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Die fünf Bandmitglieder sind mit ihren Instrumenten beschäftigt. Von links nach rechts: Richard Manuel, Robbie Robertson, Rick Danko, Levon Helm und Garth Hudson.

The Last Waltz

The Last Waltz, der letzte Walzer, den die kultige Musikgruppe mit dem schlichten Namen „The Band“ tanzte, wurde von Meisterregisseur Martin Scorsese auf Zelluloid gebannt.

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TitelThe Last Waltz
Jahr1978
LandUSA
RegieMartin Scorsese
DrehbuchMardik Martin
GenreMusikfilm, Dokumentation
DarstellerRobbie Robertson, Rick Danko, Levon Helm, Richard Manuel, Garth Hudson, Martin Scorsese, Bob Dylan, Eric Clapton, Joni Mitchell, Neil Diamond, Neil Young, Ringo Starr u.v.m.
Länge116 Minuten
FSKab 6 Jahren freigegeben
VerleihJustbridge Entertainment
Das Cover des Mediabooks zu The Last Waltz zeigt in groß den goldfarbenen Schriftzug des Titels und darunter ein ebenfalls goldenes Konterfei der Band.
Das Cover des Mediabooks zu The Last Waltz, mit Booklet und Goldeffekt © Justbridge Entertainment

The Last Waltz – Hintergrund

Die in Urformation zwischen 1967 und 1976 auftretende „The Band“ – bestehend aus Robbie Robertson, Levon Helm, Rick Danko, Garth Hudson und Richard Manuel – gab an diesem Abend an Thanksgiving, dem 25. November 1976, ihr Abschiedskonzert. Unter den geladenen Stargästen befanden sich unter anderem Ronnie Hawkins, der Wegbereiter der Band, und Bob Dylan, mit dem sie in ihrer Anfangszeit Studioaufnahmen für dessen Album Basement Tapes einspielten und tourten. 5.000 Zuschauer konnten live Augenzeugen werden, für die Nachwelt des neun Stunden andauernden Abends hielt Regisseur Martin Scorsese diesen finalen Paukenschlag des klassischen Rock fest. Zwischen die Originalaufnahmen des Konzerts mischte Scorsese extra für den Film, der am 26. April 1978 Premiere feierte, angefertigte Aufnahmen auf einer Studiobühne ohne Publikum und eigens geführte Interviews. Heraus kam einer der besten Konzertfilme aller Zeiten.

Perfekt geplant…

Das liegt zum einen an der fantastischen Inszenierung. Unter der Führung des kürzlich verstorbenen Michael Chapman, der unter anderem auch Scorseses Taxi Driver und Wie ein wilder Stier bebilderte, versammelte sich eine ganze Riege extrem kompetenter Kameramänner hinter den Aufnahmegeräten: Michael W. Watkins (Mach ein Kreuz und fahr zur Hölle), Vilmos Zsigmond (Die durch die Hölle gehen), Hiro Narita (Star Trek VI: Das unentdeckte Land), David Myers (THX 1138) und László Kovács (Easy Rider). Martin Scorsese leitete das Ensemble hinter den Linsen perfekt durchgeplant durch das Konzert. Der Regisseur erstellte aufgrund der Songliste eine Art musikalisches Skript, in dem er anhand der Lyrics, Instrumenteneinsätze und Musikwechsel auf 300 Seiten genau plante, wer, was, wann, wo und wie zu sehen sein würde. Im Gegensatz zu allen bis dahin gedrehten Konzertfilmen – und den meisten danach – wird dabei keinerlei Fokus auf Publikumsreaktionen gesetzt, sie sind mehr Hintergrundrauschen.

Die Mitglieder von The Band spielen zusammen mit allen Gaststars Bob Dylans "I shall be released". Über den Musikern sind drei Kronleuchter zu erkennen und im Vordergrund steht abgedunkelt das Publikum.
The Band und die Gaststars vor wunderbarer Kulisse © Justbridge Entertainment

Das Publikum ist hier eine Art stumme und gesichtslose Masse an Köpfen, die in manchen Aufnahmen zwar zu sehen ist, auf der Bildebene aber nie eine tragende Rolle einnimmt. Trotzdem ist es nicht wegzudenken. Für das ekstatische Erlebnis, die durch Schweiß und Drogen geschwängerte Atmosphäre des Rock’n’Roll-Abends sind es essenziell. Dagegen wirken die Künstler fast so, obwohl in Großaufnahmen eigentlich extrem präsent, als würden sie sich der Kamera unterwerfen. Die Kamerafahrten, Zooms und der so natürlich wirkende Schnitt sind definitiv ein Highlight von The Last Waltz.

