Durch sechs Staffeln Cobra Kai wurdeneiner neuen Generation die altbekannten Figuren aus den vier Originalfilmen entgegengesetzt. Alle Versatzstücke münden nun in Karate Kid: Legends. Doch kommt es wirklich zum allesentscheidenden Volltreffer – oder geht der Schlag ins Leere?
Karate Kid: Legends – Darum geht’s
Als Kung-Fu-Wunderkind Li Fong (Ben Wang) mit seiner Mutter nach New York City zieht, findet er Halt bei einer neuen Klassenkameradin und deren Vater. Doch der Frieden ist nur von kurzer Dauer, als Li unfreiwillig die Aufmerksamkeit des lokalen Karatemeisters auf sich zieht. Um sich und seine neuen Freunde zu verteidigen, tritt Li beim ultimativen Karatewettbewerb an. Mit der Unterstützung seines Kung-Fu-Lehrers Mr. Han (Jackie Chan) und des legendären Karate Kids Daniel LaRusso (Ralph Macchio) bereitet er sich auf einen spektakulären Showdown vor, der nicht nur seine Fähigkeiten, sondern auch seinen Mut und seine Werte auf die Probe stellen soll.
Vom Lehrling…
Das Miyagi-Do – das berühmte Trainings-Dojo, das Legenden hervorbrachte – hat Jahrzehnte überdauert und viele verschiedene Schüler gesehen. Seit 1984 in Betrieb, war es zuerst Daniel LaRusso, der dort trainierte, wischte und pinselte, um sich vorzubereiten, seinem Schulrivalen Johnny Lawrence wacker entgegenzutreten und seine große Liebe zu verteidigen. Über drei Filme hinweg – bis 1989 – war die Unterstützung des weisen Meisters Mr. Miyagi ausschlaggebend, um als Kampfkünstler zu wachsen und Großes zu vollbringen. Doch das änderte sich mit dem Laufe der Zeit: LaRusso wurde vom Gelehrten zum Lehrer und führte das Vermächtnis seines Mentors nach dessen Ableben weiter.
… zum Meister …
Daraus folgte 2018 die erste Staffel der Serie Cobra Kai, die ikonische Figuren der Originalfilme zurückbrachte – und die Qualität der Reihe auf ein neues Hoch hob. Die Serie setzte nicht nur die Geschichte würdevoll fort, sondern gab den Charakteren Raum zur Entwicklung – ein längst überfälliger Schritt in der Evolution der Karate Kid-Reihe. Daraus entstand ein unterhaltsames Werk, das die vertrauten Gesichter mit einer neuen Generation verband – regelrecht konfrontierte – und Jung wie Alt gleichermaßen ansprach. Über sechs Staffeln hinweg verbeugte sich die Serie vor der Essenz der Trilogie, während The Next Karate Kid von 1994 mit Hauptdarstellerin Hilary Swank weitgehend unbeachtet in Vergessenheit gerat. Cobra Kai konterkarierte dadurch gezielt Erwartungen alter Filme und brachte moderne Perspektiven ins Spiel.
… und back to the roots?
Karate Kid: Legends setzt nun drei Jahre nach dem Ende der Serie an. Von den meisten Serienfiguren fehlt jede Spur und abgesehen von Daniel LaRusso, der erneut als Mentor in Erscheinung tritt, stehen neue Figuren, ein neuer Schauplatz und neue Konflikte im Fokus, was den Film zunächst weit vom Geist und Feeling der Serie entfernt wirken lässt – am Ende aber viel näher daran liegt, als es zu erwarten war.

Und was hat Jackie Chan damit zu tun?
Auch Jackie Chan stieg durch das Soft-Reboot mit Jaden Smith – welches eher Kung-Fu – als Karate Kid war – im Jahr 2010 ins Franchise ein. Weitgehend losgelöst von der Reihe – zwischen den vier Vorgängern und Cobra Kai platziert –, eigenständig, aber scheinbar nie ganz aus der Welt. Und genau mit diesem Gedanken spielte Regisseur Jonathan Entwistle: Was wäre, wenn sich Kung-Fu und Karate vereinen, Jackie Chan und Ralph Macchio gemeinsam als Trainer fungieren – und zusammen ein neues Martial-Arts-Ass formen müssen, das erneut seine Liebe retten und seinen Schulschurken in die Schranken weisen muss? Mit Karate Kid: Legends wird genau diese Idee nun Wirklichkeit!

