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    Itsy Bitsy

    Tobias Theißvon Tobias Theiß14. November 2024Keine Kommentare6 min Lesezeit
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    Micah Gallo lässt eine überdimensionale Spinne von der Leine beziehungsweise aus dem Ei. Lohnt sich für Genrefans die Sichtung von Itsy Bitsy?

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    Das deutsche Mediabook, hier mit Coverversion A. | © Busch Media Group

    Die Handlung von Itsy Bitsy

    Krankenschwester Kara Spencer (Elizabeth Roberts) hält es nach einem Schicksalsschlag nicht mehr in der drückenden Enge New Yorks aus und zieht mit ihren beiden Kindern zu Walter Clark (Bruce Davison) raus aufs Land, um den pflegebedürftigen Mann dort im Alltag zu unterstützen. Der alte Walter war Zeit seines Lebens passionierter Artefakt- und Reliquiensammler. Unter seinen Schätzen findet sich seit Neuestem auch ein mysteriöses Ei. Selbiges geht bei einem Unfall zu Bruch und setzt den in sich gefangenen Schrecken frei: Eine aggressive und übergroße Spinne…

    Nischengenre: Spinnenhorror

    Spinnenhorror stellt ein durchaus beliebtes Subgenre dar, spiegelt er doch eine aus dem Alltag bekannte Phobie wider. Arachnophobie gehört zu einer der verbreitetsten Ängste, die sogar so sehr gesellschaftlich verankert ist, dass mittlerweile sogar in zahlreichen Videospielen die achtbeinigen Krabbler weniger angsteinflößend gestaltet werden können – per Mod. Unterhaltungsmedien fußen also auf einem dankbaren Fundament. Denn nicht nur die Angst ist bekannt, sondern auch ihr Auslöser: Eine Spinne benötigt keine ausführliche Erklärung, ist für viele Menschen nicht schlagartig furchteinflößend; aufgrund ihrer rasanten Fortbewegung und der Ausstattung mit acht Beinen, aber wenigstens auf abstrakte Art unheimlich. Ziemlich sicher sind sie aber in den meisten Wohnungen ungebetene Gäste.

    Doch zurück zu den entsprechenden Filmen. Diese reichen von realistischeren Vertretern (beispielsweise der kultige Arachnophobia mit Jeff Daniels), klassischen Creature Features wie Tarantula von 1955 über unterhaltsam-übertriebene Action wie Arac Attack bis hin zu absolutem CGI-Schrott wie Big Ass Spider! Im Grunde liefern die entsprechenden Tierhorrorfilme mannigfaltige Interpretationen des Themas. So überaus häufig wie beispielsweise paranormale Erscheinungen oder durch ihre Opfer schlitzende Killer, tauchen Spinnen aber dann doch wieder nicht auf. Umso mehr haben entsprechende Fans Grund zur Freude: Der französische Vermines, der australische Sting und eben der hier besprochene Itsy Bitsy sorgten in jüngster Vergangenheit für frisches Futter an der Spinnen-Front.

    Drama, Baby!

    Itsy Bitsy beginnt wie so viele Filme mit Foreshadowing bevor sich der Filmtitel auf dem Bildschirm enthüllt: Eine Gruppe Artefaktjäger befindet sich mit einem unsanft ergaunerten Relikt im Gepäck auf hektischer Flucht. Einer von ihnen ist verwundet und scheint eine körperliche Veränderung zu durchlaufen, woraufhin seine Komplizen sich gezwungen sehen, ihn von seinen Leiden zu erlösen. Jenes mysteriöse Stück findet seinen Weg zum passionierten (Hobby)Archäologen Walter Clark und kurze Zeit später befreit sich daraus eine zu groß geratene Spinne. Die drohende Gefahr wird zügig eingeführt, jedoch lange Zeit dem Schicksal der Familie Spencer untergeordnet.

