Mit Vanilla Sky setzte Cameron Crowe ein Remake des spanischen Psycho-Thrillers Öffne die Augen als glänzendes Hochglanz-Produkt mit Starbesetzung um. Ob es das Vorbild aussticht und auch heute noch hell erstrahlt, erfahrt ihr in unserer Review!
Die Handlung von Vanilla Sky
David Aames (Tom Cruise), einst junger Erbe eines Verlagsimperiums und Lebemann, sitzt in einem Gefängnis dem Psychiater Dr. McCabe (Kurt Russell) gegenüber. Er soll Sofia (Penélope Cruz), die Liebe seines Lebens, umgebracht haben. Sein Gesicht ist unergründlich, er verbirgt es seit einem Unfall hinter einer Maske. Die verschmähte Geliebte Julie (Cameron Diaz) hat in einem Akt der Verzweiflung ihn und sich selbst mit ihrem Auto über eine Brücke gefahren. Sie ist dabei umgekommen, während er selbst entstellt überlebte. Verstört rekonstruiert David mit McCabe seine letzten Monate. Ist er vielleicht verrückt geworden?
Ein fast deckungsgleiches Remake
Als Remake des Thrillers Öffne die Augen von Alejandro Amenábar aus dem Jahr 1997 änderte der Film von Cameron Crowe vor allem den Schauplatz der Handlung und die Namen der Protagonisten. Inhaltlich blieb der Hollywood-Streifen dagegen sehr nah an der Vorlage, der Handlungsverlauf wurde nahezu identisch übernommen. Vanilla Sky beginnt mitten in der Handlung und rollt die Hintergründe über die Erzählungen Davids auf. Der Millionenerbe wird dabei zwar als charmant, aber genauso egozentrisch dargestellt. Hinter seiner lächelnden Fassade steckt ein großes Kind, das ein Nein nicht so einfach akzeptiert. Es passt nur zu gut, dass er sich ausgerechnet in Sofia verliebt, die seinen anscheinend einzigen Freund Brian, einem erfolglosen Autor, den er protegiert, zu seiner Geburtstagsfeier begleitet.
Die Schattenseiten seines Lebensstils wie seines Selbstbilds offenbaren sich, als seine verschmähte Geliebte Julie ihn schließlich in einen folgenschweren Unfall verwickelt. Es zeigt sich, dass David nie ein Mensch war, der sich mit den Konsequenzen seines Handelns auseinander setzen musste. Ohne sein gewinnendes Lächeln scheint er hilflos und steckt in einer Identitätskrise, aus der er alle ausschließt. Doch das ist erst der Anfang seines Alptraums.
Tatsächlich schafft es Brian, ihn wieder unter Menschen zu zerren, wo er Sofia trifft. Der Abend verläuft zwar katastrophal, doch liest ihn die hinreißende Frau am nächsten Morgen verkatert in einer schmutzigen Gasse auf, ihre Liebe blüht erneut auf. Und plötzlich gelingt es den Ärzten, Davids Gesicht wiederherzustellen. Alles scheint wieder im Lot. Doch der Schein trügt, und die Realität um ihn herum gerät allmählich ins Wanken. Alpträume, Wahnvorstellungen und unheimliche Begegnungen lassen ihn an seinem Verstand zweifeln.
Verschenktes Potenzial
Cameron Crowe versteht es gut, mit seinen Hochglanzbildern einzulullen. Mit der Abbildung des elitären Manhattan und dem Lebensstil des reichen Erben David beflügelt er Sehnsüchte und Fantasien. Der schon im Filmtitel verankerte vanillene Himmel entpuppt sich als idealisiertes Postkartenmotiv, was leider allzu sehr auf die Handlung abfärbt. Denn mehr noch als im Original verkommt die zentrale Romanze in Vanilla Sky zum Äquivalent eines pulpigen Liebesromans. Das ist sicherlich im Ansatz so gewollt, nimmt aber der Hauptfigur erheblich an Tiefe und degradiert die große Liebe zu einem bloßen Instrument, um schließlich den dramaturgischen Kniff der Geschichte zu vollziehen. Das Skript lässt die Figuren verflachen, entreißt ihnen jegliches Identifikationspotenzial. Es beraubt der Dramaturgie ihres Impacts, nimmt einen erheblichen Teil der Spannung aus dem Spiel.
