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Nastyas Blick aus dem Bullauge, Flucht aus Leningrad ©Capelight Pictures

Flucht aus Leningrad

Flucht aus Leningrad ist ein Film von Alexey Kozlov und ein Versuch, das russische Kino an das geographische Zentrum Europas heranzutragen. Erfahrt im Folgenden, ob der Kriegsfilm und seine Erzählung von Liebe, Verlust und Heldentum einen Blick wert ist oder es sich dabei um cineastische Propaganda handelt!

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TitelFlucht aus Leningrad (OT: Spasti Leningrad)
Jahr2019
LandRussland
RegieAlexey Kozlov
DrehbuchAlexey Kozlov
GenreKriegsfilm, Drama, Historienfilm
DarstellerAndrey Mironov, Maria Melnikova, Anastasiya Melnikova, Gela Meskhi, Pavel Druzhinin, Mariya Kapustinskaya
Länge96 Minuten
FSKab 16 Jahren freigegeben
VerleihCapelight Pictures
Blu-Ray-Cover, Flucht aus Leningrad ©Capelight Pictures
Das Blu-Ray-Cover zu „Flucht aus Leningrad“ © Capelight Pictures

Nur die Toten kennen das Ende des Krieges – Die Handlung von Flucht aus Leningrad

September 1941: Der Zweite Weltkrieg wütet im Herzen Europas und die Feuer des Krieges lodern nun auch im Osten. Die Wehrmacht steht vor ihrem Angriff auf die Sowjetunion und marschiert gen Leningrad. Die Stadt muss evakuiert werden. Inmitten der Wirren befinden sich die frisch verliebten Kostya (Andrey Mironov) und Nastya (Maria Melnikova). Als Sohn eines führenden Offiziers bietet sich Kostya die Möglichkeit, sich und Nastya auf einen Frachter, der Leningrad verlässt, unterzubringen.

Während Kostyas Kompanie im Umland der Stadt gegen die Stellungen der Wehrmacht vorgeht und unter hohen Verlusten versucht, die Flucht der Zivilisten zu gewährleisten, muss die Besatzung des Frachtschiffes 752 einen Sturm überstehen. Zu allem Übel hat die Kommandoebene der Wehrmacht von den Evakuierungsplänen der Roten Armee erfahren und Jagdflugzeuge entsandt. Kostyas und Nastyas Liebe und Überleben wird auf die Probe gestellt, als sich die Umrisse der Maschinen am Horizont abzeichnen…

Nastya und Kostya auf der Flucht, Flucht aus Leningrad © Capelight Pictures
Kostya (rechts) und Nastya (links) fliehen aus Leningrad © Capelight Pictures

Der Blick hinter die Kulisse der Flucht aus Leningrad

Von 1941 bis 1944 belagerte die Wehrmacht Leningrad. Die deutschen Truppen schlossen die sowjetische Stadt vollkommen ein, mit dem Ziel, die Bewohner der Stadt und die dortigen Soldaten auszuhungern. Einigen Zivilisten gelang die Flucht auf Frachtern über den nahe gelegenen Ladogasee. Während der kalten Wintermonate diente der zugefrorene See zusätzlich als Versorgungsweg, um Lebensmittel in die belagerte Stadt zu transportieren. Flucht aus Leningrad thematisiert die Anfangszeit der Blockade und erzählt die Geschichte zweier Liebenden, die auf wahren Begebenheiten beruhen soll.

Das Problem mit der Wirklichkeit

Ein Werk, welches mit der Aussage „Basierend auf wahren Ereignissen“ vermarktet wird, ist stets mit Vorsicht zu genießen. Ein Film ist zunächst ein Kunstwerk und nicht Zeugnis eines Ereignisses. Dennoch verstehen sich manche Filme als eben jenes: Sie wollen Ereignisse widerspiegeln und Erinnerungen schüren. Flucht aus Leningrad erzählt von schrecklichen Momenten während des Zweiten Weltkrieges und diese sollen im Rahmen einer Kritik keineswegs unter den Teppich gekehrt werden. Allerdings mangelt es dem Film an der nötigen Distanz zu dem Thema, und es verkommt im Laufe der Handlung zu einem lückenhaften Abbild imaginierten Heldentums.

Nastya trifft alte Bekannte, Flucht aus Leningrad ©Capelight Pictures
Nastya (Maria Melnikova) trifft auf der Fahrt auf alte Bekannte © Capelight Pictures

Ein Film ohne Prolog

Flucht aus Leningrad ist ein Film mit einer Laufzeit von 96 Minuten. Werke im Bereich dieses Genres müssen nicht unnötig in die Länge gezogen werden und ein Regisseur kann eine Handlung durchaus kompakt präsentieren, so wie es Christopher Nolan mit Dunkirk gemacht hat. Kriegsfilme á la Der Soldat James Ryan, Herz aus Stahl oder Hacksaw Ridge müssen nicht immer die Zwei-Stunden-Marke überschreiten, um die zumeist emotional aufwühlende Handlung darzustellen. Doch im Falle von Flucht aus Leningrad hätte sich Alexey Kozlov damit einen Gefallen getan.

Der Film wirkt insofern befremdlich, als dass er vieles im Unklaren lässt bzw. versucht, die Ursprünge der gegenwärtigen Handlung nebenher in Dialogen zu erklären. Als Zuschauer stellt man sich die Frage, warum man nun auf das Gezeigte eingeht. Viele Handlungselemente scheinen plakativ und austauschbar. Flucht aus Leningrad mangelt es an einer Art Prolog oder gar eines Prequels. Denn der Film möchte sich nicht auf das Wenigste beschränken; er möchte eine größere Geschichte präsentieren. Aber diese Geschichte ist dem Zuschauer aufgrund dieser Herangehensweis und infolge mangelnder Erklärungen nahezu gleichgültig.