    Hier dachte sich Drehbuchautor und Regisseur Micah Gallo wohl auf Nummer sicher zu gehen und bietet eine mehr als klassische Figurenkonstellation an. Mutter Kara ist vom Schicksal gebeutelt, sucht ihr Heil in der Flucht und wünscht sich nur das Beste für ihren Nachwuchs. Doch die Schatten der Vergangenheit halten sie so sehr umklammert, dass sie den eigenen Ansprüchen und denen der Kinder nicht gerecht wird. Stattdessen sucht sie den Ausweg mit Tabletten.

    Sohn Jesse ist das entsprechend übel gelaunte Resultat, dem die Rastlosigkeit und Unzuverlässigkeit seiner Mutter ein Graus sind. Zusätzlich muss er als elterlicher Ersatz für seine kleine Schwester Cambria herhalten. Diese ist wiederum das naive Nesthäkchen und kann die bestehenden Probleme gar nicht richtig greifen. Das Drama rund um die Spencers ist omnipräsent und so mäandert Itsy Bitsy, der sich nach außen als handfester Schocker vermarktet, zwischen seichterem Grusel und Familienschicksal ziemlich hin und her.

    Sheriff Jane (Denise Crosby) findet Ominöses. | © Busch Media Group

    Effektiver Achtbeiner

    Aus verschiedenen Gründen funktionieren die Momente mit Spinne aber doch ausreichend gut und wissen mit Spannung und dichter Inszenierung zu überzeugen. Großer Pluspunkt ist dabei, dass Gallo aus dem Segment der Spezialeffekte stammt und unter anderem bei der Hatchet-Reihe an den Visuals mitwirkte. Die Zeigefreudigkeit und die Limitierungen eines Spezialeffekts sind ihm daher vermutlich bekannt. Dieses Wissen wiederum wirkt sich positiv auf die Umsetzung der Spinne im Film aus. Diese wird nämlich angenehm wenig gezeigt, huscht anfangs nur schnell am Bildrand entlang, lauert meist irgendwo im Hintergrund der Aufnahme oder verschmilzt in weit gefassten Aufnahmen mit anderen Objekten und Gegenständen.

    Da jeder um die Gestalt einer Spinne weiß, reichen diese Andeutungen völlig aus, um sich der Präsenz des monströsen Tieres gewahr zu werden. Wie in einem guten Monsterfilm speist sich der Grusel aus dem wissenden Unwissen der wahren Gestalt. Gallo hält die Spannung hoch, indem er seinen achtbeinigen Star nicht inflationär zeigt. Später tritt sie auch offensichtlicher in Erscheinung, wobei ferngesteuerte Roboter für handgemachte Effekte zum Einsatz kommen – und bestaunt werden können. Hin und wieder wird auf computergenierte Modelle gesetzt, diese fallen im Vergleich mit den Animatronics qualitativ aber deutlich ab. Ein bisschen schleimig-blutig darf es zwischenzeitlich auch werden, wenn sich Spinnenbisse pulsierend entzünden oder betroffene Stellen schleimig vom Knochen lösen. Ein ekelerregendes Effektegewitter abseits seiner titelgebenden Spinne sollte man sich jedoch nicht erwarten.

    Die Besetzung…

    … überrascht insbesondere in den Nebenrollen mit bekannten, wenn auch älteren, Gesichtern. Der pflegebedürftige Walter wird von Bruce Davison verkörpert, der in den 70er Jahren den titelgebenden Rattenfreund Willard mimte oder in den ersten beiden X-Men-Filmen Senator Kelly darstellte. Denise Crosby spielt Sheriff Jane, die Horrorfilmfans und Stephen King-Jüngern sicherlich noch als Rachel Creed aus Mary Lamberts Friedhof der Kuscheltiere in Erinnerung geblieben sein dürfte. Eine winzige Rolle bekleidet Eileen Deetz, die in einem echten Horror-Klassiker aber ähnlich wenig Screentime ausfüllte: Als geschminkte Fratze Pazuzus in Der Exorzist. Mutter Kara wird von Elizabeth Roberts gespielt, die ihr Leiden zwar nachvollziehbar vermitteln kann, aber trotzdem nie wirklich greifbar wirkt. Sie stolpert mehr durch die Szenerie, ist mal hier, mal da unterwegs und wirkt häufig sehr egozentrisch. Schlussendlich agiert sie aufopferungsvoll, bis dahin aber eher ein schwieriger Charakter. Arman Darbo (Sohn Jesse) und Chloe Perrin (Tochter Cambria) liefern in ihren Rollen als Geschwister annehmbar ab, hinterlassen aber kaum bleibenden Eindruck. Star ist und bleibt eben doch die Spinne.

