In Keine Zeit zu sterben war er noch der Gegenspieler für James Bond, jetzt wird Rami Malek für The Amateur selbst zum Agenten – allerdings einem, der im Gegensatz zu Bond eher unverhofft in diese Rolle schlüpfen muss. Wie schlägt sich der Bohemian Rhapsody-Star als „Normalo“, der zu speziellen Mitteln greifen muss?
The Amateur – Die offizielle Handlung
Charlie Heller (Rami Malek) ist ein brillanter, aber stark introvertierter Decoder für die CIA, der in einem Kellerbüro am Hauptsitz in Langley arbeitet. Sein Leben gerät aus den Fugen, nachdem seine Frau bei einem Terroranschlag in London getötet wird. Als seine Vorgesetzten sich weigern, Maßnahmen zu ergreifen, nimmt er die Sache selbst in die Hand und begibt sich auf eine gefährliche Reise rund um den Globus, um die Verantwortlichen aufzuspüren. Sein Intellekt dient ihm dabei als ultimative Waffe, um seine Verfolger abzuschütteln und seinen Racheplan in die Tat umzusetzen.
mr.Robot goes CIA
The Amateur ist ein Paradebeispiel für einen Film, dem das eigene Marketing zum Verhängnis werden kann. Wer den Trailer gesehen hat, erhofft sich mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens einen Agenten-Actionthriller der Güteklasse „Bourne“. Doch bei einigen kleineren Überschneidungen ist dieser neue Streifen von der Reihe mit Matt Damon ziemlich weit weg. Gleichen sich zumindest noch das Springen von einem internationalen Schauplatz zum anderen und das mehrdimensionale Katz-und-Maus-Spiel, so ist – entgegen der Suggestion über den Trailer – das Werk von James Hawes mindestens um drei Stufen ruhiger. Vor allem in puncto Action ist das, was man hier vor den tollen Kulissen zeigt, für diejenigen, die hier eben einen hohen Stellenwert drauf legen, ziemlich ernüchternd. Denn zum einen sind die Action-Szenen für zwei Stunden Laufzeit rar gesät und zum anderen ist vor allem alles was in Sachen Nahkampf passiert ziemlich dilettantisch inszeniert und zum Teil durch den Schnitt fast zur Unkenntlichkeit entstellt.
Actionfans kommen also auf keinen Fall hier auf ihre Kosten. Aber es mag mit Gewissheit kein Zufall sein, dass man in dieser Literaturverfilmung ausgerechnet Rami Malek gecastet hat, der als mr.Robot quasi schon mehrjährige Hacker-Erfahrung in der Vita vorweisen kann. Den IT-Nerd nimmt man ihm daher voll ab und entsprechend auch die im Film vermittelte Unfähigkeit für etwaige andere Agenten-Skills. Bezüglich dessen, was man vom Oscar-Preisträger in einer solchen Rolle erwarten darf, wird man definitiv nicht enttäuscht sein, von der Art und Weise, wie er als socialy awkward Geek mit Hochbegabten-IQ hier auftritt und mit seinen Leinwandpartnern interagiert.
Paranoia …
The Amateur ist immer dann stark, wenn uns als Zuschauer:innen ein womöglich ziemlich realitätsnahes Bild der technischen Möglichkeiten anno 2025 gezeigt werden. Die omnipräsente Videoüberwachung, die Tracking-Optionen, die Zugänglichkeit zu hochgefährlichen Fähigkeiten über YouTube-Videos etc. Im zeitgemäßen Update des klassischen Neunziger-Thrillers der Marke Staatsfeind Nr. 1 funktioniert dieser Geheimdienst-Streifen ziemlich gut, vor allem, weil man vielfach auch die Bilder sprechen lässt und kaum expositionelle Dialoge Platz im Skript haben. Das schürt beim Publikum tatsächlich ein Unwohlsein, das vor allem für Leute mit Neigung zur Paranoia getriggert werden könnte. Das gelang in ähnlicher Weise auch der Serie The Capture vor einiger Zeit, die ironischerweise auch in London ihren Ursprung nahm.
… und ungenutztes Potenzial
Doch eingebettet in den sehr vorhersehbaren Rachefeldzug ist dieses Element dann eben nur ein Aspekt in einer Gesamtrechnung, die am Ende nicht ganz aufgeht. Einige Logiklöcher schmälern das Vergnügen, genauso wie die Tatsache, dass im wahrlich namhaften Cast mit Ausnahme von Rami Malek, der hier wirklich abliefert, kaum einer darstellerisch dem Thriller noch seinen Stempel aufdrücken kann. Laurence Fishburn ist dann auch tatsächlich etwas fehlbesetzt als Mischung aus Gegenspieler und Mentor. Wenn einer auch in wenigen Szenen einem Projekt noch einen Push geben kann, dann ist dies Jon Bernthal, dem auch hier wieder das Kunststück gelingt, mit minimaler Screentime die besten Dialogszenen und nachhaltigsten Momente zu haben.
Michael Stuhlbarg mit einem fast schon Cameo-artigen Auftritt ist auch eine Bereicherung, aber wenn jemand aus dem Cast noch positiv hervorgehoben werden muss, dann ist es die eher unbekannte Caitríona Balfe (Belfast), die hier in einem Abschnitt mit Heller auf eine sehr persönliche Art zusammenarbeitet und ein paar intime Momente kreiert, in denen der fast schon autistisch-kalte Analyst Emotionen zulassen kann. Insgesamt ist es aber analog zu The Accountant auch hier schwierig mit dem unnahbaren Protagonisten tatsächlich zu sympathisieren oder mitzufiebern.

© 2024 20th Century Studios.
Unser Fazit zu The Amateur
The Amateur hinterlässt weder einen bleibenden Eindruck noch hat man während des Schauens einer emotionalen oder actionreichen Achterbahnfahrt beigewohnt. Man hangelt sich mit einem schwer zu fassenden Protagonisten durch einen linearen Plot in einer wahnsinnig komplexen Geheimdienstwelt. Wenn man jedoch von Beginn an weiß, dass hier keine Mission: Impossible-Alternative aufwartet, sondern eher ein Charakterdrama über einen ganz speziellen Menschen, der sich mit seinen Mitteln einen Weg bahnt in einem Metier, das für Typen wie ihn quasi lebensfeindlich ist, dann bekommt man eine gut inszenierte Paranoia-Tour durch Europa mit einem stark aufspielenden Rami Malek.
The Amateur läuft seit 10. April 2025 bei uns in den Kinos.
Daheim in Oberfranken und in nahezu allen Film- und Serienfranchises, schaut Jan mehr als noch als gesund bezeichnet werden kann. Gäbe es nicht schon den Begriff Serienjunkie, er hätte bei über 200 Staffeln im Jahr für ihn erfunden werden müssen. Doch nicht nur das reine Konsumieren macht ihm Spaß, das Schreiben und Sprechen über das Gesehene ist mindestens eine genauso große Passion. Und so ist er inzwischen knapp fünf Jahre bei Filmtoast an Bord und darf hier seine Sucht, ähm Leidenschaft, ausleben. Die wird insbesondere von hochwertigen HBO- und Apple-Serien immer wieder aufs Neue angefacht und jeder Kinobesuch hält die Flamme am Lodern. Es fällt Jan, wie ihr euch bestimmt wegen der Masse an Geschautem vorstellen könnt, schwer, Lieblingsfilme, -serien oder auch nur Genres einzugrenzen. Er ist und bleibt offen für alles, von A wie Anime bis Z wie Zack Snyder.