Comeback mit Kick
Karate Kid: Legends tritt in große Fußstapfen – und hebt diese zu neuer Größe. Die Erwartungen waren hoch, das Risiko der Ernüchterung nicht ausgeschlossen – und doch enttäuscht der Sommerblockbuster des Jahres nicht. Regisseur Jonathan Entwistle, der hier sein Langfilm-Regiedebüt gibt, schickt einen Film in den Ring, der Bekanntes abliefert und gleichzeitig neu vitalisiert. Denn vertraute und zu erwartende Versatzstücke treffen in einem Streifen zusammen, der den Puls der Zeit hervorragend einfängt, moderne und innovative Anstriche erhält – und Fans der Reihe ein konstant breites Grinsen ins Gesicht zaubern wird. Selten hat sich Kurzweiligkeit so schnell übertragen, selten so bewegt, eingestimmt und den Verlauf bestimmt – zum Lachen, zu Emotionen und zu purer Freude gebracht. Entwistle lässt 93 Minuten wie 60 wirken, liefert einen rasanten und dynamischen Schnitt, tolle körnige Optik und clevere Einfälle, die den abenteuerlichen Ritt ereignisreicher machen, als er auf dem Papier eigentlich sein dürfte.
Bis hin zur Musik sitzt fast jeder Punch
Mit treffsicherer, angenehmer und wirkungsvoller Musik – die stellenweise aufgesetzt wirkt, aber dennoch Immersion erzeugt –, Szenenmontagen und Übergängen, die charmant an die frühen 2000er erinnern, und einer Handlung, wie es sie heute eigentlich nicht mehr geben dürfte, schafft Karate Kid: Legends großes Kino zwischen den Generationen. Eine Geschichte wie aus 1984 trifft auf eine Umsetzung, die nicht zeitgemäßer sein könnte. Der Geist von Karate Kid lebt weiter – aber in neuer Form und frischer Pracht. Und genau dieses Spiel mit der Zeit ist der Schlüssel zum Erfolg. Denn Regisseur Entwistle weiß ganz genau, was er machen will – und für wen. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und lässt keine Hommage ungesehen: Für Fans der Reihe, für eine Zielgruppe, die sich mit Herz auf eine Geschichte einlässt, die nicht unbedingt neu oder brillant auserzählt ist – aber abgefahren, mitreißend, witzig und unterhaltsamer denn je.
Strike First, Strike Hard, No Mercy
Karate Kid geht natürlich nicht ohne die nötige Action, Konflikte und ikonische Kampf- oder Trainingsmontagen – und Entwistle liefert genau das in seinem Debüt in vollem Umfang ab. Zwar hätten einige Kämpfe ein geringeres Schnitttempo und mehr Laufzeit vertragen können, doch das Gespür für Wucht und Übersicht geht nie verloren – zumal die meisten der Faust-Ekstasen dynamisch, hart und mit nötigem Schwung inszeniert sind. Ob Straßen- oder Turnierkämpfe: Karate Kid: Legends profitiert von der Kameraführung, die eine ausgewogene Mischung aus Übersicht, Nähe und Logistik bietet – und damit vor allem Actionfans zufriedenstellen wird.
So wird das Geschehen immer wieder zu einem echten Genuss: der Action beim Blühen und ausbreiten zuzuschauen und mit Spannung zu verfolgen. Das Sequel ist sich dabei nicht zu schade, Rivalitäten auch an für die Reihe eher untypische Orte zu verlegen – und erinnert dabei nicht zufällig an Größen des Martial Arts wie Bruce Lee – oder die Hochphase eines Jackie Chan.
Das beste aus zwei Welten
Hauptdarsteller Ben Wang geht dabei vollkommen in dem Geschehen auf. Was in den Trailern noch als kühles und eher distanziertes Schauspiel wirkte, ist im Film schnell verflogen. Sowohl in den Kampfszenen als auch in emotionalen Momenten überzeugt er mit Körpereinsatz und Spielfreude. Dabei entsteht eine Chemie mit den Nebenfiguren, die so stark dargeboten ist, dass man sie gerne in zukünftigen Fortsetzungen wiedersehen würde. Anfangs muss man mit seiner Rolle etwas warm werden, doch das ändert sich abrupt, wenn wir New York ankommen.
Auch sein Love-Interest Mia sowie deren Vater – gespielt von einer großartigen Sadie Stanley und einem souveränen Joshua Jackson – bilden ein starkes Gespann und passen in die bekannten Mechanismen der Reihe. In all diesen Figuren lebt der Geist, der Karate Kid über Jahrzehnte hinweg ausgemacht hat und in Cobra Kai perfektioniert wurde, weiter. Auf dem Papier wirkt das zwar wie „more of the same“ – doch weil die Figuren mit viel Liebe zum Detail, mit Ruhe, Humor und Respekt behandelt werden, wird daraus am Ende deutlich mehr, als man erwarten würde.
