Filmtoast.de
Byung-Su sitzt in einem dunklen Raum und redet mit ernster Miene in ein Aufnahmegerät

Memoir of a Murderer

Das südkoreanische Kino ist nicht erst seit Parasite in aller Munde. Doch gerade aufgrund der hohen Qualitätsdichte fliegen immer mal wieder ein paar Perlen unter dem Radar. Vor allem, wenn sie in Deutschland erst gar nicht erscheinen! Nun bekommt der Mystery-Thriller Memoir of a Murderer aber auch einen Release hierzulande. Erwartet uns hier ein außergewöhnliches Filmerlebnis oder haben wir nichts verpasst?

MEMOIR OF A MURDERER (2021) HD Trailer (Deutsch / German)

TitelMemoir of a Murderer (OT: Salinjaui gieokbeob)
Jahr2017
LandSüdkorea
RegieShin-Yeon Won
DrehbuchJo-yun Hwang, Young-ha Kim
GenreThriller
DarstellerSol Kyung-gu, Nam-gil Kim, Seol-Hyun Kim, Seok-jeong Hwang, Hae-yeon Kil, Byung-Joon Lee
Länge118 Minuten (Director’s Cut: 129 Minuten)
FSKAb 16 Jahren freigegeben
VerleihBusch Media Group
Byeong-Soo steht in einem Bambuswald und sieht über seine Schulter, er hält eine Aktentasche - das offizielle Poster zu Memoir of a Murderer
Offizielles Poster zu Memoir of a Murderer © Busch Media Group

Worum geht’s in Memoir of a Murderer?

Nach außen macht der alleinerziehende Vater Kim Byung-Su keinen allzu besonderen Eindruck. Doch ihn begleitet ein Geheimnis, das unter keinen Umständen an die Öffentlichkeit gelangen darf: Kim Byung-Su ist ein Serienmörder. Oder besser gesagt „war“ ein Serienmörder, denn schon seit 17 Jahren hat er nicht mehr gemordet. Auslöser dafür war ein Autounfall, bei dem er fast umkam und sich in der Folge lieber um seine Tochter gekümmert hat, als weiter seiner riskanten Berufung nachzugehen. Dieser Unfall fordert nun aber seinen Tribut, denn durch eine nicht behandelte Hirnverletzung wird der noch nicht allzu betagte Byung-Su mit Demenz diagnostiziert.

Dieser Umstand stellt sowohl ihn als auch seine Tochter vor völlig neue Probleme, denn immer wieder bekommt der pensionierte Serienmörder scheinbar wahllos Anfälle, nach denen er sich nicht an das Geschehene erinnern kann. Als wäre das noch nicht schlimm genug, bringt seine Tochter eines Tages ihren ersten Freund nach Hause, doch Byung-Su hat Grund zur Annahme, dass es sich bei diesem ebenfalls um einen Serienmörder handelt. Doch kann er seinen eigenen Erinnerungen überhaupt trauen?

Byeong-Soo im Gespräch mit seiner Tochter und ihrem Freund, sie wirken angespannt. Szenenbild aus Memoir of a Murderer.
Byung-sus Tochter Eun-hee (Kim Seol-hyun) lernt den jungen Polizisten Tae-ju (Kim Nam-gil) kennen, der ein ebenso düsteres Geheimnis zu verbergen scheint © Busch Media Group

Billiges Gimmick oder meisterhafte Plottwists?

Vielleicht mag man bei der Inhaltszusammenfassung schon ein etwas unwohles Gefühl bekommen haben, was das Alleinstellungsmerkmal des Films angeht. Während die Grundvoraussetzung mehr als interessant und durchaus unverbraucht klingt, klingeln bei „demente Hauptfigur in einem Mystery-Thriller“ vermutlich die Alarmglocken. Das schreit ja geradezu nach billig erklärten Plottwists um des Twists Willen und hat mit intelligentem Drehbuchschreiben nichts zu tun! Oder? Im ersten Moment mag das durchaus so wirken, bis man erkennt, dass sich der Film seiner Prämisse mehr als bewusst ist. So muss Byung-Su ab einem relativ frühen Punkt im Film schon seine eigenen Erinnerungen und damit auch unser bisheriges Seherlebnis infrage stellen. Wie kann er sich selbst und dem, was er geglaubt hat zu sehen, vertrauen?

