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Wunder

In Wunder soll es den Zuschauern darum gehen, wie gleich wir alle sind, egal ob entstellt, behindert oder einfach ein wenig anders. Wir sind alle gleich, bewohnen denselben Planeten und wollen uns alle der Frage stellen: „Was für ein Mensch wollen wir sein?“. Aber seht selbst…

Titel Wunder
Jahr 2018
Produktionsland USA
Regie Stephen Chbosky
Drehbuch Stephen Chbosky, Steve Conrad, Jack Thorne, R. J. Palacio
Genre Drama
Darsteller Jacob Tremblay, Julia Roberts, Owen Wilson, Izabela Vidovic
Länge 114 Minuten
FSK Ab 0 Jahren freigegeben
Verleih Studiocanal

Wenn man sich „anders“ fühlt…

wie ich zum Beispiel, wenn meine Finger über die Tastatur gleiten, während ich ohne einen großen Plan ein Konstrukt, eine kleine Analyse oder eine einfache Meinung auf diese Seite tippe. Dann tue ich das, weil ich es nirgendwo anders so sehr und gut machen kann, wie hier..

Reden kann ich gut, schreiben eben noch ein Stück weit besser. Mir gefällt, dass ich das Blatt beschreiben kann, ohne dass sich jemand anmaßt Regeln und Vorschriften dafür aufzustellen. Mir gefällt die Freiheit, in dem, was ich hier tun kann, schätze und respektiere, dass mir diese Möglichkeit offen steht.

Aber dieses tolle Gefühl sollte jeder haben, ob nun geistig beeinträchtigt, benachteiligt, eingeschränkt oder sensibel. Und damit nun zur heutigen Filmbesprechung..

Hauptplakat zu "Wunder" aus 2018
Hauptplakat zu „Wunder“ von ©Studiocanal GmbH

Worum geht’s in Wunder?

Der kleine August „Auggie“ Pullman (Jacob Tremblay) ist seit seiner Geburt im Gesicht entstellt, hat schon viele Operationen hinter sich und wird Zuhause von seiner liebevollen Mutter Isabel Pullman (Julia Roberts) privat unterrichtet und von seinem Vater Nate (Owen Wilson) umsorgt. Außerdem steht seine hingebungsvolle Schwester Via Pullman (Izabela Vidovic) immer an seiner Seite. Erst, als Auggie’s Eltern Isabel und Nate der Meinung sind, dass ihr Sohn soweit ist eine richtige Schule zu besuchen, dürfen wir mit dabei sein, wenn ein großes und liebevolles Intermezzo zwischen Integrationsdrama, Familienzusammenhalt und wahrer Liebe zum Leben seinen Lauf nimmt. Wie wird es Auggie in der Schule ergehen und wie werden seine Klassenkameraden auf ihn reagieren?…

Nate (Owen Wilson), Auggie (Jacob Tremblay), Via (Izabela Vidovic) und Isabel (Julia Roberts).
V.l.n.r.: Nate (Owen Wilson), Auggie (Jacob Tremblay), Via (Izabela Vidovic) und Isabel (Julia Roberts). ©Studiocanal GmbH/Dale Robinette

 

 

Ein Vergleich zwischen Wunder und mir selbst

Viele werden es vielleicht nie selbst erlebt haben, aber ich kenne das Gefühl sehr gut, wenn man in Schulpausen so lange alleine sitzen muss, bis man das Alleinsein dem Kontakt mit vielen Freunden sogar vorzieht. Ich bin kerngesund, in keiner Weise beeinträchtigt und dankbar dafür, dass ich sehen, hören, gehen, essen und das Leben in jeglicher Weise genießen kann. Was mir schon immer fehlte war viel mehr der Kontakt und die Schließung diverser Freundschaften. Meistens waren es die falschen Bekanntschaften, die eine Leere hinterlassen haben oder die einfache Tatsache, dass ich gerne für mich alleine blieb. Ruhe kann schön sein, auch wenn mit Freunden und Familie das meiste natürlich wesentlich schöner ist.