    Immerhin die Synchronisation wirkt dieses Mal ausgereifter und weniger lustlos, als beispielsweise noch beim jüngst veröffentlichten Sabel Is Still Young. Inszenatorisch liefert Itsy Bitsy Standardkost ab, punktet immer wieder mit ansprechend fotografierten Bildern. Auch der Score ist zum großen Teil passend gewählt und unterstützt in den richtigen Momenten mit atmosphärischen Tönen.

    …und spinnt sich ein heimeliges Netz. | © Busch Media Group

    Unser Fazit zur Itsy Bitsy

    Itsy Bitsy ist weniger Spinnenhorror als erwartet, setzt mehr auf ein Familiendrama. Wenn der überdimensionierte Achtbeiner aber durchs Bild krabbelt, geschieht dies zumeist spannend und kompetent inszeniert. Zwar ist es schade, dass sich die arachnoide Gefahr eher rar macht, andererseits verliert der Schrecken so kaum Reiz. Wer sich Fan des Subgenres nennt, freut sich sicher über die wenigen ernst zu nehmenden Vertreter und sollte auch mit Itsy Bitsy zufrieden sein. Jedoch: mehr Drama spinnt sich ins Netz als man oberflächlich vermutet.

    Itsy Bitsy ist ab dem 14.11.2024 im limitierten Mediabook (inkl. UHD-Disc), auf Blu-ray und DVD erhältlich.

    © Busch Media Group

    Tobias Theiß

    Tobi ist bereits gute 7 Jahre an Bord und teilt so fast 20% seiner Lebenszeit mit Filmtoast. Wie es ursprünglich dazu kam ist so simpel wie naheliegend. Tobi hatte unregelmäßig auf Seiten wie Schnittberichte Reviews zu Filmen verfasst und kam über diverse facebooksche Filmgruppen und –diskussionen in Berührung mit dem damaligen Team von Filmtoast (die Älteren erinnern sich: noch unter dem Namen Movicfreakz) und wurde daraufhin Teil dessen.
    Thematisch ist er aufgeschlossen, seine feste Heimat hat er jedoch im Horrorfilm gefunden, da für ihn kein anderes Genre solch eine breite Variation an Themen und Spielarten zulässt. Kontroverser Ekelschocker, verstörender Psychothriller oder Elevated Horror – fast alles ist gern gesehen, auch wenn er zugeben muss, dass er einen Sweet Spot für blutrünstig erzählte Geschichten besitzt.
    Tobi geht zum Lachen jedoch nicht (nur) in den blutverschmierten Keller, sein Herz schlägt unter anderem bei Helge Schneider, dänischem schwarzen Humor oder den Disyneyfilmen seiner Kindheit höher.
    Kinogänge vollzieht er am liebsten im städtischen Programmkino, zum Leidwesen seiner filmisch weniger affinen Freunde, meidet er große Kinoketten wie der Teufel das Weihwasser. Am liebsten geht er seiner Filmleidenschaft jedoch in den eigenen vier Wänden nach, um den viel zitierten Pile of Shame seiner physischen Filmsammlung abzuarbeiten.
    Tobi lebt in Sachsen-Anhalt, ist beruflich in einer stationären außerklinischen Intensivpflege verankert und hat mit der Begeisterung zum Film und dem Schreiben darüber den für sich perfekten Ausgleich zum oftmals stressigen Arbeitsalltag gefunden.

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