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Richard Farnsworth in The Straight Story von 1999

Eine wahre Geschichte – The Straight Story

The Straight Story ist eine wunderschöne Lektion über die Vergänglichkeit, in die uns Kultregisseur David Lynch mal ganz geradlinig führen möchte. Dabei orientiert er sich an einer emotionalen, wahren Begebenheit und der Selbstfindung durch die unglaubliche Reise von Alvin Straight.

TitelEine wahre Geschichte – The Straight Story
Jahr1999
ProduktionslandUSA/ Frankreich
RegieDavid Lynch
DrehbuchJohn Roach, Mary Sweeney
GenreDrama, Road-Movie
DarstellerRichard Farnsworth, Sissy Spacek, Harry Dean Stanton, Everett McGill, Jane Galloway Heitz, Jane Heitz
Länge 111 Minuten
FSK Ab 6 Jahren freigegeben
Verleih Studiocanal Home Entertainment
Cover zu The Straight Story
Cover zu The Straight Story von 1999. Quelle: DVD zu The Straight Story von ©Studiocanal Home Entertainment

Worum geht’s in The Straight Story ?

Alvin Straight (Richard Farnsworth) ist ein genügsamer, einfacher und glücklicher Mann. Er braucht nicht viel, um zufrieden zu sein und mäht immer zu den Rasen, auf dem Rasenmäher, den er so sehr mag. Er lebt zusammen mit seiner Tochter Rose Straight (Sissy Spacek), die ein trauriges Schicksal hinter sich hat und sich um das Haus und ihren Vater kümmert. Um Alvin stet es leider auch nicht mehr gut. Seine Augen sind schlecht, Auto fahren kann er nicht mehr, seine Beine machen ihm Probleme und ein Arzt gibt ihm bei all den Zigarren und schlechtem Essen auch nicht mehr lange. Als plötzlich der Anruf von einem Schlaganfall seines Bruders Lyle Straight (Harry Dean Stanton) kommt, macht er sich mit seinem Rasenmäher, an den er auch einen Anhänger kuppelt, auf den langen Weg von 240 Meilen, um seinen Bruder wiederzusehen und ihm Beistand zu leisten.

Auf dem langen Weg zum Frieden in The Straight Story von 1999
Auf dem langen Weg zum Frieden in The Straight Story von 1999. Quelle: DVD zu The Straight Story von ©Studiocanal Home Entertainment

The Straight Story ist eine Lektion über die Vergänglichkeit von allem

David Lynchs Roadmovie ist eine wunderschöne Lektion über Vergänglichkeit, Familie und Selbstfindung. Alvin hat seinen Bruder schon seit 10 Jahren nicht mehr gesehen, wegen Fehlern, die der einfachen und unvollkommenen Menschlichkeit entsprangen. Trotzdem ist sie noch da, diese Liebe zwischen Brüdern, die sich auch vergeben würden, hätten sie sich gegenseitig fast totgeprügelt vor langer, langer Zeit. Wer eine große Familie hat, der wird das verstehen können.

Auf seiner Reise zu seinem Bruder, sich selbst, zu Frieden und Familie, macht er Bekanntschaft mit interessanten Menschen, Dörfern und der Natur selbst. Gerade ein Dialog zwischen ihm und einem Mädchen, das wohl von Zuhause ausgebüchst sein muss, gibt er folgende weise Worte an uns weiter:

„Als meine Kinder noch klein waren, hab ich immer ein Spiel mit ihnen gespielt. Ich hab ihnen einen Stock in die Hand gedrückt, jedem einen. Und dann sollten sie ihn durchbrechen, was natürlich leicht ging. Und dann gab ich ihnen dieselben Stöcke in einem Bündel, und den sollten sie auch durchbrechen, was natürlich nicht ging. Dann sagte ich ihnen, dieses Bündel ist die Familie…“

 

"Auf

The Straight Story ist darüber hinaus eine Ode, eine Hommage an die weisen und alten Opas und Omas da draußen, die so unendlich viel an uns weitergeben können.

