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Die Wunde (Inxeba)

Ukwaluka ist ein traditionelles Beschneidungsritual der Xhosa in Südafrika. Rund um dieses Ereignis spielen sich in „Die Wunde“ allerhand Dramen ab, die ganze Existenzen ernsthaft bedrohen.

TitelDie Wunde
Jahr2017
ProduktionslandSüdafrika
RegieJohn Trengove
DrehbuchJohn Trengove
GenreDrama
DarstellerNakhane Touré, Bongile Mantsai, Niza Jay Ncoyini
Länge88 Minuten
FSKAb 16 Jahren freigegeben
VerleihSalzgeber & Company Medien
Filmplakat von "Die Wunde"
Filmplakat von „Die Wunde“ by ©Salzgeber & Company Medien

Story

Eastern Cape, Südafrika. Xolani, ein stiller Fabrikarbeiter, reist in ein abgelegenes Camp in den Bergen, um als Betreuer an einem uralten Beschneidungsritual der Xhosa teilzunehmen. Dabei soll er sich vor allem um Kwanda kümmern, ein rebellisches Stadtkind aus Johannesburg. Während Kwanda in einer Hütte auf die Heilung seiner Wunden wartet, trifft Xolani heimlich seinen alten Freund Vija wieder, einen verheirateten Mann, den er nur einmal im Jahr, am Rande des Rituals sieht. Wie immer haben die beiden wilden Sex, doch diesmal gesteht Xolani dem Freund auch seine Liebe. Als Kwanda, der selbst schwul ist, hinter das Geheimnis seiner Mentoren kommt, steht Xolani vor einer folgenschweren Entscheidung.

Nakhane Touré als "Xolani" in "Die Wunde"
Nakhane Touré als „Xolani“ in „Die Wunde“ by ©Salzgeber & Company Medien

Cast

Der Betreuer Xolani, wird von Nakhane Touré verkörpert. Dieser ist Sänger/Songwriter, Schriftsteller und Schauspieler aus Johannesburg. „Die Wunde“ ist Tourés Filmdebüt. Die Rolle ist recht arm an Dialogen oder Sprache generell, also muss er mit seiner Gestik und Mimik ausdrücken was Xolani gerade denkt und vermitteln möchte. Dieser ist sehr introvertiert, nachdenklich, auch unzufrieden mit der Gesamtsituation und ficht fortwährenden einen inneren Kampf aus. Das transportiert er sehr gut, diese Stimmung zieht sich durch den gesamten Film.

Seinen Kollegen und Teilzeitlover Vija, spielt Bongile Mantsai. Er steht ebenfalls erst am Anfang seiner Karriere, hatte jedoch bereits eine Rolle. Vija ist ein respektierter Betreuer, der viele Freunde und Einfluss hat. Er hat dadurch viel zu verlieren. Er raucht und trinkt sehr viel und vor allem harte Sachen. Charakterlich ist er aufbrausend und schwer einzuschätzen. Er verleiht dem Streifen eine Aura der Unsicherheit. Nur in den Momenten mit Xolani wird es ruhiger.

Niza Jay Ncoyini ist der dritte Hauptdarsteller und gibt den rebellischen Stadtjungen Kwanda. Dieser wurde von seinem Vater dazu gedrängt sich beschneiden zu lassen und wurde extra Xolani zugeteilt, dass er sich auf ihn konzentriert. Er kommt aus Johannesburg, aus einer wohlhabenden Familie und trägt während der Wochen der Heilung immer Sneakers an den Füßen, alle anderen sind barfuß. Da er anders ist, wird er verhöhnt und ausgegrenzt. Zuerst hält er sich aus allem raus, doch zum Ende hin, wird er immer wütender und unkooperativer. Zudem stellt er alles in Frage. Ncoyini wird als Kwanda vom Symphatieträger zur Bedrohung des Friedens.

Die Initiierten warten auf ihre Heilung in "Die Wunde"
Die Initiierten warten auf ihre Heilung in „Die Wunde“ by ©Salzgeber & Company Medien

Schauplätze

Gedreht wurde in einer abgelegenen Bergregion am Ostkap in Südafrika, wo diese Rituale auch tatsächlich stattfinden. In dieser Region gehören ca. 85{8d84b246ba54b986c9d83bf8dd86ad1665632f25a683d4bc86ceaba1ea041049} der Bevölkerung den Xhosa an. Für die Initiierten werden Strohhütten errichtet, in denen sie ihren Heilungsprozess durchlaufen lassen. Dann gibt es eine Feuerstelle und den angrenzenden Wald, in dem sie tagsüber Holz sammeln. Ein Landstück, welches einem weißen Farmer gehört, wird ebenfalls gezeigt. Hier befindet sich ein wunderschöner Wasserfall.

Nakhane Touré als "Xolani" mit 2 Initiierten in "Die Wunde"
Nakhane Touré als „Xolani“ mit 2 Initiierten in „Die Wunde“ by ©Salzgeber & Company Medien

Form

„Die Wunde“ ist generell ein sehr ruhiger Film. Es finden nur vereinzelt, kurze Gespräche statt und die werden meist in ruhigem Tonfall geführt. Auch die Musik ist nur leise im Hintergrund angedeutet. Lediglich bei Festen wird laut gesungen und getanzt.

Gefilmt wurde im Stil einer Dokumentation, zum Teil mit einer leicht wackelnden Handkamera und dann wieder mit weitläufigen Einstellungen. So wird eine große Nähe zwischen Betrachter und dem Gefilmten erzeugt.

