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    Startseite » Brand New Cherry Flavor
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    Brand New Cherry Flavor

    Jan Wernervon Jan Werner20. August 2021Keine Kommentare6 min Lesezeit
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    Auf einer Vernissage: Drei Personen bei einer Performance Kunstinstallation
    BRAND NEW CHERRY FLAVOR Episode 101 of BRAND NEW CHERRY FLAVOR Cr. SERGEI BACHLAKOV/NETFLIX © 2021
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    Vielen Serien bei Netflix merkt man deutlich an, dass sie so viele Zuschauer wie möglich erreichen sollen und deswegen erzählerische Experimente scheuen. Brand New Cherry Flavor ist allerdings genau so ein Experiment, das nicht bei jedem funktionieren wird. Erfahrt hier, weshalb dies trotzdem ein Glücksfall ist!

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    Das deutsche Poster zur Serie Brand New Cherry Flavor zeigt das Porträt der Protagonistin mit einem Auge in Kirschform im Mund.
    Das deutsche Poster zur Miniserie © Netflix

    Brand New Cherry Flavor – Abgesang auf die (Alb)traumfabrik

    Die junge Regisseurin Lisa Nova begibt sich im zwar sonnigen, aber dennoch düsteren Los Angeles der 1990er Jahre auf einen verstörenden übernatürlichen Rachefeldzug…

    Lisa Nova mit einer brennenden Zigarette im Mund in der Nahaufnahme aus Brand New Cherry Flavor
    Rosa Salazar spielt die Regisseurin Lisa Nova © Netflix

    In dieser Kritik wird möglichst wenig auf die konkrete Handlung eingegangen, da Niemandem die wirklich gut eingewobenen Überraschungsmomente vorweggenommen werden sollen. Jedoch ereignen sich am Ende des Pilotfilms Dinge, die erst deutlich machen, in welchem Genre sich die Serie bewegen wird. Wer komplett ohne Vorkenntnisse an die Miniserie herangehen will, sollte daher diese Review erst lesen, wenn er mindestens die erste Folge gesehen hat, da auf diese doch etwas genauer einzugehen sein wird. Diese Kritik soll dann aber ohne große Spoiler zu den Folgen 2 bis 8 auskommen.

    Entzaubertes Hollywood

    Wenn eine Sache schon in der Pilotfolge relativ schnell deutlich wird, dann, dass Brand New Cherry Flavor alles andere als eine Romantisierung des Hollywoodzirkus‘ sein wird. Lisa (Rosa Salazar) muss sehr schnell erkennen, wie kaputt das System schon in den Neunzigern ist, lange bevor der Weinstein-Skandal die Missstände der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht hat. Sie stützt ihre Hoffnung, als Regieneuling ihr Projekt selbst verwirklichen zu dürfen, auf den schmierigen Produzenten Lou Burke (Eric Lange), der sehr schnell deutlich macht, was er als Gegenleistung für seine Gunst erwartet.

    Die Miniserie zeichnet ein äußerst abschreckendes Bild der Traumfabrik. Normale Menschen sucht man hier vergebens, widerwärtige Charaktere, fragwürdige Lebensentwürfe und zweifelhafte Selbstinszenierungen sind die Regel, nicht die Ausnahme. Es reichen wenige kurze Szenen, unter anderem ein Gespräch in einem Sushi-Restaurant und eine Vernissage, um jedem Zuschauer die Illusion von Glitzer und Glamour erst einmal zu ruinieren.

    Verrückter Mix, viele Referenzen

    Was die eigentliche Geschichte, die dann über die komplette Miniserie hindurch erzählt werden soll, betrifft, muss man sich bis zum Ende des Auftakts gedulden, um zu erkennen, in welche Richtung es hier geht. Dann erst nämlich tritt eine weitere Hauptfigur richtig in Erscheinung und der Stein gerät ins Rollen. Boro (Catherine Keener) bietet Lisa die Möglichkeit, sich für die Erniedrigung, den sie durch Lou erfahren hat, zu rächen. Doch diese Hilfe hat ihren Preis.

    !!! Achtung ab hier nun eine Spoilerwarnung für die Auftaktfolge !!!

    Sechs Personen stehen um ein Podest herum, auf dem eine Skulptur steht, die einen Schädel mit Stacheln übersät zeigt.
    Ein bizarres Exponat zieht die Blicke auf sich © Netflix

    Die mysteriöse, alte Dame ist nämlich augenscheinlich so etwas wie eine Hexe, und so gibt es in bester Faust-Manier eine Pakt zwischen ihr und Lisa: Für ihre Revanche am Filmproduzenten Lou Burke muss Lisa einen bestimmten Preis zahlen. Doch die Hexe lässt sich nicht etwa mit Geld bezahlen, sondern mit Katzenbabys, die die junge Regisseurin fortan in regelmäßigen Abständen aus sich heraus würgt.

    Brand New Cherry Flavor ist, soviel kann nach dem Piloten resümiert werden, eine moderne Variation klassischer Märchen- und Sagenstoffe, ein Abgesang auf den Mythos Hollywood, aber auch ein Fantasy-Rachethriller voller Symbole und im Laufe der acht Folgen noch einiges mehr. Und soviel sei verraten: Die Versatzstücke greifen exzellent ineinander.

