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Everything Sucks!

Netflix schafft es mal wieder, sensibel mit jungen Themen umzugehen und lädt dieses Mal mit Everything Sucks! ein, Identitäts- und Liebesfragen zu diskutieren.

TitelEverything Sucks!
Jahr2018
ProduktionslandUSA
RegieRy Russo-Young
DrehbuchBen York Jones, Michael Mohan
GenreSerie, Coming-of-Age, Komödie
DarstellerPeyton Kennedy, Jahi Di’Allo Winston, Patch Darragh, Claudine Mboligikpelani Nako, Sydney Sweeney, Elijah Stevenson, Quinn Liebling, Rio Mangini, Abi Brittle
Länge22-27 Min / 10 Folgen
FSKkeine Angabe
VerleihNetflix
Offizielles Cover von Everything Sucks! mit Peyton Kennedy und Jahi Di’Allo Winston ©Netflix
Offizielles Cover von Everything Sucks! ©Netflix

Zurück in die High School – mal wieder?

Es ist 1996 und wir befinden uns in Boring, Oregon. Luke und seine besten Freunde Tyler und McQuaid sind Freshmen in der High School. Natürlich ist ihre erste Handlung, dem A/V-Club beizutreten, denn wo kann man besser Mädchen kennen lernen? Doch tatsächlich trifft es Luke völlig unvorbereitet: Schon im ersten Augenblick scheint er sich in die schüchterne Sophomore Kate zu verlieben. Aber ein Problem gibt es: Sie ist die Tochter des Principals. Ob das gut geht? McQuaid ist sich sicher: Nein, auf keinen Fall! Als Luke sich dann doch traut, geht alles schneller in die Brüche, als es sich der weiseste McQuaid hätte ausdenken können und prompt ist das Schultheater überflutet. Everything Sucks! ist ein Haufen Probleme für junge Menschen, die doch gar nicht wissen, was sie tun.

Hintergrund von Everything Sucks!

Die beiden Schöpfer der Serie, Ben York Jones und Michael Mohan, sind relativ unbeschriebene Blätter. Ersterer werkelte mit am Drehbuch zu Drake Doremus Independent-Romanze Like Crazy und diesen unverbrauchten Geist und die Sensiblität für Beziehungen merkt man auch Everything Sucks! an.

Peyton Kennedy und Jahi Di’Allo Winston in Boring, Oregon ©Netflix
Luke und Kate in Boring, Oregon ©Netflix

Jetzt geht es in die 90er

Nach Stranger Things versucht sich Netflix also am nächsten Jahrzehnt, möchte man ganz unbedingt laut rufen. Wirklich falsch ist der erste Eindruck erst einmal nicht, schließlich bekommen wir ziemlich viel 90er-Kitsch mit dem Holzhammer serviert (jaja, langsames Internet, VHS-Kassetten, Oasis, seltsame Sonnenbrillen usw.). Für mich als jemand, der erst ’94 geboren wurde, wieder mal nicht der volle Retrokick, sondern nur angehauchter Throwback an Erinnerungsfetzen. Selbstverständlich baut meine Sozialisation schon ziemlich stark auf diesen kulturellen Fragmenten auf, weshalb ich mich schon gar nicht mal unwohl gefühlt habe. Aber die ganze Kritik an dieser Orchestrierung, die sich im allgemeinen zeitgenössischen Retrowahn, der in meinen Augen jedoch bereits etwas abgeflacht zu sein scheint, gar nicht so sehr alleine fühlen muss, finde ich an irgendeinem Punkt dann auch maßlos überzogen.

Nur Retro-Wahn oder doch mehr?

Denn klar: Wenn man nur einen kurzen Blick auf Everything Sucks! wirft, servieren die Bilder und Töne ganz einfach den Eindruck, dass man sich hier in dieser Klischeeparade verliert. Doch wenn man mal die 90er-Show wegwischt, kommt eine überraschend gute Serie zum Vorschein. Natürlich verhandelt auch Netflix neuestes Geschöpf keine Themen, die uns neu erscheinen werden; es geht um die typischen High School-Probleme, um Beziehungen, Jungs, Mädchen, Sex, Persönlichkeit, Ausdruck, ein bisschen Zukunft, den Generationenkonflikt, Coolness und Uncoolness und vor allem um die große Frage, die sich um alles und jeden dreht: Wer bin ich eigentlich und wer will und kann ich werden? Selbstverständlich funktioniert die Darstellung von Jugendlichen stets nur über Identitätskrisen, die den jungen Geist so unvorbereitet treffen, wo er doch gerade erst ansatzweise zu verstehen beginnt, dass der eigene Horizont immer nur eine imaginäre, gedachte Grenze gewesen ist und in der Welt da draußen so weitaus mehr zu finden ist. Dazu passend natürlich auch die Aussage von Lukes Mutter Sherry: Als junger Mensch denke man, dort draußen sei eine so große Welt und es gebe so viel zu entdecken. Und dann endet man in Boring, Oregon, meint der eigentlich gar nicht so zynische Ken, Vater von Kate.