Gesprochen wird hauptsächlich die Sprache der Xhosa. Daher spielen auch nur männliche Personen dieser Volksgruppe mit, die im echten Leben so eine Zeremonie erlebt haben. Nur selten hört man englische Sprache.

Die Initiierten sind alle traditionell gekleidet. In lange Gewänder gehüllt, die Körper komplett weiß bemalt. Die Betreuer dagegen tragen alle moderne Kleidung. Hier wird visuell stark verdeutlicht, wie weit auseinander die alten Traditionen und die moderne Lebensweise voneinander liegen.

Bis auf die 3 Hauptdarsteller wurde nur auf lokale Laiendarsteller gesetzt.

Ein "Initiierter" vor seiner Hütte in "Die Wunde"
Ein „Initiierter“ vor seiner Hütte in „Die Wunde“ by ©Salzgeber & Company Medien

Hintergrund

Sowohl der Regisseur John Trengove, als auch der Hauptdarsteller Nakhane Touré debütieren in „Die Wunde“. Für Trengove ist es der erste Langfilm, für Touré der erste Film überhaupt.

Thematisiert werden gleich 2 Tabu-Themen. Zum einen die Beschneidungszeremonien und zum anderen Homosexualität. Über beides spricht man in Südafrika nicht öffentlich. Homosexualität ist dort noch weit weniger akzeptiert, als in Europa. In Uganda und Simbabwe, kann sie mit der Todesstrafe geahndet werden. Beides wird hier auf engem Raum ins Licht gerückt.

Ukwaluka, wie das Ritual heißt, wird auf einem Berg praktiziert. Dort werden Jungen im Alter von 16 – 23 Jahren beschnitten. Erst dann gelten sie als Erwachsene. Das Ganze dauert 8 Tage und findet zweimal im Jahr statt.

Der „weiße“ Regisseur, der den „schwarzen“ Lebensstil abbilden und dabei Tabu-Themen öffentlich machen will, dürfte in Südafrika für einige Kontroversen sorgen. Doch gerade die junge Xhosa Generation steht dem Vorhaben positiver gegenüber, als die alte Garde.

Nakhane Touré und Bongile Mantsai als "Xolani" und "Vija" in "Die Wunde"
Nakhane Touré und Bongile Mantsai als „Xolani“ und „Vija“ in „Die Wunde“ by ©Salzgeber & Company Medien

Genre & Fazit

„Die Wunde“ ist ein sehr ruhiger Film, der viel von seinen Bildern und mehr von dem, was die Protagonisten tun, als von dem, was sie sagen, lebt. Man taucht in eine völlig fremde Welt ein, die schon fast eine altertümliche Parallelwelt darstellen könnte, wenn da nicht die modern gekleideten Betreuer mit ihrer teils etwas vulgären Sprache.

Beschneidungen sind ein heikles Thema, in ganz Südafrika spricht kaum jemand öffentlich darüber und einer der Hauptkritikpunkte ist die Gefahr, die davon ausgeht. Es geht um Rasierklingen, die nicht desinfiziert bzw. nach dem Gebrauch entsorgt werden. Auch in dem Streifen ist von Hygiene nicht viel zu sehen. Viele junge Menschen haben eine wesentlich höhere Bildung, als noch ihre Vorfahren und so hinterfragen sie immer mehr. Das wird hier durch die Person des Kwanda gut illustriert und man merkt, dass er dadurch ausgegrenzt wird, denn er stellt eine Gefahr für das etablierte System dar.

Die Homosexualität, die ebenfalls thematisiert wird, ist ebenso ein Tabu Thema und wird von der Gesellschaft nicht wirklich akzeptiert. Alle 3 Hauptdarsteller sind schwul und fechten innere Kämpfe aus. Gegen sich selbst und ihre Gefühle und zum anderen gegen die Gesellschaft. Ein Betreuer ist eine absolute Autoritätsperson, doch wenn sich diese als homosexuell outet, ist der Status auf sehr wackligen Beinen. Und das betrifft erstmal nur das sehr begrenzte Gebiet auf dem Berg, wie es im Alltag danach weiter gehen würde, können wir als Betrachter nur erahnen.

„Die Wunde“ ist ein sehr mutiger Film, der für viele Diskussionen in (Süd)afrika sorgen dürfte, doch gerade die jüngere Generation ist offener und aufgeklärter, als noch 1-2 Generationen vor ihnen. John Trengove legt hier den Finger in gleich 2 Wunden und möchte den Dialog voran treiben.

Wer sich für diese Kultur, das Land oder die Thematik interessiert, der wird seine Freude an „Die Wunde“ haben. Ich beispielsweise interessiere mich seit längerem für das Thema Beschneidungen, einfach seil sie von so einer mystischen Aura umgeben ist und tabuisiert ist. Daher wollte ich diesen Film sehen und finde die Vision des Regisseurs sehr gut umgesetzt. Mir hat der Film gefallen.

Ich selbst war für einige Monate in Südafrika und habe einige Xhosa kennen gelernt und mich mit ihnen über die Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft unterhalten und finde es faszinierend diesen Teil ihrer Kultur kennen zu lernen. Darüber haben wir nämlich nicht gesprochen.

Hier die Bewertung der MovicFreakz – Redaktion:

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Hier könnt Ihr den Film selbst bewerten:

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© Salzgeber & Company Medien

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