Filmemacher Ron Howard kann auch als Allrounder von Hollywood angesehen werden. Eine festgefahrene Handschrift gibt es bei ihm nicht, gerne lässt er sich in verschiedenen Genres aus. Mit Eden hat er nun eine Geschichte verfilmt, die auf unfassbaren wahren Geschehnissen beruht.

Die Inhaltsangabe von Eden
In einer Zeit des Umbruchs zwischen zwei Weltkriegen begeben sich einige sehr unterschiedliche Menschen auf die abgelegene und bis dahin unbesiedelte Galápagos-Insel Floreana, auf der Suche nach einem neuen Leben jenseits zivilisatorischer Konventionen. Die Ersten sind der deutsche Arzt und Philosoph Dr. Friedrich Ritter (Jude Law) und seine Geliebte Dore Strauch (Vanessa Kirby). Ritter schreibt an einem philosophischen Manifest und will außerdem Dore von ihrer Multiplen Sklerose heilen. Nach einiger Zeit erfährt die Presse von dem eigenwilligen Paar und inspiriert den Weltkriegsveteranen Heinz Wittmer (Daniel Brühl), gemeinsam mit seinem Sohn Harry und seiner jungen Frau Margret (Sydney Sweeney), nachzuziehen. Anfangs noch unerfahren im Umgang mit den Naturgewalten, schlagen sie sich nach und nach immer besser.
Die harsche Ablehnung durch Ritter und Dore weicht einer langsamen Annäherung. Bis eines Tages die kapriziöse Eloise Wehrborn de Wagner-Bosquet (Ana de Armas) auf der Insel erscheint, eine mysteriöse selbsternannte Baronin. Im Gefolge hat sie zwei junge Männer, die ihre Liebhaber sind. Die Baronin hat große Pläne, ein Luxushotel auf der Insel zu errichten, und versucht mit allen Mitteln, die anderen gegeneinander auszuspielen und zum Verlassen der Insel zu zwingen. Eitelkeiten, Manipulation und menschliche Habgier spitzen das poröse Miteinander gefährlich zu, bis sich die Ereignisse überschlagen…
Die Natur des Menschen
Was bedeutet es, wenn Kunst zwischen Genie und Wahnsinn changiert? Aspekte einer Monographie, ein Musikstück oder eines Filmes, die mit kreativen Ideen aufwarten und diese vielleicht mit bizarren Entwicklungen abseits der Norm schmückt. Eine Kombination, die nicht nur in fiktiven Werken vorkommen, sondern auch im echten Leben zuteilwerden.
Aus dem Einklang mit der Natur entwickelt sich durch die Anhäufung der verschiedenen Charaktere schnell ein konfliktgeladenes Durcheinander. Immer wieder wird Darwins Evolutionstheorie zitiert. Survival of the fittest – Wer kann sich der blanken Fauna am besten anpassen? Friedrich Ritter schreibt an einem Mammutprojekt; er möchte die Philosophie der Existenz umdeuten. Was es wirklich heißt, ein Mensch zu sein, erfährt man nicht durch jene schlauen Gedanken, sondern durch das Intrigen- und Machtspiel der drei Parteien.
Regisseur Ron Howard verfilmt mit seinem neuesten Werk die „Galápagos-Affäre“, die auf den Memoiren eines anwesenden Aussteigers beruhen und bei dem im Jahre 1934 mehrere Menschen ums Leben kamen. Auch wenn sich die Versionen der Überlebenden unterscheiden, schienen Konflikte der europäischen Siedler eskaliert zu sein. In Eden überträgt sich dieser mutmaßliche Wahnsinn und die schweißtreibende Situation auf die unschuldige Insel. Sie wird zum Ort der Eskalation.
Der Film kann als eine Mixtur aus Survival-Thriller, schwarzhumoriger Farce und Zeitstück klassifiziert werden. Erfrischend anders als die Riege an biederen Historienfilmen und narrativen Zeitdokumenten vermag es Eden, diese unglaubliche Geschichte vor allem durch das Wechselspiel der Figuren zu kanalisieren.
Keiner ist konfliktscheu
Jene Konflikte sind nämlich von Beginn an zu spüren und entwickeln sich sukzessive in eine unheilvolle Richtung. Friedrich und Dora erscheinen als misanthropische und sich selbst beweihräuchernde Pseudo-Visionäre, die sich von der konservativen Familie Wittmer gestört fühlen. Dazu kommen die eigenwillige und snobistische Baronin, die sich von ihrer Gefolgschaft umsorgen lässt und gerne ihre Sexualpartner wechselt. Grundverschiedene Weltbilder kollidieren und halten sich gegenseitig den Spiegel vor. Die Hypokrisie der Gesellschaft zerbricht an sich selbst. Überleben in einer unbekannten Umgebung setzt der Lebenssituation nur die Krone auf. Auch an Orten, die wie auf null gestellt sind, entstehen Kriege aus dem zwischenmenschlichen Miteinander; als läge es in unserer eigenen Natur.
In der scheinbaren Idylle tun sich rosige Abgründe auf. Eden könnte man als erstes Reality-TV-Format des Jahres 1934 betiteln. Gleichzeitig sind der Hahnen- und Hühnerkampf eine Wiedergabe der Zeit. Ohne, dass die historischen Umstände benannt werden, vereinen sich die anhaltende Wirtschaftskrise und der aufkeimende Weltkrieg in den Figuren. Die Scheinheiligkeit der privilegierten Abenteurer, die sich obendrein anmaßen, eine neue Weltordnung zu erdenken, verbindet sich mit einer Allegorie des Historizismus. The White Lotus trifft auf Orwells Farm der Tiere.
Diebische Freude trotz optischer B-Ware
Howard musste für die Produktion eigenes Geld in die Hand nehmen – und das merkt man. Es ist niemals ein gutes Zeichen, wenn man die Anwesenheit der Second Unit auf der Leinwand spürt. Mit sequenziellen Drohnen-Aufnahmen soll der monotonen Ästhetisierung einer eigentlich elysischen Umgebung opponiert werden. Der titelgebende Garten, ein – zumindest optisches – Paradies für die Siedler, verkommt durch die fade Kolorierung zu einem nichtigen Schauplatz. Dabei wäre die inszenatorische Farbsättigung für die Narration, bei der die Abgründe der Menschheit hervortreten, auch als Komplement obligatorisch.
Hinzukommen grafische Tortur-Szenarien, gerade an den weiblichen Protagonisten, die sich nicht in die restlichen Absurditäten einfügen wollen. Natürlich kann man das die Rolle der Frau als problematischen Umstand der Zeit ansehen, doch tonal funktioniert Eden am besten als schwarzhumoriges Perfiden-Fest und nicht als aufrichtiges Drama. So divers nämlich die Charaktere in Erscheinung treten, auch der gesamte Cast ist in seiner Bandbreite gut aufgelegt: Jude Law als bockiger, zahnloser Pseudo-Philosoph und Ana de Armas als divenhafte Egomanin bereiten besonders viel Freude.

Eden läuft ab dem 3. April 2025 im Kino.
© Leonine Studios
Unser Fazit zu Eden
Ron Howards Eden wirkt wie von einer Vision getragen, die nicht von konzeptioneller Genauigkeit getrieben wird, sondern sich dem Genie und Wahnsinn der zugrundeliegenden Geschichte hingibt. Filmisch enttäuscht der routinierte Regisseur zwar, das von der Besetzung getragene Schmierentheater funktioniert aber.