Milli Vanilli sorgten einst für einen der größten, wenn nicht sogar den größten Skandal der Musikgeschichte. Ob das in Deutschland produzierte Biopic Girl You Know It’s True mit den vielen anderen Musiker:innen-Biopics der letzten Jahre mithalten kann oder keinen besonders erwähnenswerten Beitrag darstellt, erfahrt ihr hier.

Die Handlung von Girl You Know It’s True
Die Tänzer Rob Pilatus (Tijan Njie) und Fab Morvan (Elan Ben Ali) träumen davon Stars zu sein und verdingen sich mit kleineren Auftritten in Klubs und als Models. Als dann der erfolgreiche Produzent Frank Farian (Matthias Schweighöfer) auf sie aufmerksam wird und sie für sein nächstes Musikprojekt engagiert, folgt ein rasanter und kometenhafter Aufstieg. Als Milli Vanilli erklimmen Rob und Fab die internationalen Charts und der größte Skandal der Musikgeschichte nimmt seinen Lauf, denn das Duo singt gar nicht selbst.
Eine Geschichte mit vielen Wahrheiten
Der Song, der hier auch titelgebend ist, dürfte den meisten bekannt sein und im gleichen Zug schwingt auch immer die Geschichte mit von den großen Hochstaplern Milli Vanilli. Unzählige verkaufte Platten, Tourneen und diverse wichtige Preise sahnten die beiden und ihre Produzent ab. Und dabei war alles nur Show. Zumindest von den beiden. Die Musik ist echt, eben nur nicht von den beiden gesungen. Und damit beschäftigt sich natürlich auch der Film Girl You Know It’s True.
Gleich zu Beginn gibt er vor, dass der Film auf wahren Begebenheiten beruht und es bei so vielen involvierten Personen natürlich verschiedene Wahrheiten gibt. Eingeführt werden die Zuschauer:innen durch die beiden Protagonisten Tijan Njie und Elan Ben Ali als Rob und Fab, die die vierte Wand durchbrechen und das Publikum direkt ansprechen. In einem luxuriösen Zimmer erzählen sie ihre Geschichte, teils sogar sehr selbstreflektiert und kritisch. Häufig ist dieses Stilmittel nicht unbedingt gelungen, doch bei diesem Biopic wirkt es nach kurzer Gewöhnungsphase sehr stimmig.
Die Jugend der beiden, der Aufstieg und insbesondere einzelne Aspekte in der Zeit ihres Ruhms und ihres herrschenden Größenwahns werden aufgegriffen und thematisiert. Leider allerdings häufig nicht wirklich tiefgreifend genug und insgesamt werden einige Geschehnisse etwas anders erzählt als es beispielsweise die 2023 ebenfalls erschienene Doku Milli Vanilli (zu sehen auf Paramount+) wiedergibt. Jedoch ist der Film nicht das erste Biopic, das von realen Ereignissen abweicht. Bereits der Oscar-prämierte Bohemian Rhapsody hält sich nicht wirklich an sämtliche realen Ereignisse um die Band Queen und lässt sich etwas kreative und dramaturgische Freiheiten.

