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Whiplash

Whiplash ist tatsächlich nicht das Langfilmdebüt von Damien Chazelle, denn das war das eher unbekannte Schwarz-Weiß-Musical-Drama namens Guy and Madeline on a Park Bench von 2009. Als gefeierter Oscarkandidat ist er aber sehr wohl der Film, der dem jungen aufstrebenden Regisseur zum Durchbruch verhalf. Nach dem ebenso umjubelten La La Land und dem kürzlich erschienenen Aufbruch zum Mond werfen wir nun einen Blick auf das Werk, das den Filmemacher zu den Großen in Hollywood aufstiegen lies und klären, was diesen Film so besonders macht.

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TitelWhiplash
Jahr2014
ProduktionslandUSA
RegieDamien Chazelle
DrehbuchDamien Chazelle
GenreDrama, Thriller
DarstellerMiles Teller, J.K. Simmons, Melissa Benoist, Paul Reiser
Länge106 Minuten
FSKab 12 Jahren freigegeben
VerleihSony Pictures Home Entertainment
Das Cover zu Whiplash ©Sony Pictures
Das Blu-Ray-Cover zu Whiplash ©Sony Pictures

Worum geht es in Whiplash?

Der talentierte 19-jährige Schlagzeuger Andrew Neiman wird vom berüchtigten Mentor Terence Fletcher entdeckt und in seine Band an einer angesehenen New-Yorker-Musikschule aufgenommen. Andrew blickt anfangs mit Stolz und Vorfreude auf seine Zukunft. Dann muss er jedoch schmerzlich erfahren, wie streng Fletcher wirklich ist und wie enorm hoch die Ansprüche an seine Schüler sind. Zunehmend hinterlassen seine gnadenlos harten Lehrmethoden Spuren in Andrews Psyche. Doch sein Ehrgeiz lässt ihm keine Ruhe. Aus Spaß am Talent wird wahnwitzige Obsession…

Andrew in seinem Element ©Sony Pictures
Andrew ist ein wahres Talent am Schlagzeug ©Sony Pictures

Miles Teller auf seinem Höhepunkt

Der Name Whiplash geht nicht nur auf das im Film gespielte gleichnamige Musikstück zurück, sondern lässt sich unter anderem auch mit „Peitschenhieb“ übersetzen. Sehr treffend, wenn man bedenkt, zu welchen Höchstleistungen sich die beiden Hauptdarsteller hier gegenseitig anpeitschen.

Miles Teller liefert als Getriebener, mit dem krankhaften Willen, der Beste der Besten zu sein, seine bisher herausragendste Darbietung. Diese Verbissenheit in seinem Blick, der soziale Außenseiter mit schmerzverzerrter Miene, wenn er sich die Hände blutig trommelt. Teller liefert ein höchst authentisches Porträt eines Besessenen, eines Perfektionisten, der alles aufgibt, um zur Elite zu gehören. Um der zweite Charlie Parker, einer der einflussreichsten Jazz-Musiker aller Zeiten, zu werden.

Miles Teller im Gespräch mit Regisseur Damien Chazelle ©Sony Pictures
Miles Teller im Gespräch mit Regisseur Damien Chazelle ©Sony Pictures

Zur Glaubwürdigkeit seiner Darbietung trägt vor allem die Tatsache bei, dass er die Drums in den meisten Szenen selbst spielt. Bereits mit 15 Jahren brachte er sich laut eigenen Angaben selbst das Schlagzeugspielen bei. Dennoch musste er viel und intensiv trainieren, um sich auf seine Rolle vorzubereiten. Eine Investition, die sich eindeutig lohnte, sowohl für ihn als auch für den Zuschauer. Und auch der wuchtig inszenierte Autounfall im späteren Verlauf des Films dürfte Teller leider sehr vertraut vorgekommen sein, da er selbst nur mehr als knapp einen solchen überlebte und deutlich sichtbare Narben davontrug.

J.K. Simmons ist beängstigend gut

Dennoch wird er von der überragenden Darstellung von J.K. Simmons überschattet. Als strenger, geradezu gnadenlos harter Musiklehrer strahlt er eine einschüchternde Präsenz aus, die sich wie ein dunkler Schleier über jede Szene legt, in der er auftritt. Sobald er zielstrebig eintritt, beherrscht schlagartig eine ehrfurchtvolle Stille den eben noch mit Gelächter und Geplauder gefüllten Raum und die Blicke wandern beschämt nach unten.

Terrence Fletcher setzt seine Schüler mit psychologischen Tricks unter Druck ©Sony Pictures
Terrence Fletcher setzt seine Schüler mit psychologischen Tricks unter Druck ©Sony Pictures

Nur Terrence Fletcher selbst bricht das Schweigen mit seinen mal schonungslosen, beleidigenden, diskriminierenden oder auch sarkastischen, trockenen und gerade deshalb teilweise enorm komischen Sprüchen. J.K. Simmons ist die Autorität auf zwei Beinen und stellt das darstellerische Herzstück von Whiplash dar, womit er völlig zurecht den Oscar entgegennehmen durfte.