Aber hier habe ich auch eine Familie und diese bedeutet mir ebenso viel, wie anderen große Feten und Feiern am Wochenende. Die Liebe zu den vielen passionierten Filmliebhabern, wie ich einer bin.

Nun zu Wunder

Auggie an seiner neuen Schule in Wunder
Mit gemischten Gefühlen: Auggie (Jacob Tremblay) an seiner neuen Schule in Wunder von ©Studiocanal GmbH/Dale Robinette

Auggie geht zum Beginn der 5. Klasse das erste Mal zur Schule und muss sich, zusammen mit dem Rückhalt seiner ganzen Familie, nun den üblichen Problemen des Lebens stellen. Doch diese sind entgegen denen der meisten anderen Schüler beeinflusst und stellen ein enormes Maß an Überwindung und Aufopferung dar, da Auggie wegen seines Aussehens ander behandelt wird als andere Kinder. Folglich wartet Wunder auch nicht allzu lange, bis die ersten Hänseleien über Auggie einprasseln. Wunder zeigt aber nicht mit dem Zeigefinger und überlässt es so dem Zuschauer, ein Werteurteil zu fällen und Kritik an dem Denken und Handeln der Menschen zu veräußern.

Jacob Tremblay bewies für mich bereits in Raum, dass er als Jungschauspieler besonders und talentiert ist und dass das Alter dabei für mich keinerlei Rolle spielt. Aber talentiert ist er nicht nur, weil er ein Kind und dadurch natürlich wesentlich unverdorbener und unverbrauchter wirkt, sondern weil er ehrlich und authentisch spielt, die Gefühle bewusst einsetzt und zum Zuschauer mit seinem Spiel durchdringen kann. Er spielt stark, wenn es in den vermehrt lustigen Teilen von Wunder darum geht, dass er sich selbst akzeptiert und andere in sein Leben lässt. Und ebenso, wenn es um Motive wie Selbstbewusstsein und Alleinsein geht. Unvorstellbar ist dabei der Gedanke und die Tatsache, dass er das Leben in der Schule, wie wir alle auf der Arbeit, alleine überstehen und ausfechten muss. Zuhause hat er ein von Liebe gekennzeichnetes und schönes Umfeld um sich zurückzuziehen. Dabei helfen Mutter Isabel, Vater Nate und Schwester Via ihm bei allen Strapazen und Problemen im jungen Leben von Auggie.

Symbole und Metaphern

In seiner Vorstellung wird Auggie on seinen Mitschülern gefeiert
In seiner Vorstellung wird Auggie (Jacob Tremblay) von seinen Mitschülern gefeiert. ©Studiocanal GmbH/Dale Robinette

Was aus Wunder ein echtes und besonderes Drama macht, ist die Verwendung von Symbolen. Ein wiederkehrendes ist unter anderem der Astronautenhelm und der Wunsch des kleinen Auggie, eines Tages Astronaut zu werden, weg von der Erde und hin zu neuen Sphären zu gelangen. Auggie ist entstellt und macht sich selbst nichts vor, sodass sein Helm und sein Traum als das höchst erstrebenswerte in seinem jungen Leben erscheint. Es ist greifbar, er könnte sich abschirmen und möglicherweise fremdes Leben erforschen und finden, wie es mit seiner Liebe zu Star Wars zusammen passt. Andere Metaphern, wie Charaktere aus Star Wars und dem einfachen Haustier Daisy deuten ebenfalls auf die inneren Wünsche hin, die sich Auggie vorstellt und finden so ihren Platz auf der großen Leinwand. Seine Träume wirken stets natürlich und vollkommen normal, sodass sie seinen Charakter natürlich formen und zumindest mit als Zuschauer nie die Möglichkeit gegeben haben, in Auggie etwas oder jemand anderen, als sich selbst und ein ganz normalen, kleinen Jungen zu sehen.