Sydney Sweeney und Elijah Stevenson - die Stars aus Borings Drama-Club ©Netflix
Oliver und Emaline – die Stars aus Borings Drama-Club ©Netflix

Everything Sucks! ist alles – aber nicht langweilig

Boring ist hier aber gar nichts, außer wenn man es nicht aushält und abschaltet, bevor man zum Kern dieser Geschichte gekommen ist: Es geht um den Schmerz des Jungseins. Wirklich niemand kann dir in dieser Phase helfen, selbst wenn Menschen um dich herum dies anbieten, sie werden stets versagen. Sie können dir versichern, dass alles vorübergehen wird und alle Dinge, die jetzt furchtbar wichtig erscheinen, ein paar Jahre später so unglaublich unwichtig sein werden. Aber wenn man in dieser Phase für den einen Augenblick glaubt, dass dieses fantastische Mädchen dort drüben das eigene Schicksal bestimmt und sich aufgrund der Intensität des augenblicklichen Gefühls dieser Umstand doch ganz sicher niemals wieder könnte, – denn bitte, wie soll so etwas gehen, wenn man noch nie eine solche verwirrte, intensive Gefühlswelt durchleben musste? – dann wird man an irgendeinem Punkt so sehr verloren sein, wie es später nur die allerstärksten Lebensereignisse hervorrufen werden können. Natürlich macht das Jungsein auch großen Spaß, man kann sich vor der ganzen Schule mit einem Oasis-Cover blamieren, wenn man es für richtig hält und ans Ziel kommt, schafft man es vielleicht auch hier mal, die richtige Portion Mut dafür aufzubringen.

Ein sensibles Abtasten von jungen Themen

Die wichtigste Komponente an Everything Sucks! ist in meinen Augen aber der sensible Umgang mit diesen Themen, nicht zuletzt auch, weil so selten und so erwachsen mit dem Thema weiblicher Homosexualität umgegangen wurde (zumindest im Mainstream). Die Erzählung ist hier und da sprunghaft, wirkt etwas wirr und durcheinander, ist es aber letztendlich nicht, weil die Handlungen von Teenagern viel zu selten so irrational gezeichnet wurden wie hier. Dann ergibt manches eben keinen Sinn, wirken Charakterwendungen wie inkohärentes Drehbuchschreiben. Doch beim zweiten Blick oder Überlegen könnte man realisieren, dass das Gesamtbild die Kohärenz im Anliegen doch sehr wohl widerspiegelt. Jugendliche sind nicht logisch und ihre Handlungen auch nicht, aber sie haben so viel zu sagen und in Boring, Oregon passiert eigentlich so wenig, dass sie nichts anderes zu tun haben, als sich tatsächlich damit irgendwie auseinanderzusetzen. Letztendlich ist Everything Sucks! auch vor allem eine Liebesgeschichte. Und zwar von allen Seiten aus, ob er oder sie angehimmelt wird. Alles hat immer viel mit der Idee zu tun, die man stets so gerne von Sachen, Personen und der Zukunft hat. Gerade da wären wir wieder bei der Identitätsfindung, die so zentral für das Jungsein ist und so authentisch dargestellt wird wie selten.

In Everything Sucks! geht's ab mit Quinn Liebling, Rio Mangini und Jahi Di’Allo Winston©Netflix
In Everything Sucks! geht’s ab ©Netflix

Fazit

Everything Sucks! ist ein Muss für alle Fans von Serien wie Freaks & Geeks oder vergleichbarem Coming-of-Age-Material, denn hier wird eine sensible Lupe auf Heranwachsende gelegt, die ihre Freiheiten bekommen, sich in ihren Problemen, die sie wirklich sehr ernst nehmen (was überaus gut ist), auszudrücken. Das 90er-Jahre-Setting mag manchmal vielleicht etwas überflüssig wirken, für mich jedoch ist es ideal, um eine Zeit vor der Invasion des World Wide Web zu zeigen, in der sich die Jugendlichen noch gegenseitig anrufen oder einfach an der Tür klingeln. Natürlich trübt es die Stimmung für Filmfans auch nicht, dass sich dem eigenen Lieblingsthema noch einmal fokussiert angenommen wird. Und ja, wer wäre nicht gerne ein Teenager gewesen, als Wonderwall erschien?

Hier die Bewertung der MovicFreakz – Redaktion:

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Hier könnt Ihr den Film selbst bewerten:

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© Netflix

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