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Anna

Mitten im Kino-Sommerloch startet Luc Bessons neuer Action-Thriller Anna in den deutschen Kinos.  Ob der französische Regisseur es mit den amerikanischen Vorbildern á la John Wick oder Mission Impossible aufnehmen kann, erfahrt ihr im Folgenden.

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TitelAnna
Jahr2019
LandFrankreich
RegieLuc Besson
DrehbuchLuc Besson
GenreThriller, Action
DarstellerSasha Luss, Helen Mirren, Luke Evans, Cilian Murphy, Lera Abova, Alexander Petrov, Nikita Pavlenko, Anna Krippa, Aleksey Maslodudov, Éric Godon, Ivan Franek, Jean-Baptiste Puech
Länge119 Minuten
FSKab 16 Jahren freigegegeben
VerleihStudioCanal
Das Originalkinoplakat zu Anna © Studiocanal 2019

Worum geht es in Anna?

Anna ist jung, intelligent, ambitioniert und nicht zuletzt ausgesprochen attraktiv. Dennoch ist die sprachlich talentierte Russin in den 80er Jahren leider in einen Sumpf der schlechten Beziehungen und niederen Gesellschaftsverhältnisse versunken, welchem sie nun zwanghaft zu entfliehen versucht. Infolge dieser Versuche wird der KGB auf sie aufmerksam und rekrutiert sie mithilfe des charismatischen Agenten Tchenkov. Sehr schnell kann Anna die an sie gerichteten Aufgaben bravourös meistern. Schließlich erhält sie den Auftrag, sich als Model in Paris undercover zu verstecken und von dort aus zu agieren. Als ihr jedoch die CIA in Gestalt des faszinierenden Agent Miller auf die Schliche kommt, muss sie sich entscheiden, wem ihre Loyalität gilt. Dabei will sie doch eigentlich nur eines: eine freie Entscheidung.

Sasha Luss als Topagentin in Anna © Studiocanal 2019

Die moderne Actionheldin

Nach Lucy präsentiert uns der Regisseur erneut eine starke und intelligente Actionheldin in der Titelrolle eines spannungsgeladenen Thrillers. Scheinbar hat Besson vor ein paar Jahren in Scarlet Johansson ein neues Role-Model gefunden, welches seiner filmischen Ästhetik der Frau im Action-Genre entspricht. Man wird nämlich das Gefühl nicht los, Newcomerin Sasha Luss sehe Johansson nicht nur ähnlich, sondern werde auch in gleicher Weise in Szene gesetzt. Überhaupt scheint Weiblichkeit und die Frau an sich das bestimmende Thema seines neuen Films zu sein. Die Hauptfigur kann sich körperlich und intellektuell in einer von Männern dominierten Umgebung behaupten, muss aber zugleich immer wieder um Anerkennung ringen. „Die ist doch höchstens für eine Sex-Affäre zu gebrauchen“, heißt es an einer Stelle, bezeichnenderweise von ihrer ebenfalls weiblichen Vorgesetzten. Natürlich wird sich herausstellen, dass gerade diese beide Figuren gar nicht so verschieden sind, wie sie zunächst glauben.

Jedoch passt sich die Frau nicht einfach nur ihrer Umwelt an. Die Weiblichkeit selbst wird bei Besson, insbesondere durch ihre Sexualisierung, zur Waffe. Doch ist der Film deswegen in all seinen Facetten feministisch? Nein! Feministische Tendenzen werden hier viel mehr zum audiovisuellen Stilmittel degradiert. Kameramann Thierry Arbogast labt sich an den Körpern und Kleidern der Models und verleiht besonders diesen Szenen eine Ästhetik des unnatürlich Künstlichen und des Unnahbaren. Anna ist zugleich in ihrer Rolle als Undercover-Agentin ein Spielball höherer Mächte und darf auch in ihrer Model-Rolle nicht entscheiden, wer, was, oder wie sie sein möchte. Leider problematisiert Luc Besson, der auch das Drehbuch verfasst hat, diese Aspekte kaum, sondern bietet die oberflächlichste und banalste Lösung, die man sich vorstellen kann: Sei einfach, supersexy und hochintelligent – dann liegen dir die Männer und schließlich die gesamte Welt zu Füßen. Echte Emanzipation geht anders!

Agent Miller (Cilian Murphy) mischt sich ein in Anna © Studiocanal 2019

 

Moderne Pop-Sounds in einem Thriller der 80er?

Ein weiteres fragliches Element ist das Setting. Bei dieser Art von Film würde man vermutlich eine auf Hochglanz polierte, extrem stilisierte, nostalgische Version der 80er Jahre erwarten (man erinnere sich an David Leitchs Atomic Blonde). Weit gefehlt! Moderne Pop-Songs dröhnen mit saftigen Bässen durch den Saal und die Models tragen Klamotten der Gegenwart. So kommt es vor, dass man zuweilen völlig vergisst, in welcher historischen Zeit man sich befindet. Vielmehr scheint Besson Spaß daran zu haben, die europäische Kunst-High-Society in ihrem glamourösen Fashion-Style zu portraitieren. Zugegebenermaßen sind diese Inszenierungen der Mode-Industrie, die an den Glamour der Laufstege erinnern, visuell herausragend gemacht und das Ganze mag für einen Werbespot der neusten Kollektion eines Fashion-Labels äußerst ansprechend sein. Der Einsatz solcher Stilmittel innerhalb eines Agententhrillers, angesiedelt zu Zeiten des Kalten Krieges, wirkt jedoch gelinde gesagt irritierend.

