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Junger Mann vor einem lodernden Feuer, Welcome to Sodom

Welcome to Sodom

Welcome to Sodom ist eine Dokumentation von Florian Weigensamer und Christian Krönes. Die beiden Regisseure haben das Leben der Menschen in Agbogbloshie gefilmt. Einst dominierte eine Sumpflandschaft die Gegend in Ghana, jetzt prägt Elektroschrott das Bild: Fühlt euch im Folgenden willkommen geheißen in Sodom!

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TitelWelcome to Sodom – Dein Smartphone ist schon hier (OT: Welcome to Sodom)
Jahr2018
LandÖsterreich
RegieFlorian Weigensamer, Christian Krönes
DrehbuchFlorian Weigensamer, Roland Schrotthofer
GenreDokumentation
DarstellerKwasi Yefter, Musa Abukari, Fauzia Mohammed, Mohammed Abubakar, Columbus John Osei, Sulemana Junah, Awal Mohammed, David Berihun Cohen
Länge92 Minuten
FSKab 6 Jahren freigegeben
Verleihgood movies!
DVD- und Blu-Ray-Cover, Welcome to Sodom - Dein Smartphone ist schon hier
Das DVD- und Blu-Ray-Cover von „Welcome to Sodom – Dein Smartphone ist schon hier“ © good movies!

Das Elend einer Welt – Die Handlung von Welcome to Sodom

In der Nähe von Accra im afrikanischen Staat Ghana beherrschte einst ein Sumpfgebiet die Landschaft. Doch diese Tage gehören der Vergangenheit an: Die Natur ist einer Müllhalde gewichen. Das Gebiet heißt offiziell Agbogbloshie – wie der gleichnamige Stadteil von Accra. Doch die 6.000 Menschen, die auf der Deponie leben, nennen den Ort Sodom. Hier landet Elektroschrott aus Europa auf illegalem Weg. Die Menschen durchforsten den Schrott nach brauchbaren Teilen und verbrennen den Rest.

Weigensamer und Krönes haben das Leben in Sodom mit ihren Kameras eingefangen. Sie lassen einige Bewohner ihre Geschichte erzählen und geben einen Einblick in den Alltag auf der Mülldeponie. Der Metallpreis an den Börsen bestimmt das tägliche Geschäft. Manch einer versteht sich als Businessman, während wieder andere versuchen, genug Geld für ihre Ausreise zu sammeln. Egal, ob auf der Suche nach dem großen Geld, aus bloßem Überlebensinstinkt oder aufgrund von Vertreibung: Die Feuer Sodoms verschlingen alles und jeden…

Nahaufnahme von einem Mädchen mit einem Korb voller Tüten auf dem Kopf
Frauen und Mädchen verteilen sauberes Wasser in Tüten © good movies!

Göttliches Elend

Der Name Sodom geht auf eine biblische Erzählung zurück, nach welche Gott die Städte Sodom und Gomorra für ihr sündhaften Benehmen bestraft hat. Auf die Frage von Abraham hin, ob er sowohl Schuldige als auch Unschuldige ohne Unterschied vernichten wolle, versprach Gott, Sodom zu verschonen, wenn sich darin nur zehn anständige Menschen finden ließen. Doch er fand keine, woraufhin er Sodom und Gomorra in einem Regen aus Feuer und Schwefel vernichtete.

In der Dokumentation selbst wird eingangs eine eigene Interpretation von der Existenz dieses Ortes erzählt. Eine Stimme aus dem Off berichtet von dem Übel der Menschen, welches diese über die Welt gebracht haben. Daraufhin habe Gott einen Beobachter in tierischer Gestalt auf die Erde entsandt. Nachdem dieser nichts Gutes erblicken konnte, bestrafte Gott die Menschen und verbrannte die Erde. Einige wenige wurden als Hüter dieser verbrannten Welt abkommandiert; auf ewig darin dienend und dafür verantwortlich, dass das Feuer, welches den Untergang der Menschheit besiegelt hat, weiterbrennt.

Unsinniger Untertitel

Der vollständige Titel, unter dem der Film vertrieben wird, lautet „Welcome to Sodom – Dein Smartphone ist schon hier„. Im Sinne des Lesbarkeit und der Vernunft halber wird es dem Film zum Vorteil gereicht, wenn dieser unsinnige Untertitel ausgespart wird. Die Phrase „Dein Smartphone ist schon hier“ ist leicht verständlich und appelliert an die Dringlichkeit des Themas. Doch der Untertitel pauschalisiert die Thematik und grenzt die Vielschichtigkeit des Films ein.

