Auf die Jugend, auf den Freigeist, auf den Wahnsinn: Johnny Knoxville und Co werden zwar älter, aber mitnichten weiser. Es zählt nur eines: Jackass Forever!

Die Handlung von Jackass Forever
Wer anno 2000 mit MTV aufwuchs, ist früher oder später im Abend- und Nachtprogramm des Senders sicher über eine illustre und oftmals spärlich bekleidete Truppe jung gebliebener Erwachsener gestolpert – und hat bei den dargebotenen Szenen entweder schnurstracks umgeschaltet oder ist voller Schadenfreude hängen geblieben.
Die Rede ist natürlich von der kultigen Jackass-Crew rund um Johnny Knoxville und Steve-O. Was damals als lose Abfolge einzelner Stunts und Pranks ohne relevanten Handlungsrahmen begann…ist auch 20 Jahre später als nunmehr vierter Kinofilm noch immer eine einzige Aneinanderreihung waghalsiger Mutproben weit über die (persönliche) Schmerzgrenze hinaus. Von einer Spielfilmhandlung im klassischen Sinne man also weit entfernt.
In diesem Sinne:
„Hi, I’m Johnny Knoxville, welcome to Jackass.“

Die (neue) Chaostruppe
Im Kern bleibt sich Jackass Forever nicht nur seiner Wurzeln, sondern auch seiner Besetzung treu. Knoxville und Co gaben selber bereits zu Protokoll, dass sie allmählich doch etwas zu alt werden, um sich den körperlichen Strapazen durchgängig aussetzen zu müssen. So wurde kurzerhand frisches Blut in die Crew integriert, um die alte Garde zu unterstützen.
Wie üblich wurde sich hierfür aus der Szene von Skateboardern und Amateurstuntmen bedient, mit Rachel Wolfson findet sich nach längerer Dürreperiode erstmalig auch wieder eine Dame in der sonst so testikulären Gruppe. Neben Wolfson kommen folgende Neuzugänge hinzu: Davon „Jasper“ Wilson (mitsamt Vater Compston „Dark Shark“ Wilson), Sean „Poopies“ McInerney, Zach Holmes und Eric Manaka.
Von den alten Hasen der TV-Serie können der bereits 2011 bei einem Autounfall verstorbene Ryan Dunn sowie Bam Margera nicht mitwirken. Letzterer wurde aufgrund seiner privaten Suchtproblematiken durch Paramount noch während laufender Dreharbeiten suspendiert. In einigen Szenen des fertigen Films kann er jedoch noch ausgemacht werden.
Trotz all der gegenseitig zugeführten Schmerzen und Pranks ist eine Sache bemerkenswert: die Crew strahlt eine enge Vertrautheit und Freundschaft aus. Tatsächlich fühlt sich Jackass Forever ein bisschen wie nach Hause kommen an – sowohl für die Leute vor der Kamera, als auch das Publikum vor dem Bildschirm. Bei allem Irrwitz kauft man den Akteuren Spaß und Wiedersehensfreue ab. Knoxville und Co wirken einfach noch immer authentisch. Und genau dieses Gefühl versucht der neueste Ableger aufzugreifen, wie es auch schon der Trailer versprach.

Von Tieren, Schmerzen und Penissen
Hauptgrund sich den Film anzusehen, sind ohne Frage natürlich die neuen kreativen Ideen der Selbstzerstörung. Hier schöpft auch Film Nummer 4 aus den Vollen, auch wenn einige Stunts ein Remake erfahren. So finden sich beispielsweise erneut der berühmte „Cup Test“ oder „The Magic Trick“ im Repertoire der Gruppe wieder. Die uraufgeführten Stunts hören auf klangvolle Namen wie „The Dum Dum Game“, „Flight Of Icarus“ oder „Silence Of The Lambs“ (mein persönlicher Favorit, da herrlich altmodisch). Eins haben sie aber alle gemein: allein das Zusehen lässt einen das Gesicht entweder voll Schadenfreude oder Phantomschmerz verziehen.
Trotzdem sind es teilweise auch die subversiven Momente, die ein Schmunzeln entlocken. Denn die alten Eisen von Jackass sind sich ihres fortgeschrittenen Alters und der Lächerlichkeit, der sie sich preisgeben, nur allzu sehr bewusst. Stellvertretend hierfür steht eine Szene mit Preston Lacy und einer unfreiwillig vollgeschissenen Hose.
Ganz im Gegenteil hierzu die nachgerutschte Generation. Bei die Davon Wilson und oder „Poopies“ zeigt sich immer wieder die kindliche Begeisterung, ja fast schon Ehrfurcht, dass sie nun nach langen Jahren des Fan-Seins selber Teil des kultigen Franchise sind. Entblößung ist da nur Mittel zum Zweck, um es auf die große Bühne zu schaffen. All ihr Opferwillen und ihre Hingabe in Ehren, die Bromance, die die alten Mitglieder umgibt, erreichen die Nachzügler nicht.
Falsche Scham haben die Darsteller aber nicht, egal welcher Generation sie entspringen. Full frontal nudity war eben schon immer fester Bestandteil von Jackass und auch Jackass Forever ist da keine Ausnahme. Wie stellt Rachel Wolfson im Ableger Jackass 4.5 fest: sie ist den ersten Tag an Bord und kennt ihre Teamkollegen bereits alle nackt.

