The Narrow Road to the Deep North zeigt uns Euphoria-Star Jacob Elordi in einer ganz anderen Rolle und in einer ganz anderen Zeit. Kann der Jungstar in dem Kriegsdrama glänzen – und ist die Serie insgesamt eine Empfehlung wert?
Darum geht’s in The Narrow Road to the Deep North
1943. Tief im Dschungel eines japanischen Kriegsgefangenenlagers, entlang der berüchtigten Thailand-Burma-Eisenbahn, kämpft Oberstleutnant Dorrigo Evans (Jacob Elordi) ums Überleben – und wird zugleich von der Erinnerung an seine verlorene Liebe begleitet. Die leidenschaftliche, aber kurze Affäre einige Jahre zuvor mit Amy Mulvaney (Odessa Young), der Frau seines Onkels, lässt ihn nicht los. Inmitten von Tod, Leid und Hoffnungslosigkeit wird diese Erinnerung zu seiner inneren Zuflucht, einem Licht in der Finsternis.
The Narrow Road to the Deep North verwebt verschiedene Zeitebenen zu einem eindrucksvollen Gesamtbild eines einzelnen Lebens. Die Serie begleitet Dorrigo Evans von seinen Anfängen als Medizinstudent in Melbourne über die traumatischen Erfahrungen als Kriegsgefangener in Südostasien bis hin zu seinem späteren Leben als angesehener Chirurg im Sydney der 1980er-Jahre, an der Seite seiner langjährigen Ehefrau Ella Evans. Vor dem düsteren Hintergrund des Zweiten Weltkriegs scheut die fesselnde Miniserie weder die schonungslose Darstellung der Grausamkeit des Krieges noch die emotionale Intensität und Zärtlichkeit von Liebe: Zugleich eine zeitlose Liebesgeschichte wie auch ein ehrliches Portrait einer langjährigen Ehe.
Mehr Lebensdrama als Kriegsfilm

Schon die Synopsis verdeutlicht, dass man von The Narrow Road to the Deep North keine Serie aus dem Kriegsfilm-Genre erwarten darf, obwohl es hier doch ein paar markerschütternde Szenen mit Kriegshandlung gibt. Vielmehr aber ist die australische Literaturverfilmung ein Biopic über einen erst aktiven, dann ehemaligen Soldaten, das sich über mehrere Jahrzehnte spannt und entsprechend umfangreich ein Porträt seiner Hauptfigur zeichnet. Die Serie feierte bereits im Februar auf der diesjährigen Berlinale Premiere und wurde
Zwei Versionen des Protagonisten, beide wissen zu glänzen
Der Wechsel zwischen verschiedenen Altersstufen der Hauptfigur bedingt, dass diese dann auch von zwei unterschiedlichen Darstellern gespielt wird. Sowohl Jacob Elordi als auch Ciaran Hinds machen schauspielerisch einen tollen Job. Es ist natürlich zwecks Marketing nachvollziehbar, deutlich mehr mit Jungstar Elordi zu werben. Der Priscilla–Star trägt auch einen Großteil der Szenen und spielt das Trauma, aber auch die zärtliche Liebe zu Ella überzeugend. Nichtsdestotrotz schaffen es insbesondere auch die Szenen, in denen der gealterte Protagonist in Gestalt von Hinds in Erscheinung tritt, emotional beim Publikum Wirktreffer zu landen.
Unabhängig davon, welchen Darsteller und welche Lebensperiode man persönlich mit mehr Interesse verfolgt – spannende Aspekte haben alle Zeitfenster -, ist der Wechsel zwischen den Zeiten als Erzählkonzept hier gelungen umgesetzt worden. Immer wenn man zwischen „alt“ und „jung“ hin- und herwechselt, hat man den Eindruck, dass die jeweiligen Ausschnitte gegenseitig in Verbindung stehen und sich so ein Stück weit erst in der Wechselwirkung erschließen lassen. Lediglich muss man sich in den ersten beiden Folgen noch etwas an die Wechselei gewöhnen.