Zwei Männer betrachten gebrauchte PC-Monitore auf einem Anhänger
Das Selbstverständnis und die Beweggründe der Leute sind mannigfaltig. Manche leben auf der Flucht, während andere sich als Geschäftsmänner verstehen © good movies!

Selbstredend ist ein jeder, der technische Geräte verwendet, an dieser Höllenfahrt beteiligt. Doch in Welcome to Sodom geht es nicht nur um die Tatsache, dass Elektroschrott illegal nach Afrika verschifft und dort zum großen Teil verbrannt wird. Es geht zudem um die Situation der Menschen. Die Einzelschicksale haben zum Teil wenig mit der Zerstörung von Umwelt und Lebensraum zu tun. Stattdessen spiegeln sie die Bipolarität der Welt wider; den Unterschied zwischen den Verbrauchern: denjenigen, die die Geräte nutzen und denjenigen, die den Schrott der Geräte sammeln.

Ein Einwohner von Sodom erzählt, dass er an einer Universität Medizin studiert und als bester Absolvent seines Jahrgangs abgeschlossen hat. Dieser Mann ist zudem homosexuell und diese Tatsache hat sein Schicksal besiegelt. Denn er lebt in einem Staat, in dem Homosexuelle gefoltert oder gar zum Tode verurteilt werden. So endet die Karriere eines vermutlich guten Mediziners auf der Elektroschrotthalde von Agbogbloshie. Dieses Schicksal hat nichts damit zu tun, dass mein Elektrogerät bereits auf dieser Müllhalde zu finden sei.

Beeindruckende Bilder

Weigensamer und Krönes ist es gelungen, dass Leben in Sodom auf bildgewaltige Weise einzufangen. Die Kamera besticht durch ausgiebige Schwenks über die Weiten der Müllhalde. Darüber hinaus benutzen die Regisseure immer wieder Slow-Motion-Einstellungen, um Rauch und Feuer in ihrer allesverschlingenden Gewalt einzufangen. Vor allem gegen Ende entfalten diese Bilder ihre nachhallende Eindringlichkeit: Zwei Männer, die um ein Feuer herumtanzen, dabei Schrott verbrennen, Grimassen schneiden und sich im Schweiße ihres Angesichts an den Flammen zu ergötze scheinen.

Auch die musikalische Unterlegung ist immer wieder gelungen. Viele Momente werden mit lokaler Rap-Musik unterspielt und zeigen die Zwiespältigkeit Sodoms: Ein Ort der Vernichtung, der zugleich ein Ausdruck von Leben ist. Das Leid der Menschen wird in den Zeilen der Songs zum Ausdruck gebracht. Bilder, die Männer beim Fitnesstraining oder Fußball zeigen, sowie die Momente, in denen Frauen ihre Neugeborenen in den Armen halten, sind alles andere als Ausdruck vom Ende der Welt. Doch geschieht all dies in den Ruinen verbrannter Erde; das Leben findet auf dem Abfall anderer statt und präsentiert so die Widersprüchlichkeit einer globalisierten Welt.

Junger Mann mit Kopfhörern sitzt auf der Müllhalde
Musik gehört zum Alltag vieler Menschen. Auch hier nutzen vor allem junge Männer die Kopfhörer, um die brennende Welt um sich herum für einen Moment zu vergessen © good movies!

Die Stärke als Schwäche

Die Stärke der Dokumentation liegt auf jeden Fall in ihren Bildern. Doch diese Stärke ist zugleich die größte Schwäche des Films. Die Bilder mögen noch so beeindruckend sein, jedoch wirken sie nicht selten einfallslos. Einen Großteil des Films beschränken sich die Regisseure darauf, Kamerafahrten über die Deponie zu machen und die Leute bei ihrem Tageswerk zu filmen. Dies bringt die Situation, das Elend und den Trott Sodoms bestens zum Ausdruck, aber vermittelt eben nicht mehr und nicht weniger.

