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Midnight

Kann der südkoreanische Thriller Midnight, der auf dem Fantasy Filmfest 2021 gezeigt wird, sich in die Reihe der erstklassigen Genrevertreter der letzten Jahre einfügen oder scheitert das Regiedebüt von Kwon Oh-Seung an den Erwartungen der verwöhnten Zuschauenden?

TitelMidnight
Jahr2021
LandSüdkorea
RegieKwon Oh-Seung
DrehbuchKwon Oh-Seung
GenreThriller
DarstellerJin Ki-Joo, Wi Ha-Joon, Park Hoon, Gil Hae-Yeon, Kim Hye-Yoon, Na Eun-Saem
Länge103 Minuten
FSKtba
VerleihFinecut
Zwei verängstigte Damen Arm in Arm in der Nacht neben einem Ampelmast. Midnight
Mutter und Tochter sind gehör- aber nicht wehrlos © finecut

Die Handlung von Midnight

Der clevere Serienmörder Do-Sik fährt mit seinem schwarzen Van durch das nächtliche Seoul und lauert auf Beute. Bevor die Auserwählten seine charmante Fassade durchschauen können, landen sie als Leichen in dunklen Gassen. Eines Nachts stolpert die gehörlose Call-Center-Angestellte Kyung-Mi auf dem Nachhauseweg über Do-Siks letztes, noch lebendes Opfer. Zur falschen Zeit am falschen Ort, gerät Kyung-Mi mitsamt ihrer ebenfalls hörgeschädigten Mutter nun ins Visier des Killers. Ein perfides Katz-und-Maus-Spiel entspinnt sich, in dem Mutter und Tochter sich gegen den unberechenbaren Psychopathen mit allen Mitteln zur Wehr setzen. Wenn der Killer meinte, er könnte die zwei wegen ihres Handycaps so einfach überwältigen, hat er sich definitiv die falschen Frauen ausgesucht!

Spannende Idee, die nicht voll ausgespielt wird

Die Prämisse von Midnight ist eine eigentlich vielversprechende Variation des klassischen Katz-und-Maus-Spiels: Ein psychopathischer Killer auf der einen Seite und zwei Frauen, die gar nicht hören und sich kaum verbal verständlich machen können auf der anderen. Ansatzweise gelingt es auch durchaus durch Perspektivwechsel in die Situation der jungen Gehörlosen dem Zuschauer ein Gefühl dafür zu geben, wie die beiden Frauen ihre Umwelt in sehr eingeschränkter Weise wahrnehmen. Leider macht der Psychothriller aus diesem Stilmittel viel zu wenig und wiederholt sich dann auch zusehends mit dessen Einsatz. Denkt man beispielsweise an A Quiet Place, in dem die Tochter der Familie ebenfalls starke Einschränkungen des Hörsinns hat, so wird dort dieses Element wesentlich besser als Baustein der Handlung etabliert und füllt sich nicht so aufgezwungen an, wie es in diesem südkoreanischen Werk teilweise der Fall ist.

Stark gespielter Bösewicht…

Wi Ha-Joon, der hier den psychopathischen Killer spielen darf, ist kürzlich schon dadurch ins Rampenlicht getreten, dass er im Megahit Squid Game von Netflix mitgewirkt hat. Auch in Midnight ist seine Schauspielleistung die, die am ehesten im Gedächtnis bleiben wird. Obwohl seine Rolle mit Sicherheit die ist, bei der die Fallhöhe aufgrund etwaiger Vergleiche, die sich unweigerlich aufdrängen, am höchsten ist, schafft er es, dem Publikum innerhalb kurzer Zeit mit seiner unberechenbaren, manipulativen Art genauso Angst einzuflößen, wie seinen Opfern im Film. Nicht ganz so diabolisch wie die ikonischen Schurkenfiguren anderer koreanischer Genrefilme, wie Saw The Devil oder The Chaser, aber dennoch sowohl in den stillen Momenten durch seine schiere Präsenz als auch in den vereinzelten Kampfsequenzen durch eine Wucht, die man ihm vollends abnimmt, sehr überzeugend.

Ein Mädchen mit erschrockenem Gesichtsausdruck ruckelt in einem dunklen Raum an einer Tür. Midnight
Auf der Flucht vor dem Killer © finecut

… hat leider keine Mitspieler auf Augenhöhe

Ihm gegenüber schaffen es die beiden gehörlosen Damen darstellerisch nicht ganz mitzuhalten. In den emotionalen Momenten etwas zu theatralisch, leidet dadurch die ansonsten nüchtern-trostlose Stimmung etwas. Komplett aus der Reihe tanzt dann leider Park Hoon, der einen Polizisten spielt, der in sämtlichen Dialogszenen sofort immer aus voller Kehle brüllt. Durch diese Tendenz zum Overacting büßt der eigentlich todernste Psychothriller einen Großteil seiner Atmosphäre ein und gleitet stellenweise fast ins melodramatische ab.

Hohe Erwartungen kann Midnight nicht erfüllen

Der Oscargewinn von Parasite ist, wie man an Midnight einmal mehr paradehaft sieht, Fluch und Segen für den südkoreanischen Film. Davor haben es nicht allzu viele Filme aus dem ostasiatischen Land geschafft, im Mainstream des Westens wahrgenommen zu werden. Damit sind die Erwartungen inzwischen aber ganz andere, also noch vor wenigen Jahren. Midnight ist nun also einen weiteren Psychothriller, der sich trotz recht konventioneller Prämisse aus dem Korea-Thriller-Repertoire, Vergleiche mit ungleich komplexeren Werken gefallen lassen muss.

An dieser Erwartungshaltung scheitert das Regiedebüt von Kwon Oh-Seung recht deutlich. Die nächtliche Hatz durch die engen Großstadtgassen haben zwar ihren Reiz, aber auch solche Aufnahmen kennt man inzwischen zuhauf. In Sachen Brutalität oder mitreißender Kämpfe ist diese Produktion zudem bestenfalls Mittelmaß. Und was die Story betrifft, so stört die ein oder andere Logiklücke, das vorhersehbare Finale und der schnulzige Epilog das Gesamtvergnügen doch erheblich.

Do Shik läuft mit offenem Hemd und Blut an Hals und Nase durch eine nächtlich beleuchtete Fußgängerzone
Schon sichtlich gezeichnet: Der Killer Do Shik © finecut

Unser Fazit zu Midnight

Midnight ist kein wirklich schlechter Film, aber gemessen an dem, womit uns das Thriller-Kino Koreas die vergangenen Jahre verwöhnt hat, ist dieses Werk deutlich unter dem Durchschnitt. Am Ende bleiben auf der Habenseite ein starker, diabolischer Killer und ein paar starke Kamerafahrten. Der leichte Hang zur Melodramatik und die überraschungsarme Handlung sorgen letztlich jedoch dafür, dass man diesen Psychothriller am ehesten dann schauen sollte, wenn man noch nicht allzu viel Vergleichsmaterial gesehen hat. Dann bekommt man einen soliden Genrebeitrag, der zumindest genau die richtige Länge hat, um einen kurzweilige Filmabend zu füllen.

Midnight ist als Teil des Programms des Fantasy Filmfests 2021 zwischen dem 17. und 31. Oktober in den jeweiligen Festivalstädten zu sehen!

Unsere Wertung:

 

 

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© finecut

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