Von Legenden umgeben
Die große Stärke liegt dabei klar in unserer Riege an Heldenfiguren. Karate Kid: Legends liefert nicht nur zwei fantastische Charaktere in Form von Jackie Chan und Ralph Macchio, sondern gleich fünf. Und das, obwohl man im ersten Akt erstaunlich lange auf das Erscheinen der beiden Meister warten muss. Regisseur Jonathan Entwistle gelingt besonders im ersten Akt, was man anhand der Trailer so kaum erwarten konnte. Er verändert die gewohnte Formel, stellt die Tonalität fast auf den Kopf, gibt seinen Figuren Motive, emotionale Hintergründe – sogar einen regelrechten Leidensweg – und zeigt nachvollziehbar auf, warum es in der zweiten Hälfte zurück zu den klassischen Stereotypen und Stärken der Reihe geht. Das bleibt zwar auf einer gewissen Ebene oberflächlich, wirkt im Kosmos der Reihe aber erstaunlich vielschichtig und nuanciert, weil Chan und Macchio nicht einfach als nostalgischer Blickfang etabliert werden, sondern wirklich Bewandtnis haben, sich mit Chemie und fantastischem Witz ergänzen und den Martial-Arts-Reißer mit nötigem Charisma und Kampfkünsten bereichern.
Nur ein kleiner Makel bleibt
Entwistle greift neue Themen auf, verknüpft sie mit bestehenden Elementen, entwickelt Ideen konsequent weiter – mit dem Ziel, ein besseres Verständnis und Verhältnis dafür zu schaffen, warum in dieser Welt überhaupt erneut gekämpft werden muss. Der Fokus wird präsent auf die Heldenseite gelegt und stellt die Schurken als irrelevant in den Schatten – und das belastet Karate Kid: Legends merklich. Denn unsere Protagonisten waren selten in solch einer Form ausgearbeitet – doch die Seite der Schurken wirkt dagegen umso austauschbarer, weil es erneut nur ein Rivale ist, der eine Fehde mit der Hauptfigur hat und altbekannte Konfrontation bietet. Zwar bringen sie Charisma und Atmosphäre rüber, inhaltlich fällt die Charakterisierung der Antagonistenseite jedoch ab.
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Unser Fazit zu Karate Kid: Legends
Karate Kid: Legends feiert gebührend die Jahre des Kampfsports und trägt das Erbe Miyagi’s an eine neue Generation heran. Ein neuer Schnitt, neue Bild- und Tonspielereien – alles ist eine Spur schneller und moderner. Und in dieser Welt junge Figuren mit den alteingesessenen Genre-Veteranen wie Macchio und Chan trainieren zu sehen, ist pure Freude. Alles, was man sich von einem Karate Kid-Film erhofft hat, steckt irgendwo darin – und sogar viel mehr als das. Mit Herz, Tempo und einer klaren Vision bekommt man schon hier den Popcornspaß des Jahres.
Karate Kid: Legends läuft ab dem 29. Mai 2025 in den Kinos.
Schon seit jungen Jahren filmverrückt: Viel zu früh Genrefilme aller Art konsumiert und mit 14 Jahren begonnen, regelmäßig Kino+ zu schauen – obwohl er zu diesem Zeitpunkt kaum einen der besprochenen Filme selbst gesehen hatte. Geprägt wurde seine Leidenschaft maßgeblich von seiner Oma bei Star Wars: The Clone Wars und dem Schauen „alter Schinken“ vor der Glotze, seinem Vater und seinem großen Bruder mit dem er alles teilte – außer eine gleiche Meinung. Film-Begeisterung wurde beim Schauen von E.T., Jurassic Park, Zurück in die Zukunft und Indiana Jones und der Tempel des Todes entfacht, die bis heute zu den Lieblingsfilmen gehören – ab diesem Moment war klar: Filme werden ihn ein Leben lang begleiten. Er versucht, wöchentlich ins Kino zu gehen, ist sich dabei aber nie zu schade, auch den trashigsten DTV-Untiefen von Action bis Horror eine Chance zu geben oder auch mal ins indische Kino abzudriften. Bekannt aber vor allem für eines: „Alle geben 4 oder 5/5 – und er gibt ’ne 1/5, du weißt genau, da is‘ er, der Louis.“