Richard Farnsworth und seine erstaunliche Leistung in The Straight Story

Und Richard Farnsworth hat diese ruhige, genügsame, glückliche und leichte Art in seinem Wesen und seiner Stimme, die ich auch bei meinem Opa so sehr bewundere. Es ist die Weisheit, die ich und viele von uns noch nicht haben, weshalb wir unsere Omas und Opas so sehr bewundern. Dass das älter werden aber auch etwas Schlechtes an sich hat, das macht uns Alvin Straight mit folgendem Zitat klar:

„Das Schlimmste am Altwerden ist die Erinnerung an die Jugend!“

Ja, die Jugend ist eine Zeit, die mir selbst ziemlich lang vorkommt, obwohl ich genau weiß, dass sie schnell verfliegen wird. Sie ist kostbar, darum muss man sie nutzen.

Richard Farnsworth in The Straight Story von 1999
Richard Farnsworth in The Straight Story. Quelle: DVD zu The Straight Story von ©Studiocanal Home Entertainment

In einer weiteren Szene, in der zwei streitsüchtige Brüder seinen Rasenmäher reparieren, macht er ihnen klar, was Familie, was Brüder eigentlich bedeuten und wie vergänglich doch alles ist. Er stellt sie zunächst auf die Probe, da sie ihm keine neuen Reifen verkauften und montierten und obendrein etwas hilflos erschienen. Letztendlich stellte er die Kosten für ihre Arbeitsstunden in Frage, weil sie sich die meiste Zeit weniger auf die Reparatur, als auf ihren Streit konzentrierten. Danach erzählte er ihnen von seiner langen und abenteuerlichen Reise zu seinem Bruder und dass er einen Schlaganfall hatte. Auch, dass er ihn schon 10 Jahre nicht mehr gesehen hat und Brüder einfach Brüder sind, egal was kommen mag. Eine Szene, bei der ich mein Taschentuch nicht einfach hab liegenlassen können.

Noch eine persönliche Verbindung zu The Straight Story

Wenn es Zeit, Geld und Möglichkeit dazu gab, saßen ich, meine Mama und meine beiden Geschwister im Auto Richtung Bayern. Richtung Heimat, wie meine Mama sagen würde. Angekommen sind wir dann in einem schönen, kleineren Städtchen bei meinem Opa, der mich damals immer beim Schach spielen gewinnen ließ, auch wenn ich schon alt genug war, um zu wissen, dass ich niemals besser sein konnte. Er war brillant darin. Mein Opa wusste, dass ich ein schlechter Verlierer bin. Er und meine Oma, ein Paar, wie aus dem Bilderbuch und das glücklichste, das ich aus meinem Leben kenne.

Und mein Opa hatte immer schon eine ruhige Art, eine einprägsame, tiefe Stimme und war auch im Alter immer wissbegierig, neugierig und  genügsam. Zwischen ihm und meiner Oma war eine Liebe, die ich mir in meinem Leben auch immer wünschen werde. Und sie sind beide Teil meines moralischen Kompasses. Bei allem, was ich tue und sogar, wenn ich mal etwas Falsches denke, denke ich an die Worte meines Opas und frage mich, ob er gutheißen würde, was ich da gerade tue oder denke.

Eine schlechte Angewohnheit, aber ein bisschen Spaß muss man im Leben schon haben!
Eine schlechte Angewohnheit, aber ein bisschen Spaß muss man im Leben schon haben! Quelle: DVD zu The Straight Story von ©Studiocanal Home Entertainment




Der Wert von Omas und Opas für die Familie

Mein Opa ist jetzt auch nicht mehr so fit, wie früher, eigentlich sogar sehr krank. Er kann nicht mehr bergsteigen gehen, was er immer so gerne tat. Auch diese Erinnerung an meine Kindheit, in der wir zusammen auf den Sonnengipfel stiegen und immer, wenn wir am höchsten Punkt angekommen waren, Landjäger aus unserem Rucksack holten und uns die wunderschöne Aussicht zu Gemüte führten, ist eine, die ich niemals vergessen werde. Er kann jetzt auch nicht mehr Rad fahren, was ihn immer so glücklich machte. Aber er erinnert sich an bessere Tage, Kindheit, meine Mama als sie klein war, als ich klein war und ist immer uneingeschränkt glücklich. Auch an schwachen Tagen findet er die richtigen Worte und verliert auch dann nie seinen Humor.