Unser Fazit zu Jackass Forever
TikTok before it was cool. So ähnlich könnte man Jackass Forever oder Jackass im Generellen kurz und bündig beschreiben. Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass hier – nun ja – Profis am Werk sind. Jackass Forever findet die perfekte Balance zwischen Nostalgie und Modernisierung, geizt nicht mit waghalsigen Einfällen und schlechtem Geschmack. Die Herren sind sichtlich gealtert, aber noch immer so verrückt wie eh und je. Neue Fankreise wird der jüngste Streich vielleicht nicht erschließen, aber wer bisher Freund der Chaostruppe war, wird auch hier wieder seine helle (Schaden)freude haben.
Seit dem 09.06.2022 kann Jackass Forever auf DVD und Blu-ray erworben werden. Für die volle Dröhnung empfiehlt sich aber natürlich die Jackass 5 Film Collection, die ab dem selbem Datum in den Läden steht.
PS: Am besten in Verbindung mit der Resteverwertung Jackass 4.5 genießen, da dort insbesondere die Interviews deutlich unterstreichen, wie sehr der Crew ihr Miteinander am Herzen liegt.
PPS: Haruo Nakajima wäre auf Chris Pontius schauspielerische Künste als Godzilla sicherlich stolz.
© Paramount
Tobi ist bereits gute 7 Jahre an Bord und teilt so fast 20% seiner Lebenszeit mit Filmtoast. Wie es ursprünglich dazu kam ist so simpel wie naheliegend. Tobi hatte unregelmäßig auf Seiten wie Schnittberichte Reviews zu Filmen verfasst und kam über diverse facebooksche Filmgruppen und –diskussionen in Berührung mit dem damaligen Team von Filmtoast (die Älteren erinnern sich: noch unter dem Namen Movicfreakz) und wurde daraufhin Teil dessen.
Thematisch ist er aufgeschlossen, seine feste Heimat hat er jedoch im Horrorfilm gefunden, da für ihn kein anderes Genre solch eine breite Variation an Themen und Spielarten zulässt. Kontroverser Ekelschocker, verstörender Psychothriller oder Elevated Horror – fast alles ist gern gesehen, auch wenn er zugeben muss, dass er einen Sweet Spot für blutrünstig erzählte Geschichten besitzt.
Tobi geht zum Lachen jedoch nicht (nur) in den blutverschmierten Keller, sein Herz schlägt unter anderem bei Helge Schneider, dänischem schwarzen Humor oder den Disyneyfilmen seiner Kindheit höher.
Kinogänge vollzieht er am liebsten im städtischen Programmkino, zum Leidwesen seiner filmisch weniger affinen Freunde, meidet er große Kinoketten wie der Teufel das Weihwasser. Am liebsten geht er seiner Filmleidenschaft jedoch in den eigenen vier Wänden nach, um den viel zitierten Pile of Shame seiner physischen Filmsammlung abzuarbeiten.
Tobi lebt in Sachsen-Anhalt, ist beruflich in einer stationären außerklinischen Intensivpflege verankert und hat mit der Begeisterung zum Film und dem Schreiben darüber den für sich perfekten Ausgleich zum oftmals stressigen Arbeitsalltag gefunden.