… und trotzdem dem Zufall überlassen

Die längste Einstellung des Films ist hierbei am Anfang von Muddy Waters Performance von Mannish Boy zu sehen. Das passt ob seiner ruhigen, fast an eine Predigt erinnernden Vortragsart wie die Faust aufs Auge, ist aber tatsächlich dem Zufall geschuldet: Zum Auftritt der Blues-Legende ging allen Kameramännern, bis auf László Kovács, das Filmmaterial aus. Und der filmte nur weiter, weil er seine Kopfhörer auf stumm geschalten hatte (Scorseses andauernde Durchsagen nervten ihn) und somit nicht mitbekam, dass er eigentlich gar nicht hätte filmen sollen. Das Nachlegen der Filmrollen wurde von den anderen Männern hinter den Objektiven aber glücklicherweise sehr zügig ausgeführt. Und so konnte perfekt zum plötzlich aufspringenden und vor Energie zitternden und tanzenden Waters auf eine andere Perspektive gewechselt werden. Ein mitreißender Moment, der auch den letzten Zuschauer zum mitwippen animieren dürfte.

Die fünf Bandmitglieder sind mit ihren Instrumenten beschäftigt. Von links nach rechts: Richard Manuel, Robbie Robertson, Rick Danko, Levon Helm und Garth Hudson.
The Band spielt auf einer Studiobühne extra Songs ein © Justbridge Entertainment

Das Koks und die Eitelkeiten

Scorsese, der selbst später zugab, während der Aufnahmen einiges an Kokain geschnupft zu haben (damals litt er noch an einer extremen Drogensucht), hatte indes natürlich – immerhin handelt es sich hier um Rock’n’Roller durch und durch – auch mit einigen Problemen zu kämpfen. Denn auch Neil Young leitete bereits im späten November öffentlich den Winter ein; der berauschende Schnee, der in den Originalaufnahmen deutlich unter der Nase Youngs zu sehen ist, musste später in der Postproduktion aufwändig retuschiert werden. Außerdem monierte Dylan bis kurz vor seinem Auftritt noch, dass er eigentlich gar nicht gefilmt werden wollte. Er hatte schlicht und einfach Angst, dass The Last Waltz mit seiner eigenen Regiearbeit, Renaldo and Clara (auch 1978), in Konkurrenz antreten würde. Scorsese gelang es gemeinsam mit dem Besitzer der Location, ihn noch umzustimmen. Es durften aber nur die letzten beiden Lieder des einzigartigen Songwriters im fertigen Film benutzt werden.

Martin Scorsese und die Musik

Diese Streitigkeiten wurden allerdings offensichtlich komplett aus der Welt geräumt, schließlich widmete der Regisseur Dylan später noch zwei Filme: No Direction Home – Bob Dylan (2005) und erst letztes Jahr den herausragenden pseudo-dokumentarischen Rolling Thunder Revue: A Bob Dylan Story by Martin Scorsese. Schon am Schnitt von Woodstock (1970) zum gleichnamigen, legendären Musikfestival beteiligt, richtete Scorsese später den Scheinwerfer auf weitere Größen der Musikbranche: In Shine a Light (2008) auf die Rolling Stones, in George Harrison (2011) auf den Leadgitarristen der Beatles. Doch auch abseits reiner Dokumentation ist seine Leidenschaft für Musik, nicht zuletzt durch den cleveren Einsatz von Rock- und Popmusik in seinen Kinofilmen, ganz klar zu erkennen.

Das Schwarz-Weiß-Bild zeigt Robbie Robertson und Martin Scorsese hinter den Kulissen zu The Last Waltz in einem Gespräch vertieft.
Robbie Robertson und Martin Scorsese planen die Aufnahmen © Justbridge Entertainment

Während er für The Last Waltz angeheuert wurde, war er derweil vertraglich eigentlich noch an sein Musical-Projekt New York, New York mit Liza Minnelli und Robert De Niro gebunden. Der Perfektionist musste sich also zeitgleich um die Postproduktion von zwei Projekten kümmern, weswegen The Last Waltz erst eineinhalb Jahre nach dem Konzertabend veröffentlicht wurde. 1987 dann drehte er sein bisher einziges Musikvideo zu Michael Jacksons Bad. Fürs Fernsehen realisierte er mit den Serien The Blues (2003) und Vinyl (2016) später außerdem noch als ausführender Produzent sowie jeweils als Regisseur der ersten Folge zwei weitere Musikprojekte. Robertson freundete sich während der Produktion von The Last Waltz mit Scorsese an und komponierte neben dem Soundtrack zu Die Farbe des Geldes (1986) zuletzt auch den zu The Irishman (2019).