Das Zusammenspiel aller Figuren

Via Pullman und ihr Freund Justin feiern gemeinsam ins neue Jahr
Via Pullman (Izabela Vidovic) und ihr Freund Justin (Nadji Jeter) feiern gemeinsam ins neue Jahr. ©Studiocanal GmbH/Dale Robinette

Natürlich hat das Leben und die Probleme in Auggies Leben auch Auswirkungen auf das der anderen Familienmitglieder. Mutter Isabel gibt alles auf, was sie sich vorgenommen hat, nachdem Auggie das Licht dieser Welt erklommen hat und Schwester Via bekommt weniger Aufmerksamkeit und „schwebt als Planet in der Umlaufbahn des Sterns Auggie“, wie sie in Wunder selbst sagt. Das gibt der Handlung zusätzliche Facetten und bringt alle Figuren in Einklang. Vor allem aber Fremd- und Selbstwahrnehmung stets in Wunder an allererster Stelle. Oft muss der Zuschauer, trotz der überwiegenden herzhaften, lustigen und mutigen Momente, auch Vorlieb mit den Wahrnehmungen anderer Kinder und Erwachsenen nehmen, die mitunter bitter aufstoßen. Was der Mensch nicht kennt, dass fürchtet er. Und wer nicht weiß, wie sich der kleine Auggie in seiner Haut fühlen muss, so wie man ihn behandelt, der kann dieses Verhalten vermutlich auch gar nicht steuern. Aber zu einem gewissen Maß, dass über Unmenschlichkeit hinaus geht. Um auch hier das Motiv „Astronaut“ im richtigen Wortlaut zu untermauern: Auggie fühlt sich und wird behandelt, wie ein Astronaut, wird gesehen als ansteckende Krankheit und etwas wahrhaft außergewöhnliches.

Was gibt es noch?

Nate Pullmann (Owen Wilson) tröstet Auggie (Jacob Tremblay) in Wunder aus 2018
Nate Pullmann (Owen Wilson) tröstet Auggie (Jacob Tremblay). ©Studiocanal GmbH/Dale Robinette

Außerdem schwebt im Hintergrung stets die Erzählstimme des kleinen Auggie und seiner Schwester Via mit, die uns immer erklären, was wir sehen, hinterfragen, warum Menschen tun, was sie tun und warum sie denken, wie sie denken. Die junge und liebevolle Stimme des kleinen Auggie und seiner großen Schwester haben einen hohen Stellenwert an der Emotionalität von Wunder und sind wichtige und schwere Pfeiler der Handlung. Herzerwärmend und ehrlich!

Ein paar abschließende Worte zu Wunder

Auggie (Jacob Tremblay) schüttet seiner Schwester Via (Izabela Vidovic) das Herz aus in Wunder
Auggie (Jacob Tremblay) schüttet seiner Schwester Via (Izabela Vidovic) das Herz aus. ©Studiocanal GmbH/Dale Robinette

Letztlich ist das Problem relativ einfach, wenn wir uns alle fragen, wie lange das entstellte Gesicht von Auggie oder jedem anderen Menschen komisch oder abstoßend wirkt. Ist es nicht ein Teil der Gewohnheit? An Arbeit gewöhnt man sich, an Dinge und Ansichten….Warum nicht auch an Gesichter und Menschen? Denn je länger man Auggie ins Gesicht schaut, desto normaler wird es.

Wunder ist ein Plädoyer für Akzeptanz und vorrangig ein Integrationsdrama, dass sich um viel Liebe, Fremd- und Selbstwahrnehmung dreht. Darin entdeckt er sich selbst ganz neu und trumpft mit zahlreichen witzigen Szenen auf, die aus Wunder einen bestaunenswerten Film machen. Und was mich angeht….Ich musste schon in den ersten Sekunden das Taschentuch rausholen und musste es fortan in der Hand behalten…

Was ich also damit sagen will: Wer Wunder sehen will, sollte die Taschentücher im Anschlag haben und sich nicht scheuen, alles rauszulassen…

Mein Herz hat Wunder bekommen! ♥

Unsere Wertung:

 

 

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Zuletzt aktualisiert am 10. November 2022 um 15:49 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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Zuletzt aktualisiert am 10. November 2022 um 17:51 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.

©Studiocanal

2 Kommentare

  • Ich habe den Film noch nicht gesehen, Du hast es wunderbar erfaßt und beschrieben. Mir gefallen besonders Deine persönlichen Worte zum Thema. Man könnte ewig weiterlesen. Danke dafür!