Viel Aufstieg, zu wenig Abstieg
Dabei bräuchte es diese bei Girl You Know It’s True nicht mal, denn die Realität verfügt über genug Drama. Nach Milli Vanillis steilem Aufstieg geht es – nachdem die Wahrheit endlich ans Licht kommt – recht zügig bergab für die beiden Superstars. Wie sehr die beiden zerfleischt und an den Pranger gestellt wurden, kann man jedoch nur erahnen. Während sich für den Aufstieg sehr viel Zeit genommen wird, wird der Abstieg etwas zu gehetzt runtererzählt. Es werden nur Bruchstücke des Hasses und der Demütigungen gezeigt, die auf die beiden einprasselten. Auch die Auswirkungen werden etwas zu schnell abgefrühstückt und nicht so eindrücklich aufgezeigt, wie beispielsweise die Tiefs in Rocketman oder Straight Outta Compton. Dies ist insofern sehr schade, da das eigentliche Drama dadurch nicht den gesamten emotionalen Impact entfachen kann, den es vielleicht hätte erreichen können.
Stattdessen wirkt Girl You Know It’s True dadurch in großen Teilen etwas zu zahm. Dieser Gedanke verfestigt sich, da im Grunde alle Beteiligten des Skandals verdammt gut wegkommen. Insbesondere Frank Farian kommt in der Verfilmung von Regisseur und Drehbuchautor Simon Verhoeven sehr gut davon, obwohl er eigentlich der Vater dieser Scharade war. Aber so war es auch irgendwo in der Realität, denn der Produzent war ebenso wie die Labels weniger Ziel des Hasses als die beiden Künstler und zogen sich so recht leicht aus der Affäre.
Perfektes Casting
Doch auch wenn der potenzielle emotionale Impact weitestgehend ausbleibt und die Geschichte etwas zu zahm und zuweilen langgezogen wirkt, weiß hingegen die Darstellerriege die Zuschauer:innen an Land zu holen. Matthias Schweighöfer ist hier der eigentlich Star des Films und spielt seine Rolle als Frank Farian mehr als ordentlich. Dennoch fällt es manchmal schwer Farian zu sehen und eben nicht Matthias Schweighöfer. Dagegen sind die beiden Hauptdarsteller Tijan Njie und Elan Ben Ali die großen Überraschungen. Zum einen sehen sie ihren realen Vorbildern sehr ähnlich und sind alleine deswegen schon großartig gecastet. Zum anderen wissen sie diesen auch genau das Leben einzuhauchen, das der Film benötigt.
Und genau davon lebt auch Girl You Know It’s True: Von dieser Energie, die Rob und Fab einst auf die Bühne brachten und weswegen so viele Menschen die beiden anhimmelten. Simon Verhoeven erweckt mit seinen Darstellern Milli Vanilli und wie sie die Menschen vor der Offenbarung sahen noch einmal wieder. Sei es drum, dass die beiden nicht selber sangen; die Lieder sind nach wie vor toll und die Show, die die beiden lieferten ebenso. Eben die Inszenierung dieser reißt so mit, dass die Zuschauer:innen den Hype zumindest etwas nachvollziehen kann. Und wenn man ehrlich ist, selbst wenn man die Geschichte kennt, zu Girl You Know It’s True trällert man doch gerne mit, wenn es im Radio läuft.

Unser Fazit zu Girl You Know It’s True
Girl You Know It’s True ist ein überraschend gut gelungenes Biopic und muss sich nicht hinter anderen Musiker:innen-Biopics verstecken. Die Geschichte wird nicht immer ganz akkurat und teils zu oberflächlich und nicht tiefgründig genug erzählt. Jedoch steht am Ende ein lockeres und unterhaltsames Biopic mit reichlich guter Musik. Besonders die Hauptdarsteller Tijan Njie und Elan Ben Ali wissen dieses Gefühl zu transportieren und machen den Film zu jenem angenehmen Musik-Biopic, das dank der Lieder noch ein wenig im Ohr nachhallt.
Girl You Know It’s True ist ab dem 3. Mai 2024 als DVD, Blu-ray und digital erhältlich!
© Leonine
Von seinem Kennenlernen mit dem Mauswanderer in einem Land vor unserer Zeit über seinen ersten Kinobesuch mit der rothaarigen Meerjungfrau, hat sich bis heute eines nie geändert: Die Film- und Fernsehwelt ist ein fester Bestandteil von Chrischi. Das steht nicht immer ganz im Einklang mit seiner hauptberuflichen Beschäftigung im öffentlichen Dienst, doch ein Blick in Chrischis „Cave“ mit inzwischen weit über 3.000 Medienträgern und einigen schicken Sondereditionen offenbart seine eigentliche Berufung. Auf der Suche nach Gleichgesinnten fand er schließlich Ende 2019 zu Filmtoast und ist seitdem fleißig am texten und quatschen im Zeichen des Toasts. So mancher Psychologe würde vermutlich beim Anblick auf Chrischis Filmauswahl mit der Stirn runzeln, doch fühlt sich Chrischi eben in nahezu jedem Genre wohl; außer vielleicht Horror. Seine Favoriten: Warrior, Kingsman, Lucky Number Slevin und Ratatouille sowie Filme von Nolan, Villeneuve, Anderson (Wes!) bzw. mit Robin Williams oder Kevin Costner (beide werten für ihn jeden Film auf). Sein Guilty Pleasure: Howard the Duck.