Das äußert sich in der Folge, gerade gegen Ende hin, in einer absolut irrsinnigen Anzahl an Plottwists. Gerade wenn man denkt, man hat die Handlung durchschaut, setzt Memoir of a Murderer noch einen drauf. Und noch einen. Und noch einen. Es ist nahezu unmöglich, diesen Film zu durchschauen, aber es macht unfassbar Spaß, sich genau wie Byung-Su an diesem Mysterium die Zähne auszubeißen. So wie sich seine Erinnerungen langsam zusammensetzen, setzen wir nach und nach das Puzzle aus Wendungen und Täuschungen zusammen. Und dabei kriegen wir oft genug die falschen Teile in die Hand gedrückt. Obwohl sich der Film extrem ernst nimmt und zu Hauf erwachsene Themen behandelt, macht es am meisten Spaß, sich von den wilden Abzweigungen der Handlung wie eine Achterbahn durchschütteln zu lassen. Das mag zwar paradox klingen, funktioniert in der Praxis aber absolut fantastisch!

Byung-Su sitzt in Memoir of a Murderer in einem dunklen Raum und redet mit ernster Miene in ein Aufnahmegerät
Um sich trotz seiner schwindenden Erinnerungen an wichtige Dinge zu erinnern, führt Byung-su (Seol Kyung-gu) ein Audio-Tagebuch © Busch Media Group

Inszenierung auf höchstem Niveau

Wie so viele namhafte koreanische Filme der letzten Jahre schafft es auch Memoir of a Murderer, wunderschöne Bilder von sowohl Figuren als auch der Umgebung einzufangen. Der Look mag dem ein oder anderen vielleicht etwas zu sauber wirken, der Film kann aber besonders durch seine Bildkomposition und die toll eingefangenen Locations punkten. Auch im Schnitt machen die Verantwortlichen einen mehr als ordentlichen Job und sorgen für das richtige Pacing.

Besonders hervorheben muss man an dieser Stelle aber das Schauspiel. Gerade Hauptdarsteller Sol Kyung-gu macht eine unfassbar gute Figur. Und das will etwas heißen, immerhin verkörpert er hier einen höchst komplexen Charakter. So hat der demente Serienmörder etwa immer ein markantes Zucken auf der einen Gesichtshälfte, sobald sich ein Anfall seines Gedächtnisverlusts anbahnt. Sowohl diese offensichtlichen Gesichtsregungen als auch subtilere Bewegungen kauft man ihm ausnahmslos ab und sieht bald nur noch die Figur, nicht mehr den Schauspieler. Dazu kommen noch einige Merkmale, die eine überraschende Ähnlichkeit zu Joker aufweisen. Wäre also nicht verwunderlich, wenn sich Todd Philipps beim koreanischen Kino hat inspirieren lassen. Zwar schießt die Darstellung bei allen Beteiligten typisch koreanisch ab und zu etwas übers Ziel hinaus, wirklich stören tut das aber nie.

Auch Fans von Action kommen gelegentlich auf ihre Kosten. In einigen überraschend brachialen Nahkampfszenen müssen einige Figuren ordentlich einstecken, und das spürt man auch mit jedem Schlag. Die Kamera bleibt meist beim Geschehen und auch geschnitten wird in solchen Momenten nur wenig. Wenn eine Figur eine andere mit einem gekonnten Griff über einen Tisch katapultiert und dieser in der Folge zerstört wird, kriegen wir das hautnah und unverfälscht mit. Genau so muss Action in einem Thriller aussehen!

