In Swan Song brilliert Udo Kier als schwuler Stylist, der sich auf eine Odyssee in seine Vergangenheit begibt. Ob auch der Film selbst überzeugen kann, erfahrt ihr in unserer Review!
Die Handlung von Swan Song
Pat Pitsenbarger (Udo Kier), der im Altersheim einfach nur “Mr. Pat” genannt wird, hat schon lange keinen Fuß mehr in die Welt um ihn herum gesetzt. Früher war der schwule Friseur bekannt als “Liberace von Sandusky”, doch diese Zeiten sind schon lange vorbei. Als der Anwalt Shanrock (Tom Bloom) bittet, die Leiche seiner ehemaligen Kundin Rita Parker Sloan (Linda Evans) für die Bestattung herzurichten, wiegelt er zunächst ab. Denn die langjährige Freundschaft endete im Streit.
Doch Pat gibt sich einen Ruck und will es nochmal wissen. Er macht sich auf in die Außenwelt, um sich auf seine Arbeit vorzubereiten. Doch Stadt und Menschen haben sich verändert. Die erforderliche Ausrüstung für seine Arbeit bekommt er nur im Shop von Dee Dee (Jennifer Coolidge), seine einstige Schülerin und spätere Konkurrentin. Noch schlimmer wiegt für ihn aber, dass die Schwulen-Bar, in der er einst jede Woche aufgetreten ist, nun nach 42 Jahren geschlossen werden soll…
Ein schwermütiger Blick zurück
Pat Pitsenberger ist ein Charakter, der es sich nur widerwillig auf dem Abstellgleis des Lebens gemütlich gemacht hat. Seine Verbindungen zur Welt außerhalb des Altenheims sind zwar längst gekappt, Freunde und geliebte Menschen tot. Oder eben entfreundet. Aber Pat empfand sich immer als Mittelpunkt einer Welt, die mit der Zeit um ihn herum zerfallen ist. Doch es steckt noch genug Leben in dem alten Mann, um wenigstens noch einmal die alten Zeiten wieder aufleben zu leben. Dass Rita gerade ihn, trotz all ihrer Differenzen, dazu auserkoren hat, ihre Leiche zu frisieren, schmeichelt ihm.
Sein Weg zurück zur alten Wirkungsstätte wird von einigen, kleineren Kulturschocks begleitet. Dazu kommt noch die abschreckende Aussicht, sich mit seiner alten Schülerin Dee Dee auseinanderzusetzen. Ganz besonders schmerzt der Besuch am Grab des einstigen Geliebten. Pats Reise in Swan Song wird von einer Bandbreite von Emotionen begleitet. Seine Erinnerungen beschwören eine andere, eine schwerere, aber, wie er selbst findet, lohnendere Zeit wieder herauf.
Das wird vor allem in der alten Schwulenbar deutlich. Hier war er ein Star, verbindet damit Liebe, Freundschaft und Glück. Dieser Ort ist als einziger noch übrig geblieben, soll aber jetzt auch dem Vergessen anheim fallen. Ein letztes Mal möchte er dafür sorgen, dass sich die Menschen hier so wohl fühlen und gut amüsieren, wie er es zu seiner Zeit tat.
Die Udo Kier Show
Als Paradiesvogel, der noch einmal durch seine alte Gemeinde zieht, liefert Udo Kier hier wahrlich eine Galavorstellung ab. Sein Schauspiel wirkt nie affektiert, sondern natürlich. Sein Witz, denn Swan Song ist ein überwiegend amüsanter Film, kommt an keiner Stelle aufdringlich rüber. Udo Kier wird zu Pat Pitsenbarger, auch wenn er diesen alterstechnisch schon mehr als 10 Jahre überlebt hat. Als er nach Syndusky, in seine Stadt, zurückkehrt, benimmt er sich so, als sei er nie weg gewesen. Dabei begegnet er dieser Odyssee in die eigene Vergangenheit mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
So schön es für ihn ist, wieder gebraucht zu werden und sich im Gegenzug ein wenig ausleben zu können, der Tod ist sein ewiger Begleiter. Das wird schon in der Gegenüberstellung der zwei wesentlichen Elemente des Films klar. Zum einen gilt es natürlich, seine ehemalige Freundin Rita, bzw. ihren Leichnam auf die letzte Reise vorzubereiten. Zum anderen steht auch der Club, sein zweiter Lebensmittelpunkt, vor dem Aus. Eine Ära endet. Die Schatten, die die Geschichte vorauswirft, sind düster, trotz aller Heiterkeit.
Regisseur Todd Stephens versteht es gut, seinen Star in den Mittelpunkt zu rücken und ihn dann quasi von der Leine zu lassen. Sein Drehbuch hat zum Glück auch keine Angst vor Kitsch, auch wenn es an manchen Stellen etwas zu dick aufdrückt. Wenn Pat in einer Traumsequenz auf der Bühne des Clubs vor einem leeren, stillen Saal steht, ist das beim ersten Mal bedrückend. In der Wiederholung verliert dieses Motiv aber leider allmählich seine Wirkung. In einigen Szenen verweilt Swan Song dann auch etwas zu lange, teils weit über die Wirkgrenze hinauf. Doch Udo Kier fängt den Film glücklicherweise dann immer wieder auf.
Unser Fazit zu Swan Song
Die Odyssee eines alternden Paradiesvogels in seine Vergangenheit präsentiert sich in Swan Song gleichsam erheiternd wie melancholisch. Sehr früh wird klar, dass das Skript Pat Pitsenbargers Leben hier Revue passieren lässt, weil am Ende dieser Reise eben nur der Tod wartet. Doch die Gewissheit, dass die Erinnerung bleibt, ist tröstlich. Todd Stephens schießt an manchen Stellen etwas über das Ziel hinaus, doch Udo Kiers erstklassige Vorstellung hält den Film trotzdem ohne Mühen zusammen. Nicht nur für Fans des deutschen Schauspielers empfehlenswert!
Einziger Wermutstropfen bleibt, dass der Verleih sich dazu entschieden hat, den Film nur auf DVD zu veröffentlichen. Denn diese weist an manchen Stellen leichte Kompressionsprobleme auf. Das ist allerdings kaum so schwerwiegend, um von einem Kauf abzusehen.
Swan Song ist am 25. Mai 2023 von PLAION Pictures auf DVD erschienen!
Unsere Wertung:
© PLAION Pictures