Das Black Phone klingelt erneut – und Ethan Hawke meldet sich zurück für Runde 2. Diesmal jedoch nicht im hauseigenen Folterkeller, sondern im eiskalten Shining-Setting. Doch klingt das zu schön, um wahr zu sein – oder sind wir scho mitten im Alptraum?
Darum gehts in Black Phone 2
Vier Jahre ist es her, dass der 13-jährige Finn seinen Entführer töten und ihm entkommen konnte und so zum einzigen überlebenden Opfer des berüchtigten „Greifers“ (Ethan Hawke) wurde. Doch tot ist nur ein Wort – und das Telefon beginnt wieder zu klingeln…
Der „Greifer“ kehrt zurück und geht diesmal vom Jenseits aus auf einen Rachefeldzug gegen Finn (Mason Thames), indem er dessen jüngere Schwester Gwen (Madeleine McGraw) ins Visier nimmt. Während Finn, inzwischen 17 Jahre alt, mit dem Leben nach seiner Gefangenschaft ringt, bekommt die eigensinnige fünfzehnjährige Gwen in ihren Träumen Anrufe von dem unheilvollen schwarzen Telefon und hat verstörende Visionen von drei Jungs, die im Winterferienlager Alpine Lake von etwas verfolgt werden. Entschlossen, das unheimliche Rätsel zu lösen und den Qualen für sich und ihren Bruder ein Ende zu setzen, überzeugt sie Finn, mit ihr zu dem Camp zu fahren. Vor Ort angekommen, stößt sie inmitten eines winterlichen Unwetters auf eine schockierende Verbindung zwischen dem „Greifer“ und ihrer eigenen Familiengeschichte. Gemeinsam müssen sie und Finn sich jetzt einem ruchlosen Killer stellen, der durch den Tod nur noch mächtiger geworden ist – und viel mehr Bedeutung für sie beide hat, als sie sich je hätten vorstellen können.

Das größte Problem der Fortsetzung: Black Phone
Black Phone wurde 2021 zum Überraschungserfolg für die breite Masse – und durch den Sinister-Horrorgarant Scott Derrickson zum intensiven Schocker hochstilisiert. Doch schnell zeigte sich: dem ist nicht so. Wie schon in Derricksons früheren Arbeiten ist Black Phone letztlich nicht mehr als banale Manipulation. Ein Film der mit großen Themen wie häuslicher Gewalt, den Folgen von Mobbing und dem spurlosem Verschwinden Jugendlicher beginnt, nur um anschließend erwartbares und identitätsloses Genrekino zwischen Horror und Psychothriller zu liefern, das nie wirklich in die Vollen gehen darf.
Festgefahren in seiner Prämisse und austauschbar in seiner Umsetzung verkauft Derrickson eine vermeintlich innovative, inszenatorische Fingerübung als frischen Horror – und macht dabei in Wahrheit genau das, was im Genre seit Jahrzehnten bedient wird. Seine einzige wirkliche Stärke: der Cast und Ethan Hawkes „The Grabber“ – die den Blumhouse-Hit gerade so über die Ziellinie brachten. Letztlich jedoch zu wenig Substanz für einen ganzen Film boten, geschweige denn für eine Fortsetzung. War diese Geschichte nicht längst auserzählt?
„Früher war alles besser“
Scott Derrickson würde diese Aussage wohl ohne zu Zögern unterschreiben. Die Geschichte von Black Phone ist auserzählt – und doch steht nun eine Fortsetzung in den Startlöchern. Damit stolpert Teil zwei in dieselben Fallen, die schon unzählige Kult-Horrorreihen in ihrem zweiten oder dritten Anlauf ereilten: Tote werden wiederbelebt, Figuren kehren aus dem Nichts zurück, und absurde Verbindungen werden konstruiert. Was folgt ist ein wilder Mix aus Trash, Nostalgie und Ideenrecycling, der herrlich all over the place wirkt, damit ein weiterer Film erst entstehen kann. Denn Black Phone 2 wählt denselben Weg wie die Horror-Sequels der 80er und liefert damit nicht nur auf dem Papier einen charmanten Call-back, sondern auch in der Umsetzung ein Fest für eingefleischte Genrefans – auch wenn Sinn und Logik zweitrangig bleiben.
Black Phone 2: Dream Warriors
Doch Derrickson bleibt auch in der Fortsetzung seinen Psycho-Thriller-Anleihen treu – weiß diese jedoch deutlich besser zu verpacken. Denn er verlagert den Terror des Grabbers in die Figuren, die immer noch unter den Folgen seiner Taten leiden. Finney (Mason Thames) flüchtet in die Welt der Drogen, um seinen Ängsten und der Last der Vergangenheit zu entkommen, während Gwen (Madeleine McGraw) in ihren Träumen von Erinnerungen heimgesucht wird, die immer realer werden. Diese Visionen führen sie zurück zu den Geschehnissen im Keller – zu Bildern misshandelter Kinder, zur Rückkehr des Grabbers und zu einer rätselhaften Verbindung zu ihrer Mutter.

