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Die zwölf Geschworenen (1957)

Ein kleiner Raum, 12 Männer und eine wortwörtlich hitzige Diskussion – wer glaubt, dass das über 90 Minuten nicht für absolute Hochspannung sorgen kann, der durfte scheinbar noch nicht in den Genuss des Schwarz-Weiß-Klassikers Die zwölf Geschworenen kommen, welcher bis heute bei IMdB zurecht den 5. Platz der besten Filme aller Zeiten belegt.

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TitelDie zwölf Geschworenen [OT: 12 Angry Men]
Jahr1957
LandUSA
RegieSidney Lumet
DrehbuchReginald Rose
GenreThriller, Krimi, Drama
DarstellerHenry Fonda, Martin Balsam, John Fiedler, Lee J. Cobb, E. G. Marshall, Jack Klugman, Edward Binns, Jack Warden, Joseph Sweeney, Ed Begley, George Voskovec, Robert Webber
Länge96 Minuten
FSKAb 12 Jahren freigegeben
Verleih20th Century Studios

Worum geht’s in Die zwölf Geschworenen?

Einem 18-jährigen Puerto-Ricaner aus den Slums wird vor Gericht vorgeworfen, seinen Vater erstochen zu haben. Die zwölf Geschworenen finden sich darauf an dem heißesten Tag des Jahres in einem kleinen Raum des New-Yorker-Gerichtsgebäudes zusammen, um über dessen (Un)Schuld zu entscheiden. Bei Schuldsprechung kommt es zur Todesstrafe durch den elektrischen Stuhl. Die Lage scheint klar: Viele Indizien, unter anderem zwei gewichtige Zeugenaussagen, zeugen von der Schuld des Jungen. Bei einer Abstimmung kommt es zu 11 Stimmen für „schuldig“ – und eine für „unschuldig“. Doch das Urteil muss einstimmig sein.





Geschworener Nr. 8 (Henry Fonda) hält es zwar für möglich, dass der Junge die Tat beging, hegt jedoch berechtigten Zweifel. Da es um ein Menschenleben geht, will er keine voreiligen Schlüsse ziehen und versucht entgegen der Proteste der Anderen, diese davon zu überzeugen, die Umstände noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Und tatsächlich: die Meinungen scheinen zunehmend zu kippen. Während die Luft immer stickiger und der Raum gefühlt immer kleiner wird, werden die Diskussionen immer erregter…

Geringe Mittel, große Wirkung

Basierend auf einem drei Jahre zuvor ausgestrahlten Fernsehspiel, gibt der 2011 verstorbene Sidney Lumet, der später noch andere große Filmklassiker wie Serpico (1973), Hundstage (1975) oder Network (1976) inszenieren sollte, hier sein Regiedebüt. Und was für eins! 337.000 Dollar Budget (was selbst für damalige Verhältnisse wenig war), ein Dutzend großartiger Darsteller und Reginald Roses vor geschliffenen Dialogen nur so strotzendes Drehbuch – Lumet beweist, dass es nicht mehr braucht, um einen hervorragenden Film zu schaffen und präsentiert mit Die zwölf Geschworenen ein fabelhaft durchkomponiertes Kammerspiel, welches seitdem immer wieder in der modernen Film- und Popkultur aufgegriffen und zitiert wird.

Neben einem westdeutschen Fernsehfilm von 1963 mit Mario Adorf inszenierte 1997 sogar ein weiterer großer Regisseur ein Remake: William Friedkin (Der Exorzist, 1973), unter anderem mit Jack Lemmon in der Hauptrolle. Die Intensität des Originals, welche einzig und allein aus Dialogen und Schauspiel hervorgeht, konnten sie aber alle nicht mehr wirklich erreichen. Es wundert wenig, dass auch mehrere Bühnenadaptionen zustande kamen, wirkt der Film selbst doch teilweise wie ein Bühnenspiel.

Dennoch machte sich Lumet mit dem oscarprämierten Kameramann Boris Kaufman die Möglichkeiten des Mediums Film zunutze, indem er beispielsweise die Perspektive der Kamera erst distanziert von oben einnehmen lässt, diese im Laufe des Films jedoch immer mehr auf Augenhöhe der Darsteller richtet, um deren Figuren näher zu kommen. Auch die Lichtsetzung, im Film begründet durch ein aufziehendes Sommergewitter, wird parallel zu den sich auftuenden Abgründen immer düsterer. Was ebenfalls zur sich stetig steigenden Spannung beiträgt, ist die drückende Hitze, die nicht nur den Geschworenen aufs Gemüt schlägt, sondern auch den Zuschauer ins Schwitzen bringen kann. Das kleine Nebenzimmer vermittelt außerdem eine Klaustrophobie, wie sie ein gelungenes Kammerspiel nun mal enthalten sollte. Das manche Konflikte dabei arg konstruiert wirken, ist ein Fehler, den man diesem ansonsten fehlerfreien Film mühelos verzeihen kann.