Alex Tchenkov (Luke Evans) ist ständig in Kontakt mit Anna in Anna © Studiocanal 2019

Mehr eine interessante Dreiecksgeschichte als Agententhriller

Es wirkt besonders ambivalent, da sich der Film sonst in seiner Tradition eines Agententhrillers in den Verwirrungen des Kalten Krieges sehr ernst nimmt. Klassischerweise steht die Hauptfigur inmitten eines undurchsichtigen Konflikts zweier Großmächte und muss sich entscheiden, welche Seite die richtige ist. Politisch relevant wird es jedoch nie. Schnell wird man durch die simple Wie-Du-Mir-So-ich-Dir-Debatte der beiden Lager gelangweilt und entscheidet sich, der Dreiecksgeschichte um Anna und den beiden rivalisierenden Agenten mehr Bedeutung zuzuschreiben. Auch diese nimmt erst in der letzten halben Stunde ordentlich an Fahrt auf.

Alex und Anna kommen sich näher in Anna © Studiocanal 2019

Dass diese schließlich doch so gut funktioniert, liegt jedoch nicht nur an der geschickten Story-Konstruktion gegen Ende des Films, sondern auch an dem gut aufgelegten Cast. Sasha Luss spielt erst in ihrem zweiten Film und ist ansonsten Model. Entsprechend befindet sie sich in den entsprechenden Szenen ganz in ihrem Metier. Die gekonnten Posen und Bewegungen sehen ausgesprochen elegant aus und werden von Besson stilsicher in Szene gesetzt. An diesen Aufnahmen könnte man sich kaum satt sehen, würden sie einen nicht so stark aus der eigentlichen Geschichte herausreißen. Aber auch die restlichen Szenen, insbesondere die Kampfszenen, wirken solide und glaubhaft, wenn auch nicht herausragend.

Ihr gegenüber dominiert Cilian Murphy hingegen jede seiner Szenen. Dieser Schauspieler, bekannt aus einigen Nolan-Streifen oder der gefeierten Serie Peaky Blinders , ist hier natürlich in seinen Fähigkeiten bei weitem unterfordert und schafft es doch, seiner Rolle einen ungemeinen Charme einzuflößen. Er ist mit Sicherheit das schauspielerische Highlight. Luke Evans wirkt dahingegen zuweilen etwas blass. Dafür scheint Helen Mirren an ihrer Rolle sichtlich Spaß gehabt zu haben. So haucht sie ihrer Figur, dem harten und intelligenten Kopf der KGB-Ausbildungsabteilung, mit sichtlichem Elan Leben ein.

Helen Mirren als Leiterin der KGB-Abteilung in Anna © Studiocanal 2019

Fehlende Spannung

Das Grundproblem des Streifens bleibt jedoch ein anderes. Gerade in seinem Genre als Thriller ist er leider nicht spannend genug. Die Charaktere sind zu nahezu jeder Sekunde durchschaubar, die Handlung ist im Grunde genommen mit wenigen Sätzen zusammengefasst und auch die Actionszenen sind zwar durchaus beeindruckend und mit der nötigen Härte inszeniert, bleiben allerdings sehr spannungsarm, da alles in einem erwartbaren Rahmen bleibt. Möglicherweise war Besson dieser Umstand sogar bewusst, sodass er Zeitsprünge nutzt, um künstlich Spannung zu erzeugen. So kann das Publikum in eine neue undurchsichtige Situation geworfen werden, deren schockierende Wendung in den kommenden Minuten per Rückblende im Detail erläutert wird. Zu allem Überfluss wird dieser Kunstkniff mindestens dreimal zu viel verwendet, sodass auch dieser am Ende nicht mehr zündet.

Ein weiterer Spannungsabfall entsteht durch die relativ eindimensionalen Charaktere, deren Motivationen und Beweggründe nicht immer klar werden, und durch ein permanentes Übererklären des Geschehens. Raum für Spekulationen und eigene Gedanken wird hier zu keinem Zeitpunkt zugelassen.

Annas Zukunkft wird heiß diskutiert in Anna © Studiocanal 2019

Unser Fazit zu Anna

Was kann man nun also zusammenfassend zu dem neuen Film des französischen Thrillerexperten Luc Besson sagen? `Style over Substance´ ist vermutlich ein naheliegender Ausdruck. Die Bilder und der kreative Soundtrack, sowie einige toll choreografierte Actionszenen, wissen zu begeistern. Stilistisch ist der Streifen allerdings ambivalent und auf inhaltlicher Ebene sogar relativ belanglos. Erst in der letzten halben Stunde gelingt es vor allem durch eine kreative Figurenkonstellation und einem gut aufgelegten Cast, Interesse zu wecken. Wer sich also für stilsichere Bilder interessiert und eine relativ solide unterhalten werden möchte, der kann trotz des guten Sommerwetters einen Blick riskieren. Andernfalls ist ein Gang ins nächste Open Air Kino, welches Luc Bessons früheres Werk Leon – Der Profi spielt, eher zu empfehlen. Einen solchen Klassiker bekommen wir mit Anna nämlich leider nicht geboten.

Anna läuft ab dem 18. Juli in den deutschen Kinos.

Unsere Wertung:

 

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