Von bedeutungslosen Hauptfiguren und weniger bedeutenden Nebencharakteren

Das cineastische Problem von Flucht aus Leningrad ist, dass der Film keine Nähe zu den Charakteren herstellt. Die Schauspieler sind austauschbar und verleihen ihren Rollen keine Eigenheiten. Darüber hinaus sind sowohl die Haupt- als auch die Nebenfiguren emotional soweit vom Zuschauer distanziert, dass es diesem regelrecht egal ist, was aus ihnen wird. Dies liegt unter anderem an der mangelnden Motivation der Charaktere. Selbstverständlich ist es im Kriegsfilmgenre naheliegend, dass die Menschen überleben wollen und für ihre Ideale eintreten. Doch wie lassen sich diese erklären? Worin liegen die Beweggründe? Die Nebenhandlung rund um die Wehrmacht als Aggressor scheint dabei eher belanglos. Zwar werden Charaktere eingeführt und das „Böse“ in diesem Film nicht als graue Masse abgetan, doch ihre Gesichter und ihre Motivationen sind zu kurz gehalten und uninteressant. Auch die Hauptfiguren und deren Handlungsstränge sind plakativ und mit wenig Tiefgang versehen.

Kostya als Kadett, Flucht aus Leningrad ©Capelight Pictures
Kostya (Andrey Mironov) als Kadett auf dem Frachtkahn 752 © Capelight Pictures

Erzwungene Tränen und gekünstelte Emotionen

Flucht aus Leningrad ist ein Kriegsfilm, der die genretypischen Klischees bedient. Die Kampfszenen sind filmtechnisch gesehen so umgesetzt, wie man es von einem Werk dieses Genres erwartet. Kamerafahrten über das Schlachtfeld, Fixierung des Grauens in Form von offenen Wunden und toten Soldaten und ein Zoom auf die leeren Blicke der Protagonisten. Begleitet wird das Ganze von langsamer Musik und dem tiefen Dröhnen der Geräuschkulisse. Da Flucht aus Leningrad diesem Muster folgt, erreicht der Film den Zuschauer in diesen Momenten auch emotional und erinnert an die Schrecken des Krieges. Doch diese Rezeptur birgt Risiken. Denn aufgrund der mangelnden Handlung und des marginalen Charakterdesigns wirken die Kriegsszenen in ihrer Gesamtheit erzwungen und aufgesetzt. Die Botschaft ist deutlich, doch die Emotionen sind gekünstelt. Der Zuschauer soll gezwungenermaßen Tränen vergießen, ob des Schreckens, der sich ihm darbietet.

Lasst uns Freunde sein!

Nachdem die Hauptfiguren die Flucht aus Leningrad überstanden haben, liegen sich sämtliche Charaktere in den Armen. Selbst diejenigen, die sich zuvor noch antagonistisch gegenüberstanden. Sämtliche Vorurteile und verurteilenden Vorwürfe werden ad acta gelegt und der Zusammenhalt gefeiert. Auch hier ist die Botschaft eindeutig und nicht wirklich originell: Das Volk steht zusammen und agiert gemeinsam gegen den bösen Aggressor. Denn nur so kann Geschichte geschrieben werden…

Dieser augenscheinliche Heroismus ist leider zumeist das Todesurteil für einen sehenswerten (Anti-) Kriegsfilm. Filme, die sich auf wahre Begebenheiten berufen, laufen Gefahr, einen Weg des Patriotismus‘ einzuschlagen, der dem Film als Kunstwerk an sich nicht zum Positiven gereicht. Trotz des realen Leids wird der Film zu einem einseitigen Propagandamittel.

Die Schlacht um Leningrad, Flucht aus Leningrad ©Capelight Pictures
Auf dem Schlachtfeld vor Leningrad © Capelight Pictures

Patriotismus gegen das Vergessen – Mein Fazit zu Flucht aus Leningrad

Flucht aus Leningrad bleibt auf kaum einer Ebene im Gedächtnis. Die Effekte sind akzeptabel, aber lassen einen Hauch von Realismus missen. Die Musik ist situationsbedingt stimmig, aber gerät mit Verblassen der letzten Szene in Vergessenheit. Die Schauspieler wirken bemüht, aber definieren ihren Beruf keineswegs neu. Das Drehbuch ist das größte Manko des Films. Die Charaktere sind austauschbar und es fällt einem schwer, sich für ihr Schicksal zu interessieren. Die fehlenden Hintergrundinformationen und dürftig dargelegten Motivationen der Figuren halten Flucht aus Leningrad auf Distanz zum Zuschauer.

Vor den Bildern gegenwärtiger Demonstrationen wird der Zuschauer darüber in Kenntnis gesetzt, wie viele Menschen in Leningrad ihr Leben verloren haben. Solcherlei Dinge sollten in der Tat nicht vergessen werden, dennoch ist Leinwand-Patriotismus ein gewagter Weg. Filmisch gesehen, ist Flucht aus Leningrad keine Nennung wert, da er oberflächlich und lückenhaft ist. Krieg ist ein Gräuel und seine filmische Aufarbeitung eine künstlerische Herausforderung. Auch wenn der Film die Schlacht gegen das Vergessen gewonnen hat, so hat er den Krieg gegen die filmische Unbedeutsamkeit verloren…

Der Film ist seit dem 28. Juni 2019 auf Blu-Ray und DVD erhältlich!

Unsere Wertung:

 

 

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