Etwas schnulzig, etwas lang, aber gut kaschiert
Es gibt in The Narrow Road to the Deep North einige Bilder, die exzellent schaffen, einzufangen, wie traumatisch die Erfahrungen von Dorrigo in der japanischen Gefangenschaft waren: die Arbeit im Steinbruch, die Märsche durch den Dschungel – oben ohne, abgemagert, der Willkür des Feindes ausgeliefert, gar genötigt gegen den eigenen Willen Gewalt auszuüben. Hier liegen eigentlich die starken Momenten der Lebensgeschichte, die Justin Kurzel auch weiß, dramatisch genug in Szene zu setzen, ohne aber ins Unglaubwürdige abzugleiten. Dies erinnert dann in den stärksten, einprägsamsten Bildern an herausragende Kriegsfilm-Meilensteine, wobei man dem Australier hoch anrechnen muss, auch die heroischen Aktionen seines Protagonisten nicht pathetisch zu verklären und so eine Figur zu kreieren, die kurz vor der Heiligsprechung ist. Entsprechend erinnert die Serie zwar schon etwas an Hacksaw Ridge, umschifft den Kitsch und die religiöse Komponente glücklicherweise aber meilenweit.
Wo hingegen dann diese Produktion doch mehrmals die Linie zum Melodram überquert und ein bisschen kitschig wird, ist die Art und Weise, wie man hier die Romanze aufbereitet. Dies steht so krass im Kontrast dazu, wie die Drangsalierung in der Gefangenschaft gezeigt wird, dass man als Zuschauer im Wechsel dazwischen droht emotional verloren zu gehen. Zum Glück aber spielen die Darstellenden die tiefe Beziehung mit Höhen und Tiefen so glaubwürdig, dass man den leichten melodramatischen Unterton irgendwann komplett ausblendet.

Ein paar Abers
Wenn etwas tatsächlich schwerwiegend Zuschauer hier abschrecken könnte, dann sind dies zwei Faktoren. Zum einen ist die Geschichte des Mannes zwar mit Sicherheit erzählenswert, außergewöhnlich und nachfühlbar, aber wirklich bahnbrechend Neues erzählt The Narrow Road to the Deep North weder inhaltlich noch inszenatorisch.
Und zum anderen ist es das schon fast meditative, behutsame Tempo, auf das man sich definitiv einlassen muss. Denn es ist zwar eine Miniserie mit „nur“ fünf dreiviertelstündigen Episoden, aber gefühlt ist es mehr ein gesplitteter Film mit über 200 Minuten – und dafür fehlt dann doch etwas die Substanz und das Tempo, um diejenigen, die so etwas wirklich am Stück schauen, von Anfang bis Ende ohne Leerlauf zu fesseln. Vielleicht wäre es tatsächlich eher auch ein Stoff gewesen, den man in zweieinhalb Stunden Film noch intensiver hätte erzählen können.
Das aber ist Meckern auf hohem Niveau, denn als einem, der sich auf dieses Erzähltempo nur allzu gerne einlässt, um alle Facetten erst richtig aufsaugen zu können, hat mir diese australische Dramaserie überaus gut gefallen.
©2025 Sky / Sony Pictures Entertainment
Unser Fazit zu The Narrow Road to the Deep North
The Narrow Road to the Deep North ist ein Charakterdrama im Kriegsfilm-Pelz. Die Hauptfigur wird von zwei herausragenden Darstellern zu einer komplexen Figur aufgebaut, deren Leben man so in extrem nahbarer Weise peu à peu nachzuvollziehen begreift. Dabei bleiben einige heftige Bilder wohl genauso lange haften wie der fade Beigeschmack, dass sich Justin Kurzel auch hier wieder schwergetan hat, eine Liebesgeschichte in das ganze düstere Konstrukt einigermaßen organisch einzuweben.
The Narrow Road to the Deep North läuft ab 1. Juli bei Sky/Wow.
Daheim in Oberfranken und in nahezu allen Film- und Serienfranchises, schaut Jan mehr als noch als gesund bezeichnet werden kann. Gäbe es nicht schon den Begriff Serienjunkie, er hätte bei über 200 Staffeln im Jahr für ihn erfunden werden müssen. Doch nicht nur das reine Konsumieren macht ihm Spaß, das Schreiben und Sprechen über das Gesehene ist mindestens eine genauso große Passion. Und so ist er inzwischen knapp fünf Jahre bei Filmtoast an Bord und darf hier seine Sucht, ähm Leidenschaft, ausleben. Die wird insbesondere von hochwertigen HBO- und Apple-Serien immer wieder aufs Neue angefacht und jeder Kinobesuch hält die Flamme am Lodern. Es fällt Jan, wie ihr euch bestimmt wegen der Masse an Geschautem vorstellen könnt, schwer, Lieblingsfilme, -serien oder auch nur Genres einzugrenzen. Er ist und bleibt offen für alles, von A wie Anime bis Z wie Zack Snyder.