Westernstar Richard Widmark soll für Meisterregisseur John Sturges Das Geheimnis der fünf Gräber lüften. Was nach einer spannenden Pferdeoper klingt, entpuppt sich dann aber doch als eher laues Lüftchen. Warum das so ist, erfahrt Ihr hier.
Titel | Das Geheimnis der fünf Gräber (OT: Backlash) |
Jahr | 1956 |
Land | USA |
Regie | John Sturges |
Drehbuch | Borden Chase |
Genre | Western |
Darsteller | Richard Widmark, Donna Reed, William Campbell, John McIntire, Barton MacLane, Harry Morgan, Robert J. Wilke |
Länge | 84 Minuten |
FSK | ab 16 Jahren freigegeben |
Verleih | Koch Films |
Darum geht’s in Das Geheimnis der fünf Gräber
Jim Slater (Richard Widmark) sucht in Das Geheimnis der fünf Gräber den Mörder seines Vaters. Der alte Herr war vermeintlich eines von fünf Opfern eines Indianerüberfalls, bei dem ein sechster Mann sich unrühmlich von dannen machte. Wobei er sich wohl auch einen kleinen Schatz von 60.000 Dollar unter den Nagel riss. Als Slater gerade die Gräber der fünf Opfer ausheben will, um deren Geheimnis auf den buchstäblichen Grund zu gehen, kommt die schöne Karyl Orton (Donna Reed) hinzu. In schwarz gekleidet und mit Reitpeitsche ausgestattet ganz eine wildwestliche Femme fatale. Was zu einer Reihe von Missverständnissen und Nickeligkeiten zwischen Mann und Frau führt.
Die schöne Karyl ist auch auf der Suche, und zwar nach der Leiche ihres Angetrauten, die sich ebenfalls in einem dieser fünf Gräber befinden soll. Oder ist er etwa der geheimnisvolle Sechste? Oder sollte dies gar Slaters Vater sein, der seinen Tod nur vorgetäuscht haben könnte? Denn bis zum letzten Drittel des Films sind nur vier der Opfer identifiziert. Da es aber nicht nur um Tote und Lebende geht, sondern noch um etwas mehr als eine Handvoll Dollar, mischen auch einige böse Bubenbrüder (Harry Morgan, Robert J. Wilke) mit. Von denen Slater gleich zu Beginn einen erledigt. Indianer greifen auch noch an. Und im Showdown steht ein Krieg zwischen Rinderzüchtern und Viehdieben unmittelbar bevor – wobei natürlich auch Das Geheimnis der fünf Gräber gelüftet wird.
Ein großer Regisseur schwächelt
John Sturges gilt als einer der besten Westernregisseure der 50er und 60er Jahre. Was er mit großartigen Epen wie der nur ein Jahr nach Das Geheimnis der fünf Gräber entstandenen Wyatt-Earp-Saga Zwei rechnen ab schon früh unter Beweis stellte. Sein wichtigster Genrebeitrag ist die Kurosawa-Transposition Die glorreichen Sieben. Wobei die bemerkenswerte Vorliebe für Zahlen natürlich nur den deutschen Verleihern zu verdanken ist.
Der 1992 verstorbene Sturges war in jedem Fall ein großer Könner seines Fachs, dem es weniger um spektakuläre Inszenierungstricks ging als um psychologisch stimmige Geschichten. Das wird auch noch in seinen deutlich schwächer werdenden Altersfilmen Sinola mit Clint Eastwood oder Wilde Pferde mit Charles Bronson von 1972 und ’73 deutlich. Beide zeigen die damaligen Weltstars in etwas ungewöhnlichen Rollen. Umso verwunderlicher ist es, dass er gerade bei Das Geheimnis der fünf Gräber offenbar in die Trivialitäten früherer B-Film-Zeiten zurückfiel. Denn von psychologischer Glaubwürdigkeit ist bei diesem Streifen mit Western-Haudegen Richard Widmark nicht allzu viel zu spüren.
Klischeehaft und vorhersehbar
Die Charaktere sind klischeehaft gezeichnet, viele Handlungsstränge vorhersehbar und die Dialoge trotz des talentierten Borden Chase (Red River, Winchester 73), der das Geschehen zumindest gelegentlich mit einigen amüsanten Zeilen auflockert, mitunter arg simpel bis schmalzig. Was natürlich auch stark der den 50er Jahren verhafteten Synchronisation zu verdanken ist. Die stammt eben aus einer Zeit, als man dem deutschen Publikum offenbar nicht zutrauen durfte, das Städtchen Tucson auch so zu nennen, und lieber Taksen sagte. Auch die Gebrüder Welker als Bösewichte vom Dienst klingen nach den Walker Brothers. Diese Popband gab’s zwar erst in den 60ern, aber Welker klang den deutschen Übersetzern wohl nicht frisch genug.