    Ein Darstellertrio auf dem Schaffenszenit

    Dass dieses komplexe Konstrukt so gut funktioniert und sich über die komplette Laufzeit nur wenige Längen einschleichen, liegt in nicht unerheblichem Maße an den fantastischen Darbietungen der drei zentralen Charaktere. Rosa Salazar hat bereits in ihrem letzten Serienprojekt Undone unter Beweis gestellt, dass sie in solchen extravaganten Geschichten zuhause scheint. Hier schafft sie es mit Bravour, einerseits die naive Neue in Los Angeles zu verkörpern, die von den vorherrschenden Zuständen vor den Kopf gestoßen wird. Und andererseits spielt sie ihren äußeren und inneren Wandel beängstigend gut, sodass man im Laufe der Zeit immer weniger Angst um sie und immer mehr Angst vor ihr hat.

    Eric Lange wiederum hat die eigentlich undankbare Rolle des widerwärtigen Produzenten, der seine Machtposition voll auszuspielen weiß. Doch dem Darsteller gelingt es zum einen, anfangs nur subtil durchscheinen zu lassen, dass er doch nicht der selbstlose Ritter ist, als der er sich inszeniert. Zum anderen rückt sein Lou Burke Stück für Stück in die Opferrolle und mit zunehmender Hilflosigkeit entwickelt das Publikum fast so etwas wie Mitleid für das Ekel. Catherine Keener (Get Out) darf in der Rolle der mysteriösen Hexe hier vollkommen frei drehen. Trotz der klischeehaften Darstellung, die fast einer klassischen Märchenfigur gleicht, bleibt Boro unberechenbar und damit stets enorm bedrohlich.

    Ekelhaft, morbide, märchenhaft

    Für sensible Mägen ist Brand New Cherry Flavor definitiv nichts. Es wird nicht nur explizit und blutig, sondern einige Szenen stammen ganz klar aus dem Body-Horror-Bereich. Zusätzlich gibt es zahlreiches Krabbelvieh und Getier, wobei eine Szene in der ersten Folge, in der eine Horde Katzen einen Kojoten verspeist, nur eines von vielen Beispielen ist. Eine Zuordnung zu einem einzigen Genre fällt hier sehr schwer, denn ähnlich wie im vergangenen Jahr in der Serie Lovecraft Country wird auch hier wild zwischen verschiedensten Genres hin- und hergewechselt. Immer wieder fühlt man sich an die morbiden Welten aus Tim Burtons Werken erinnert. Dann gibt es Szenen, die eindeutig auf Cronenberg anspielen sollen. Und Reminiszenzen an David Lynch lassen sich auch nicht verbergen.

    Lisa (Rosa Salazar) und Boro (Catherine Keener) auf einer Ausstellungseröffnung. Lisa (links) trägt eine schwarze Lederjacke, Boro (rechts) einen Wintermantel und sie hält eine Katze vor sich in den Armen.
    Lisa trifft auf einer Vernissage auf die mysteriöse Boro © Netflix

    Die Serie ist nicht einfach zugänglich, auf die teils schon fragmentarische Struktur muss man sich einlassen können. Wenn man das kann, dann wird man sich an der Kreativität der Macher mit Sicherheit erfreuen. Es werden Bilder geboten, die man so noch nicht gesehen hat und lange nicht vergessen wird. Nicht selten wird es so bizarr, dass man ungläubig mit dem Kopf schütteln möchte. Doch zusammen mit der Stilsicherheit auch bei der musikalischen Gestaltungen ergibt sich von vorn bis hinten einfach ein stimmiges Gesamtbild, das angenehmerweise sehr weit von dem entfernt ist, was man ansonsten im Jahr 2021 bei den Marktführern so streamen kann.

    Unser Fazit zu Brand New Cherry Flavor

    Brand New Cherry Flavor ist über acht Folgen hinweg ein Seherlebnis der besonderen Sorte. Garantiert nicht für jedermann, aber definitiv für Genrefans ein Hochgenuss. Es fließt reichlich Blut, selbst Hartgesottene werden bei manchen Szenen nur schwerlich die Augen offenhalten. Die starken Schauspielleistungen, die zahlreichen Referenzen und Symbole und vor allem auch die spannende Geschichte lassen es aber trotzdem nicht zu, dass man hier wieder aussteigt, wenn man einmal vom Sog erfasst wurde.

    Brand New Cherry Flavor ist ab dem 13. August komplett bei Netflix abrufbar!


    © Netflix

    Jan Werner

    Daheim in Oberfranken und in nahezu allen Film- und Serienfranchises, schaut Jan mehr als noch als gesund bezeichnet werden kann. Gäbe es nicht schon den Begriff Serienjunkie, er hätte bei über 200 Staffeln im Jahr für ihn erfunden werden müssen. Doch nicht nur das reine Konsumieren macht ihm Spaß, das Schreiben und Sprechen über das Gesehene ist mindestens eine genauso große Passion. Und so ist er inzwischen knapp fünf Jahre bei Filmtoast an Bord und darf hier seine Sucht, ähm Leidenschaft, ausleben. Die wird insbesondere von hochwertigen HBO- und Apple-Serien immer wieder aufs Neue angefacht und jeder Kinobesuch hält die Flamme am Lodern. Es fällt Jan, wie ihr euch bestimmt wegen der Masse an Geschautem vorstellen könnt, schwer, Lieblingsfilme, -serien oder auch nur Genres einzugrenzen. Er ist und bleibt offen für alles, von A wie Anime bis Z wie Zack Snyder.

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