Apple TV+ öffnet das Tor zur Hölle – das ist Teil der Prämisse von The Gorge – aber gilt das vielleicht auch in einem metaphorischen Sinne? Wir klären es in unserer Kritik zum neuen Film mit Anya Taylor-Joy und Miles Teller.
Titel | The Gorge |
Jahr | 2025 |
Land | United States of America |
Regie | Scott Derrickson |
Genres | Liebesfilm, Science Fiction, Thriller |
Darsteller | Miles Teller, Anya Taylor-Joy, Sigourney Weaver, Sope Dirisu, William Houston, Kobna Holdbrook-Smith, James Marlowe, Julianna Kurokawa, Ruta Gedmintas, Oliver Trevena |
Länge | 127 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Apple TV+, Apple TV Plus Amazon Channel |
The Gorge – Die offizielle Handlung
Zwei Elite-Scharfschützen (Miles Teller und Anya Taylor-Joy) sind in gegenüberliegenden Wachtürmen an einer streng geheimen, riesigen Schlucht positioniert und sollen die Welt vor einem mysteriösen Bösen schützen sollen, das in der Tiefe lauert. Trotz des Abstandes kommen sich die beiden in ihrem Kampf gegen den unbekannten Feind näher. Als ihnen die übermächtige Bedrohung schließlich offenbart wird, müssen sie alle ihre Kräfte vereinen, um die Menschheit vor dem drohenden Untergang zu bewahren.
Schafft Apple TV+ die Trendwende in der Filmsparte?
Während die Serien des iPhone-Konzerns fast ausnahmslos qualitativ über jeden Zweifel erhaben sind, ist die Quote in Sachen Filmkracher eine vergleichsweise schlechte. Dabei mangelt es weder vor noch hinter der Kamera an herausragenden Namen, ob Ridley Scotts Napoleon oder zuletzt Wolfs mit Brad Pitt und George Clooney – wirklich vom Hocker hauen konnten die High-Budget-Projekte kaum. Und jetzt darf also mit Scott Derrickson ein weiterer Regisseur mit vorauseilendem Ruhm ein Skript von der berüchtigten Black List der dringend zur Verfilmung geeigneten Texte zum Streaming-Katalog hinzufügen. Und dann hat er auch noch ein paar richtig heiße Eisen im Feuer, um auch darstellerisch nichts dem Zufall zu überlassen: Miles Teller, soll den Schwung von Top Gun: Maverick mitbringen, Anya Taylor-Joy nach Furiosa auch direkt ihr Action-Image zementieren und mit Sope Dirisu und Sigourney Weaver sind noch zwei Nebenfiguren ebenfalls klangvoll besetzt worden.
Aber was bringen Rang und Namen, wenn die Inspiration nur Schall und Rauch ist? Zugegeben: Die Devise, zwei Sniper sollen eine Schlucht abschirmen, über die gemunkelt wird, sie sei der Eingang zur Hölle, hatte als High-Concept-Idee schon die Ohren spitzen lassen. Da kann man sich bestimmt einen leicht mystery-lastigen Actionkracher erhoffen, der sich nicht zu ernst nimmt und dank Derrickson einen leicht düsteren Touch mitbringt, dachte ich. Und dann geht der Film auch eigentlich gar nicht schlecht los, lässt sein Publikum ziemlich lange erstmal zappeln, nimmt sich schön Zeit, die beiden Protagonisten einzuführen und das Mysterium noch etwas anzuheizen. Aber allzu lange hielt dann die anfängliche Euphorie leider nicht.
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Zu lang, zu ziellos, zu entmystifiziert
Doch aus der angenehm langsamen Hinführung resultiert dann doch recht schnell Ungeduld, denn bis hier tatsächlich das angekündigte Geschehen losbricht, vergeht einfach zu viel Zeit. Insgesamt ist der Action-Streifen schlicht auch viel zu lang für seine Prämisse: ein 90-Minüter? Ok, aber über zwei Stunden??? Allein das sorgt schon für Frust, wird aber noch um ein Vielfaches verschlimmert, da man nach dem ganzen Aufbau erwarten würde, dass hier dann die Auflösung einem Donnerschlag gleichkommt. Aber das was hier tatsächlich hinter dem Mysterium steckt, ist a) Unfug, b) fast zu geerdet für die verrückte Prämisse und c) wird total unausgegoren umgesetzt. Viel zu schnell kommen dann im Verhältnis zum langsamen Anfangsdrittel die Kreaturen aus der Tiefe empor und verlieren ad hoc ihre Bedrohlichkeit, wodurch der komplette Spannungsaufbau verpufft und das Mitfiebern nahezu komplett untergraben wird.