12 Geschworene, 12 Persönlichkeiten

Was abgesehen von der simplen, aber gerade deshalb hochgradig effektiven Prämisse die Klasse des Films ausmacht, sind die dargestellten Figuren. Auf den ersten Blick ein unübersichtlicher Haufen willkürlicher Personen, doch einer Zwiebel ähnlich entfaltet Die zwölf Geschworenen seine unzähligen Schichten Stück für Stück. Präzise wird über die 96 Minuten Laufzeit jede Person maßgerecht eingeführt und vorgestellt, ohne dass irgendjemand screentime-technisch untergeht. Dabei hat jede Figur ihre ganz eigenen Züge, Macken, Prinzipien und Vorstellungen. Introvertiert, cholerisch, nachdenklich, kühl, einfühlsam, ignorant, arrogant, intelligent, naiv, ruhig, aufbrausend und noch viel mehr – über die zwölf Köpfe hinweg sind all diese Wesenszüge verteilt. Auch deren Hintergründe werden teilweise beleuchtet: Beruf, Herkunft, familiäre Probleme. Es dauert nicht lange, da nimmt man die 12 Geschworenen nicht mehr als ein grobes Ganzes, sondern als vollwertige Individuen wahr.

Im Zentrum steht dennoch Geschworener Nr. 8, der den Stein überhaupt erst ins Rollen bringt. Ohne ihn wäre der Film nach 10 Minuten vorbei. Henry Fonda spielt diesen schlaksigen Mann, von Beruf Architekt, mit einer standhaften Ruhe, Intelligenz und Überlegtheit. Nie lässt er sich von den Streitereien anstecken und scheint trotz der Hitze jederzeit einen kühlen Kopf zu bewahren. Dadurch schafft er es, die anderen Geschworenen zunehmend auf seine Seite zu ziehen. Fonda und seine Figur sind der emotionale Ankerpunkt des Figurengeflechts und haben umgehend die Sympathien des Zuschauers auf ihrer Seite. Er ist es auch, der in der allerletzten Filmminute als einziger, neben Nr. 9 (Joseph Sweeney), seinen wahren Namen preisgibt.

Ein psychologisches Experiment

Interessant ist vor allem das Aufzeigen von Gruppendynamiken und Rollenverhalten, wenn ein Haufen sich fremder und völlig unterschiedlicher Charaktere für ein paar Stunden in einen Raum zusammensetzen, um über das Leben eines ebenfalls fremden Menschen zu entscheiden. Insofern ist Die zwölf Geschworenen auch als inszeniertes, psychologisches Experiment zu betrachten, auf das nicht umsonst sowohl in der psychologischen als auch in der soziologischen Forschung immer wieder verwiesen wird.

So wird zum Beispiel Gruppenzwang thematisiert, wenn Geschworener Nr. 12 (Robert Webber) und Nr. 1 (Martin Balsam) sich keine eigene Meinung bilden können und sich schlicht der Mehrheit anschließen. Oder wenn Nr. 10 (Ed Begley) rassistische Bemerkungen macht und damit vor allem den Zorn des europäischen Einwanderers Nr. 11 (George Voskovec) und der in den Slums aufgewachsenen Nr. 5 (Jack Klugman) auf sich zieht. Besonders Nr. 3 (Lee J. Cobb) sieht den als einzigen für „unschuldig“ plädierenden Nr. 8 als seinen Kontrahenten und scheint weniger aus Überzeugung, sondern vielmehr aus Frust oder gar Hass den Angeklagten verurteilen zu wollen. Neben den neutralen Unbestechlichen (Nr. 4 (E. G. Marshall) oder eben Nr. 8) gibt es schließlich noch Nr. 7 (Jack Warden), dem das Ergebnis selbst recht egal ist und der die Sache einfach nur so schnell wie möglich hinter sich bringen möchte, weshalb er sich ebenfalls schlicht der Mehrheit anschließt.

Der 13. Geschworene

So kommt es immer wieder zu Rollenwechsel, Ansichten werden geändert, mal hat der eine, dann wieder der andere die Oberhand und Persönlichkeiten zeigen zunehmend ihre wahre Gestalt. Das komplexe Figurenkonstrukt kommt nie zum Stillstand, ist dynamisch und trotz der simplen Oberfläche passiert im Hintergrund ständig etwas. Keine der 96 Minuten wirkt verschwendet. Das ist der wahre Kern des Films – wie das Urteil letztlich ausfällt, ist nur Mittel zum Zweck. Klugerweise lässt Lumet den Zuschauer selbst entscheiden, ob der Angeklagte schuldig ist oder nicht. Der Betrachter wird zum Geschworenen Nr. 13.

Unser Fazit zu Die zwölf Geschworenen

Sidney Lumet schaffte 1957 mit seinem Regiedebüt Die zwölf Geschworenen ein genial konstruiertes Kammerspiel. Die simple, geradezu an Theater erinnernde aber schweißtreibende Prämisse sorgt im Einklang mit geschliffenen Dialogen und überzeugenden Darstellern für eine klaustrophobische Spannung, die auch nach über 60 Jahren nichts von ihrem Glanz verloren hat. Außerdem stellt der Film ein großartiges psychologisch ausgefeiltes Lehrstück über Gruppendynamiken und Rollenverhalten dar. Da verzeiht man auch gern, dass manche auf Spannung ausgelegte Konflikte etwas konstruiert wirken. Die zwölf Geschworenen ist ein Paradebeispiel dafür, wie viel man mit geringen Mitteln erreichen kann und zurecht ein zeitloser Klassiker!

Unsere Wertung:

 

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Zuletzt aktualisiert am 10. November 2022 um 19:29 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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