In den 80er Jahren konnte man die Italiener reinen Gewissens als Zombienation bezeichnen. Nach all den Jahren versucht Daniele Misischia mit The End? einen weiteren italienischen Vertreter im international erfolgreichen Zombiesektor zu etablieren.
[su_youtube URL=“https://www.youtube.com/watch?v=yN7q2PoVTBo“]

Horrorland Italien
Dario Argento, Lucio Fulci, Ruggero Deodato, Umberto Lenzi – Namen bei denen dem geneigten Horrorfan die Augen vor Anerkennung leuchten. Auch wenn die Regiearbeiten der genannten Herren im Vergleich nicht unterschiedlicher sein könnten, so hat jeder sein Subgenre geprägt.
Vor allem Fulcis durchaus trashige Zombiewerke rund um Woodoo, Ein Zombie hing am Glockenseil oder Die Geisterstadt der Zombies haben sich mit respektablem Blutzoll, Gedärmschlingen und dem eifrigen Einsatz von Gewürm in die Herzen der Splatter- und Gorefans gematscht.
Die letzten Zombiefilme aus Italien konnten jedoch nicht wirklich an alte Zeiten anknüpfen. Mangelnde Innovation und Qualität ließen sie zu Massenware von der Stange verkommen. Misischia geht daher einen relativ riskanten Weg: er münzt die Zombieapokalypse zum Kammerspiel um.

Wer sitzt denn da in der Klemme in the End?
Claudio Verona ist narzisstischer Geschäftsmann, dem sämtliche Menschen um ihn herum entweder völlig egal oder lästig sind: sein Chauffeur, seine Praktikanten, seine Geschäftspartner und ebenso seine Frau. Als er auf dem Weg zu einem enorm wichtigen Meeting allerdings mit dem Fahrstuhl stecken bleibt, ist er plötzlich auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. Und noch viel mehr, als er über Telefonate erfährt, dass auf den Straßen plötzlich die Menschen durchdrehen und sich gegenseitig anfallen…

Kammerspiel meets…
Die Idee, eine Gefahrensituation an einem vermeintlich sicheren Ort aussitzen zu können, ist sicherlich nicht neu. Hier wird die Situation auf das Minimum reduziert: ein Mann in einem Fahrstuhl; draußen hungrige Zombies, die in das Innere der metallenen Kammer gelangen wollen. Bis zu Claudios Erkenntnis, was um ihn herum passiert, also eigentlich die ideale Voraussetzung für klaustrophobisches Terrorkino.
Dummerweise weiß der Zuschauer aber lange vor Claudio was in der Außenwelt geschieht. Spannung, geschweige denn ein Überraschungsmoment will sich so nicht recht einstellen. Zusätzlich ist Claudio ein solcher Unsympath, dass sich Mitleid und Mitfiebern in Grenzen halten.
Glücklicherweise wird ihm vom Drehbuch eine Entwicklung zugestanden, die ihn nicht urplötzlich zum Philantropen mutieren lässt, ihn aber doch nahbarer und menschlicher werden lässt.
Leider bleibt die Spannung trotzdem für lange Zeit immer wieder mal auf der Durststrecke. Im Endeffekt präsentiert sich The End? als durchgehende Wiederholung der immer gleichen Szenen und Abläufe. Claudio, wie er panisch aus dem Fahrstuhl schielt. Claudio, wie er um Hilfe ruft. Mitarbeiter X, Y oder Z, der vorbei stolpert und kurzzeitige Abwechslung verspricht.

…Zombieaction
Dank einiger sich ereignender Begegnungen, kommt Claudio im Laufe der Spielzeit allerdings doch noch in den Luxus, sich aktiv seiner Haut erwehren zu können.
Obwohl mit Pistole und Schrotflinte rabiatere Möglichkeiten Einzug halten, überlagert die Action nie den kammerspielartigen Charakter. Der Großteil der Geschehnisse findet noch immer im Off statt. Mittels Smartphone und Funkverbindung erfahren er und die Zuschauer, was außerhalb des Blickwinkels geschieht. Das erscheint auf dem Papier wie ein spannungsgeladener Selbstläufer, ermüdet aber in der Praxis durch seinen repetitiven Charakter leider doch zu sehr. Trotzdem: in der derzeit von frontaler Zombieaction bevölkerten Filmlandschaft nimmt The End? damit eine sehenswerte Außenseiterrolle ein.
Ist man sich im Klaren darüber, dass die Quintessenz schnell durchschaut ist, bietet der Film noch immer solide Unterhaltung. Die großspurigen Splattereffekte sucht man übrigens vergeblich. Es werden zwar eine Kopfschüsse verteilt, aber der Trailer verspricht einen offensiveren Einsatz blutiger Sauereien als er tatsächlich stattfindet.
So mag The End? am Ende ein würdigerer Eintrag im Kapitel der Zombiefilme Italiens sein als die Vertreter nach der Jahrtausendwende. Der italienische Splatter- und Gekrösepapst bleibt aber wohl auf immer Lucio Fulci.
© EuroVideo Medien GmbH
Tobi ist bereits gute 7 Jahre an Bord und teilt so fast 20% seiner Lebenszeit mit Filmtoast. Wie es ursprünglich dazu kam ist so simpel wie naheliegend. Tobi hatte unregelmäßig auf Seiten wie Schnittberichte Reviews zu Filmen verfasst und kam über diverse facebooksche Filmgruppen und –diskussionen in Berührung mit dem damaligen Team von Filmtoast (die Älteren erinnern sich: noch unter dem Namen Movicfreakz) und wurde daraufhin Teil dessen.
Thematisch ist er aufgeschlossen, seine feste Heimat hat er jedoch im Horrorfilm gefunden, da für ihn kein anderes Genre solch eine breite Variation an Themen und Spielarten zulässt. Kontroverser Ekelschocker, verstörender Psychothriller oder Elevated Horror – fast alles ist gern gesehen, auch wenn er zugeben muss, dass er einen Sweet Spot für blutrünstig erzählte Geschichten besitzt.
Tobi geht zum Lachen jedoch nicht (nur) in den blutverschmierten Keller, sein Herz schlägt unter anderem bei Helge Schneider, dänischem schwarzen Humor oder den Disyneyfilmen seiner Kindheit höher.
Kinogänge vollzieht er am liebsten im städtischen Programmkino, zum Leidwesen seiner filmisch weniger affinen Freunde, meidet er große Kinoketten wie der Teufel das Weihwasser. Am liebsten geht er seiner Filmleidenschaft jedoch in den eigenen vier Wänden nach, um den viel zitierten Pile of Shame seiner physischen Filmsammlung abzuarbeiten.
Tobi lebt in Sachsen-Anhalt, ist beruflich in einer stationären außerklinischen Intensivpflege verankert und hat mit der Begeisterung zum Film und dem Schreiben darüber den für sich perfekten Ausgleich zum oftmals stressigen Arbeitsalltag gefunden.