Auslassungen für The Last Waltz

Das außerordentliche Gespür für die Bebilderung von musikalischen Auftritten hievt The Last Waltz auf ein unerreichtes Podest. Der Film fokussiert sich rein auf das Konzert des Abends an Thanksgiving 1976, dabei war es eigentlich ein riesiges Event. Im Winterland Ballrom in San Francisco, in dem The Band auch ihr erstes Konzert spielten, wurde bereits um 17 Uhr zum Truthahn-Dinner geladen, danach konnten die etwa 5.000 Besucher Walzer tanzen. Das eigentliche Konzert startete dann gegen 21 Uhr, bei dem die musikalischen Auftritte sich mit poetischen abwechselten: Es traten damals auch angesagte Dichter wie Lenore Kandel oder Robert Duncan auf. Auch die Jam-Sessions mit Beteiligung von Stephen Stills waren im fertigen Film nicht zu sehen, sind aber als Bonusmaterial auf der vorgestellten Neuveröffentlichung. Der Abend endete schließlich um 2 Uhr nachts.

Der letzte Walzer ist getanzt

Während vieles vom eigentlichen Abend für den fertigen Film also ignoriert wurde, mischte Scorsese zwischen die Musikstücke allerdings noch Aufnahmen von zwei extra eingespielten Songs auf einer Studiobühne und eigens geführte Interviews. Und schon die ersten Bilder zeigen die besondere, künstlerische Herangehensweise. Die Schrift der Titelsequenz wird durch ein Walzer-tanzendes Paar wortwörtlich „weggetanzt“. Zusammen entsteht eine harmonische Visualisierung des damaligen Zeitgeistes. Die Anekdoten und Erzählungen der Band-Mitglieder sind dabei als Porträt des Rock’n’Roll zu sehen. Dabei schlägt vor allem Robertson aber auch nachdenkliche Töne an: „Es ist ein unmöglicher Lebensstil“, sagt er im Bezug auf das Tour-Leben – und nennt einige Künstler, die genau das leider nicht überlebten.

In The Last Waltz stehen zahlreichen Rockstars gemeinsam auf der Bühne. In diesem Bild von links nach rechts: Dr. John, Neil Diamond, Joni Mitchell, Neil Young, Rick Danko, Van Morrison, Bob Dylan und Robbie Robertson.
Rockstars gemeinsam auf der Bühne – ein Moment für die Ewigkeit © Justbridge Entertainment

Tatsächlich formierte sich The Band ohne Robertson 1983 neu und machte jahrelang weiter klassische Rockmusik. Doch nachdem sich Richard Manuel 1986 nach einem Konzert das Leben nahm und Rick Danko 1999 an einem Herzversagen verstarb, löste sich die Gruppe schließlich komplett auf. Im Film jedoch überwiegt ganz klar ein positives Gefühl. Es ist eine große Liebeserklärung an den psychedelischen Rock’n’Roll der 1960er und 70er Jahre und an die Musik per se. Wenn dann alle zusammen auf der Bühne Dylans I shall be released singen, mit Ringo Starr am Schlagzeug und Ron Wood an der Gitarre, dann ist das ein absolut denkwürdiger Moment. Und gleichzeitig ein Schlussstrich. Denn Ende der 1970er galt der klassische Rock als besiegelt, neue Richtungen wie der Punk lösten ihn ab. Ein filmisches Denkmal also, das nun durch ein gestochen scharfes Bild und glasklaren Ton eine würdige Blu-ray-Umsetzung spendiert bekommt.

Unser Fazit zu The Last Waltz

Der Rockmusikfilm wird mit den Worten „Es begann als Konzert und endete als Ekstase“ beworben. Das klingt etwas pathetisch, trifft es aber tatsächlich ganz gut. In den zwei Stunden des Filmes überträgt Regisseur Martin Scorsese die ekstatische Atmosphäre des Abends auch auf den Zuschauer. Mit Klassikern der Musikgeschichte, vorgetragen von ein paar der größten Künstlern des 20. Jahrhunderts, drogengeschwängerten Interviews und Studioaufnahmen, vermittelt The Last Waltz den Zeitgeist der Ära Rock’n’Roll perfekt. Das mit der Kamera virtuos eingefangene Konzert bekommt nun eine verdiente Blu-ray, Klang und Bild sind dabei grandios.

Der legendäre Konzertfilm erscheint am 23. Oktober 2020 erstmals in Deutschland auf Blu-ray als hochwertiges Mediabook und auf DVD.

Unsere Wertung:

 

 

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© Justbridge Entertainment

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