Was wären wir alle ohne unsere Omas und Opas, die Weisheit, die sie uns bringen. Und wie sie unser Leben in vielerlei Hinsicht beeinflussen? Ich zehre von diesen Erinnerungen und fühlte mich in The Straight Story oft an diese Weisheit und meinen Opa erinnert!

Alvin Straight in The Straight Story von 1999
Alvin Straight in The Straight Story. Quelle: DVD zu The Straight Story von ©Studiocanal Home Entertainment

Unsere Wertung:

 

 

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Zuletzt aktualisiert am 10. November 2022 um 18:59 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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Zuletzt aktualisiert am 10. November 2022 um 19:30 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.

© Studiocanal Home Entertainment

3 Kommentare

  • Sehr schön! Dank dieser wundervoll einfühlsamen Review von dir, lieber Robin, wird mir wieder einmal klar, wie sehr ich diesen Film doch endlich mal nachholen muss! 🙂

  • Toller Film Robin. Danke für deine Empfehlung in diesem Rahmen hier Robin! Kannte ihn vorher gar nicht. Finde ihn auch sehr gut, was ich auf hohem Niveau jetzt noch bekritteln würde, ist, dass der Film schon sehr langsam inszeniert ist – was natürlich zum Helden und dem Road Trip passt – aber ich bin dann doch ungewollt mal weggeknickt. Außerdem finde ich die Reise etwas zu rosarot verklärt, zu geleckt. Alle Menschen, die er trifft, sind so ausgesprochen nett und hilfsbereit, dass unser Held quasi ins Ziel getragen wird. Das finde ich etwas zu vereinfacht, kann mir gut vorstellen, dass es genug Leute gibt, die ihn für verrückt halten würden, wenn sie ihn auf seinem Mäherchen sehen. 8,5/10 – war sehr berührt 🙂

  • Meine Güte Simon… das ehrt mich wirklich zutiefst und ich bin ehrlich ergriffen und froh, dass ich dich auf den Film aufmerksam machen konnte. Und auch dir lieber Filmfreund meinen allergrößten Dank !!! Ich mochte diese ruhige, beinahe schon langatmige Erzählweise, gerade bei einem Film von David Lynch. Sie war tatsächlich dem Hauptcharakter und dessen Alter angepasst. Etwas schleppend, wohl wahr.. Ich denke, jetzt wo du es ansprichst, waren die Menschen, die er traf, vielleicht auch deswegen so lieb und voller Leben, weil er selbst ein so zufriedener und in sich ruhender Mensch ist. Das wäre eine tolle Versinnbildlichung seines Charakters. Auf der einen Seite hätte es mich auch gestört bzw. meine Empfindungen für den Film stark gemindert, wäre er einem Haufen schlechter Menschen begegnet. Denn diese Lebensfreude, aber auch diese tiefe Weisheit und Tragik in The Straight Story kommen ruhig, aber wuchtig zur Geltung. Dabei stechen ein paar Szenen ganz besonder heraus, z.B. diese mit den zwei Deppen, die seinen Rasenmäher reparieren wollen und denen er erst erklärt, dass er die Zeit, in der sie sich stritten, sicher nicht bezahlen werde. Eine köstlich ironische Szene, die den Wert über Brüder und Familie deutlich und mal ganz anders erzählt… Deine Empfindungen sind aber allemal verständlich und The Straight Story ist wirklich….. anders. Deine 8,5 Punkte machen mich heute aber zu einem glücklichen Menschen. Schlafen werde ich heute Nacht sehr ruhig :-p