Julianne Moore als mysteriöse Sektenführerin mit Milliardärsgatte Kevin Bacon und eine etwas zu neugierige, besorgte Schwester Meghann Fahy bekommt man in Sirens zu sehen. Bekommt das Netflix-Original von uns eine Empfehlung?
Darum geht’s in Sirens
Devon hält die Beziehung ihrer Schwester Simone mit ihrer neuen Chefin, der rätselhaften Prominenten Michaela Kell, für unheimlich. Michaelas kultartiges Luxusleben wirkt wie eine Droge auf Simone, und Devon beschließt, einzugreifen – ahnt jedoch nicht, wie glänzend sich Michaela zur Wehr setzen kann. Sirens spielt im Verlauf eines explosiven Wochenendes auf dem opulenten Insel-Anwesen der Kells und setzt sich auf prägnante, sexy und schwarzhumorige Weise mit Frauen, Macht und sozialem Status auseinander.
Nicht mehr ganz so taufrischer Mix
Eine mysteriöse und zugleich anziehende Frau, die auf einem entlegenen Luxusanwesen sektenartig Menschen um sich versammelt, wobei die Gründe und Ziele lange Zeit im Unklaren bleiben – Das hört sich doch verdächtig nach einer Serie an, in der Nicole Kidman vor ein paar Jahren quasi den Julianne Moore Part aus Sirens innehatte: Nine Perfect Strangers. Und zugegeben fühlt sich der Neustart stellenweise schon sehr nach dem Hulu-Start an: angefangen vom Setting, aber auch von der Art und Weise, wie Moore ihre Rolle interpretiert mitsamt einer ebenfalls nebulösen Vergangenheit und dann erinnern auch Look and Feel der Miniserie hier an das Pendant der Konkurrenz, inklusive der sphärischen Gesänge im Soundtrack.

Doch Gott sei Dank unterscheiden sich die beiden Formate inhaltlich doch genug, damit Sirens eben nicht als uninspiriertes Rip-Off abgestempelt werden kann oder muss. Denn während bei Nine Perfect Strangers der Fokus eindeutig auf der Kidman-Figur liegt, ist die Sektenführerin Moore hier nur die zweite Geige, denn die Protagonistinnen sind die beiden Schwestern Simone und Devon, gespielt von Milly Alcock (House of the Dragon) und Meghann Fahy (The White Lotus) und die Handlung dreht sich in erster Linie um deren Beziehungen und deren Bewältigung der schwierigen gemeinsamen Vergangenheit.
Crime-Comedy mit schwarzem Humor, der nicht immer zündet
Trotz dessen, dass es hier in der Geschichte um durchaus tragische Ereignisse und ernste Themenfelder geht, spart sich die Miniserie nicht am Humor aus. Schon in der Netflix-eigenen Promo wird Sirens als „Dark Comedy“ gelabelt, was verdeutlicht, dass der Streamingdienst hierin sogar das Kerngenre sieht. Doch für „Comedy“ sind die schwarzhumorigen Gags teils schon ziemlich abgedroschen oder gar Rohrkrepierer. Der komödiantische Ton ist sicherlich Geschmacksache, aber wenn man hier versucht hat, in Richtung von Murder-Mystery-Konkurrenz Only Murders in the Building zu schielen, dann würde man in dieser Disziplin im Bestfall noch mit der Zensur „ausreichend“ abgespeist werden. Mag es an mangelndem Comedy-Timing der Hauptcharaktere liegen oder daran, dass das Drehbuch schlicht nicht witzig ist, aber wer hier regelmäßige Lacher erwartet, der wird am langen Arm verhungern.
Was hingegen doch erstaunlich packend bei der Stange hält, ist der Mystery-Part der Story: von Beginn an schwebt was Unheimliches über allen Szenen und nahezu alle Figuren scheinen große Geheimnisse mit sich zu schleppen. An vorderster Front ist natürlich die Julianne Moore-Rolle ein Buch mit sieben Siegeln, dem wir zusammen mit der Schwester, die die Lunte direkt riecht, auf den Grund gehen. Dass hier immer wieder Andeutung in Richtung Übernatürlichkeit platziert werden, ist inzwischen in diesem Genre nahezu obligatorisch, passt aber auch exzellent zu dem hier aufgebauten Setting.
Ein potentieller Netflix-Hit nach Schema F
Schöne Bilder in einem Milieu der Ultrareichen, bei dem das geneigte Publikum nur allzu gern dem Voyeurismus verfällt, treffen auf eine wendungsreiche Geschichte zum Miträtseln, wobei sich die Komplexität in Grenzen hält, um – ketzerisch gesprochen – sogar noch second-screen-tauglich zu sein: Sirens ist mal wieder ein Produkt aus dem Netflix-Baukasten für kurzzeitige Charterfolge, wie es beispielsweise im letzten Jahr Ein neuer Sommer war. Entsprechend groß ist aber auch die Zielgruppe, die mit diesem Neustart wieder viel Spaß haben wird, denn trotz all der wiederverwerteten Versatzstücke, gelingt es erneut durch kleine Variationen die Aufmerksamkeit bis zum Ende zu halten.
Das liegt natürlich zu einem großen Teil am einnehmend agierenden Cast. Denn erneut hat sich Netflix nicht lumpen lassen, um angesagte Namen vor die Kamera zu kriegen, die jede und jeder für sich schon einige Zuschauer mitbringen wird. Und man kann keinem der Stars vorwerfen, nicht ordentlich für die Gage abzuliefern: Die Lust hier dabei zu sein und Spaß zu haben, sieht man Julianne Moore und Kevin Bacon genauso an wie den beiden Serienstars Milly Alcock und Meghann Fahy! Und damit ist die Serie für mich am Ende bei vergleichbaren Ingredienzien eindeutig die bessere Wahl als die jüngst gestartete The Four Seasons.
© Netflix
Unser Fazit zu Sirens
Schnell gebinged, gut unterhalten, schnell vergessen. So lässt sich Sirens zusammenfassen. Die Serie hat ihre Momente, weiß auch zu überraschen und zu fesseln, aber wirklich frisch ist das ganze Konstrukt leider nicht. Da die Story aber abgeschlossen ist und mit 5 Folgen auch überschaubar lang, sollten alle, die mit Nine Perfect Strangers, The White Lotus oder auch Nur ein kleiner Gefallen ihre Freude hatten, hier gern mal einen Blick riskieren.
Daheim in Oberfranken und in nahezu allen Film- und Serienfranchises, schaut Jan mehr als noch als gesund bezeichnet werden kann. Gäbe es nicht schon den Begriff Serienjunkie, er hätte bei über 200 Staffeln im Jahr für ihn erfunden werden müssen. Doch nicht nur das reine Konsumieren macht ihm Spaß, das Schreiben und Sprechen über das Gesehene ist mindestens eine genauso große Passion. Und so ist er inzwischen knapp fünf Jahre bei Filmtoast an Bord und darf hier seine Sucht, ähm Leidenschaft, ausleben. Die wird insbesondere von hochwertigen HBO- und Apple-Serien immer wieder aufs Neue angefacht und jeder Kinobesuch hält die Flamme am Lodern. Es fällt Jan, wie ihr euch bestimmt wegen der Masse an Geschautem vorstellen könnt, schwer, Lieblingsfilme, -serien oder auch nur Genres einzugrenzen. Er ist und bleibt offen für alles, von A wie Anime bis Z wie Zack Snyder.