Byung-Su steht in Memoir of a Murderer verletzt auf einem verschneiten Feld, hinter ihm steht sein Auto
Seit einem schweren Autounfall vor vielen Jahren ist Byung-su nicht mehr derselbe –und hat regelmäßige Gedächtnis-Aussetzer © Busch Media Group

Später Release, der sich sehen lassen kann!

Obwohl Memoir of a Murderer bereits 2017 erschien, hat der Film in Deutschland bis vor kurzem keinen anständigen Heimkinostart bekommen. Der kleine koreanische Thriller hat es wohl einfach nicht geschafft, sich gegen die großen Blockbuster durchzusetzen. Doch das ändert sich nun, denn neben der üblichen DVD und Blu-ray bekommt der Geheimtipp aus Fernost auch noch ein schickes limitiertes Mediabook spendiert. Neben der Kinofassung findet sich hier auch noch der Director’s Cut, der knapp 10 Minuten mehr Laufzeit und ein alternatives Ende bietet. Beide Fassungen kommen mit deutscher Synchronisation wie auch im Original mit deutschen Untertiteln. Das Booklet im Inneren geht darüber hinaus näher auf die Romanvorlage sowie die Dreharbeiten ein und liefert Fans somit einen netten Blick hinter die Kulissen.

Das Mediabook zu Memoir of a Murderer zeigt Byeong-Soo in einem Bambuswald stehend. Er sieht über seine Schulter und hält eine Aktentasche.
Offizielles Mediabook zu Memoir of a Murderer © Busch Media Group

Unser Fazit zu Memoir of a Murderer

Und wieder weiß ein unkonventionelles Filmchen aus den koreanischen Gefilden zu begeistern! Memoir of a Murderer ist ein durch und durch spannender Mystery-Thriller, der besonders mit seinem fantastischen Hauptdarsteller und dem komplexen Storytelling punkten kann. Auch die Inszenierung lässt keine Wünsche offen, auch wenn der Film ab und an ein wenig zu hochglanzpoliert aussehen kann. Trotz seiner ernsten Themen besteht der Spaß hauptsächlich darin, sich von den unzähligen Twists und Wendungen mitreißen zu lassen und dem Mysterium auf die Spur zu kommen. Dabei bleibt er spannend bis zum Ende, das es dann tatsächlich schafft, einem noch ein letztes Mal die Kinnlade runterklappen zu lassen. Ein Muss für Fans des koreanischen Kinos und Psycho-Thrillern generell!

Memoir of a Murderer ist seit dem 04. Juni 2021 auf DVD und Blu-ray, als limitiertes Mediabook und als VoD erhältlich!

Unsere Wertung:

 

 

 

Memoir of a Murderer - Director's Cut - 2-Disc Limited Edition (Mediabook) (+ Bonus-Blu-ray)
Kundenbewertungen
Prime  Preis: € 31,94 Jetzt auf Amazon kaufen* Preis inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten
Zuletzt aktualisiert am 10. November 2022 um 0:59 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
Memories of Murder [Blu-ray]
Kundenbewertungen
Memories of Murder [Blu-ray]*
von MFA+ Cinema
Prime  Preis: € 14,99 Jetzt auf Amazon kaufen* Preis inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten
Zuletzt aktualisiert am 10. November 2022 um 0:59 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.

© Busch Media Group

2 Kommentare

  • Der Film ist weit mehr als das von Ihnen oben beschriebene. Ohne Alzheimer näher zu kennen, finde ich, präsentiert dieser Film neben dem Plot noch sehr gut die mit der Krankheit einhergehenden Gefühle aller Beteiligten. Trauer, Mitleid, Ärger und Ohnmacht auf Seiten der Tochter. Die größten Verlustängste um seine Nächsten, insbesondere um seine Kinder (der Vater). Mitleid und Belächeln von Außen. Das, finde ich, ist das wahre Kunstwerk on Top.