In Nebenrollen überzeugen außerdem Paul Reiser als fürsorgvoller, von der Mutter verlassener Vater und einziger Freund von Andrew und Melissa Benoist als Andrews Freundin. Die Beziehung der beiden ist allerdings zweckdienlich und kommt genau so schnell, wie sie wieder geht. Das könnte man als Negativpunkt ankreiden, jedoch ist es löblich, dass sich Whiplash nicht von einer zigfach durchgekauten Liebesgeschichte bremsen lässt und sich stattdessen auf das Wesentliche konzentriert.

Messerscharfes Handwerk in Whiplash

Nicht nur inhaltlich, sondern auch formal geht Whiplash in messerscharfer Präzision auf. In den Musikszenen sorgt besonders die sogenannte Hip-Hop-Montage für Spannung, wie sie zum Beispiel Darren Aronofsky im Film Requiem For A Dream verwendet. Dabei werden Detailaufnahmen und dazugehörige Soundeffekte in hohen Intervallen aneinander geschnitten. Die Dialogszenen bilden einen starken Kontrast, indem die Kamera oftmals mit aller Ruhe an den Gesichtern der Figuren hängen bleibt und deren Emotionen für sich sprechen lässt.

Andrews Beziehung wird einer schweren Probe unterzogen ©Sony Pictures
Andrews Beziehung wird einer schweren Probe unterzogen ©Sony Pictures

Die Schauplätze bestehen dabei meist nur aus den spärlich beleuchteten Proberäumen der Schüler, welche ganz ohne Fenster den ohnehin klaustrophobischen Eindruck verstärken. Generell legt Whiplash seine Fokus auf Close-Ups und Detailshots, episch angelegte Bilder gibt es hier nicht. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Nähe zu den Figuren, der Hintergrund versinkt dabei in Unschärfe.

Auch schnelle Kameraschwenks, die immer wieder zwischen zwei Objekten umherwirbeln und die es in dieser Form auch in La La Land zu sehen gibt, geben den Musikszenen den nötigen Druck, die nötige Rasanz, und erzeugen somit einen geradezu elektrisierenden Sog.

Die Musikuntermalung ist somit logischerweise größtenteils bereits vorhanden, besteht aber auch außerhalb der Proben und Bandauftritte aus treibendem Jazz, der den Erzählfluss nur selten zur Ruhe kommen lässt und zudem einen charmanten Flair der New-Yorker-Innenstadt erzeugt.

Vom Ehrgeiz zerfressen

Oftmals driftet Whiplash in eine geradezu symbolhafte Bildsprache ab, wenn dieser die Floskel „Blut, Schweiß und Tränen“ wörtlich nimmt. Wenn sich Andrew völlig durchnässt und mit verkrampfter Haltung die Seele aus dem Leib trommelt, wenn sich sein Blut mit seinem Schweiß vermischt und auf sein Schlagzeug tropft, wenn seine blutige Hand in einen Eiswasserbehälter eintaucht und dieser sich daraufhin rot verfärbt. Das mag in seiner Darstellung realitätsfern und überspitzt sein, verfehlt aber nie seine Wirkung beim Zuschauer und brennt sich geradezu auf die Netzhaut ein.

Andrews Vater sorgt sich um seinen Sohn ©Sony Pictures
Andrews Vater sorgt sich um seinen Sohn ©Sony Pictures

Man leidet mit dem unter Dauerstrom stehenden Andrew mit. Doch Whiplash stellt selbst den vermeintlich Bösen vielseitig dar. Andrew beobachtet, wie Fletcher sich heiter mit einem alten Freund unterhält und wie fürsorglich er mit dessen Tochter umgeht. Außerdem schwelgt er in einer anderen Szene emotional in Erinnerungen an einen seiner Schüler, welcher kurz zuvor starb, während ihm dabei vor seiner ganzen Klasse und ohne jegliches Schamgefühl Tränen über die Wangen kullern, nur um kurz darauf wieder mit gewohnter Härte seine Schüler anzubrüllen. Diese Ambivalenz macht seine Figur so interessant und zeigt, dass Fletcher innerlich nicht nur aus Eis besteht.

Fazit zu Whiplash

Whiplash ist ein furioses, elektrisierendes Duell zweier Getriebener. Der eine will der Beste werden, der andere versucht mit allen Mitteln, dies zu verwirklichen, indem er ihn wie eine Zitrone auf den letzten Tropfen ausquetscht. Die soghaften Bilder harmonieren prächtig mit den überragenden Darstellern, und das völlig entfesselnd umherwirbelnde Finale mündet in keinem Happy End, sondern in einem Moment voller Bitterkeit, wenn man realisiert, was die Hauptfigur alles aufgeben musste, um es so weit zu bringen. Ein Psychothriller getarnt als Musikerdrama. Grandios!

Unsere Wertung:

 

 

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