Auch wenn es sich um eine Dokumentation handelt, hätte diese filmisch wirksamer aufbereitet werden können; eine Geschichte, die sich in Sodom abspielt, wäre sehenswert gewesen. Eine Art von Lebendigkeit und „Handlung“ abseits des Berichts. Welcome to Sodom wirkt auf den Zuschauer und hinterlässt einen Eindruck. Die Bilder sollen sich in die Netzhaut einbrennen, damit jeder Zuschauer daran erinnert wird, was mit dieser Welt geschieht. Das gelingt der Dokumentation. Aber aus filmischer Sicht fehlt etwas; es fehlt der Film. Es fehlt das Kino und die künstlerische Ebene filmischen Schaffens.

Einem Mann werden inmitten der Müllhalde die Haare geschnitten, Welcome to Sodom - Dein Smartphone ist schon hier
Eine neue Frisur inmitten einer Elektroschrotthalde © good movies!

Was bleibt?

Welcome to Sodom ist eine Dokumentation, deren Stärke in ihrer Botschaft liegt. Filmisch gesehen mag das Schaffenswerk einige Finesse missen, aber seine vorrangige Funktion erfüllt es umso mehr: Es hinterlässt einen Eindruck. Vielen ist die Begebenheit gar nicht bekannt. Wohin gelangt unser Elektroschrott und wie wird dieser entsorgt? Warum machen wir uns darum keine Gedanken? Die Antwort ist denkbar einfach: Aus dem Auge, aus dem Sinn. Die Dokumentation hilft dem Sinn auf die Sprünge und präsentiert dem Zuschauer eine Welt, die sich den meisten entzieht.

Darüber hinaus vermittelt die Dokumentation einen Eindruck von einem anderen Lebensraum; eine Gegend, in der die Bewohner wortwörtlich im Müll leben. Nicht nur die Tatsache, dass Menschen so leben, sondern auch die Umstände einiger Bewohner regen zum Nachdenken an. Menschen, die sich auf einer Müllhalde als Unternehmer verstehen, Frauen, deren Beruf es ist, frisches Wasser zu verkaufen und Männer, die aufgrund ihrer Sexualität und Religion in der Verbannung leben. Talent und Wissen sowie die menschliche Würde versinken im Schrott einer angeblich aufstrebenden Welt.

Ein Mann hockt vor einem Stapel Kabel, Welcome to Sodom - Dein Smartphone ist schon hier
Schrott zu sammeln und zu sortieren, ist für viele der einzige Weg, Geld zu verdienen © good movies!

Die Welt brennt – Mein Fazit zu Welcome to Sodom

In Feuer und Schwefel geht die Welt zugrunde. Diesen Eindruck hinterlässt die Dokumentation. Sie geht vollkommen wertfrei vor und fängt lediglich den Alltag einer Hölle auf Erden ein. Die Wertung erfolgt durch den Zuschauer. Weigsamer und Krönes haben ihr Werk so konzipiert, wie man es von einer künstlerischen Dokumentation erwartet: Eindrucksvolle Bilder gepaart mit musikalischer Unterlegung und individuellen Geschichten. Das Werk ist vielschichtig und spricht mehrere Themen an, die von aktueller Brisanz sind: Nachhaltigkeit, Sexualität, Religion, Nationalität und Elend. So nachhallend und fesselnd der Film auch sein mag, so einfallslos ist er in seiner Machart.

Denn Welcome to Sodom macht zwar alles richtig, aber eben auch nicht mehr. Das Alleinstellungsmerkmal der Dokumentation fehlt. Diese sollte sich nicht ausschließlich über das Thema definieren, auch wenn der Film in puncto angesprochener Problematik bis dato einzigartig sein mag. Die Dokumentation sei jedem empfohlen, der sich für die Schattenseiten einer modernisierten Welt interessiert. Es ist ein einmaliges und kurzweiliges Erlebnis, das thematisch seinesgleichen sucht, aber filmisch keinen Mehrwert bietet.

Der Film ist seit dem 10.10.2019 auf DVD und Blu-Ray erhältlich!

Unsere Wertung:

 

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© good movies!

1 Kommentar

  • Ich finde in der Dokumentation vor allem die Bilder gut. Gestört hat mich, das African English. Es markiert und denunziert die Leute in Sodom.
    Das hat mich beinah verletzt.
    Mir stört außerdem, dass man so wenig bzw nichts über die Entstehung der Doku erfährt. Es konnte von mir auch im Netz nur wenig gefunden werden. Wie verlief das mit den Filmrechten etc. So mache ich mich fast schuldig, die Doku anzusehen. Woher soll ich wissen, ob die Filmerei im Sinne der Akteure war.

    Liebe Grüße