Zugute halten kann man The Gorge aber, dass man mit den beiden Hauptfiguren schon gern mitfiebern will, weil sowohl Teller als auch Taylor-Joy einnehmende Performances abliefern und schlicht unglaubliche Sympathieträger sind. Beide überzeugen hier auch in den Actionszenen, die ebenfalls noch auf der Pro-Seite zu verbuchen sind. Man kauft den beiden auch das leichte Knistern in ihrer Romanze von Beginn an ab und auch im Duo gegen die Gegenspieler passt die Dynamik. Kritik kann man allenfalls am leicht unpassenden Fake-Akzent von Anya Taylor Joy üben oder daran, dass Miles Teller jetzt nicht so viel Charisma mitbringt, um im Alleingang so einen Film zu tragen. Abgesehen davon liegen die Schwächen woanders, nicht auf der Seite der beiden Hauptdarstellenden – eher noch bei Sigourney Weaver, die hier mal wieder eine ihrer “Ist-auch-dabei”-lustlos-Leistungen herunterspult.
Kritik-Magnet: Look and Feel
Das große Problem von The Gorge ist, dass der Film – speziell für eine Apple TV+-Produktion – nicht durch seinen Look überzeugen kann. Der Digital-Look ist – freundlich ausgedrückt – gewöhnungsbedürftig. Während viele Action-Highlights der vergangenen Jahre vermehrt und glücklicherweise wieder auf praktische und handgemachte Effekte setzen, stammt hier mutmaßlich alles (!!!) aus dem Rechner. Selbst wer in die titelgebende Schlucht schreit, erhält als Echo “CGI” zurückgerufen. Das Design der Kreaturen ist zwar noch einigermaßen anständig und detailreich, aber wirkt auch nicht einhundert Prozent zeitgemäß. Die Visualisierung lässt kaum Immersion zu, was insbesondere ein Genickschlag ist, weil das Projekt gewissen Computerspiel-Logiken folgt und dementsprechend ein hohes Maß an Einbezug zum Funktionieren voraussetzen würde.
Irgendwo zwischen “unfertig”, “beliebig”, “altbacken” und “ernüchternd” schafft es die Optik nicht, Kinofeeling ins heimische Wohnzimmer zu transportieren. Dabei hat man mit einem Soundtrack von Atticus Ross und Trent Reznor, die Songs wie Hendrix’ All Along the Watchtower virtuos sampeln, in Sachen Musik alle Trümpfe in der Hand. Und auch mit John-Wick-Kameramann Dan Laustsen wäre ein äußerst fähiger Profi für die Bildgewalt dabei gewesen. Doch dessen auch hier teils wieder tolle Einstellungen werden durch den Computer-Spiel-Look unterminiert.
In Ansätzen macht The Gorge immer wieder Spaß, Einzelszenen verdeutlichen, dass das Potenzial tatsächlich vorhanden war, um einen kurzweiligen, leicht pulpigen Action-Film zu servieren, der positiv aus dem Streaming-Einheitsbrei hätte hervorstechen können. Doch da auch das Finale dann alles andere als die Schwächen im Mittelteil ausbügeln kann, vorhersehbar, abgedroschen und fast kontraintuitiv zur Prämisse daherkommt, schalten man nach den gut zwei Stunden auch nicht versöhnlich, sondern eher verärgert den Fernseher aus – und hat vermutlich nach ein bis zwei Stunden schon vergessen, um was es hier eigentlich ging. Schade, denn die Zutaten waren mehr als merkbar vorhanden, aber wenn bis auf die beiden Protagonisten niemand ansatzweise seine Normalform an den Tag legt, kommt eben am Ende auch nicht mehr als Durchschnittsware bei rum.
Unser Fazit zu The Gorge
The Gorge ist eine mittelmäßige Videospiel-Verfilmung, die nicht mal auf einem solchen basiert. Irgendwo zwischen einem der besseren Resident-Evil-Teile, The Last of Us und dem unsäglich schlechten Alone in the Dark pendelt sich der Derrickson-Streifen ohne viel eigene Identität im Niemandsland der Direct-to-Stream-Veröffentlichungen ein. Für Fans von wuchtigen Pop-Soundtracks und der beiden Hauptdarstellenden ist der Apple-TV+-Start vielleicht noch die zwei Stunden Lebenszeit wert. Alle anderen sollten als Abonnenten lieber eine der starken Serien schauen und damit dem Konzern klar machen, dass darin doch die mutmaßlich einzige Stärke des Streaming-Bereichs liegt.
The Gorge startet am 14. Februar 2025 bei Apple TV+!
Unsere Wertung:
© Apple TV+