Die Fortsetzung spielt dabei seine Karten offen aus: Derricksons Liebe zu Nightmare on Elm Street ist unübersehbar. So wird Black Phone 2 zu einem reinen Gimmick-Fest, das jedoch dramaturgisch sicher zwischen brutalen Traumebenen und erzählerischen Zwischentönen pendelt. Diese Vielschichtigkeiten werden nicht nur visuell, sondern auch inhaltlich geschickt miteinander verknüpft und überzeugen in einer ausufernden Handlung, die sich angemessen zuspitzt.
Zwar schlittert das Horror-Sequel nur knapp an den humoristisch-trashigen Untiefen eines Nightmare on Elm Street: Dream Warriors vorbei, doch Derrickson gelingt es, verspielte Traumwelten in einen ernsten Horrormantel zu kleiden, der tief verwurzelte Themen berührt. Black Phone 2 findet dabei zwar selten eigene Töne, verliert sich aber mit spürbarem Herz im grobkörnigen VHS-Look seiner Traumwelt – und in der Suche nach Wahrheit, Leichen und Erlösung in einer von Schuld gezeichneten Realität.
Eine neue Horrorikone?
Alle Verbindungsstücke führen letztlich zu dem Herz des Films – oder zu dem, was es sein sollte: Ethan Hawke. Als Grabber schlägt er zurück und liefert erneut eine perfide Performance. Doch sein Auftritt wirkt diesmal ernüchternder als zuvor. Gut eine Stunde vergeht, bis Hawke überhaupt erst in Erscheinung tritt. Und wenn er schließlich auf die Leinwand zurückkehrt, sind seine Szenen zwar hervorragend gespielt, aber zu sparsam eingesetzt, um ihre volle Wirkung zu entfalten.

Besonders das atmosphärische „Hallo, Finney“ durch das Telefon könnte direkt von Ghostface stammen – und das traumwandlerisch Verspielte erinnert deutlich an Freddy Krueger. Doch dem Film fehlen darüberhinaus neue Impulse – und Hawke die Zeit, um wirklich zu brillieren. Der Grabber hätte zweifellos das Zeug zur Horror-Ikone, wäre er in Black Phone 2 nicht zum Randphänomen degradiert worden. All das, weil er in den Rückblenden hart, explizit und erbarmungslos inszeniert wird – nur um in der realen Konfrontation blutleer und ohne Durchsetzungskraft beinahe zur Lachnummer zu verkommen.
Ein Meister der Stimmung
Jedoch kompensiert Black Phone 2 seine vorhandenen Schwächen mit kaltem und ungezügeltem Horror. Denn: Das Setting wirkt frisch, unverbraucht und angenehm weit ausgespielt. Visuell überzeugt Derrickson sowohl auf Eisflächen als auch in Hütten und Wäldern mit schönen und packenden Einstellungen. Und dieses Stimmungsbild überträgt sich auf den Zuschauer mit einem feinen Gespür für Spannung, Atmosphäre und Schauer. Zwar verzichtet der Film nicht auf die typischen Scares, wie man sie aus Derricksons Arbeiten kennt, doch für eine Blumhouse-Fortsetzung wirkt alles erstaunlich kontrolliert inszeniert, stilsicher und ambitioniert. So verbinden sich Atmosphäre, Grusel und visuelle Stärke zu einem spürbar wirkungsvolleren Gesamtpaket.
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Unser Fazit zu Black Phone 2
Wer Freude an ungefragten Fortsetzungen hat, bekommt mit Black Phone 2 ein Revival wie damals. Scott Derrickson gelingt nicht nur sein stimmungsvollster und atmosphärischster Film, sondern zugleich auch bester. Black Phone 2 wiederholt zwar bekannte Fehler klassischer Horrorfortsetzungen, zelebriert diese jedoch stilsicher. Damit bleibt das Ergebnis kein sonderlich innovativer Film, überzeugt aber durch sein Gespür für Atmosphäre, Horrorleidenschaft und Hommagen an die 80er-Jahre. Fans dieser filmischen Blütezeit bekommen mit einer ordentlichen Portion Wahnsinn, Gekröse und den typischen Schockmomenten genau das, was sie erwarten – und vielleicht noch ein bisschen mehr.
Schon seit jungen Jahren filmverrückt: Viel zu früh Genrefilme aller Art konsumiert und mit 14 Jahren begonnen, regelmäßig Kino+ zu schauen – obwohl er zu diesem Zeitpunkt kaum einen der besprochenen Filme selbst gesehen hatte. Geprägt wurde seine Leidenschaft maßgeblich von seiner Oma bei Star Wars: The Clone Wars und dem Schauen „alter Schinken“ vor der Glotze, seinem Vater und seinem großen Bruder mit dem er alles teilte – außer eine gleiche Meinung. Film-Begeisterung wurde beim Schauen von E.T., Jurassic Park, Zurück in die Zukunft und Indiana Jones und der Tempel des Todes entfacht, die bis heute zu den Lieblingsfilmen gehören – ab diesem Moment war klar: Filme werden ihn ein Leben lang begleiten. Er versucht, wöchentlich ins Kino zu gehen, ist sich dabei aber nie zu schade, auch den trashigsten DTV-Untiefen von Action bis Horror eine Chance zu geben oder auch mal ins indische Kino abzudriften. Bekannt aber vor allem für eines: „Alle geben 4 oder 5/5 – und er gibt ’ne 1/5, du weißt genau, da is‘ er, der Louis.“