Dennoch: Das Geheimnis der fünf Gräber beginnt vielversprechend – und eben geheimnisvoll. Während des Vorspanns sieht man die schwarze Witwe Karyl durch eine von Kandelaberkakteen malerisch gesäumte Ödnis reiten. Ein Gewehrträger beobachtet sie von einem Felsen aus. Sie erreicht die Ruinen von Gila Valley, zwischen denen Jim Slater eifrig am Buddeln ist. Als dann der Bösewicht schießt, glaubt Slater, dass die schöne Fremde da mit drin hängt. Und sie vermutet, dass er nur hinter dem verschwundenen Gold her ist. Von dem ihr aber die Hälfte zusteht, wie sie meint.
Das Geheimnis der fünf Gräber und das Geschlechterbild
Ja, es neckt sich, was sich am Ende auch lieben wird. Dass dazu die ein oder andere Ohrfeige gehört, ist hier so selbstverständlich wie der erzwungene Kuss. Und natürlich ist eine Verwundung des Mannes immer hilfreich bei der Liebesinitiation. Die Formel lautet: Mann ist verwundet, Mann darf kurz mal schwach sein, Mann darf Gefühle zeigen, Kuss und Abblende! Es ließe sich einwenden, dass Sturges die weibliche Hauptrolle doch ungewöhnlich dominant zeichnete. Beispiel: Sie raucht, er nicht. Sie hat die Hosen an! Und man vergesse nicht die Reitpeitsche. Doch das alles sind nur die typischen Äußerlichkeiten, die die „Eroberung des Weibes durch den Helden“ nur umso männlicher wirken lassen. Mann bleibt Mann, und irgendwann stellt Slater auch klar: „Es gibt Dinge, über die sich ein Mann klar sein muss.“ Alles klar?
Trotz zahlreicher Actionszenen zieht sich Das Geheimnis der fünf Gräber deutlich in die Länge, was kaum an der ohnehin schon knappen Laufzeit von nicht einmal eineinhalb Stunden liegen kann. Die Spannung hält sich in Grenzen. Doch immerhin ist die überraschende Lösung des Geheimnisses gut vorbereitet und plausibel erklärt. Wobei mit John McIntire als Obergauner auch die neben Widmark selbst erfreulichste Besetzung zu vermerken ist. Die absolute Skrupellosigkeit, mit der sein Jim Bonniwell nur nach den Gesetzen des Eigennutzes lebt, bringt er mit seinen markanten Gesichtszügen und aalglatten Bewegungen überzeugend rüber. Dass hier aber auch wieder ein junger, schwarz gekleideter Pistolero auftaucht, ist ein erneuter tiefer Griff in die Klischeekiste. Und dann muss dieser Flegel auch noch Johnny Ringo heißen.
Widmark reißt alles raus
Aber da ist eben auch noch Richard Widmark, der Das Geheimnis der fünf Gräber trotz aller Schwächen veredelt. Widmark war einer der sympathischsten Stars der goldenen Ära Hollywoods. Er war auf bescheidene Weise charmant ohne dabei prätentiös oder gar glamourös zu wirken, wie viele seiner Kollegen. Er ist wie ein kühles Blondes in einer lauen Sommernacht. Während etwa ein Henry Fonda oder Charlton Heston auf der Leinwand überlebensgroß aufgebläht waren, wirkte Widmark immer bodenständig. Er war der nette und ganz selten auch mal weniger nette Typ von nebenan. In jeder Rolle, ob Held oder Schurke, immer zutiefst menschlich. Die Rolle des Jim Slater fordert ihm zwar nur Durchschnittliches ab. Doch auch dabei sieht man ihm gerne zu.
Und Regisseur John Sturges zeigt zumindest im letzten Akt sein herausragendes Talent für stimmungsvolle Settings und gelungenes Timing. Das mexikanisch anmutende Dorf, in dem sich der Showdown anbahnt, bietet eine Menge Augenfutter und entschädigt für so manchen Hänger.
Mein Fazit zu Das Geheimnis der fünf Gräber
John Sturges‘ früher Western hat trotz vieler Actionszenen und hohem Erzähltempo deutliche Längen. Anders als in den meisten seiner anderen Filme fehlt den Charakteren in Das Geheimnis der fünf Gräber die psychologische Tiefe. Die inneren Konflikte der Figuren wirken nur oberflächlich angekratzt. Ein paar Jahre später hätte Sturges daraus vielleicht ein Meisterwerk schaffen können. So bleibt ein mittelmäßiger B-Western, der stark seiner Entstehungszeit verhaftet bleibt. Und nur durch Richard Widmark aufgewertet wird. Für Fans des sympathischen Darstellers sicher empfehlenswert, für alle anderen nur bedingt.
Das Geheimnis der fünf Gräber erscheint am 25. März 2021 auf DVD und Blu-ray.
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