatkräftig beschützt. Das mag nicht besonders tiefsinnig anmuten, erweist sich aber als flott und modern, Langeweile kommt da keine auf. Außerdem wartet der Film in regelmäßigen Abständen mit effektgeladenen Kämpfen auf und kann sich hierin bis zum großen Finale immer weiter steigern. Darüber hinaus lockern spleenige Nebenfiguren die geradlinige Handlung etwas auf. Als Sidekick des jungen Jägers fungiert sein sprechender Hund Dudou, der zum Glück weit weniger nervt, als man annehmen könnte.
Die eher erwachsene Ausrichtung des Abenteuers macht sich, abgesehen vom hohen Action-Gehalt, dagegen meist nur beiläufig bemerkbar. Da wird schon mal verschämt ein Bootskapitän nonchalant bei der Attacke eines Schlangendämons nebenher über den Jordan geschickt oder das Baby eines Pärchens unter den Dorfbewohnern bedroht, um Informationen zu erpressen. Das wirkt letztlich nicht vollends überzeugend, gerade wenn dann tatsächlich noch eine Liebesszene zwischen Ah Xuang und Xiao Bai eingebaut wird. Ein Nebencharakter sticht dennoch sehr positiv heraus: Dämonin Fox betreibt die magische Jade-Werkstatt, bemüht eine sehr schnippische Ausdrucksweise und pafft andauernd aus ihrer Pfeife. Der Besuch bei ihr zählt sicherlich zu den Höhepunkten des Films und wertet ihn zweifellos auf.
Die technische Seite
Diese chinesisch-amerikanische Koproduktion kann es sicherlich nicht mit dem Aufwand von den Platzhirschen wie Pixar oder Dreamworks aufnehmen. Die Charaktere erweisen sich als eher detailarm, wohingegen die Umgebungen mit ihrem Spiel aus Licht und Schatten sowie den verschiedenen Farbabstufungen sehr gelungen sind. In den Kämpfen setzen die Macher auf Effekt-Arbeit, welche sich zwar nicht immer homogen ins Bild fügt, aber neben der Dynamik der Auseinandersetzungen auch etwas Spektakel fürs Auge bietet. Das ist alles in allem wirklich schön anzusehen, auch wenn es nicht den Standard der US-Konkurrenz erreicht.
Der eher klassische Score klingt schwungvoll, aber auch nicht zu aufdringlich oder übertrieben modern. Natürlich darf auch ein von Protagonist Ah Xuang geträllerter Song nicht fehlen, klassischerweise während einer Bootsfahrt. Die deutschen Sprecher machen ihre Sache gut, an der Synchronisation gibt es nichts zu mäkeln. Zwar ist auch der chinesische Ton in Mandarin enthalten, doch leider gibt es nur eine deutsche Untertitelspur für Hörgeschädigte.
Unser Fazit zu White Snake – Die Legende der weißen Schlange
Trotz einiger Defizite in Storytelling und Charakterzeichnung weiß diese moderne Version einer chinesischen Volkssage gut zu unterhalten, gerade im Westen wirkt sie noch sehr frisch und unverbraucht. Die mehr auf Action ausgelegte, nicht auf Familientauglichkeit gebürstete Inszenierung trägt einen guten Teil dazu bei, auch wenn es gerne noch etwas konsequenter hätte betrieben werden dürfen. Als flottes Abenteuer mit romantischem Einschlag ist White Snake – Die Legende der weißen Schlange allemal eine Empfehlung wert. Wer sich schon länger mit der chinesischen Mystik befasst, wird sicherlich auch die etwas lässige Verquickung verschiedener Motive bemängeln, aber im Sinne des Entertainments lässt sich da gut und gerne ein Auge zudrücken. Denn da ist man hier im Westen schließlich schon durchaus Schlimmeres gewohnt.
White Snake – Die Legende der weißen Schlange erscheint am 19. Mai 2020 auf Blu-ray und DVD!
Unsere Wertung:
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