Der Abstieg in die persönliche Hölle, der tiefe Sturz aus dem Himmel emotionaler Erfüllung in Selbstzweifel und Wahnvorstellungen, wird begleitet von kitschigen Bildern und klischeehaften Manierismen. Da hilft es auch nichts, dass die Bildgestaltung bei genauem Hinsehen viel kleine Details offenbart, die die Auflösung der Geschichte teasern. Oder die Dialoge zwischen Psychiater und Patient, zu denen hin und wieder gewechselt wird, sich in eine bestimmte Richtung entwickeln. Das ist zugegebenermaßen geschickt arrangiert, aber auch eigentlich fast identisch vom spanischen Original übernommen. Doch dort durchlebte die Hauptfigur César eine Wandlung. Anfangs noch ein egomanisches Arschloch, offenbarte er eine sanfte Seite, Einfühlungsvermögen und tiefe Gefühle. David Aames dagegen ist nur noch ein Abziehbild dessen – ein verwöhntes Kind, dem man aufgrund seines Charmes aber schnell vergibt.
Eine glattgebügelte Hochglanzproduktion
Rein inszenatorisch schafft es Cameron Crowe, einige Holprigkeiten von Amenábars Original auszuwetzen. Auch optisch spielt Vanilla Sky, dank eines mehr als großzügigen Budgets seitens Paramount wenig verwundernswert, in einer anderen Liga als sein Vorbild. Auch der Verzicht auf den allzu naiven Gebrauch von technischem Jargon, der bei Öffne die Augen heutzutage eher belustigt, ist begrüßenswert. Doch verbaut sich Crowe durch die glatt gebügelten Charaktere seines Drehbuchs die Chance, sich auch inhaltlich abzusetzen. Im Endeffekt stellt es sogar einen Rückschritt dar. Umso verwunderlicher scheint, dass einige vulgäre Dialoge zwischen Tom Cruise und Cameron Diaz Einzug fanden, die neben den Nacktszenen von Penélope Cruz sicher für das R-Rating des Films sorgten.
Im Endeffekt ist Vanilla Sky auch nur ein Starvehikel für Tom Cruise, der zwar sehr gut in die Rolle passt, aber wohl daran gut getan hätte, etwas mehr von seinen Erfahrungen aus Stanley Kubricks Eyes Wide Shot in die Produktion einzubringen. Cruise war zwar zur damaligen Zeit auf der Suche nach neuen Herausforderungen, liefert hier aber dann doch nur ab, was sein Publikum von ihm erwartet. Dagegen beweist sich Cameron Diaz als Scene Stealer, zeigt sich von einer dunkleren, dreckigen und vereinnahmenden Seite. Sie versuchte in dieser Zeit zu beweisen, dass sie mehr sein kann als das nette Blondchen. Penélope Cruz kann einem dagegen leid tun, da ihre Rolle einfach nur noch als Beiwerk zu Cruises Performance dient. Ihre Nominierung für die Goldene Himbeere war dann aber auch schon etwas hart. Jason Lee und Kurt Russell ergänzen den Cast manierlich, auch wenn letzterer zum Ende des Films ein wenig zum Chargieren neigt.
Unser Fazit zu Vanilla Sky
Cameron Crowes Remake versackt leider stetig unter seiner auf Hochglanz polierten Oberfläche. Vanilla Sky lullt den Zuschauer mit schönen Bildern ein, anstatt das an sich verstörende Geflecht in den Erinnerungen der Hauptfigur auch nur ansatzweise begreiflich zu machen. Es fällt zwar eine Zeit lang leicht, sich in dieser Welt zu verlieren, dennoch bietet die kaum tiefer ausgelotete Hauptfigur kein wirkliches Identifikationspotenzial. Er bleibt einem einfach zu fern, als das man mit ihm mitleiden und -fühlen könnte. Und so erweist sich die Fallhöhe bei seinem Abdriften in den Wahnsinn als zu gering, um wirklich mitreißen zu können. Das ist ob des betriebenen Aufwands sehr schade, denn der Film verspielt dadurch die Chance, mehr zu sein als ein schnödes Hollywood-Remake.
Zumindest kann die Blu-ray Fans des Films sicherlich mit dem neu gemasterten Bild erfreuen. Allerdings kommt die Disc dann auch „bare-bone“ – bis auf einen Trailer findet sich kein weiteres Begleitmaterial darauf.
Die Blu-ray zu Vanilla Sky ist am 18. November 2021 im Handel erschienen!
Unsere Wertung:
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