Wo Wes Anderson drauf steht, ist Wes Anderson auch drin. Wie entfalten sich die skurrilen Bildwelten und zahlreichen Schauspieler:innen in seinem neuesten Streich, Der phönizische Meisterstreich?

Die Inhaltsangabe von Der phönizische Meisterstreich
Ein steinreicher Rüstungstycoon (Benicio del Toro), der sein Vermögen mit Luftfahrt- und Waffendeals angehäuft hat, sieht sich plötzlich mit dem drohenden Ende seines Lebenswerks konfrontiert. Inmitten einer internationalen Spionageaffäre muss er Verträge in „Phönizien“ neu verhandeln, einem mediterran-fiktiven Flickenteppich aus Bürokratie und Folklore. Unterstützung bekommt er von Bjorn Lund (Michael Cera), einem schwedischen Naturwissenschaftler, sowie seiner Tochter Liesl (Mia Threapleton), eine zurückgezogene Nonne, der er sein gesamtes Vermögen überschreibt. Es folgen Verhandlungen mit verschiedenen Gruppen und jede Menge diplomatischer Irrsinn.
Alles wie gehabt
Anderson versammelt wie gewohnt ein Ensemble aus Stars und Weggefährten um sich, damit die umfangreiche Geschichte mit vielen Stationen und Charakteren aufwarten kann. Doch was früher wie ein charmant-skurriles Panoptikum wirkte, erscheint hier wie das Aufwärmen abgestandener Motive und Restbestände von Andersons Notizenbuch. Strukturell erinnert der Film eher an The French Dispatch als an die geschlosseneren Erzählungen aus Andersons früherem Werk – ist dabei noch zersplitterter, noch atemloser. Was als Quasi-Anthologie durchgehen soll, entpuppt sich als krampfhaft zusammengehaltene Nummernrevue. In Windeseile besucht das Trio mehrere Geschäftspartner, die teilweise von absoluten Top-Stars (u.a. Scarlett Johansson oder Riz Ahmed) gemimt werden. Die Geschichte wird unter dem Gewicht der vielen Kulissen und Raumebenen erdrückt. Paradoxerweise eine entschleunigte Geschwindigkeit, die mühsam statt kurzweilig erscheint.
Trotz hohem Tempo ist Der phönizische Meisterstreich nämlich nicht kurzweilig. Ist man von Wes Anderson einfach satt gesehen? Die visuelle Handschrift – immer noch makellos komponiert, von Anna Pinnock und Adam Stockhausen mit viel Detailverliebtheit ausgestattet – wird zur eigenen Parodie. In Grand Budapest Hotel oder Moonrise Kingdom fühlte sich der Klamauk noch echt an, eine diebische Freude wurde mit aufrechten Gefühlen gepaart. Wenn Tom Hanks und Bryan Cranston hier in bizarren Uniformen Basketball spielen und dabei trockene Pointen abfeuern; oder die finale Konfrontation mit Kordas bärtigem Bruder Nubar (Benedict Cumberbatch) aufwartet, wirkt das Unterfangen eher wie ein müder Eintrag auf einer Checkliste, an den ein Haken gesetzt werden kann.
Es macht keinen Spaß mehr
Bizarre Einfälle reichen nicht mehr aus, um für komödiantische Wirkung zu sorgen. Anderson scheint sich selbst geißeln zu wollen, um noch größer zu erzählen, aber erreicht nur eine selbstreferenzielle Leere. Das späte Kino des US-amerikanischen Filmemachers strotzt vor Querverweisen an Literatur und Kunst, steht sich in der eigenen Innovation dabei jedoch im Weg. Eine erhabene, spirituelle Erfahrung wie die des Protagonisten wird inszeniert, doch eigentlich geht es nur ums Geschäft – wie bei der Figur selbst. Hochglanz-Klamauk mit vergeistigtem Anstrich, aber ohne erkennbare Seele.

Benicio del Toro gelingt es immerhin, dem Ganzen ein bisschen Gravitas zu verleihen. Mit stoischer Ruhe und pointierter Mimik spielt er gegen das formale Korsett an. Zusätzlich hat die von Michael Cera porträtierte Figur die wenigen Lacher auf seiner Seite. Der Rest des Ensembles geht in der Requisitenschlacht unter und müde spricht man vor sich her: „Oh, da ist ja auch noch Bill Murray. Nett“. Der phönizische Meisterstreich ist ein filmisches Diorama, das man schon zu oft gesehen hat.
© Focus Features
Unser Fazit zu Der phönizische Meisterstreich
Hardcore-Fans von Wes Anderson dürften auch mit seinem neuesten Eintrag entlohnt werden. Und doch fragt man sich, ob der Autorenfilmer sich nicht mehr neu erfindet oder wir einfach dessen Handschrift überdrüssig sind? Es ist der bekannte Fluch der guten Tat: Wenn das einst Signifikante zur reinen Masche wird. Der phönizische Meisterstreich ist vielleicht der bestausgestattete Beweis dafür, dass Ästhetik allein nicht trägt. Vielleicht wäre es an der Zeit, sich selbst zu dekonstruieren, statt in der Endlosschleife zu variieren.
Der phönizische Meisterstreich läuft ab dem 29. Mai 2025 im Kino.